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Dienstag, 16. Juli 2013

8. Symphoniekonzert, 15.07.2013

Das 4. Violinkonzert des deutsch-russischen bzw. wolgadeutschen Komponisten Alfred Schnittke (*1934 †1998) wurde 1984 von den Berliner Philharmonikern unter Christoph von Dohnányi uraufgeführt. Der 1947 im lettischen Riga geborene Gidon Kremer spielte bereits damals den Solopart und sagte, daß er in dieser Musik die Seele seines Freundes Alfred Schnittke finde, der ihm das Konzert auch gewidmet hatte. Das viersätzige 4. Violinkonzert (bei dem jeder neue Satz länger dauert als sein Vorgänger und das durch den Einsatz von Perkussion- und Tasteninstrumenten auffällt) scheint eine anspielungsreiche biographische Musik zu sein über das Leben im Sowjetkommunismus und über die langjährige Freundschaft zwischen Interpret und Komponist. Kremer half maßgeblich, den unbekannten und in der damaligen UdSSR ignorierten Schnittke den Stellenwert zu verschaffen, den er heute besitzt.
Die heile Welt des eröffnenden Andante stürzt im 4. Violinkonzert nach wenigen Takten unerwartet und plötzlich in einem kurzen schreienden Akkord ab. Schnittke beschreibt die vordergründige Harmonie: "Zwei schöne Plüschmelodien (die eine sich als „fatum banale“ durch das ganze Stück ziehend und die andere als falsche Erlösung im 3. Satz erscheinend) sind nur zwei 'geschminkte Leichen'." Es gibt nur einen schnellen Abschnitt - das als Passacaglia angelegte Vivo ist leidenschaftlich und vorwärtststrebend und vielleicht für Hörer der interessanteste Satz: in dessen Verlauf übertönt das Orchester zunehmend den Solisten. Ein Violinkonzert mit zwielichtigem Charakter, das immer wieder auf eine verschleiernde Weise indirekt wirkt, als wollte es sich in Gegensätzen und Anführungszeichen ausdrücken.
Erhöhte Eintrittspreise im freien Verkauf - für dieses Konzert will man mehr Geld. Doch wer sich nach dem Konzert fragte, für was es sich lohnte, der könnte vielleicht antworten: für Gidon Kremer, für Justin Brown und die Badische Staatskapelle, für Bruckners Neunte. Aber wird jemand Schnittkes Konzert als Hauptgrund nennen? Freundlich starker Applaus zur Pause.
  
Anton Bruckners 9. Symphonie gehört zu den klassischen Schwerstgewichten des Symphoniebetriebs. Und gleich vorab: Justin Brown dirigierte eine sehr beeindruckende Sicht auf Bruckner, die -wollte man sie mit nur einem Wort beschreiben- zutreffend als schnell bezeichnet werden könnte. Ca. 56 Minuten benötigte Brown bei durchweg raschen Tempi, die vor allem im äußerst gelungenen mittleren Scherzo fast schon körperlich auf die Zuhörer wirkten. Dennoch -wie schon bei Browns Dirigat zu Lohengrin- könnte man Brown ein Defizit ankreiden: sein Bruckner ist zupackend und weltlich - und ganz ohne spirituelle und transzendente Momente. Es gehört zwar nicht hier her und sehr gute Aufnahmen von Bruckners 9. Symphonie sind zahlreich, doch eine liegt mir besonders am Herzen. Wer zufälligerweise eine benötigt, der höre sich die Aufnahme der Wiener Philharmoniker mit Carlo Maria Giulini an. Es ist mit ca. 68 Minuten Dauer eine der langsameren, aber für mich auch eine der spannendsten und großartigsten Einspielungen, die mich bei jedem Anhören wieder in ihren Bann zieht. Sergiu Celibidaches meditierend buddhistisches Schweben über der Partitur benötigt noch mal 10 Minuten mehr, also ca. 78 Minuten oder anders ausgedrückt: als Brown gestern den zweiten Satz beendete, hätte Celibidache gerade nur den ersten dirigiert.

Ein stark applaudierter und teilweise bejubelter Abschluß der Konzertsaison. Und wenn ich so meinen Abo-Nachbarn zuhöre, dann kann man sagen, daß Browns Beliebtheit und Reputation einen Spitzenwert erreicht hat. Glückwunsch an unseren GMD!

Dienstag, 9. Juli 2013

Badische Staatskapelle mit Boris Berezovsky als SWR-Download

Das 1.Klavierkonzert von Johannes Brahms mit dem großartigen Pianisten Boris Berezovsky und der Badischen Staatskapelle unter Justin Brown aus dem ersten Symphoniekonzert der Spielzeit 12/13 (mehr dazu hier) wird vom SWR als mp3-Download der Woche zur Verfügung gestellt.

Hier der Pfad zum SWR:
http://www.swr.de/swr2/musik/musikstueck/brahms-klavier-orchester-nr1-d-moll/-/id=2937886/nid=2937886/did=11652848/1v45wmt/index.html

PS: Nächste Spielzeit kommt Berezovsky wieder nach Karlsruhe: am 29.06./30.06.2014 mit einem Klavierkonzert von Rachmaninow, leider nur mit dem vierten.

