Freitag, 29. Dezember 2017

Rokokotheater Schwetzingen: Porpora - Mitridate, 28.12.2017

Heribert Germeshausen wechselt im kommenden Sommer als Opernintendant von Heidelberg nach Dortmund. Seitdem er 2011 das Barockfestival Winter in Schwetzingen übernahm, gab es dort in sieben Jahren einen bemerkenswerten und spannenden historischen Opernquerschnitt von Komponisten der neapolitanischen Schule, einige davon als deutsche Erstaufführung: Marco Attilio Regolo von Alessandro Scarlatti, Polifemo von Antonio Porpora, Ifigenia in Tauride von Tommaso Traetta, Fetonte von Niccolo Jommelli, Didone abbandonata von Leonardo Vinci in einer Bearbeitung von Händel, Giulietta e Romeo von Niccolò Antonio Zingarelli und nun im siebten und letzten Jahr dieser Reihe erneut Nicola Antonio Porpora (1686–1768) anläßlich seines 250. Todesjahrs. Mitridate entpuppte sich als Oper mit Spektakelwert.

Sonntag, 17. Dezember 2017

Konzert des SWR Symphonieorchester, 16.12.2017

Auf die mäßig besuchte Operettenpremiere der Lustigen Nibelungen folgte gestern ein ausverkauftes Konzert, das dem Karlsruher Publikum mit Schlagzeuger Martin Grubinger einen prominenten Rückkehrer bescherte. Nach der protestreichen Zerschlagung des renommierten SWR Symphonieorchesters Baden-Baden und Freiburg und der staatlichen Zwangsfusion mit den Stuttgarter Kollegen, nennt sich das Neugebilde SWR Symphonieorchester und gab gestern sein erstes Konzert am Badischen Staatstheater. Das Programm war nicht nur auf dem Papier publikumswirksam: es gab mal wieder ein nordisches Konzert mit finnisch-estnischer Musik.

Samstag, 16. Dezember 2017

Straus - Die lustigen Nibelungen, 15.12.2017

"Politische" Operette als moralinsaure Belehrung mit Holzhammerhumor
Die Karlsruher Neuinszenierung der Lustigen Nibelungen hat ein typisch deutsches Problem: Regisseur Johannes Pölzgutter hat es nicht so mit dem Humor. Die Musik ist zwar von eleganter Komik, das Libretto ist beim Lesen witzig, Musiker und Sänger sind hochmotiviert - der Neuproduktion fehlt es hingegen zu oft an Esprit und Leichtigkeit, sie kommt über tumbe Vordergrundklischees nicht hinaus. Nach einem langatmigen Beginn gibt es einen durchaus kurzweiligen und amüsanten ersten Akt, doch nach der Pause verödet und verdurstet die Operette, weil der Regisseur sich und seine Befindlichkeiten zu ernst nimmt und sich selber im Weg steht. Er versucht oberflächliche geschichtliche Parallelen zu konstruieren und künstliche aktuelle Zeitbezüge herzustellen und als Zuschauer stellt man sich die Frage, wieso man am Badischen Staatstheater dem Regisseur nicht beim Verständnis zeitgeschichtlicher Zusammenhänge geholfen hat, um die Produktion wieder ins Gleis zu bekommen. Schon im Vorfeld raunte es unzufrieden aus dem Umfeld des Theaters, daß die neue Operettenproduktion nicht zünden wird. Als hätte es sich schnell herumgesprochen, war die Premiere überraschend schlecht besucht und auch für die nächsten Vorstellungen sind viele Karten noch erhältlich. Das ist leider verdient und doch schade, musikalisch und sängerisch gibt es einige gute Momente, doch die platte Regie nimmt dem Werk die Leichtigkeit und Eleganz, die aus dem Orchestergraben ertönt.

Mittwoch, 13. Dezember 2017

Oper Leipzig: Puccini - Madama Butterfly, 11.12.2017

Wie der Zufall so spielt; in Leipzig spielte man gestern Madama Butterfly, aber immerhin mit zwei bekannten Namen: es dirigierte Christoph Gedschold (die Premiere studierte Anthony Bramall ein), die Inszenierung stammt von Aron Stiehl.

Freitag, 8. Dezember 2017

Akhtar - Afzals Tochter, 07.12.2017

Weichgespült und schöngefärbt
Afzals Tochter
(Originaltitel: The Who & the What) des US-Amerikaners und Pulitzer-Preisträgers Ayad Akhtar (*1970) ist ein Stück über einen Vater, der für seine Tochter einen aus Sicht der Familienehre passenden Ehemann sucht. Ein altmodisch scheinender Konflikt, der durch die Ungleichzeitigkeit der Kulturen -oder konkret der Rückständigkeit des Islams- bedauerlicherweise wieder aktuell erzählbar geworden ist. Es geht um Familienhierarchie und religiösen Glauben - das ist alles andere als ein aktuelles bundesrepublikanisches Thema und in seiner Rückständigkeit so aus der Zeit gefallen, daß man sich teilweise im absurden Theater wähnt. Afzals Tochter beginnt als harmlose Boulevardkomödie, wird zum todernstem Drama (ein Aspekt, den die Inszenierung etwas unterschlägt) und wirkt in seiner Thematik grotesk. Das Lachen über diese anachronistische Parallelwelt sollte einem allerdings im Hals stecken bleiben. Hätte sich der Regisseur für schärfere Kontraste und härtere Konflikte entschieden, wäre die Inszenierung dichter geworden, nun erlebt man zu harmloses und scheintriftiges Geplänkel, das Ergebnis ist weichgespült und schöngefärbt und nur dank der Schauspieler erträglich.

Dienstag, 28. November 2017

Und neuer Operndirektor wird.....

....anscheinend wie im Schauspiel eine Frau!

3. Symphoniekonzert, 27.11.2017

Sowjetische Filmmusik, Konzertmusik eines amerikanischen Filmkomponisten und sowjetische Propagandamusik - die Musik im 3. Symphoniekonzert stammte exemplarisch aus dem 20. Jahrhundert. Die Badische Staatskapelle präsentierte sich in großartiger Form, nur der Dirigent war viel zu jung, um bereits so lahm zu sein.

Freitag, 24. November 2017

ETA Hoffmann - Der goldene Topf, 21./23.11.2017

Bekloppte Handlung in bravouröser Inszenierung
Der Mensch ist täglich von Wundern umgeben, die deutsche Romantik wollte den Sinn für das Wunderbare wiederbeleben und so das Leben romantisieren. ETA Hoffmanns Prosamärchen Der Goldene Topf aus dem Jahr 1814 ist eine Novelle der Romantik und kein Theaterstück. Daß es nun auf der Bühne des Karlsruher Schauspiels gelandet ist, hat einen einfachen Grund: wie auch Goethes Faust wird es zum Abiturthema, die Adaption soll es Schülern näher bringen. In diesem Fall bedeutet das glücklicherweise nicht, das phantasievoll-skurille und in gewisser Weise surreal-komische Märchen irgendwie exzentrisch auf diskutable Weise psychologisch umzudeuten, sondern vielmehr eine anschauliche Romantik-Erfahrung zu vermitteln, "die Vielschichtigkeit des Kunstmärchens beizubehalten und eine Vielfalt an Deutungsmöglichkeiten zuzulassen". Und das gelingt beeindruckend gut! Man bleibt nah am Stoff und setzt ihn sehr einfallsreich, inspiriert, liebe- und humorvoll gestaltet in Szene. Daß Der Goldene Topf nun mal kein Theaterstück, sondern ein etwas abstrus hinkonstruiertes und zusammenfabuliertes Märchen mit manchen Willkürlichkeiten ist, bleibt die einzige Einschränkung dieser schönen Produktion.

Donnerstag, 23. November 2017

Thorpe - Bestätigung, 22.11.2017

Bereits in der vergangenen Spielzeit gab es am Karlsruher Schauspiel ein Werk des britischen Autors Chris Thorpe zu sehen: Möglicherweise gab es einen Zwischenfall  erwies sich als belanglos, unergiebig und ziemlich langweilig und verschwand schnell vom Spielplan. Nun folgt Bestätigung und dieses Werk ist definitiv nicht belanglos, doch schlicht und schlecht konstruiert, unverständlich vordergründig und sprachlich nicht auf den Punkt formuliert. Mit knapp einer kurzen Stunde Spieldauer geht es zumindest schnell vorbei. Und wieder mal gilt: wer's nicht sieht, hat nichts verpaßt.

