Reizloser Anti-Tschechow
Gestern startete umbaubedingt verspätet die Schauspielsaison. Das ehemalige Foyer mit Kassenbereich sowie Garderobe und früherer Vorraum und Treppe des Kleinen Hauses sowie der Gastronomiebereich sind abgerissen, das Kleine Haus ist nur noch über einen Sonderzugang betretbar, der die Zuschauer über die Bühne zu den Sitzen führt. Das war aber auch schon der interessanteste Aspekt am gestrigen Premierenabend, denn Schauspieldirektorin Anna Bergmann konnte als Regisseurin nicht nur nicht an vergangenes Niveau anknüpfen, ihre Inszenierung von Tschechows selten gespieltem frühen Theaterstück Iwanow landet schnell in einer engen Sackgasse. Wer sich auf Tschechow freut, sollte seine Erwartungshaltung nach unten korrigieren, die Regisseurin verändert Konstellationen und Text und sucht unbeholfen nach einem neuen Ansatz. Sie montiert ihre Verfremdungen zu einem wenig gelungenen Pseudo-Drama, das Unglück behauptet ohne dramatisch zu sein. Tschechow ist der große Meister der Vermenschlichung, Bergmann hingegen entmenschlicht viele Figuren und läßt sie die ersten zwei Akte als kalauernde Hampelmänner*innen agieren. Wo Tschechow ein farbiges Beziehungsgeflecht webt, entwertet Bergmann die Geschichte zu einer monotonen Düsterkeit. Insbesondere Tschechows Komik und Tonfall gehen verloren, fehlender Sinn für Humor ist seit Jahren das große Defizit der Regisseurin. Dazu hat man mit Sarah Sandeh noch eine Schauspielerin, die der in dieser Inszenierung weiblichen Titelfigur weder ein Gesicht noch Erinnerungswert verleihen kann. Kurz: enttäuschende Stunden, die man sinnvoller verbringen kann als mit diesem öden Iwanow.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Sonntag, 30. Oktober 2022
Tschechow - Iwanow, 29.10.2022
Donnerstag, 27. Oktober 2022
Ein Sturm im Wasserglas(?)
Ein wenig amüsiert kann man aktuell die Beißreflexe beobachten, die der designierte Intendant Christian Firmbach anscheinend damit auslöste, über einen neuen Generalmusikdirektor ab 2024 nachzudenken. Das Orchester bestimmt selber, wer es leitet, inzwischen sollen sich 85% der Musiker für eine Verlängerung von GMD Georg Fritzsch über 2024 hinaus ausgesprochen haben. Gut so. Thema erledigt. Mit einer klaren Kommunikation sollte man das Mißverständnis zwischen Orchester und neuem Intendanten schnell aus der Welt schaffen können. Wieso wurde es nun publik?
Dienstag, 25. Oktober 2022
2. Symphoniekonzert, 24.10.2022
Spannende Künstler, imposante Werke, schon im Vorfeld konnte man mit Vorfreude dieses Konzert erwarten, das das Glücksversprechen einlöste.