Dienstag, 18. Juni 2013

7. Symphoniekonzert, 17.06.2013

Heiße 36°C im Verlauf des Tages, doch wer befürchtete, ermattete Musiker nach der ersten Hitzewelle des Jahres anzutreffen, lag falsch. Gestern Abend war das Kunststück einer hoch konzentrierten und doch glücklich gelösten Aufführung zu bestaunen. Justin Brown und die Badische Staatskapelle spielten ein famos gelungenes Konzert.

Meeresimpressionen - groß besetzte Orchestergemälde über maritime Themen und ein Liederzyklus, Musik aus England und Frankreich stand auf dem Programm des 7. Symphoniekonzerts, das auch zur Einstimmung und Vorbereitung auf den kommenden Höhepunkt in der Oper nützt: Benjamin Brittens 1945 uraufgeführtes Meisterwerk Peter Grimes hat am 06.07.13 Premiere im Großen Haus - eine Oper, aus der Britten fünf orchestrale Zwischenspiele -Sea Interludes- für den Konzertgebrauch zusammenstellte, die den gestrigen Abend ergänzt hätten, aber aus guten Grund so kurz vor der Premiere fehlten.

Frank Bridge (*1879 †1941) war der Kompositionslehrer von Benjamin Britten. The Sea ist ein zwischen Ruhe und Aufruhr, Idylle und Naturgewalt angesiedelte musikalische Bilddichtung in vier Sätzen, die ihren Ursprung in der Spätromantik hat. Ein klangschönes, teilweise schwelgerisches Konzertstück - zwar keine Entdeckung, aber dennoch eine schöne Ausgrabung.
 
Benjamin Brittens musikalisch abwechslungs- und stimmungsreicher Liedzyklus für hohe Stimme und Streichorchester Les Illuminations ist -wie auch die Anfang der Spielzeit aufgeführte Sinfonia da Requiem- ein Resultat seines USA Aufenthalts zwischen 1939 und 1942. Mit Eleazar Rodriguez hat man einen Sänger im Karlsruher Ensemble, der innerhalb von zwei Spielzeiten nur positiv auf sich aufmerksam gemacht hat und dem man nach seinem sympathischen, engagierten gestrigen Auftritt und spannend vorgetragenen Liedzyklus sowie bspw. der Hauptrolle in Donizettis Regimentstochter, regelmäßig Hauptrollen und noch viele schöne Jahre am Badischen Staatstheater wünscht. Bravo an alle Beteiligte für eine sehr gelunge Aufführung!

Der britische Komponist Benedict Mason (*1954) hat für seine Komposition Lighthouses of England and Wales die britische Küste bereist und versucht, Leuchtfeuer und Leuchttürme in ihrer Rhythmik und Besonderheit musikalisch zu erfassen. So originell die Entstehungsgeschichte auch erscheint - dem Durchschnittshörer bleibt als Charakteristik wohl nur etwas im Ohr, das sich dreht und kreist. Ob man mit dieser Musik ein Leuchtfeuer assoziiert oder die Musik als Schwindelgefühl, Agonie und Katerstimmung nach einer durchzechten Nacht interpretiert, bleibt eine individuelle Wahrnehmung. Zumindest gab es einige interessante Klangeffekte. Der mäßige Applaus sprach für wenig seemännische Begeisterung im Publikum.

Doch Begeisterung löste Justin Brown  an diesem Abend mit einer umwerfend großartigen Aufführung zum Abschluß aus. Der Abend endete wie er begann - mit der im Vergleich zu Bridges The Sea deutlich bekannteren (und beeindruckenderen) französischen Meeresbeschreibung La Mer von Claude Debussy.  Es war einer der seltenen Glücksfälle, bei denen man den Eindruck hat, daß ein Dirigent eine ausgesprochen hohe Affinität zu einer Komposition hat und eine mustergültige und vorbildliche Interpretation spielt. Noch mal an alle Beteiligten: Bravo und vielen Dank für das schöne Konzert!

Dienstag, 28. Mai 2013

6. Symphoniekonzert, 27.05.2013

Zu Beginn erklang eine ungewohnt "runde" Sache des 1974 in Innsbruck geborenen Johannes Maria Staud. Sein Preludio für Orchester Tondo ist kreisförmig angelegt - ein musikalisches Perpetuum mobile, bei dem das Ende in den Anfang übergeht und das ca. zehnminütige Stück vom Dirigenten beendet werden muß oder es sich sonst da capo wiederholt. Das Stück wirkte bemüht, vor allem bemüht um Originalität und war als visueller Eindruck für viele wahrscheinlich interessanter denn als akustischer: ein großes Orchester mit viel Schlagzeug und unterschiedlichsten Klangeffekten. Zumindest Filmmusikqualitäten kann man Tondo beim ersten Hören attestieren.

Mozarts Klarinettenkonzert benötigt keine weiteren Worte. Fast genau vor 10 Jahren war es zuletzt in Karlsruhe zu hören und auch diesmal hat es wieder verzaubert. Der Solo-Klarinettist der Badischen Staatskapelle Frank Nebl spielte mit souveräner Gelassenheit einen wunderbar beredten und eloquenten Mozart. Bravo!