Sonntag, 12. November 2017

Regie oder Unregie?

Sich über Opernregisseure aufregen zu können, ist ein Luxusproblem glücklicher Menschen, die mehr oder weniger hohe Ansprüche an die Qualität ihrer Lieblingsunterhaltung stellen. Der SWR hat dem Thema Opernregie eine Sendung gewidmet, vier intelligente Experten diskutieren:
Christian Gerhaher, Bariton, Lied- und Opernsänger
Prof. Dr. Laurenz Lütteken, Musikwissenschaftler, Universität Zürich
Prof. Dr. Stephan Mösch, Musik- und Theaterwissenschaftler, Hochschule für Musik Karlsruhe
Gesprächsleitung: Ursula Nusser

Die Sendung zum Nachhören findet sich aktuell hier: https://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/swr2-forum/swr2-forum-willkuerlich-und-respektlos/-/id=660214/did=20382634/nid=660214/1s2vsny/index.html

PS: @Kalliope - Herzlichen Dank für den Hinweis!

Festspielhaus Baden-Baden: Händelkonzert mit Philippe Jaroussky, 11.11.2017

Im Baden-Badener Festspielhaus gab es gestern stehende Ovationen für den französischen Countertenor Philippe Jaroussky, der mit zwölf Arien von Händel in einem bemerkenswert schönen Konzert das Publikum verzauberte.

Donnerstag, 2. November 2017

Anna Bergmann wird neuer Schauspieldirektor ab 2018/19

Nach Jan Linders (2011-2016) und Axel Preuß (2016-2018) hat Intendant Spuhler ab der Saison 2018/19 Anna Bergmann als dritten Schauspieldirektor ans Badische Staatstheater berufen. Bergmann ist in Karlsruhe als Regisseurin keine Unbekannte: in der Oper inszenierte sie eine umstrittene La Bohème (mehr hier), im Schauspiel stammen Tschechows Drei Schwestern (mehr hier) und Sophokles' Antigone (mehr hier) von ihr, im Juni 2018 kommt Molnars Liliom hinzu. Bergmann hat zuvor nicht als Spartenleiterin eines Theaters gearbeitet, als zukünftige Leiterin mit starkem Praxisbezug kann sie durchaus eine sehr gute Wahl sein. Zwei Inszenierungen will Bergmann pro Spielzeit selber beisteuern. Es wird spannend, wie sie einerseits den Spagat zwischen Administration und Inspiration bewältigen und andererseits sich vom Intendanten emanzipieren und eine eigene Linie und Handschrift durchsetzen und auf die Bühne bringen wird. Eine spannende und starke Wahl und untypisch für Intendant Spuhler, der bisher eher Gefolgsleute ohne künstlerische Individualität engagierte. Not scheint erfinderisch zu machen ....

Sonntag, 29. Oktober 2017

Justin Brown bleibt bis 2020 GMD in Karlsruhe

Der Fisch stinkt vom Kopf
Fünf Bewerber waren für die Nachfolge von Justin Brown ab der Saison 2018/19 zuletzt in der engeren Auswahl, zwei Kandidaten schienen nach den Probedirigaten besonders geeignet zu sein, doch weder Frank Beermann noch Joana Mallwitz werden zukünftig in Karlsruhe als Generalmusikdirektoren das Orchester leiten. Und man muß sich nun in Karlsruhe fragen, ob nicht auch die defizitären Opernpläne von Intendant Spuhler eine Ursache für den Attraktivitätsverlust und die Absagen der beiden Dirigenten sind.

Mittwoch, 25. Oktober 2017

Unterbeschäftigt – Karlsruher Oper ohne Perspektive

Wenn man die negativen Auswirkungen der aktuellen Karlsruher Opernstrategie analysieren will, kommt man nicht drum herum, die Sänger, ob Solo oder im Chor, zu bedauern. Die Reduktion des Programms trifft nämlich vor allem die Sänger, die teilweise kaum noch etwas zu singen haben und dann plötzlich mit verringerter Bühnenpraxis und aus der Übung geraten, große Rollen bekommen und bei sehr wenigen Auftritten im Jahr gefordert werden. Es gibt kaum noch Abwechslung, kaum noch Programm, zu wenige Auftritte. Während der Intendanz von Achim Thorwald waren die Wochenpläne oft (zu) vollgestopft, nun sind sie zu leer - das Repertoire ist heruntergewirtschaftet, die Karlsruher Oper ist als Sparte ins Abseits geraten. Das Publikum spürt diese programmatische Insolvenzverschleppung und verliert anscheinend langsam, aber stetig das Interesse.

Samstag, 21. Oktober 2017

Oper München: Rossini - Il turco in Italia, 18.10.2017

München leuchtet, schwärmte schon Thomas Mann vor über 100 Jahren und man fühlte sich in dieser Oktoberwoche wie in einer Novelle des Autors: "Über den festlichen Plätzen und weißen Säulentempeln, den antikisierenden Monumenten und Barockkirchen, den springenden Brunnen, Palästen und Gartenanlagen der Residenz spannte sich ein Himmel von blauer Seide". München ist Deutschlands entspannteste und gelassenste Großstadt, kunstsinnig und lebensfroh. Und wer nach einem Besuch im Biergarten spontan in die Oper will, kann auch an einem sonnig-warmen Oktobermittwoch vor dem Problem stehen, überhaupt noch an gute Karten zu kommen. Die Oper boomt in München, man muß sich frühzeitig um Plätze bemühen. Selbst wenn eine Oper schon seit Jahren im Repertoire ist - Rossinis Türke in Italien in der Regie von Christof Loy hatte vor einem Jahrzehnt Premiere - kommen die Besucher, und zwar aus gutem Grund: mit Olga Peretyatko, Ildebrando D'Arcangelo und Alessandro Corbelli konnte man eine Idealbesetzung aufbieten.

Montag, 16. Oktober 2017

Wagner - Götterdämmerung, 15.10.2017

Unterhaltsamer Unfug
Vier Regisseure hat man in Karlsruhe für die vier Opern des Ring des Nibelungen engagiert und man kann es als die größte Enttäuschung dieses Konzepts bewerten, daß bisher keiner der drei Regisseure seiner ganz isoliert betrachteten Einzeloper einen  bemerkenswerten Ansatz abgewann und eine neue Betrachtungsebene schuf. Die Selbstbeschränkung auf einzelne Atoll-Opern, die einerseits nicht über sich hinaus deuten und keinen Bezug zueinander haben, andererseits auch in der jeweiligen Einzeldramaturgie keine Bedeutung  bekamen, ergab so keinen Mehrwert, man verharrte lediglich in visueller Pose, investierte in visuelle Effekte und erreichte bestenfalls nette Unterhaltung. Die Regie der Götterdämmerung versucht nun hingegen beides - einen individuellen Perspektivwechsel unter Einbeziehung von Elementen der vorangegangenen Interpretationen. Erstes geschah durch eine Drehung des Blickwinkels, der bis zur Verzerrung an die Grenzen des Unfugs reicht, zweites durch eine komplett neue Meta-Ebene. Das Resultat ist einerseits gegen den Strich gebürstet, ambivalent und kontrovers diskutabel, andererseits unterhaltsam und trotz sechs Stunden Gesamtdauer mit Pausen eine überraschende und spannende Angelegenheit, spannend auch vor allem dank der Gewinner dieses Karlsruher Ringzyklus: der Badischen Staatskapelle und Justin Brown, der sich in seinem 10. und letzten Jahr als GMD in Karlsruhe als bekannt souveräner Wagner-Dirigent verabschiedet und bewies, auf welch hohem Niveau und in welch ausgezeichneten Zustand er das verjüngte Karlsruher Orchester an seinen Nachfolger übergeben wird. Selbst inszenatorisch schwache Stellen bekamen aus dem Orchestergraben eine unwiderstehliche Dramatik, die hoch engagierten Sänger trugen einen gewichtigen Anteil bei. Lautstarke Buhs neben viel Applaus belegten die kontroverse Aufnahme beim Publikum.

