Sonntag, 24. Januar 2016

Verdi - Macbeth, 23.01.2016

Gestern gab es lauten Jubel und Bravos für eine oft grandiose musikalische Umsetzung, die sich durch zwei Sängerpersönlichkeiten in den Hauptrollen, einem starkem Chor und einer konzentrierten Orchesterleistung immer wieder zu großen Momenten verdichtete. Das Regie-Team hatte Glück, es bekam lediglich empörte und massive Buhs, man hätte sich nicht beschweren dürfen, wenn man für diese sinnlose und unterirdisch schlechte Bühnenumsetzung wie früher üblich mit Tomaten oder anderen Wurfgegenständen vom Publikum von der Bühne gejagt worden wäre. Dieser Macbeth ist eine öde Kopfgeburt, bei der man die Handlung nicht mehr erkennt - keine Abgründe, keine Dämonie, keine Unbedingtheit, keine Fallhöhe. Tatsächlich erlebte man gestern eine Pleite mit Ansage, die Warnungen und Distanzierungen aus dem Haus für diese Umsetzung waren bereits vorab im Umfeld deutlich zu bemerken. Was war passiert? Die Regie hat sich komplett verrannt und verirrt: Eine fehlgeleitete Phantasie voller abwegiger Ungereimtheiten, ein Unfall unter Originalitätszwang, ein atmosphärisches Bühnendesaster, das komplexe Psychologie als schlecht konstruierte Symbolik zeigen will.

Freitag, 15. Januar 2016

Puccini - La Bohème, 14.01.2016

Die marginalisierte und reduzierte Oper
oder
 
Was Intendant Spuhler der Karlsruher Oper angetan hat  
Kaum ein Jahr ist die Premiere her, nach der gestrigen Aufführung wurde diese Inszenierung von Puccinis La Bohème wieder abgesetzt - gut so und schade. Es fehlte nicht viel und doch war sie zu achtlos verschludert, um ein Publikumserfolg zu werden. Und irgendwie war das auch symptomatisch in den letzten Jahren: fast immer, wenn man sich mit erfolgreichen Vorgängerproduktionen maß, zog man den Kürzeren. (Das schwächelnde Schauspiel war davon noch weit stärker betroffen als die Oper. Es hapert halt deutlich an Qualität und Planung seit 2011).
Man hört, daß es auch 2016/2017 nur wieder die üblichen, alten Inszenierungen (also vielleicht Tosca, Hänsel und Gretel, Hochzeit des Figaro etc.) als Wiederaufnahme zu sehen geben soll, hingegen nichts aus der Zeit von 2011-2014. Was auch? Es gab zu wenig Wochentagtaugliches zur Wiederaufnahme oder es fehlen die Sänger dafür. Ensemble- und Programmzusammenstellung ist eine der großen Herausforderungen für den Operndirektor, um endlich wieder Seriosität und Praxisbezug unter Beweis zu stellen.
Ein ganz anderes Problem schmerzt immer deutlicher: Die Marginalisierung des Opernbetriebs durch Reduzierung. Das bedeutet:
  • vor 10 Jahren in der Saison 2005/2006 umfaßte der Spielplan 22 Opern, diese Saison gibt es nur noch 16. 
  • 2005/2006 gab es 9 Premieren und 13 Wiederaufnahmen, 2015/2016 gibt es 7 Premieren und 9 Wiederaufnahmen.  
  • Eine Opernsaison mit nun nur noch 16 anstatt 22 Opern vor 10 Jahren - 6 Opern fehlen zur früheren Vielfalt. Man könnte meinen, das Programm ist herabgewirtschaftet.
  • Übrigens: in Mannheim kann man 2015/2016 24 Opern erleben!
Harte Zeiten für die Karlsruher Opern-Fans und wer weiß, ob zukünftig nicht noch mehr Reduzierungen geplant sind. Bei den Theatertheoretikern der Karlsruher Intendanz muß man stets mit Freudlosem rechnen.

Freitag, 8. Januar 2016

Vorschau: Händel Festspiele 2016 und 2017

Von einem englischsprachigen Händel-Fan (Thank you very much!) ist ein Hinweis zu den Händel Festspielen 2017 eingegangen. Nächstes Jahr könnte es in Karlsruhe mal wieder ein Oratorium geben, und zwar allem Anschein nach die griechisch-mythologische Semele, die bereits 1980 bei den damals 3. Händel-Tagen unter der musikalischen Leitung von Charles Farncombe und der Inszenierung von Jean-Louis Martinoty zu sehen und hören war. Der Engländer Christopher Moulds soll dirigieren, als Semele könnte Anna Devin auftreten, die 2015 die Rolle der Semele bereits in London sang (mehr zu ihr hier in Englisch).

Aber jetzt stehen erst mal die Händel-Festspiele 2016 an, die mit Max E. Cencic als Regisseur und in der Hauptrolle von Händels Arminio sowie mit einer kaum dagewesenen Flut hochkarätiger Sänger in den unterschiedlichen Aufführungen (u.a. Karina Gauvin, Julia Lezhneva, Ann Hallenberg, Layla Claire, Valer Sabadus und Franco Fagioli) ein spektakuläres Ereignis werden könnten. Das komplette Programm befindet sich aktuell hier auf den Seiten des Badischen Staatstheaters:
http://www.staatstheater.karlsruhe.de/programm/haendel-festspiele/

Französisches Juwel
Und für alle, die gut französisch sprechen oder einfach nur barockaffin sind: Es gibt eine Sonderveranstaltung am 20.02.2016, die offiziell nicht im Programm steht (und für die das Badische Staatstheater unverständlicherweise auch noch nicht wirbt), obwohl sie dazu passt: Barockexperte Benjamin Lazar bringt seine seit 2004 in Frankreich bereits oft aufgeführte und auf DVD erhältliche Bearbeitung des Romans Die Staaten und Reiche des Mondes von Cyrano de Bergerac auf die Bühne des kleinen Hauses. Die Musiker Florence Bolton (Gambe)  und Benjamin Perrot (Laute, Gitarre) begleiten die stimmungsvolle Aufführung mit Musik u.a. von Sainte-Colombe, Marais, Ortiz und Kapsberger. Mehr dazu hier:
http://www.staatstheater.karlsruhe.de/programm/info/2299/

Montag, 4. Januar 2016

Mozart - Die Entführung aus dem Serail, 03.01.2016

Die gestrige Wiederaufnahme von Mozarts Entführung aus dem Serail war aus verschiedenen Gründen interessant. Da ist zuerst der Gast zu nennen: Dirigent Alan Buribaev soll einer der Kandidaten für die Nachfolge von GMD Justin Brown sein. Zusätzlich hat man neue Sänger, die der fast ausverkauften Vorstellung aufgrund vieler Debüts Premierencharakter verliehen, sowie eine gut gemachte Inszenierung einer türkischen Regisseurin aus dem Jahr 2004. Damals gab es eine starke politische Aussage, die aber inzwischen überholt ist - die Realität ist an ihr vorbei gegangen, die Osmins haben die Bassa Selims schon längst abgedrängt.