Nach der Pause folgte die vierte Symphonie von Bohuslav Martinů. Vor drei Jahren war Martinůs Oper Die Griechische Passion mit schönem Erfolg in Karlsruhe gespielt worden und seine vierte Symphonie, die im Sommer 1945 im amerikanische Exil fertig wurde, gilt als seine beliebteste, schönste und optimistischste unter den sechs Werken dieser Gattung. Eine freudvolle Erwartung und etwas ausgelassen Hoffnungsvolles durchzieht diese originelle Symphonie, die durch rhythmische Melodien auch etwas Unruhiges hat. Nur im langsamen dritten Satz gibt es längere Kantilenen.

Es war vielleicht ein Konzert, das mit ca. 75 Minuten Musik ein wenig zu kurz geplant war.  Johannes Willig und die Badische Staatskapelle spielten wie gewohnt sehr gut und bekamen langen Applaus zum Abschluß.

Dienstag, 30. April 2013

5. Symphoniekonzert, 29.04.2013

Um eine Response, also eine Erwiderung bzw. Antwort zu verstehen, ist es nützlich, die Ursprungsaussage zu kennen. Jonny Greenwoods (*1971) Orchesterstück 48 Responses to Polymorphia aus dem Jahr 2005 ist eine Erwiderung auf Polymorphia für 48 Streichinstrumente des polnischen Komponisten Krzysztof Penderecki aus dem Jahr 1961. Pendereckis Polymorphia klingt wie die Hintergrund-Musik eines nervenzerreissenden Horror-Films - und tatsächlich wurden Ausschnitte daraus 1980 für den Film Shining des Regisseurs Stanley Kubrick verwendet (Hauptdarsteller Jack Nicholson versucht darin in einem eingeschneiten leeren Hotel seine Familie mit einer Axt zu erschlagen). Penderecki lässt das ca. zehnminütige Polymorhia mit einer Pointe enden: mit einem C-Dur-Akkord. Diesen verwendet Greenwood, um seine neun (nicht 48) Variationen jeweils damit zu beginnen und ihn dann zu verfremden. Nach einer persönlichen Einleitung durch GMD Justin Brown und 15 mäßig unterhaltenden Minuten mit Klangeffekten anstelle von Musik, versöhnte der rhythmische Schlußteil das Publikum zu etwas zu starkem Applaus und bewies, daß es der letzte Eindruck ist, der entscheidet.

Mit Maximilian Hornung hat man einen sehr jungen und bereits sehr renommierten Cellisten engagieren können, der gestern tadellos musizierte und sich mit einem schwierigen Konzert vorstellte, nämlich das des Polen Witold Lutoslawski (*1913 †1994). Dieses 1969/70 entstandene Cellokonzert hat einen programmatischen Hintergrund: Eine einzelne Stimme gegen die Machthaber und die Gleichgültigen, so beschreibt es das Programmheft. Und tatsächlich hört man die Qual und buchstäblich das Wimmern und Winseln des geschundenen und unterdrückten Künstlers im osteuropäischen Sozialismus des Kalten Krieges. Doch auch wer Zahnschmerzen gerne sinnlich-musikalisch erleben will, der kann dieses Konzert als narkosefreie Behandlungserinnerung zur Vorbereitung und Abhärtung hören. Das 30minütige Konzert-Martyrium endet nach zwischenzeitlich akutem, bohrendem, ja panischem Schmerz ungelindert. Ein nervenaufreibendes Konzert, das man nicht regelmäßig ertragen möchte, vor allem nicht, wenn es so intensiv wie von Maximilian Hornung gespielt wird.
Die Zugabe war dann klug zur Erholung kombiniert: Bachs Prélude aus seiner ersten Cello-Suite erklang wie ein helles Aquarell mit leichtem Pinselstrich gemalt.

Nach der Pause dann ein Hauptwerk deutscher Orchestermusik: Johannes Brahms' vierte Symphonie, deren Partitur als eine der schwierigsten und kompliziertesten des Komponisten gilt: ein Meisterwerk der Variationenentwicklung, aber auch ein Werk, dessen Charaker schwer zu bestimmen ist. War es Clara Schumann, die als erstes diesem Werk einen sehr männlichen und herben Charakter attestierte? Bei Justin Brown konnte man diese Aussage nachempfinden: herb mit geheimmisvoll unklaren tragischen Verstrickungen. Der erste Satz steigerte sich verschlungen zu dunkler Leidenschaft. Dem feierlichen und am Ende fast schon sakral endenden zweiten Satz folgte ein fröhliches und teilweise überbordendes Allegro giocoso. Das abschließende Allegro energico e passionato führte zu keiner Stimmungsaufhellung. Justin Brown ließ die Badische Staatskapelle immer wieder energisch aufspielen und steigerte Brahms in den Höhepunkten zu etwas Unerbittlichem.

Ein sehr schönes Konzert des Orchesters (trotz einiger Unkonzentriertheiten bei Brahms), des groß aufspielenden Solisten und des souveränen Dirigenten Justin Brown, das mit viel Applaus belohnt wurde.

PS: Und einen Dank muß man in diesem Jahr bereits jetzt aussprechen, nämlich für die Gast-Solisten. Mit Maximilian Hornung, Benjamin Moser und Boris Berezovsky hatte man bisher herausragend gute Musiker engagiert. Gideon Kremer folgt zum Abschluß der Saison

Dienstag, 26. Februar 2013

4. Symphoniekonzert, 25.02.2013

Passend zu den Händel-Festspielen gab es im vierten Symphoniekonzert Musik des 18. Jahrhunderts und ein zeitgenössisches Derivat.