Samstag, 14. Oktober 2017

Franco Fagioli singt in Karlsruhe Mozarts Lucio Silla

Ein sehr schöner Hinweis kommt aus zuverlässiger Quelle vom Autor des Blogs Opernschnipsel (hier der Link zu stets lesenswerten Opernberichten): Franco Fagioli wird in dieser Saison bekannterweise während den Händel Festspielen 2018 sein neues Album vorstellen (und zwar am 02.03.2018). Und Franco Fagioli wird im Juli 2018 in der neuen Produktion von Mozarts Frühwerk Lucio Silla singen (8./12./19. Juli 2018). Operndirektor Fichtenholz verabschiedet sich mit Klasse und hat für diese Entscheidung ein Bravo! verdient.

Freitag, 6. Oktober 2017

McNally - Meisterklasse, 05.10.2017

Die Callas - Primadonna Assoluta
Terrence McNallys Theaterstück Meisterklasse über Maria Callas ist seit der Uraufführung 1995 eine viel gespielte, erfolgreiche Tragikomödie, für die man eine starke Hauptdarstellerin benötigt. Annette Büschelberger spielt die Hauptfigur in diesem Stück bereits zum dritten Mal - es ist "ihre" Rolle, und das spürt man. Sie erkundet einen Mythos, Gipfel und Abgründe, Wege und Abwege, Kunst und Scheitern - eine Diva damals und heute und ein Drama der Lieblosigkeit und Einsamkeit in einem Meer der Zuwendung und Bewunderung.

Freitag, 29. September 2017

Goethe - Faust I, 26./28.09.2017

Kaum Faust zwischen Klamauk und Kalauer
Eines vorweg: das Engagement und die Spielfreude der Schauspieler bei der gestrigen Premiere waren ansteckend und ein wichtiger Erfolgsgarant. Bravo!
Doch sonst ist es gekommen, wie es zu befürchten war: Angsthasentheater! Man plätschert am seichten Rand und flachen Wasser und traut sich nicht in die Tiefen und Untiefen des Stücks vor. Goethes Faust wird Abiturthema und in den kommenden Monaten will man am Karlsruher Schauspiel möglichst viele Schüler durch die Vorstellungen schleusen. Das scheint auch der einzige Grund, wieso man Faust nun neu und ausgesprochen dürftig inszenierte, der Regisseur hat die Zielgruppe im Blick: bloß nicht ernst, bloß nicht staubtrocken, bloß nicht bedeutungsschwanger. Das Rezept für einen leichten Faust heißt: Groteske statt Tragödie, eine Entstellung, um eine Pleite zu verhindern. Beim Zuschauer bleibt der schale Eindruck, daß man mit Goethes Text spürbar wenig anfangen kann und ihm subtile Gewalt zufügt, nur die Gretchentragödie gelingt akzeptabel, davor ist vieles Verulkung. Man hat nur Ideen für den Urfaust, an Faust I scheitert man desinteressiert.
Doch Goethes Faust ist ein undurchdringlich kluges Mysterienspiel, in dem so viel mehr steckt, als man inszenieren und wahrnehmen kann, es ist buchstäblich reich und vielfältig - wieso muß die neue Karlsruher Inszenierung so reduziert und so armselig ausfallen? Wieso diese Selbstbeschränkung, die sich der Vielfalt nicht stellen will? Ein Theater, das Goethes Faust nicht mit spürbarer Hingabe und einer triftigen Idee inszenieren kann, hat ein grundlegendes Problem. Was sagte die gestrige Premiere also über das Karlsruher Schauspiel aus? Erneut vermittelt man den unguten Eindruck, daß es hier hauptsächlich nur um den Betrieb, weniger um die Sache und schon gar nicht wirklich um Qualität und das Stück geht. Man will über die Runden kommen und bewegt sich im Notenschema für diese Groteske zwischen ausreichend und ungenügend.

Donnerstag, 28. September 2017

Vekemans - Judas, 27.09.17

Timo Tank ist zurück!
Und wie! Wer sonst kann bei einem 75minütigen Monolog so die Spannung hochhalten, so virtuos Facetten zeigen, eine Einmannshow so souverän und mit Stärke meistern. Großes Theater! Tank (mehr zu ihm auch hier) zeigt sich unverändert und führt den Zuschauern vor, auf was man während seiner Abwesenheit in Karlsruhe verzichten mußte. Und man sollte sich auf keinen Fall vom religiösen Kontext beeindrucken oder abschrecken lassen, Judas ist vor allem eine spannende und unterhaltsame Geschichte, die gerade nicht bierernst theologisch und düster daher kommt, sondern auch amüsante Aspekte hat und stets das Publikum im Auge behält. Der Jubel war groß nach der Premiere. Als Schauspiel-Fan sollte man sich diesen schauspielerischen Genuß nicht entgehen lassen.

Freitag, 22. September 2017

Richter - Safe Places, 21.09.2017

Die Schwäche der Linken ist die Stärke der Rechten 
Die erste Premiere der neuen Spielzeit enttäuschte inhaltlich, vier gute Schauspieler holen heraus, was zu finden ist. In ca. 70 der 75 teilweise etwas zu zäh sich ziehenden Minuten von Safe Places reden die vier Figuren auf der Bühne aneinander vorbei oder führen Monologe. Es geht um Europa, Populismus und Flüchtlinge, es gibt Argumente und Gegenargumente, Unterstellungen und Verdacht, Haß und Drohungen, man schreit laut und flüstert sorgen- oder angstvoll, es gibt Besserwisser und Ignoranten - kurz, man befindet sich in der Laberfalle, eine Gesellschaft weiß nicht, auf welcher Basis man zusammenkommen soll und versteht sich nicht mehr. Safe Places beschreibt Symptome ohne an die Ursachen zu kommen. Die Pointe -für manche eine Resignation- kommt am Schluß. Die AfD tritt auf in Form einer attraktiven Frau - eine verführerische, sanfte Gewalt bietet Ordnung an und ist sich gewiß: sie ist gekommen, um zu bleiben. Drei Tage vor der Bundestagswahl begrüßt das Badische Staatstheater die Partei, an der es nun ist, Empörung und Wut parlamentarisch zu kanalisieren. Daß das so handzahm und harmlos geschieht, wird manchen verwundern - es liegt allerdings an der textlichen Unbedeutendheit von Safe Places, die erneut beweist, daß Autor Falk Richter überbewertet wird.

Dienstag, 19. September 2017

Sonntag, 17. September 2017

Theaterfest, 16.09.2017

Obwohl es in diesem Jahr statt einem Spätsommer gleich einen Frühherbst gibt, riß sich gestern das Wetter zusammen und ermöglichte ein schönes Theaterfest. Der abschließende Spielzeit-Cocktail war einer der besten Schnupperabende seit Jahren mit nur wenigen Schwächen. Aber aus welchem Grund stellt sich ein Intendant vor sein überwiegend erwachsenes bis seniores Publikum und belehrt es darüber, daß es ganz, ganz wichtig sei, zur Bundestagswahl zu gehen? Hält er sein Publikum für infantil oder unreif? Oder hebt er einfach nur gerne den Zeigefinger und spielt den Moralprediger? Deutschen wurde ja früher gerne ein Untertanencharakter nachgesagt, auch heute gibt es noch manche, die es nicht seltsam finden, wenn man sie belehrt. Aber es spielt noch etwas anderes mit. Mit Betroffenheitsgesten, Appellen und vermeintlichen Moralattacken täuscht man Wichtigkeit, Reife und Engagement vor - und das lenkt von anderen Dingen (hier Defiziten im Theaterbetrieb) ab. Oder kurz zusammen gefaßt: Schein statt Sein. Wer die Karlsruher Theaterzwerge der Intendanz von Peter Spuhler verstehen will, kann sich an einem Satz von Peter Sloterdijk orientieren, der vor 16 Jahren bei der Verabschiedung von Dieter Dorn als Intendant der Münchener Kammerspiel gesagt haben soll: "'Daß das Niedere dem Hohen den Rang abläuft – das ist die Generaltendenz des Kunstbetriebs im 20. Jahrhundert, und daß die Niedrigbegabten ihre Gleichberechtigung mit den Hochbegabten erkämpfen, das ist das Gesetz der modernen ästhetischen Entropie". Damit lieferte der Karlsruher Philosoph u.a. auch eine Erklärung, wieso das Badische Staatstheater trotz Spardruck lieber das Volkstheater alimentiert und die Hochbegabten-Sparten kürzt.

