Da weiß man, was man hat
Vor über fünf Jahren verkündete das Badische Staatstheater die Dernière: "Tosca - zum 70. & letzten Mal" (mehr hier), doch damals war schon abzusehen, daß John Dews Inszenierung aus dem Jahr 2000 nicht so einfach ersetzt werden kann. Nun erlebt man eine über zweijährige Abschiedsphase und wer weiß, 2023/24 -im letzten Jahr vor der Neuaufstellung- könnte auch diese Tosca noch mal zurückkehren. Die gestrige 70+x-ste Vorstellung hatte so viele Besucher, daß sich zwischendurch eine 60-70 Meter lange Schlange vor dem Einlaß bildete, was aber auch daran lag, daß man am Eingang teilweise nur eine Person hatte, die Eintrittskarten scannte. Das Karlsruher Opernpublikum ist also noch da und spendete Tosca viel Applaus und Bravos.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Montag, 23. Mai 2022
Puccini - Tosca, 22.05.2022
Donnerstag, 19. Mai 2022
Strauss - Salome, 18.05.2022
Die neue Karlsruher Salome wird beim zweiten Anschauen nicht besser. Bei der Premiere überwog die Erleichterung, daß Strauss' Oper nicht frontal gegen die Wand gefahren wurde, doch die Reduzierung der Titelfigur zu einem kindlichen Backfisch, die als entpersönlichte Symbolfigur noch etwas anderes erlebt als die Opernhandlung, ist zu wirkungsschwach und halbherzig dramaturgisch aufgesetzt, um lange als Inszenierung in Erinnerung zu bleiben. Sängerisch war gestern Miriam Clark in der Titelrolle eine hörenswerte Alternative, die der Aufführung eine andere Richtung gab.
Sonntag, 15. Mai 2022
Strauss - Salome, 14.05.2022
Die Karlsruher Oper hat über ein Jahrzehnt Vertrauen verspielt und Zuschauer verloren - die gestrige Premiere von Strauss' Salome war nicht ausverkauft, die Ballettpremiere am letzten Wochenende war beim Publikum deutlich begehrter und besser besucht. Donizettis Don Pasquale war ein Reinfall und wird am Ende der Saison wieder abgesetzt, Rossinis Barbier von Sevilla wurde kurz vor der Premiere abgesagt. Kurz: man braucht endlich wieder attraktive Neuproduktionen. Gestern nun Strauss' Salome, bei der die Erwartungshaltung niedrig war und die Erleichterung beim Schlußapplaus um so größer: Musikalisch und sängerisch erlebte man eine sehr gute und intensive Aufführung und die harmlose Inszenierung gewann durch Halbherzigkeit und Zurückgenommenheit: sie trug zwar kaum zur Spannung bei, sie sabotierte sie aber auch nicht.
Montag, 9. Mai 2022
Per aspera ad astra (Ballett), 08.05.2022
Nach knapp über zwei Jahren Virus-Epidemie und sozialen Einschränkungen sowie dem russischen Angriffs- und Zerstörungskrieg gegen die Ukraine und Europa kann die Stimmung schon mal etwas gedrückt sein. Per aspera ad astra -ein Ausdruck von Seneca, den man als Durch Mühsal zu den Sternen oder Durchs Dunkel ans Licht übersetzen kann- ist als dreiteiliges Ballett mit Kreationen von drei Choreographen geprägt von diesem Ringen und Streben hin zu mehr Möglichkeiten, Freiheiten und Ungebundenheiten. Eine optimistische, zwischen Trost und Hoffnung stattfindende Trilogie, die sich ad astra im Verlauf steigert und deren Zahlensymbolik bekanntlich auch für das Göttliche steht und die auch in verschiedener Hinsicht religiösen Ursprung hat und sich musikalisch des christlichen Instruments schlechthin bedient: der Orgel. Das Konzept ging auf, am Schluß gab es Bravo-Rufe und begeisterten Applaus, und wer das Theater nicht gut gelaunt verließ, dem konnte auch sonst nicht geholfen werden.
Freitag, 6. Mai 2022
Vorschau auf die Spielzeit 2022/2023
Jetzt gilt's! Und doch auch wieder nicht ...
Epidemiebedingt verdämmerte zwar das Theater für viele Zuschauer, doch
muß man am Badischen Staatstheater darauf achten, daß Corona und vom
früheren Intendanten verursachte Hausprobleme nicht als Vorwand für
weitere Stagnation und gepflegte Langeweile herhalten dürfen. Es ist Zeit für das Badische
Staatstheater, Klartext zu reden, sich selbst in Frage zu stellen und
sich von alten Zöpfen zu trennen. Das Haus braucht eine neue
Ausrichtung, neues künstlerisches Personal, neue Ideen. Der Neustart steht erst 2024 bevor, im Herbst will der Verwaltungsrat bereits über den neuen künstlerischen Intendanten entscheiden, der dann genug Zeit für die Planungen hat. Niemand weiß, wie sich die Infektionslage auf den kommenden Herbst/Winter
auswirkt, doch für Intendant Peters beginnt nun die erste von zwei
Spielzeiten, in denen er auch seine Handschrift zeigen kann und in denen er mit den bestehenden Möglichkeiten das Publikum zurückholen und wieder ans Haus binden will. Mit der kommenden Spielzeit ist die Übergangsphase nach Abgang des
letzten Intendanten beendet, man kann wieder Erwartungen haben und
Ansprüche stellen, obwohl der richtige und erforderliche Neustart erst
2024 erfolgen wird. Was darf man als
Zuschauer von den nächsten zwei Jahren überhaupt noch erhoffen? Die heutige Vorstellung der Saison 2022/23 ist teilweise ernüchternd.