Zu Beginn erklang Händels Concerto grosso a-Moll op.6 Nr.4. Händels Konzerte stehen heute in ihrer Popularität hinter diversen Bach Konzerten zurück. Opus 6 Nr.4 gehört zu den bekanntesten Konzertwerken Händels und hat reizvolle, aber kurzdauernde Momente: bspw. der ernste Beginn oder die Sarabande des dritten Satzes. Ein zwar etwas schwerfälliger, aber schöner ca zehnminütiger Einstieg in den Abend.

Es folgte das kurze, weniger als 15 Minuten dauernde Concerto grosso des israelischen Komponisten Avner Dorman, das Händels Konzert zitiert und modernisiert. Dorman war bereits im Juli 2012 als Gast anwesend und bei einem Karlsruher Konzert zu hören. Sein Concerto grosso kombiniert Stilelemente von Händel und Vivaldi mit osteuropäischen Einschlägen (evtl. etwas Minimalismus von Avro Pärt. Das Programmheft verweist auf Alfred Schnittke). Zwischen zwei wenig interessanten Adagios befindet sich ein rascher Mittelsatz - mehr ist darüber eigentlich nicht zu sagen. Mit dem Applaus war Dormans Stück schon wieder vergessen.
     
Die Telemann Ouverture-Suite „La Bourse” ist ein Stück mit Zeitbezug: ein musikalischer Kommentar zum Absturz der Pariser Börse im Jahr 1720, aber keine Tondichtung, die mit Wiedererkennungswert irgendetwas beschreibt, was nicht auch ganz anders gehört werden kann. Ein sehr schönes Stück barocker Musik, das knapp 20 Minuten dauerte. Kai Bantelmann und Ilona Steinheimer (Oboe) sowie Oscar Bohorquez (Fagott) bekamen einen Extra-Applaus für ihren virtuosen solistischen Einsatz.
  
Kann sich noch jemand an die exzentrische letzte Aufführung von Haydns 104. Symphonie erinnern? Uwe Sandner dirigierte sie 2005. Sandner war u.a. auch mal in einer Meisterklasse beim großen rumänischen Dirigenten Sergiu Celibidache und wagte damals ein Experiment: er celibidachisierte Haydn - eine Strategie, die bisher nur bei Bruckner funktionierte. Sandners gedehnte Strukturierung des Klangs ließ einige Zuschauer ratlos ins Programmheft schauen, was denn gerade gespielt wird. Diese Gefahr bestand in diesem Konzert nicht - der Dirigent Bruno Weil ist Experte für die Musik Joseph Haydns, dessen Werk er für viele CD-Produktionen aufgenommen hat. Entsprechend war auch das Ergebnis: Haydn "pur".
In 36 Jahren (zwischen 1759 und 1795) komponierte Haydn (*1732 †1809) 104 Symphonien. Gestern war also wieder seine letzte zu hören: ein 63-jähriger -zu damaligen Zeiten ein uralter Mann- schreibt eine Symphonie in D-Dur, also nach der Affektenlehre des Barock in der jubelnden und sieghaften Tonart, doch nach dem kurzen pomphaften Beginn wechselt das Werk schnell in etwas Hoffnungsloses und Erschöpftes, das dann doch durch Optimismus überwunden und niedergerungen wird. Bruno Weils Interpretationsansatz zeigte sich bereits in den ersten Takten: er glättete die Kontraste und vermied Abgründe. Bei Weil wirkte Haydns Symphonie, die nach Mozarts Tod entstand, als ob Haydn Mozart noch nicht oder kaum kennen würde. Haydn "pur" - eine zupackende, musizierfreudige und schnelle Interpretation, die gerade  den Wechsel zwischen Licht und Schatten und besonders im dritten Satz den Kontrast der musiklischen Landschaften nicht betonte. Die Badische Staatskapelle erwies sich als guter Partner für diese Musik und Bruno Weils Dirigiersicht.

Obwohl es sogar ein sehr kurzer Konzertabend war, der mit gerade mal 75 Minuten Musik zu sparsam ausfiel und vor 22 Uhr beendet war, hatte man den Eindruck, daß die Programmauswahl an diesem Abend zu fade und gleichförmig war.

Montag, 17. Dezember 2012

Schönberg - Gurrelieder, 16.12.2012

Zum 350. Orchestergeburtstag der Badischen Staatskapelle erfolgte am Wochenende ein Konzert, daß man mit ca. 350 Musikern und Sängern besetzen konnte: Schönbergs Gurrelieder - eine Kantate für Soli, Chor und Orchester. Das sechstälteste Orchester der Welt machte sich damit gestern das schönste Geburtstagsgeschenk selber, denn es war eine aufnahmereife Aufführung, bei der vielfältigste Klangfarben und Stimmungen in größtmöglicher Besetzung mit hoher Präzision beeindruckend sicher gespielt wurden.