Sonntag, 10. September 2017

Programm des Karlsruher Theaterfests am 16.09.2017

Eröffnung des Theaterfests  und Begrüßung durch Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup und Generalintendant Peter Spuhler
11.00 Uhr auf dem Theatervorplatz

Bei den weiteren Programmpunkte fällt auf, daß die Oper kaum vertreten ist, u.a. ist vorgesehen:

Freitag, 1. September 2017

Vorschau auf die Spielzeit 2017/2018

Jede Jahreszeit gibt verschiedenen Anlaß für Freude im Herzen, im Spätsommer kommt der Beginn der neuen Theatersaison hinzu. Worauf kann man sich in der bevorstehenden Spielzeit des Badischen Staatstheaters freuen? Wird endlich wieder mehr Bemerkenswertes gelingen? Zweifel sind leider angebracht. Wenn man die letzten Jahre kurz zusammenfassen wollte (hier sind sie es etwas ausführlicher), dann könnte man von defizitären Intendanz der Herabwirtschaftung und Stagnation sprechen. Während der Intendanz von Peter Spuhler wurde die Vielfalt des Opernprogramms drastisch reduziert, das Schauspiel sackte die ersten Jahre in eine schwere qualitative Krise ab und konnte sich erst durch Ziehen der Notbremse und der Absetzung des damaligen Schauspieldirektors Jan Linders wieder stabilisieren und das Ballett stagniert (es wurde zwar nicht gestärkt oder besser gestellt, aber auch nicht geschwächt und dezimiert). Diese Tendenzen setzen sich auch in der kommenden Spielzeit fort.

Freitag, 28. Juli 2017

Stückwerk mit Auflösungserscheinungen

Nicht nur Operndirektor Michael Fichtenholz verläßt 2018 das Badische Staatstheater, auch Schauspieldirektor Axel Preuß wird nach bereits zwei Spielzeiten 2018 gehen. Und erneut benötigt Intendant Peter Spuhler neue Erfüllungsgehilfen, um über die letzten Jahre zu kommen. Wenn Spuhler (spätestens) 2021 abtritt, wird er mindestens drei Schauspiel- und drei Operndirektoren verbraucht haben. Es ist Stückwerk, was man in Karlsruhe in diesem Jahrzehnt erleben mußte, eine vernünftige Planung kam nie zustande, ob die Intendanz in den letzten Jahren noch Zufallstreffer landen wird, kann man bezweifeln. Nun kann man darauf warten, daß Intendant Spuhler endlich Erfolg mit seinen Bewerbungen hat. Er wollte Karlsruhe schon längst verlassen - nur wollte ihn bisher anscheinend keiner und nach den Geschehnissen und Vorfällen am Badischen Staatstheater dürfte es wahrscheinlich für ihn auch nicht leichter geworden sein, einen neuen Posten zu finden.

Sonntag, 23. Juli 2017

Vorschau: Operngalas 2017/2018

Als Operngala-Abonnent am Badischen Staatstheater muß man ja inzwischen die Katze im Sack kaufen. Wenn man sein Abo nicht fristgerecht kündigt, dann weiß man noch lange nicht, für wen man in der kommenden Spielzeit bezahlt. Deshalb vielen Dank an den zuverlässigen Informanten, der folgende Gäste übermittelt hat:

Donnerstag, 20. Juli 2017

Entsteht die zweite Elbphilharmonie in Karlsruhe?

Man kann es wohl als medialen GAU bezeichnen, als größten anzunehmenden Unfall, was nun vor der geplanten Erweiterung und Sanierung des Badischen Staatstheaters ab 2019 bekannt wurde - eine drastische Kostensteigerung. 125 Millionen Euro wollte man ausgeben. Nun schätzt man für den Umbau gemäß den Planungen des Architekturbüros Delugan Meissl Associated Architects (Wien) zusammen mit Wenzel + Wenzel Architekten (Karlsruhe) Gesamtkosten von 270 bis 325 Millionen Euro. Ein Blick nach Stuttgart, die dortige Oper muß auch saniert werden. 2015 ging man von bis zu 400 Millionen Euro aus, 2016 schwirrten schon bis zu 600 Millionen Euro im Raum. Die Sanierung der Kölner Oper soll inzwischen bei 565 Millionen Euro liegen. Man sieht, die neue Größenordnung in Karlsruhe stimmt. Es gibt keinen Marmorboden, es gibt keine goldene Wasserhähne - was man für das neue Staatstheater schätzt, liegt im normalen Rahmen.

Mittwoch, 19. Juli 2017

Rückblick (2): Die Spielzeit 2016/17 des Badischen Staatstheaters

Von der renommierten Musikkritikerin der Frankfurter Allgemeine Zeitung Eleonore Büning stammt der Satz: "Nur wer die Neugier kennt, verpaßt nicht die Sensation. Das Beste, was einem, selten genug, im Theater überhaupt passieren kann, das sind Überraschung, Erschütterung oder auch Begegnungen mit sich selbst, was man früher, in der Antike, Katharsis zu nennen pflegte." Das könnte man noch um weitere wichtige Punkte erweitern, vor allem um ästhetische Begeisterung angesichts künstlerischer Größe und um das Nunc Stans, das zeitlos stehende Jetzt der Mystiker als transzendente Erfahrung in der man die Zeit vergißt, um als Beurteilungskriterium für die besonderen Momente der abgelaufenen Saison zu dienen. Unbedingt bemerkenswert und herausragend waren:

Dienstag, 18. Juli 2017

8. Symphoniekonzert, 17.07.2017

Mit Frank Beermann hatte man gestern den mit Abstand bekanntesten und renommiertesten Kandidaten für die Nachfolge von GMD Justin Brown am Dirigentenpult zu Gast. Seine Verpflichtung ab 2018/19 wäre ein Paradigmenwechsel, gab man doch bisher gerne Dirigenten mit Entwicklungspotenzial eine Chance, die eher am Beginn ihrer Karriere stehen, Beerman hingegen bringt schon alles mit: CD-Aufnahmen, Auszeichnungen und Reputation - vielleicht wäre das bei der verjüngten Badischen Staatskapelle eine sinnvolle Entscheidung. Beermann präsentierte sich gestern ganz unaufgeregt und zurückhaltend, sich selbst stellte er nicht in den Mittelpunkt, Musik und Musiker waren im Fokus.

Montag, 17. Juli 2017

Verlust eines Publikumslieblings

Das Badische Staatstheater verliert mit Flavio Salamanka seinen profiliertesten Tänzer, er geht zusammen mit Reginaldo Oliveira und Larissa Mota ans Landestheater Salzburg, wo Oliveira Ballettdirektor und Hauschoreograph wird. Da weder die Internetpräsenz des Badischen Staatstheaters noch das aktuelle Theatermagazin die Tänzer würdigt, sei auf den Blog von Harriet Mills verwiesen. Die Erste Solistin des Badischen Staatsballetts hat für Salamanka einen sehr schönen, in Englisch geschriebenen Abschied verfaßt, der sich hier findet: https://aballetoflife.com/2017/07/16/goodbye-my-friend/#more-7776

Freitag, 14. Juli 2017

Abgang eines Unprofilierten

Michael Fichtenholz verlässt als Operndirektor mit Ende der Spielzeit 2017/2018 das Badische Staatstheater und wird diese Funktion dann in Zürich ausüben, wo er zuständig für alle Besetzungsfragen im Opernhaus sein und Sänger buchen wird.

Sonntag, 9. Juli 2017

Mozart - La Clemenza di Tito, 08.07.2017

Inspirierter Mozart in stinklangweiliger Inszenierung
Die letzte Opernpremiere der Spielzeit widmet sich Mozarts letzter Oper (deren Uraufführung 90 Tage vor seinem Tod stattfand), die nach der Französischen Revolution von 1789 im Aufführungsjahr 1791 anläßlich einer böhmischen Königskrönung als feudales Auftragswerk innerhalb kurzer Zeit entstand und die längste Zeit wenig geschätzt wurde - Intrigen, die immer zu früh kommen und Arien, die immer zu spät kommen, lautet ein verbreitetes Bonmot über diese Oper. La clemenza di Tito ist Mozarts Werk über einen Terroranschlag, es ist aber auch vor allem eine Oper über triefende Gnade und handelt vom Vergeben, Verschonen, Verzeihen und Verzichten. Die neue Karlsruher Produktion entscheidet sich gegen Aktualisierungen und sogar gegen eine Inszenierung, was man sieht, ist ein ideenloses, biederes Arrangement ohne jeden aufregenden Moment und die schwächste Leistung der Saison. Gerettet wird dieses Fiasko eines szenischen Nichts durch großartige Sänger und eine hochinspiriert musizierende Badische Staatskapelle.

