Montag, 11. Dezember 2017

Wagner - Götterdämmerung, 10.12.2017

Was für eine spannende Götterdämmerung - und das in vielerlei Hinsicht!
Orchestral hat sich der neue Ring-Zyklus als Beweis der Stärke erwiesen, GMD Justin Brown und die Badische Staatskapelle übergeben den Staffelstab (wenn auch frühestens 2020) an einen möglichen Nachfolger Browns in der Spitzengruppe.
Sängerisch war man ordentlich, in manchen zentralen Positionen konnte man skeptisch sein, mit den beiden Siegfrieds Erik Fenton und Daniel Frank traf man hingegen eine gute Wahl. Man profitierte von den Routiniers - Matthias Wohlbrecht als Loge und Mime, Ewa Wolak als Fricka und insbesondere bei der Götterdämmerung, die der bemerkenswerteste Teil dieses Ring geworden ist, von Konstantin Gorny als Hagen und Armin Kolarzcyk als Gunter sowie Jaco Venter als Alberich - ein großartiges dunkles Trio! BRAVO! Als Brünnhilde hatte man gestern eine beeindruckende Verstärkung: Nadja Michael sang zum ersten Mal die Brünnhilde, nicht alles war gelungen, einiges diskutabel, aber ihre Bühnenpräsenz hatte etwas Sportliches: Einsatz, Wille, Kraft und Ausstrahlung.  Und irgendwie blieb das Gefühl, daß sie sich in zukünftiges Brünnhilden noch weiter hinein steigern kann. Torsten Kerls Rückkehr nach Karlsruhe gelang ebenfalls, schönesTimbre, kraftvolle Stimme und ein sympathischer Auftritt.

Man sieht nicht oft eine Götterdämmerung (mehr zur Premiere hier), bei der man so viel lachen kann. So handwerklich, ja meisterhaft sich die Personenregie von Tobias Kratzer auch (und mal wieder) erweist, die Verknüpfung von Musik, Handlung und Bühnengeschehen will nicht passen, das Drama der Musik, die zahllose Motive aus dem Ring-Kosmos verarbeitet, findet nur bedingt eine Entsprechung, der abwegige Schluß ist origineller Unfug. Doch wer seine Erwartungshaltung beiseite schiebt und sich nicht um roten Faden und übergreifende Zusammenhänge kümmert, wer also dieser Götterdämmerung einen Neustart auf den leeren Blättern der Ignoranz erlaubt, der kann sich blendend unterhalten. Kratzers Konzept ist raffiniert banal, einfache Triebe und simple Motive für komplexe Musik. Das hat etwas reizvoll Subversives und wirkt gegen den Strich gebürstet. Im Rahmen des 4-Regisseure-Rings muß nichts zum Abschluß gebracht werde, die eigenständige Sicht ist in diesem Konzept erlaubt und tatsächlich ist doch Kratzers Inszenierung die einzige gelungene der vier Produktion, die etwas Bemerkenswertes erdenkt. Walküre und Siegfried kann man sich als Bestandteile eines homogen 1-Regisseur-Rings vorstellen, das Rheingold hatte originelle Momente, schien aber sowohl singulär als auch im Quartett sinnfrei.
     
War's das jetzt erst mal mit Wagner-Opern?
Innerhalb etwas mehr als eines Jahrzehnts hat man zwei komplette Nibelungenringe inszeniert, dazu Lohengrin (2012), Tannhäuser (2012), Meistersinger (2014), Parsifal (2015) und Tristan (2016). Der Holländer aus dem letzten Jahrzehnt war erst vor wenigen Jahren zuletzt im Programm - wenn der Karlsruher Oper nichts einfällt, könnte sie dieses Werk und Rienzi auf die Bühne bringen. Da Justin Brown nach dem erfolglosen Versuch des Badischen Staatstheaters, für ihn einen Nachfolger zu engagieren, um zwei Jahre verlängern mußte, könnte es Wiederaufnahmen mit spannenden Gästen geben. Doch sonst ist die Neuproduktion von Wagner-Opern quasi erst mal beendet. Man braucht nun einen neuen Plan - und der ergibt sich aus der Liste der "Hausgötter" quasi von alleine: ein neuer Richard-Strauss-Zyklus, dem ein neuer Mozart-Zyklus folgen sollte. Strauss' Elektra steht in der kommenden Saison in der Regie von Keith Warner auf der Bühne.