Doch zu Beginn eine Abschweifung: Vor dem Konzert gab es zum Abschluß des Jubiläumsjahres noch 40 Minuten lang verschiedene Ansprachen, die man fast mit einer Pause vom Konzert hätte trennen können. Nach einer Begrüßung durch den Intendanten Peter Spuhler gab es mehr oder weniger interessante Grußworte von Staatssekretär Frank Mentrup (also der kommende Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe), Kulturbürgermeister Wolfram Jäger und Orchestervorstand Joachim Fleck.
Passend zum Jubiläum hatte man zum Glück auch jemanden gefunden, der einen "Preis" verleihen konnte. Bei aller Freude über soviel Preiswürdiges in letzter Zeit, muß man deren Wert unbedingt mal kritisch einordnen und bewerten. Die Preisverleihung „Bestes Konzertprogramm 2012/13“ des Deutschen Musikverleger-Verbands e. V. würdigt nicht das Orchester, sondern das Konzertprogramm, das laut Laudatio besonders viel zeitgenössische Musik beinhaltet (Verdienen Musikverlage nicht daran, daß zeitgenössische Musik aufgeführt wird?  Man verleiht also einen Preis an die guten Kunden?).
Man ließ sich also theoretisch feiern - wie auch bei den anderen "Preisen" in diesem Jahr. Schade - ein wenig kann man bedauern, daß das Badische Staatstheater seine "Preise" bisher nur für gute Absichten bekommen hat und nie für gute Ausführung oder Resultate.  Man muß es auch klar feststellen: in ihrer Beliebigkeit hätte man alle bisher erhaltenen "Preise" auch zu anderen Zeitpunkten in den letzten Jahrzehnten bekommen können und gleichermaßen verdient. Schon Kazushi Ono brachte viel  moderne Musik, Ulrich Wagner hat durch ein Jahrzehnt Nachtklänge und Kindermusikkonzerte ebenfalls zu diesem Preis beigetragen, der das Resultat vieler Jahre guter Arbeit in Karlsruhe ist.

Zum Konzert: 
Gegenüber Schönberg gibt es bei einigen Klassikhörern Vorbehalte, die aber bei den Gurreliedern unbegründet sind. Sie sind verhaftet in der Spätromantik (also für die einen die Krone der  opulenten Musik- und Gesamtkunstwerk-Schöpfung, für andere schwülstiger Monumentalkitsch, der zu lang und zu laut ist) und für fünf Sänger, Sprecher, 3 vierstimmige Männerchöre, achtstimmigen gemischten Chor und großes Orchester konzipiert. Es ist schwer zu entscheiden, wer bei der Premiere im Jahr 1913 (in Wien von Franz Schreker als Dirigenten uraufgeführt) bei wem Abbitte leistete: Der Dirigent gegenüber dem Publikum -immerhin hatte Schönberg durch die Uraufführung seines 2. Streichquartetts und durch Pierrot Lunaire das Publikum gegen sich aufgebracht- oder das Publikum gegenüber dem Dirigenten, denn die Gurrelieder waren damals ein umjubelter Triumph und wirken wie eine Leistungsschau des Komponisten, bei der er sein ganzes Repertoire und Können in einer Partitur verarbeitete. Im Detail steckt in den Gurrelieder viel Imposantes, Beeindruckendes und ungewöhnlicher Einfallsreichtum, doch das Gesamtwerk hat ein entscheidendes Problem: die Handlung berührt nicht und zieht die Zuhörer nur bedingt in ihren Bann.
Gestern wurden vor allem die Musiker gefeiert, die von Justin Brown sicher und souverän durch die gewaltigen Notenmassen geleitet wurden. Auch die stimmliche Besetzung war fast ideal zu nennen: John Treleaven überzeugte mit großen Kraftreserven, Heidi Melton durch ihre lyrisch-schöne Stimme, Ewa Wolak (als Waldtaube ein Höhepunkt des Abends), Matthias Wohlbrecht und Seung-Gi Jung durch ihren ausdrucksstarken Gesang und Heinz Zednik mit wohlklingender Erzählerstimme. Dazu der Karlsruher Chor, Extrachor und Extra-Extrachor aus der Partneroper im koreanischen Daegu. Ein zum Ereignis-durch-schiere-Masse stilisierter Abend

Fazit: Viel Jubel und stehende Ovationen. Die beiden ausverkauften Konzerte und die Bekenntnisse von Stadt und Land zum Badischen Staatstheater zeigen, daß man sehr gut aufgestellt ist. Man hat in Karlsruhe eines der traditionsreichsten Orchester der Welt - ein Aushängeschild für Stadt und Land, auf daß man zu Recht stolz ist.

Besetzung:
Heidi Melton: Tove
John Treleaven: Waldemar
Ewa Wolak: Waldtaube
Seung-Gi Jung: Bauer
Matthias Wohlbrecht: Klaus-Narr
Heinz Zednik: Sprecher

BADISCHE STAATSKAPELLE
BADISCHER STAATSOPERNCHOR & EXTRACHOR
Einstudierung: Ulrich Wagner
Daegu City Chorus
Einstudierung: Seoung Nam Kim

Dirigent: Justin Brown

Dienstag, 27. November 2012

3. Symphoniekonzert, 26.11.2012

Auch das 3. Symphoniekonzert war historisch: Béla Bartók war 1929 Gast in Karlsruhe und spielte in deutscher Erstaufführung seine Rhapsodie für Klavier und Orchester. Das damalige Konzert wurde von Josef Krips (*1902 †1974) dirigiert, der von 1926 bis 1933 die Badische Hofkapelle als damals jüngster GMD Deutschlands leitete.  