Donnerstag, 22. Juni 2017

Rückblick (1): Das Karlsruher Schauspiel in der Spielzeit 2016/2017

Prickelnd ist anders
Die Schauspielsaison ist vorüber, ist etwas Bemerkenswertes passiert? Der neue Schauspielchef Axel Preuß übernahm die Trümmer seines Vorgängers (mehr dazu hier) und hat zumindest darin Punkte gesammelt, daß man nach dem ersten Jahr über seine Person nur Gutes hört. Seine erste Saison war dennoch nur durchschnittlich, prickelnd ist definitiv anders, das erste Jahr war kein Plädoyer für ihn, allerdings auch keines gegen ihn. Sein zweites Jahr könnte die Trendwende in der Spätphase der Intendanz hin zu mehr Qualität sein. Und man kann optimistisch voraus blicken, denn man hat noch mehr interessante Schauspieler in der kommenden Saison zu bieten, jetzt muß der Schauspieldirektor nur noch die Rahmenbedingungen bereitstellen, damit die Bühnendarsteller wieder im Mittelpunkt sind und Inszenierungen nicht vorrangig der Selbstvermarktung und Karriereförderung des Intendanzteams dienen.

Sonntag, 11. Juni 2017

Wagner - Siegfried, 10.06.2017

Leere und Laune
Der Karlsruher 4-Regisseure-Ring der Beliebigkeit geht in die dritte Runde und löste beim Publikum zwiespältige Reaktionen und viele Buhrufe für die Regie aus. Nach einem aus folgenlosen Illustrationen durchaus einfallsreich zusammengesetztem Rheingold ohne Interpretation (Regie: David Hermann) und einer gänzlich visuell gedachten Walküre (mehr hier und hier), bei der Design statt Deutung im Mittelpunkt stand und der dramatische Bezug in der Erstellung von Bühnenbildern und Effekten oft verloren ging (Regie: Yuval Sharon), folgte nun mit Siegfried eine Mischung aus visueller Willkür und inhaltlicher Leere, ein guter erster Akt, dann viel Zähes mit dem Reiz des irgendwie Improvisierten, das bestätigte, daß Launen nun mal keine Einfälle sind. Da die Karlsruher Prämisse des Nichtvorhandenseins einer großen Erzählung bzw. der nicht schlüssig möglichen Nacherzählbarkeit der Ringhandlung zu Atoll-Inszenierungen mit vier Regisseuren führte, fehlen zudem Sinnzusammenhänge, die nun die übersichtliche Handlung bei Siegfried in einen Kontext stellen können. Sängerisch zeigte sich die Premiere ebenfalls durchwachsen, vor allem Matthias Wohlbrecht als Mime sowie die Badische Staatskapelle unter Justin Brown lösten Begeisterung aus.

Donnerstag, 8. Juni 2017

Lauke - Karnickel, 07.06.2017

Also doch noch eine Komödie nach einer humorarmen Spielzeit? Nicht wirklich, herzhaft lachen wird in Karnickel niemand, wer auf Pointenjagd gehen will, bringt keine Beute nach Hause, auch nach sechs Jahren fehlt am Karlsruher Schauspiel eine rasante Komödie. Karnickel ist aber zumindest eine gelungene Wohlfühlkomödie - ein wenig Drama, ein wenig vorgetäuschtes "echtes" Leben, ein wenig Typen und Charaktere, ein wenig Situationswitz, musikalisch untermalt und ein schnelles, versöhnlich wirkendes Ende, obwohl nichts geklärt ist - das alles ist so konventionell und berechenbar, daß man Karnickel auch als Retro-Komödie bezeichnen könnte, die mit Blick auf eine öffentlich-rechtliche Verfilmung geschrieben wurde, irgendwann mal am Mittwochabend von 20:15 bis 21:45 mit ein oder zwei halbwegs bekannten Schauspielern wird das dann vielleicht in ARD oder ZDF für ein Zielgruppenalter 40+ ausgestrahlt. Doch das soll keine Wertung sein, denn die Inszenierung ist kurzweilig und unterhaltsam mit engagierten Schauspielern.

Montag, 5. Juni 2017

Festspielhaus Baden-Baden: Konzert mit Le Concert Spirituel, 04.06.2017

Barockmusik als Spektakel
Händels Wasser- und Feuerwerksmusik im großen Baden-Badener Festspielhaus - das funktionierte gestern durch spektakuläre Besetzung mit historischem Instrumenten: 15 Oboen, 9 Naturhörner, 9 Naturtrompeten, 6 Fagotte, 2 ca. 2,5 Meter hohe Kontrafagotte, 2 Schlagzeuger und 27 Streicher. Das Klangerlebnis war wohl für fast alle Hörer in dieser orchestralen Größe unerhört, Le Concert spirituell und Dirigent Hervé Niquet spielten freud-, schwung- und prunkvolle Festmusik.

Freitag, 2. Juni 2017

Schiller - Die Jungfrau von Orleans, 01.06.2017

Gut gescheitert
Zwei Stunden lang bahnte sich gestern eine Überraschung an, Optimisten konnten hoffen, daß man vielleicht Zeuge einen Paradigmenwechsels sei, denn man sah dichtes, spannendes und scheinbar schlüssiges Schauspielertheater und mit Paula Skorupa in der Titelrolle hat man eine beeindruckende Verstärkung engagiert, deren Namen man sich unbedingt merken muß. Bravo! Doch dann, als es nach zwei Stunden mitten im dritten von fünf Akten in die Pause ging, erfolgte eine weitere ernüchternde Überraschung: keine Pause, das Stück ist vorbei, ein Actus Interruptus, man hört mittendrin auf! Die Inszenierung bleibt dem Publikum die Auflösung schuldig. Wie schade und auch unverständlich, denn bis dahin gelang der Regie viel, aber anscheinend um den Preis, in einer Sackgasse gelandet zu sein. Eine Fortsetzung "Die Rückkehr der Jungfrau" ist bisher leider nicht geplant.

Montag, 22. Mai 2017

Die dezimierte Oper

Als Karlsruher Opernfan kann man für die Dezimierung der Sparte Oper durch die aktuelle Intendanz nur Unverständnis und auch Empörung übrig haben. Intendant Spuhler kürzte die Programmvielfalt in der Oper nach seinem Amtsantritt dramatisch, produzierte nur noch mit kurzem Planungshorizont und investierte lieber in neue Themen. Mehr Steuergelder bekam er für seine Ideen nicht, Stadt und Land duldeten seine Vorstellungen, sie honorierten sie aber nicht. Und dann, als feststand, daß er sogar weniger Steuergelder bekommt, rettete er nicht die Kronjuwelen, er legte nicht die zusätzlich von ihm lancierten Projekte wie bspw. das Volkstheater vorübergehend auf Eis, sondern bediente sich weiter an der Oper. In der kommenden Spielzeit gibt es nun sogar eine konzertante Oper ohne Bühnenbild. Man spart Regie- und Materialkosten in der Oper, steckt die konzertante Oper ins Abonnement, senkt aber nach aktuellem Stand nicht den Preis und verkauft sein Publikum für dumm. Dabei hat die Oper weit mehr Zuschauer (und vor allem zahlende Zuschauer) als das Volkstheater. Mit einer konzertanten Oper schreckt man wahrscheinlich bereits innerhalb weniger Vorstellungen mehr zahlende Zuschauer ab, als man im Volkstheater über eine ganze Spielzeit erreicht. Und was soll das überhaupt für eine Strategie sein, die Oper zu fördern, indem man das Opernprogramm monotoner gestaltet?

Dienstag, 16. Mai 2017

6. Symphoniekonzert, 15.05.2017

Ein Konzert mit Rachmaninows monumentalen 3. Klavierkonzert verspricht immer ein Höhepunkt der Saison zu werden und wenn wie gestern der Pianist nach einem kräftezehrenden Konzert auch noch drei große Zugaben gibt, dann hat man wirklich einen außergewöhnlichen Abend erlebt.

Montag, 15. Mai 2017

Vorschau (4): Operngalas 2017/2018

Frechheit hoch zwei
Eine konzertante Oper, um lieber Geld für Nebenschauplätze auszugeben - bitter genug, daß die Karlsruher Intendanz die Oper marginalisiert, reduziert und die einstige Vielfalt zusammenstreicht, um sich hinter Banalem zu verstecken, statt das Besondere und Außergewöhnliche zu fördern. Es ist schon eine Unverschämtheit, die man sich in der Karlsruher Oper in der kommenden Spielzeit leistet, denn man streckt seinem Publikum gleich zwei Mal den ausgestreckten Mittelfinger entgegen.

