Da weiß man, was man hat
Vor über fünf Jahren verkündete das Badische Staatstheater die Dernière: "Tosca - zum 70. & letzten Mal" (mehr hier), doch damals war schon abzusehen, daß John Dews Inszenierung aus dem Jahr 2000 nicht so einfach ersetzt werden kann. Nun erlebt man eine über zweijährige Abschiedsphase und wer weiß, 2023/24 -im letzten Jahr vor der Neuaufstellung- könnte auch diese Tosca noch mal zurückkehren. Die gestrige 70+x-ste Vorstellung hatte so viele Besucher, daß sich zwischendurch eine 60-70 Meter lange Schlange vor dem Einlaß bildete, was aber auch daran lag, daß man am Eingang teilweise nur eine Person hatte, die Eintrittskarten scannte. Das Karlsruher Opernpublikum ist also noch da und spendete Tosca viel Applaus und Bravos.
Die wunderbare Barbara Dobrzanska singt weiterhin die Titelrolle. Sie ist in der Rolle gereift, bei ihr ist jede Geste expressiv, kein Moment ist fahl, ihre Tosca ist leidenschaftlich, neigt zur großen, veristisch wirkenden Gesten. Bereits im zweiten Jahrzehnt ersingt sie sich in dieser Rolle den Jubel des Publikums.
Viele Rollen kann man aktuell nicht aus dem eigenen Ensemble besetzen, letzte Woche hatte man weder Salome, Jochanaan oder Herodias, in der kommenden Aida besetzt man die Titelfigur und Radames mit Gästen und auch einen Cavaradossi kann man aktuell nicht bieten. Als Gast sang der polnische Tenor Tadeusz Szlenkier, der Ensemblemitglied an der Staatsoper Nürnberg ist. Szlenkier erwies als Tenor mit männlicher Stimmfarbe, der beim Publikum sehr gut ankam und viele Bravos bekam.
Vier Sänger prägten in dieser Inszenierung während der letzten 20 Jahre die Rolle des Scarpia mit ganz unterschiedlichen Ansätzen: Hartmut Welker verlieh ihm eine zynische Note, Walter Donati spielte ihn als lauernden Lüstling, bei Jaco Venter wurde der Bösewicht zum Sadisten. Seung-Gi Jung interpretiert Sacrpia ungehalten und aggressiv, wie ein Raubtier oder ein Mafia-Boss, und singt mit seiner gewohnt machtvollen Stimme.
Leider kein Wiedersehen gab es mit langjährigen Spoleta Hans-Jörg Weinschenk, der bisher auch als Ruheständler für diese Rolle zurückkehrte und nun durch Merlin Wagner eine gelungene Verjüngung erfuhr. Luiz Molz als Mesner und Wolfram Krohn als Schließer sind langjährige Konstanten in ihren Rollen, Alexander Huck als Sciarrone sowie Yang Xu als Cesare Angelotti
GMD Georg Fritzsch dirigierte selber die Wiederaufnahme, die Badische Staatskapelle musizierte mit kraftvollen Steigerungen.