Da das 1929 zu Beginn erklungene zeitgenössische Konzert verschollen ist, wurde gestern das 2007 uraufgeführte Orchesterwerk La tomba di Paganini von Manfred Trojahn (*1949) gespielt, der auch persönlich anwesend war. Das Stück überraschte insofern, als daß man seine Musik, würde sie in einem Klassikradiosender gespielt, nicht unweigerlich ausschalten würde. Für zeitgenössische Klassik könnte das als ultimatives Lob gelten. La tomba di Paganini hatte das Potential, Neugierde auf weitere Werke Trojahns zu wecken. Der Komponist und seine Meisterklasse werden im März 2013 auch in einem NachtKlänge-Konzert vorgestellt.   

Es folgte die Rhapsodie für Klavier und Orchester von Béla Bartók. Das Werk aus dem Jahr 1904 entsprang dem Wunsch Bartóks, an Liszt und die ungarische Rhapsodie anzuknüpfen und ein großes virtuoses Konzert zu komponieren, in dem er selber als Pianist auftreten konnte. Obwohl es nicht seine erste Komposition war, vergab Bartók an die Rhapsodie die Opusnummer 1, um es als sein erstes reifes Werk hervorzuheben. Bartók klingt hier noch nicht wie der Bartók, den man heute kennt und der drei Klavierkonzerte komponiert hat, die mehr im Mittelpunkt stehen. Eine lange, ernste Introduktion eröffnet das kompliziert geformte Werk, in dem Bartók vielfältige Stile und Mittel zeigt und überraschende Stimmungsänderungen vollzieht.
Als Pianist hat man Benjamin Moser engagiert, der beim Tschaikowsky-Wettbewerb 2007 drei mal ausgezeichnet wurde. In Karlsruhe bewies er eindrucksvoll, daß er eine große Karriere vor sich hat. Er formte das unbekannte Stück durch sein mitreißendes und klangreiches Spiel zu einem umjubelten Erfolg. Nach den vielen Ausgrabungen der vergangenen Konzerte, ist die Rhapsodie endlich eine lohnende Wiederentdeckung. Schade, daß man davon keinen Mitschnitt angefertigt hat. Nach der deutschen Erstaufführung 1929 erfolgte gestern die uneingeschränkte Rehabilitierung als virtuoses Konzert. Spätestens nach der packenden Zugabe (der dritte Satz -Precipitato- aus Prokofjews 7. Klaviersonate B-Dur op.83) war es offensichtlich, daß man diesen Pianisten bald wieder nach Karlsruhe einladen sollte. 

Nach der Pause dann etwas Bekanntes und Beliebtes: Tschaikowskys sechste Symphonie h-Moll, die Pathétique. Allerdings stimmte die Konzeption des Dirigenten für die Symphonie nicht ganz. Das Adagio stockte gelegentlich, als ob der Dirigent mit angezogener Handbremse dirigierte. Man musste einmal fast befürchten, daß die Musik gleich stehen bliebe. Das folgende Allegro con grazia war zwar Allegro, aber nicht wirklich con grazia. Der dritte Satz gelang hingegen so überzeugend, daß einige Zuhörer die plakative Gute-Laune-Geste unweigerlich als Symphonieende betrachteten und anfingen zu klatschen. Ob das abschließende Adagio lamentoso wirklich diese Satzbezeichnung verdiente, war in Hinsicht auf das Adagio des Eingangssatzes  ebenfalls diskutabel.

Der junge Gastdirigent Francesco Angelico -aktueller Träger des Deutschen Dirigentenpreises- hinterließ einen souveränen und sympathischen Eindruck und wurde zusammen mit dem gestern großartigen Orchester mit starkem Applaus bedacht. Auffällig war die Neugruppierung der Streicher: die zweiten Violinen saßen dort, wo sonst die Cellisten sitzen, die wiederum die Bratschenplätze inne hatten. Die Violagruppe saß neben den ersten Geigern.

Insgesamt ein sehr schönes Konzert, daß viele zufriedene Besucher hatte.

Sonntag, 21. Oktober 2012

2. Symphoniekonzert, 21.10.2012

Das zweite Symphoniekonzert war aus verschiedenen Gründen etwas Besonderes: Es war ein historisches Konzert, das ein Programm wiederholte, welches Richard Strauss (der zwischen 1900 und 1924 mehrfach als Gast die Badische Hofkapelle leitete) im Mai 1908 selber in Karlsruhe dirigiert hatte. Und man muß zugeben, daß es auch heute noch lauter gern gehörte, wirkungsvolle Kompositionen enthält. Man kann sogar sagen, daß es aufgrund der Stückauswahl ein Höhepunkt der Konzertsaison ist, denn es sind lauter Kompositionen die transzendent-überhöhend oder verklärend sind oder sogar in Triumph und Freude enden.
Als Gastdirigent hatte man dafür Christof Prick engagiert, der von 1977 bis 1986 Generalmusikdirektor am Badischen Staatstheater war und immer noch einen hervorragenden Ruf beim Publikum genießt und in Karlsruhe in seiner Zeit sehr viel Strauss und Wagner, Mahler und Bruckner dirigierte. Heute sind noch zwölf Orchestermitglieder übrig, die ihn als GMD erlebt haben.