Vorschau (3) auf die Spielzeit 2017/2018

Timo Tank kehrt zurück, Ewa Wolak ist nur noch Gast und nicht mehr fest im Ensemble und Flavio Salamanka verläßt das Karlsruher Ballett.
Weitere Abgänge in der Oper: Kristina Stanek, Jaco Venter
Neu in der Oper: Mezzosopran Alexandra Kadurina und Altistin Ariana Lucas sowie Tenor Rodrigo Porras Garulo und der amerikanische Baßbariton Nicholas Brownlee
Florentine Kraft verläßt das Schauspiel, andere kommen neu, nur Timo Tank ist vorerst bemerkenswert.
Alle Angaben ohne Gewähr, denn es schleichen sich erfahrungsgemäß ab und zu Fehler in ein neues Spielzeitheft ein.

Vorschau (2): Symphoniekonzerte 2017/2018

Justin Brown verabschiedet sich 2018 mit Mozart (als Pianist) und Bruckner. Und das zwangsfusionierte SWR Symphonieorchester besucht Karlsruhe. Im einzelnen:

Samstag, 13. Mai 2017

Oper Nancy: Rossini - Semiramide, 11.05.2017

Stimmenfest mit Inszenierungsschwächen
Die lothringische Oper in Nancy hat bei Rossinis großartiger Semiramide ein Experiment gewagt, man besetzte die Hosenrolle des Arsace nicht mit einer Mezzosopranistin, sondern mit einem Countertenor. Franco Fagioli, der sich dieses Rossini-Repertoire mit seiner letzten Solo-CD bei DG bereits erschlossen hat, stand neben der georgischen Sopranistin Salome Jicia im Mittelpunkt einer Produktion, die sich sängerisch und musikalisch gelungen, szenisch aber ziemlich uninteressant präsentierte.

Sonntag, 7. Mai 2017

Cilea - Adriana Lecouvreur, 06.05.2017

Die Karlsruher Adriana ist eine stimmige und kurzweilige Produktion mit einer überraschenden Erscheinung: die Nebenrolle des unglücklich verliebten Michonnet wird durch die engagierte Interpretation des  Baritons Seung-Gi Jung zum Sympathieträger und vierten Hauptfigur.

Donnerstag, 4. Mai 2017

Vorschau (1) auf die Spielzeit 2017/2018 des Badischen Staatstheater

Schlimmer geht's immer
Wie weit will die defizitäre Intendanz von Peter Spuhler das Programm des Badischen Staatstheater noch herabwirtschaften? Heute ist die Premierenvorschau für die kommende Saison bekannt gegeben worden. Die Programmvielfalt der Oper wird weiter geschwächt, doch Geld scheint noch genug vorhanden zu sein - man leistet sich Überflüssiges auf Kosten der Substanz und des Publikums. Die Oper muß büßen, um das "Volkstheater" (oder wie ein Theaterkritiker es nannte: "eine zeitgenössische Selbstdarstellungsform des Schwätzertums") zu finanzieren.

Puccini - Tosca, 03.05.2017

Tosca - zum 70. & letzten Mal, so lautete die Ankündung des Badischen Staatstheaters, die manchen wie eine Drohung vorkam. "Zum letzten Mal"? Mit was will man denn in den kommenden Jahren das Programm bestreiten? Oder wie weit will Intendant Spuhler das Programm der Oper noch herabwirtschaften? Was hat man denn in den vergangenen knapp sechs Jahren fürs alltägliche und Abo-fähige Wiederaufnahmen-Repertoire geschaffen? Wer traut der Intendanz zu, daß sie eine Produktion verantwortet, die man noch 2030++ gerne zeigen wird? 

Sonntag, 30. April 2017

Rusalka (Ballett), 29.04.2017

Viel Applaus gab es gestern für die Premiere von Rusalka, deren Geschichte an La Sylphide und Giselle erinnert. Doch das neue Ballettmärchen ist von heterogener Qualität, die Kerngeschichte gelingt, Nebenstränge wirken uninspiriert, der längere erste Teil ist kurzweilig, dem kürzeren zweiten fehlen die Ideen, die bemerkenswerte Bühnenatmosphäre ist märchenhaft und vor allem die Solotänzer können glänzen, aber dramaturgisch kann die Geschichte nicht ganz überzeugen.

Freitag, 28. April 2017

HfM Karlsruhe: Reutter - Die Brücke von San Luis Rey, 28.04.2017

Die Brücke von San Luis Rey ist eine Opernrarität, die das Institut für Musiktheater an der Karlsruher Musikhochschule zum ersten Mal seit der szenischen Uraufführung 1954 wieder auf die Bühne bringt. Dabei machen die beteiligten Künstler viel richtig, eine Rettung aus dem Archiv der vergessenen Opern gelingt aber auch beim besten Willen nicht.

Montag, 17. April 2017

Zum Tode Kathleen Cassellos (*1958 †2017)

Kathleen Cassello bleibt mir wegen ihren Rollen in den legendären Inszenierungen von Giancarlo del Monaco unvergeßlich, als Mimi, als Leonora und besonders in der Titelrolle von Donizettis Lucia di Lammermoor, doch vor allem wegen einer ganz besonderen Vorstellung von Lucia im April 1991, die die Zeit stehen ließ.

Sonntag, 16. April 2017

Festspielhaus Baden-Baden: Berliner Philharmoniker, 15.04.2017

Also doch, auch die Berliner Philharmoniker können pauschal klingen. Diese Überraschung währte allerdings nur kurz, dann präsentierte man dem Publikum die gewohnte Perfektion.

Dienstag, 11. April 2017

Sonntag, 9. April 2017

Sophokles - Antigone, 08.04.2017

Von Sackgasse zu Sackgasse
Die neue Karlsruher Antigone zeigt, wie man auch ohne tragende Idee und roten Faden eine Inszenierung vortäuschen kann. Die unentschlossene Regie entschied sich für einen Stilmix durch Anhäufung von Versatzstücken, zu sehen ist eine zu Beginn archaisch anmutende Zombie-Inzest-oben ohne-Tränendrüsen-Betroffenheits-Dikataturüberwindungs-Utopie. Das wirkt bedeutungsschwanger, ist aber eher ein hohler Raum, alle Elemente haben irgendwie ihre Berechtigung, passen aber nicht zusammen. Für die Titelfigur haben weder die Regisseurin noch die Hauptdarstellerin eine Inspiration, vor allem André Wagner als Kreon rettet den verkorksten Premierenabend.    

Freitag, 7. April 2017

Zeh/Trojanow - Angriff auf die Freiheit, 06.04.2017

Kaleidoskop der Überforderung
Tja, eigentlich wollte man am Badischen Staatstheater ein Sachbuch auf die Bühne bringen, doch der Regisseur konnte aus gutem Grund dem Text nichts abgewinnen, nach wenigen Minuten wird er inhaltlich abgehakt. Vielmehr interessierten ihn soziale Verhaltensmuster. Angriff auf die Freiheit ist ein Kaleidoskop menschlicher Überforderung angesichts komplexer Zusammenhänge in Form einer durchaus unterhaltsamen und amüsanten Revue geworden. Leider geschieht dies um den Preis der totalen Begriffsverwirrung - um was es hier überhaupt geht, ist kaum noch ersichtlich, ob Internetkonzerne oder Staatsüberwachung, Terror- oder Kriminalitätsbekämpfung (die wird komplett ignoriert und kommt nicht vor) - alles wird durcheinander geworfen, entstellt und verkürzt. Übertreibungen, Spekulationen und Klischees führen zur inhaltlichen Bedeutungslosigkeit, wer tatsächlich was und warum überwachen will, wird nicht differenziert. Es ist das Lebensgefühl des Preisgegebenseins und der Wehrlosigkeit gegenüber übermächtigen Gegnern, das der Regisseur stattdessen untersucht und bei dessen Darstellung  die Schauspieler glänzen und den inhaltlich wenig interessanten Abend aufwerten.   

Dienstag, 4. April 2017

Staatsballett München: Talbot/Wheeldon - Alice im Wunderland, 03.04.2017

Überwältigung durch Phantasie
Ein Ausflug nach München aus gutem Grund. Doch zuerst ein Blick nach London: Als Kevin O’Hare das Royal Ballet übernahm, kündete er voller Ambitionen an, neue Klassiker des Handlungsballetts schaffen zu wollen. Und tatsächlich scheint von London eine neue Ära auszugehen: Choreograph Christopher Wheeldon (die Karlsruher Ballettchefin Birgit Keil engagierte ihn 2009 für Tschaikowskys Schwanensee ans Badische Staatsballett) und Komponist Joby Talbot haben mit Alice (2011) und A Winter's Tale (2014) enthusiastische Reaktionen ausgelöst. Im Münchener Nationaltheater erfolgte nun gestern die Deutschland-Premiere der Londoner Produktion von Alice im Wunderland - und Alice hält, was die englische Begeisterung verspricht: eine Explosion der Kreativität, akustisch und optisch eine Überwältigung durch Phantasie und Aufwand. Begeisternder und opulenter kann es im Ballett kaum zugehen.

Sonntag, 2. April 2017

Cilea - Adriana Lecouvreur, 01.04.2017

Adriana Lecouvreur ist in den stärksten Momenten eine Oper zum Dahinschmelzen. Sänger schwelgen schokoladig in Schönklang, etwas bittersüß Genußvolles, lieblich und liebend, aber vergeblich und vergänglich, erklingt in den Melodien. Es geht um Elementares in deutlicher Ausprägung: es wird geliebt oder gehaßt, begehrt und intrigiert. Die Oper von Francesco Cilea (*1866 †1950) wurde am 6. November 1902 in Mailand uraufgeführt und gilt als Paradestück für Primadonnen und bedeutende Tenöre, Enrico Caruso sang 1902 die Premiere, Anna Netrebko wird bspw. die Titelrolle im Sommer 2018 in Baden-Baden interpretieren. Ein Fest der Stimmen und Stimmungen! Und genau das gelang bei der gestrigen Premiere durch eine ordentliche Regie und starke Sänger. Und für Barbara Dobrzanska in der Titelrolle wurde die Premiere zum Triumph.

Sonntag, 26. März 2017

Puccini - Tosca, 25.03.2017

Wer wird ab der Saison 2018/19 Nachfolger von GMD Justin Brown? Gestern ging die Entscheidungsfindung in die nächste Runde. Dirigent Robert Trevino hatte im November 2015 ein elektrisierend gutes Symphoniekonzert geleitet (mehr dazu hier) und war der erste Kandidat, der eine zweite Einladung bekam und nun eine Oper dirigierte. Bereits am kommenden Dienstag kommt der zweite in die engere Auswahl vorgestoßene Bewerber: Constantin Trinks wird am 28.03. das Rheingold dirigieren.

Dienstag, 14. März 2017

4. Symphoniekonzert, 13.03.2017

Vier Alphörner zwischen Berlioz und Schumann. Das hört sich ungewöhnlich an und war improvisiert, denn eine schwere Bronchitis und Absage des Dirigenten änderte das geplante Programm.

Freitag, 10. März 2017

Mozart - Hochzeit des Figaro, 09.03.2017

Beseeltes Mozart-Glück
Da ist sie endlich wieder, Pavel Fiebers zeitlose und publikumsfreundliche Inszenierung aus dem Jahr 2001, die man klugerweise noch nicht entsorgt hat (und hoffentlich noch einige Zeit behält!). Sie erlebte über die Jahre Höhen und Tiefen, die von den wechselnden Besetzungen der Sänger und des Dirigenten abhängig waren. Die gestrige Wiederaufnahme war durch zahlreiche Rollendebüts auf der Bühne geprägt und sprühte vor Spielfreude und Begeisterung.

Freitag, 3. März 2017

Abschlußkonzert der Karlsruher Händel-Festspiele 2017, 02.03.2017

Höhepunkt mit Glücksmomenten
Zwei Sängerinnen mit Reputation sowie Musik, Arien und Duette aus Georg Friedrich Händels Opern Alessandro, Riccardo Primo, Radamisto, Ottone, Scipio, Sosarme, Tolomeo, Rodelinda, Alcina und Giulio Cesare standen im Mittelpunkt des großartig geglückten Abschlußkonzerts der Karlsruher Händel-Festspiele 2017.

Sonntag, 26. Februar 2017

Händel - Arminio, 26.02.2017

Es gibt Barockopern, die nur von ihren Bravourarien leben, Stimmakrobatik und Virtuosität als Selbstzweck konterkarieren emotionalen Tiefgang, sorgen aber für schwungvoll gute Laune - Armnio gehört nicht dazu: Händels Arien haben dafür eine andere Qualität - musikalische Substanz, die in der Regel nicht vordergründig ist, sondern die Psychologie der Charaktere beachtet, die Geschichte und das Drama erzählt und tiefer geht als bei anderen Barockkomponisten üblich. Arminio gehört wirklich nicht zu Händels besten Opern - in denen ist das Orchester variabler, die Bandbreite größer. Das bedeutet aber gerade nicht, das Arminio schwach ist, vielleicht ist er relativ schwach und dennoch stärker als viele andere Barockopern mit austauschbaren Nummern. Bei Arminio scheint es mehr Folgerichtigkeit zu geben, und daß Regisseur Max E. Cencic dies erkannt hat und dadurch die Spannungsmomente betonen konnte, macht die besondere Leistung dieser Inszenierung aus.

Samstag, 25. Februar 2017

Händel - Semele, 25.02.2017

Lange und laut war der Jubel des Publikums nach der heutigen Semele. Zu recht! Die Inszenierung ist gekonnt, flott und darstellerisch auf den Punkt und acht Tage nach der Premiere ist die Aufführung musikalisch gereift und deutlich besser geworden. Vor einer Woche mangelte es teilweise noch an Emotionalität und Ausdruck, Jennifer France, die Sänger der Semele, begann verhalten, gewann dann mit zunehmender Dauer an Selbstsicherheit. Heute hatte sie das erforderliche Selbstverständnis von Anfang an und blieb ihrer Rolle nichts schuldig - Brava! Auch Dilara Baştar als Ino hat sich gesteigert und verlieh ihrer Figur deutlich mehr stimmliche Nähe. Und wenn mich der Blick auf die Uhr nicht getäuscht hat, dirigierte Christopher Moulds etwas schneller als in der Premiere und verhalf dem Oratorium zu einem harmonisch und ausgeglichen wirkenden Klangbild, das aber auch beim zweiten Anhören manchmal zu zurückhaltend wirkte. Der Gesamteindruck war damit deutlich stärker als bei der ersten Vorstellung. Souverän und überzeugend wirken Ed Lyon als idealer Jupiter, der ausgesprochen agil agierende und klangschöne Chor sowie die Musiker der Deutschen Händel-Solisten. Ein gelungener Samstagnachmittag bei den Händel Festspielen, morgen folgt der spannende Vergleich mit Arminio.

Donnerstag, 23. Februar 2017

Festkonzert der Deutschen Händel-Solisten, 22.02.2017

Werke von den festen Größen Händel, Vivaldi und Bach sowie zwei bemerkenswerte Stücke zweier kaum bekannter Barockkomponisten standen auf dem Programm des gestrigen Festkonzerts. Und das war ausverkauft - ein größeres Lob kann das festspieleigene Orchester der Deutschen Händel-Solisten nicht bekommen. Und auch der Widmungsträger des Konzerts war anwesend und wurde geehrt: der frühere Generalintendant Günter Könemann, der 1978 Händel in Karlsruhe etablierte.

Sonntag, 19. Februar 2017

Händel - Theodora, 18.02.2017

24 Stunden nach der Premiere von Semele erwies sich die konzertante Aufführung von Theodora als das musikalisch ergiebigere und melodienreichere Oratorium Händels für das man in Karlsruhe auch das stärkere und homogenere Sängerensemble zusammengestellt hatte.

Samstag, 18. Februar 2017

Händel - Semele, 17.02.2017

Der Versuch, Oratorien zu inszenieren, hat in der Regel spröde und wenig überzeugende Folgen. Zum Auftakt der 40. Karlsruher Händel Festspiele gelang gestern, was sonst oft mißlingt - Händels Oratorium Semele ist kurzweilig und unterhaltsam. Der Jubel war groß beim Premierenpublikum.