Die Rahmenbedingungen waren also überaus attraktiv und die Wirkung blieb nicht aus. Prick zeigte, was ihn in Karlsruhe so populär machte: es war ein fesselndes und begeisterndes Konzert.

Carl Maria von Webers Ouvertüre zu seiner letzten Oper Oberon, uraufgeführt 1826 in London, ist  instrumental -wie die ganze Oper- der Versuch, daß mißratene Libretto musikalisch zu retten und stellt eine idealtypische Opernouvertüre dar, die den Geist des Werks zusammenfaßt. Eine schöne Geste des Dirigenten: er gönnte dem neuen Solo-Hornist Dominik Zinsstag einen Einzelapplaus. Danach folgte Musikmagie - der Karfreitagszauber aus Richard Wagners Parsifal wurde klangsinnlich und ruhig dargeboten. Danach ein berühmtes Werk von Richard Strauss: Tod und Verklärung beginnt mit den letzten Herzschlägen eines Sterbenden und endet mit der Apotheose - eine Tondichtung, deren Thema vom Komponisten eingängig und sinnfällig dargestellt wird. Orchester und Dirigent wurden mit viel Applaus vom Publikum in die Pause geschickt.
Über Ludwig van Beethovens fünfte Symphonie ist alles gesagt: vom unvergeßlichen Auftakt des bangen Klopfens bis zum überbordenden Finale - eine in c-moll beginnende Reise, die in triumphalen C-Dur endet. Christof Prick dirigierte sie bereits im März 1979 in Karlsruhe und die Neuauflage nach 33 Jahren ließ keine Alterserscheinungen erkennen. Es war eine mustergültige Interpretation, bei der man bedauern kann, daß davon keine Aufnahme gemacht wurde. Man könnte viele andere Einspielungen im CD-Schrank dafür entsorgen.

Die Badische Staatskapelle war in ausgezeichneter Form und Christof Prick dirigierte souverän mit klaren Ansagen und aus dem Gedächtnis, ohne Partitur und Pult.

Das Karlsruher Konzertpublikum weiß, was es zu hören gilt. Die Eintrittskarten für beide Konzerte waren schnell vergriffen. Ein sehr schönes Konzert am Sonntagmorgen, das sein zufriedenes und glückliches Publikum in einen zum Konzert klimatisch passenden 21. Oktober mit Sonnenschein und über 20 Grad Celsius entließ.

PS: Die von Strauss 1908 festgelegte Reihenfolge wurde modifiziert. Ursprünglich sah das Programm folgendermaßen aus:
Carl Maria von Weber Oberon-Ouvertüre
Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 5 c-Moll
-Pause-
Richard Wagner Karfreitagszauber
Richard Strauss Tod und Verklärung

Dienstag, 18. September 2012

1. Symphoniekonzert, 17.09.2012

Die neue Konzertsaison begann mit Frühwerken dreier Komponisten, die auf ganz unterschiedliche Weise Auskunft geben über das Werden eines Komponisten.

Benjamin Britten
(1913-1976) schrieb keine Symphonien. Die Sinfonia da Requiem (op.20, im Jahr 1940 im Alter von 26 Jahren komponiert) ist allerdings ein orchestral-symphonisches Werk; es ist ca zwanzigminütig, dreiteilig und ohne liturgischen Text. Mit Trommelschlägen beginnt das Lacrymosa (Andante ben misurato), dessen Gestus klagend und protestierend ist. Das Dies Irae (Allegro con fuoco) ist bedrohlich, das abschließende Requiem Aeternam (Andante molto tranquillo) dann friedvoll und im Ansatz versöhnlich. Ein sehr interessantes Stück und eine sehr spannende Entdeckung, die Justin Brown ins Programm genommen hat und so engagiert präsentierte, daß man danach bedauerte, daß sich Britten nicht weiter als Symphoniker entwickelte.

Der Komponist Thomas Adès, der 1971 in London geboren ist, gilt als der wichtigste zeitgenössische britische Komponist seit Benjamin Britten. Schon früh wurden seine ersten Werke aufgeführt und bei EMI auf CD veröffentlicht. Dirigenten wie Simon Rattle und Kent Nagano förderten ihn. Seine Musikstil ist -z.B. im Vergleich mit Wolfgang Rihm- geradezu konventionell und eingänglich. Gestern nun wurde er auch zum ersten Mal in Karlsruhe gespielt. Das kurze, ca. zehnminütige Werk … but all shall be well (op.10 aus dem Jahr 1993) zeigt sein großes Gespür für Instrumentierung und klangliche Wirkung, ist aber nicht unverwechselbar und hinterließ keinen besonderen Eindruck. Es diente lediglich der Entspannung zwischen Britten und Brahms.

Nach der Pause dann der mit Ungeduld erwartete Höhepunkt des Abend - das 1. Klavierkonzert op.15 von Johannes Brahms (1833-1897). Die Uraufführung 1859 in Hannover war ein Fiasko und auch heute hat es gelegentlich aufgrund der anti-virtuosen Klavierbehandlung den Ruf, ein Konzert für Orchester mit obligatem Klavier zu sein, bei dem es keinen technisch herausfordernden Satz für den Solisten gibt. Das Konzert fordert dem Pianisten trotzdem immens viel ab: die Transparenz der polyphonischen Sätze ist die schwierigste Aufgabe. Als Pianist war ein großer Name zu hören: Boris Berezovsky. Er gewann 1990 den 1. Preis beim renommierten Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau. Im Juni 1992 war er zum ersten Mal in Karlsruhe: damals gab er eine beeindruckende, starke Interpretation von Tschaikowskys 1. Klavierkonzert. Inzwischen hat er eine umfangreiche CD-Diskographie eingespielt und weitere Preise gewonnen. Sein Auftritt wurde seinem großen Ruf gerecht.
Der erste Satz ist gekennzeichnet durch Themenfülle, zusammenprallende Themen, eine ungestüme Radikalität und soll unter dem schockierenden Eindruck eines Selbstmordversuchs von Robert Schumann entstanden sein. Justin Brown spielte den ruppigen und bedrohlichen Anfang mit finsterer Energie. Das Klavier begann mit einem freien und atmenden Gestus, der fast schon improvisiert wirkte, doch unmerklich leitete Berezovsky zur dramatischen Zuspitzung über, die dann wieder von einem freundlichen Seitenthema kontrastiert wird. Sehr schön, wie souverän Berezovsky immer wieder die exponierten Stellen spielte, an denen ihm Neues abgefordert wird.
Das war auch sein Erfolgsgeheimnis bei der gestrigen Aufführung: der Pianist fand den organischen Weg durch die kantige und von sprunghaften Wechseln geprägte Partitur und präsentiere Brahms mit voluminösem und leidenschaftlichem Klang. Das mittlere Adagio (fast ein Requiem-ähnlicher Anklang nach Schumanns Tod und damit auch die Verknüpfung zu Brittens Requiem am Beginn des Abends) nahm bei ihm einen versonnenen Charakter an, das abschließende Rondo endete leidenschaftlich klang- und schwungvoll. Eine herausragende Leistung, die lange bejubelt wurde und auch das Orchester beklatschte Berezovsky stark. Als Zugabe wurde das Ende des Konzerts wiederholt.

Justin Brown und die Badische Staatskapelle zeigten einen sehr guten Start in die Saison.


PS(1): Die Stimmung zwischen Orchester, Berezovsky und Brown wirkte so herzlich, daß es diesmal hoffentlich nicht so lange dauern sollte, bis Berezovsky erneut nach Karlsruhe kommt. Rachmaninows 2. oder 3  bzw. Prokofiews 2. oder 3. Klavierkonzert wären doch geeignete Kandidaten für eine Fortsetzung!?! Ein anderes großes Frühwerk Benjamin Brittens war auch lange nicht mehr in Karlsruhe zu hören: sein Klavierkonzert op.13.

PS(2): Etwas Geschichtliches - Brahms selber war der Pianist seines ersten Konzerts bei der ersten Aufführung der Badischen Hofkapelle unter Hermann Levi am 3. November 1865. Brahms' 1. Symphonie erlebte dann bekanntermaßen seine Uraufführung in Karlsruhe am 4. November 1876, dirigiert von Felix Otto Dessoff.

Montag, 11. Juni 2012

Vorschau: Symphoniekonzerte 2012/13 der Badischen Staatskapelle

Nachdem man im April die Spielzeitvorschau 2012/13 aufgrund eines Auslandsaufenthalts von GMD Justin Brown ohne die Konzerttermine veröffentlicht hat, wurden heute nun auch die Konzerte bekannt gegeben:

1.Symphoniekonzert
BRITTEN Sinfonia da Requiem
ADÈS ...but all shall be well
BRAHMS 1. Klavierkonzert (Solist Boris Berezovsky)
16./17.9.12

2.Symphoniekonzert
VON WEBER Oberon Ouvertüre
BEETHOVEN 5. Symphonie
WAGNER Karfreitagszauber
R.STRAUSS Tod und Verklärung
21./22.10.12

3.Symphoniekonzert
BARTOK Rhapsodie für Klavier und Orchester (Solist Benjamin Moser)
TSCHAIKOWSKY 6. Symphonie
25./26.11.12

4.Symphoniekonzert
HÄNDEL Concerto Grosso op6 Nr4
DORMAN Concerto Grosso
TELEMANN Ouvertüre-Suite "La Bourse"
HAYDN 104. Symphonie
24./25.02.13

5.Symphoniekonzert
GREENWOOD 48 Respones to Polymorphia
LUTOSLAWSKI Cellokonzert (Solist Maximilian Hornung)
BRAHMS 4. Symphonie
28./29.04.13

6.Symphoniekonzert
STAUD Tondo
MOZART Klarinettenkonzert (Solist Frank Nebl)
MARTINU 4. Symphonie
26./27.05.13

7.Symphoniekonzert
BRIDGE The Sea
BRITTEN Les Illuminations
MASON  Lighthouses
DEBUSSY La Mer
16./17.06.13

8.Symphoniekonzert
SCHNITTKE 4. Violinkonzert (Solist Gideon Kremer)
BRUCKNER 9. Symphonie
14./15.07.13

Sonderkonzert
SCHÖNBERG Gurrelieder
15./16.12.12