Sonntag, 12. Februar 2017

Wagner - Die Walküre, 11.02.0217

Viel Jubel und Bravos gab es gestern für eine Walküre, die sich überraschenderweise sogar in zweifacher Hinsicht verbessert hat - sängerisch durch sehr gute Gäste und szenisch durch eine verbesserte Personenregie im 3. Akt! Doch es bleibt eine Schwäche - visuell ist diese Inszenierung durchaus attraktiv, es ist das Herz dieser Walküre, das verkümmert ist, die Leidenschaften finden in der Musik statt, aber nicht auf der Bühne. Man achtet zu sehr auf das Äußere und zu wenig auf das Innere.

Freitag, 10. Februar 2017

McDonagh - Der Krüppel von Inishmaan, 09.02.2017

In der Klischeefalle
Endlich mal wieder eine Komödie .... doch nein, nur ein bißchen Komödie, das Zwerchfell wird nur leicht gefordert, aber dafür sieht man einige gute Schauspieler. Die Inszenierung wollte Klischee gewordene Irlandbilder bei diesem irischen Stück vermeiden und produzierte doch wieder nur Gegenklischees. Die Insel Inishmann wird zur Müllkippe, die Figuren erstarren in Konventionalität und Klamauk. Mehr Konsequenz hätte gut getan, so ist der Abend unentschlossen und bestenfalls nett. Es wäre deutlich mehr drin gewesen.

Dienstag, 7. Februar 2017

Sonntag, 5. Februar 2017

Thorpe - Möglicherweise gab es einen Zwischenfall, 04.02.2017

Umständehalber gab es einige Gähnattacken
Ein Ministück, nur ca. 70 Minuten. Die einzige halbwegs spannende Frage, die sich gestern nach der Premiere stellte, war die, ob die Inszenierung so zäh war, weil der Text so schwach ist, oder ob die Regie mit dem Stück nichts anzufangen wußte. Es könnte sich auch beides bedingen.

Donnerstag, 2. Februar 2017

Vorschau: Händel Festspiele 2018

Kurzfristige Rosinenpickerei statt langfristiger Planung
Seit 1978 gibt es Händel Festspiele in Karlsruhe, man begann damals mit der Oper Alcina, die zu der Handvoll besonders beliebter der insgesamt 42 Opern Händels gehört. Nächstes Jahr feiert man in Karlsruhe 40. Geburtstag. Und man hat es fast geschafft, alle Opern zu spielen. Es fehlen nur noch sechs Werke: Floridante, Siroe, Tolomeo, Sosarme (Fernando), Atalanta und Faramondo. Und dann gibt es noch Muzio Scevola, in der nur ein Akt von Händel  stammt. Die Aufgabe für Operndirektor Fichtenholz ist klar: ergänzen, was fehlt. Spätestens zu den 50. Festspielen 2027 oder zum 50. Geburtstag 2028 könnte der zweite Zyklus beginnen, und mit was sollte man ihn besser beginnen lassen als erneut mit Alcina?

Sonntag, 29. Januar 2017

Dorman - Wahnfried, 28.01.2017

Ein durchwachsenes Libretto mit Konstruktionsproblemen, eine ideenreiche und starke Inszenierung und abwechslungsvolle Musik - Wahnfried bietet von allem etwas. Die gestrige Uraufführung wurde vom Publikum bejubelt, es war ein hochgelungener Leistungsbeweis des Badischen Staatstheater und ein Triumph für Matthias Wohlbrecht in der Hauptrolle. Wer allerdings wenig über die Geschichte des Wagner-Clans weiß, der muß sich vorab einlesen oder sonst öfters über das Bühnengeschehen rätseln.

Hermann Levi - Der erste Dirigent des Parsifal

Der Vorplatz des Badischen Staatstheaters wurde eine Stunde vor der Uraufführung von Wahnfried auf Anregung des früheren Verwaltungsdirektors Sieber umbenannt: man residiert ab Februar nicht mehr in der Baumeisterstraße 11, sondern am Hermann-Levi-Platz 1.

Donnerstag, 26. Januar 2017

Richter - Small Town Boy, 25.01.2017

"Katholiken sind Haßprediger"
Die prominente, in Istanbul geborene Soziologin und Frauenrechtlerin Necla Kelek sprach im Herbst 2016 von "der Agitprop-Prosa des Bad-Acting-Staatstheaters" bzw. "dem Politkitsch des Agitationstheaters" und bezog sich damit auf das Berliner Maxim-Gorki-Theater "als Ort der Realitätsverweigerung". Small Town Boy des Autors Falk Richter - uraufgeführt in Berlin im Maxim-Gorki-Theater - gehört zu diesem weltanschaulichen Kitschtheater, das man in Karlsruhe teilweise entschärft und damit eine fundamentale Schwäche des Stücks aufdeckt: 90 Minuten lang ist es eine Mischung aus Kitsch, Klischee und Sentimentalität über männliche Homosexualität, die letztendlich so belanglos ist, daß man sich schnell kaum noch an den Text erinnert. Die restlichen Minuten gehören dann dem Politkitsch, der eine weitere zentrale Schwäche von Richters Stück offenbart: eine pegidaesque Pauschalisierung und Polarisierung, das exemplarische Zitat "Katholiken sind Haßprediger" zollt den Methoden des Populismus auf unschöne Weise Respekt und spielt sich Doppelpässe mit denen zu, die eigentlich als Vorlagengeber entfallen sollten. Es gehört zum schlechten Ton des Zeitgeists, daß man Andersdenkenden böse Absichten und dunkle Gesinnung unterstellt - die Feindeslogik nimmt von Politik, Gesellschaft und leider auch den Theatern Besitz. Die, die es besser wissen sollten, mischen mangels guter Ideen gerne mit. Was nicht ins selbstherrliche Bild paßt, wird ausgeblendet, wer nicht ins selbstverliebte Bild paßt, wird denunziert und ausgegrenzt. Bei Small Town Boy lohnt es, durch Perspektivwechsel der Einseitigkeit des Stückes mehr Würze zu verleihen:

Sonntag, 22. Januar 2017

Rokokotheater Schwetzingen: Zingarelli - Giulietta e Romeo, 21.01.2017

Schönes Kleinod im Rokokotheater
Der Winter in Schwetzingen des Heidelberger Theaters präsentierte in dieser Saison ein weiteres, aber spätes Werk der von Alessandro Scarlatti begründeten neapolitanischen Opernschule: Niccolò Antonio Zingarelli (1752-1837) komponierte Giulietta e Romeo in angeblich nur acht Tagen, am 30. Januar 1796 war die Premiere an der Mailänder Scala. Die Oper zwischen Rokoko und Belcanto erfuhr nach konzertanten Vorstellungen bei den Salzburger Pfingstfestspielen 2016 im Schwetzinger Rokokotheater die erste szenische Neuproduktion seit 187 Jahren und erwies sich dabei vor allem sängerisch und musikalisch als schöne Entdeckung.

Mittwoch, 4. Januar 2017

Donizetti - Der Liebestrank, 03.01.2017

Womit kann man aktuell in Karlsruhe besser ins neue Opernjahr starten als mit Donizettis wunderbarem Elesire d'Amore? Zumindest kann man in der Oper im Januar gut ins neue Jahr starten - man gibt sich Mühe, den Spielplan wieder variabler zu gestalten: neben Donizetti gibt es Bellini, Wagner, Humperdinck, Verdi, Puccini, My fair Lady und Dormans Wahnfried als Uraufführung - sieben unterschiedliche Programmpunkte im Musiktheater innerhalb eines Monats! Respekt und Glückwunsch - so soll es sein, für ein abwechslungsreiches Programm wird man vom Steuerzahler finanziert - man hat im Januar einen normalen Monatsspielplan. Nur Schade, daß man damit schon fast die Hälfte des Jahresrepertoires (sieben von 15 Opern, 7 Premieren + 8 Wiederaufnahmen gibt es 2015/2016 ) gezeigt hat. Die Vielfalt hat massiv gelitten, das Programm ist defizitär (mehr dazu hier). Nun gibt es besorgniserregende Gerüchte, die hier noch nicht bestätigt werden können, denen zufolge es in der kommenden Saison nur noch sechs der üblichen 7-8 Opernpremieren geben könnte (s.u.) Die Anzahl der Wiederaufnahmen müßte also steigen, wenn die Intendanz das Programm nicht noch weiter herabwirtschaften will. Man darf sorgenvoll gespannt sein, wie es mit der Karlsruher Oper weitergeht.