Donnerstag, 24. März 2022

Neues Intendanzmodell ab 2024

Was auf diesen Seiten zu Beginn der Probleme mit dem früheren Intendanten bereits vor einigen Jahren gefordert wurde, wird nun offiziell umgesetzt: ab 2024 gibt es den Einpersonenintendanten nicht mehr (bereits jetzt ist Ulrich Peters Intendant der Interimslösung, aber nicht mehr Generalintendant), sondern ein Team soll es richten. Noch in diesem Jahr soll eine Findungskommission nach der Sommerpause einen neuen künstlerischen Leiter vorschlagen, der dann zwei Jahre Zeit für die Vorbereitungen hat, bevor dann 2024 hoffentlich ein richtiger Neuanfang bevorsteht.

Dienstag, 22. März 2022

Bachmann - Der gute Gott von Manhattan, 21.03.2022

Der Sound der Großmütter
oder
Schlechtes Theater ist dem Karlsruher Publikum zumutbar(?)
Wer wissen will, womit Schüler aktuell in der Oberstufe gequält werden, der kann sich (wie seit einigen Jahren) am Programm des Karlsruher Schauspiels orientieren, das manches aufgreift und inszeniert, was Prüfungsthema wird. So landete auch diese Inszenierung auf der Bühne und quält nun Zuschauer aller Altersgruppen. Ingeborg Bachmann (*1926 †1973) gewann 1959 den Hörspielpreis der Kriegsblinden für das Hörspiel  Der gute Gott von Manhattan - eine schlichte, parabelhafte Handlung in teilweise pathosgeladener, lyrischer Sprache über eine vermeintliche Normverletzung (nämlich Liebe) und deren fatale Bestrafung durch selbsternannte Moralwächter. Anläßlich der Verleihung des Hörspielpreises hielt Bachmann eine Dankesrede mit dem sprichwörtlich gewordenen Satz: Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar. Was taugt das Hörspiels nach über 60 Jahren? Das Karlsruher Schauspiel findet weder einen Zugang zur Handlung noch zu Bachmanns typischem Sound, das Resultat dieser auf infantil gequirlte Weise verunstalteten Adaption wirkt durchgängig mißlungen. Als Zuschauer kann man nur die Hände vors Gesicht schlagen und sich fragen, wie verzweifelt man als Theater sein muß, um diese qualitätsprekäre Produktion ins Programm zu nehmen.

Mittwoch, 16. März 2022

Rossinis Barbier von Sevilla entfällt

Die Omikron-Variante des Covid-Virus wütet, und auch am Badischen Staatstheater gibt es zahlreiche Personalausfälle in diversen Abteilungen und Gewerken, die nicht mehr kompensiert werden können. Die Einstudierung der aus Dortmund eingekauften Produktion von Rossinis Barbier von Sevilla kann deshalb nicht beendet werden, nicht nur die Premiere entfällt, sondern auch alle geplanten Vorführungen. Das ist bitter, die Inszenierung war zuvor sehr erfolgreich, nach der mißlungenen Übernahme des Don Pasquale hätte eine schöne Buffa der Karlsruher Oper gut getan. Die nun abgesagte Inszenierung ist bühnentechnisch anspruchsvoll, sie wird nicht ohne weiteres nachgeholt werden können und es stellt sich unweigerlich die Frage: wann kann die Premiere erfolgen? Der Plan für nächste Saison steht bereits, die kursierenden Gerüchte scheinen auf eine Konzentration auf Übliches hinzudeuten.

Donnerstag, 3. März 2022

Händel - Tolomeo, 02.03.2022

Tolomeo ist eine Oper der Antihelden, die durch Schwermut und unglückliche Liebe gekennzeichnet ist, und obwohl das zentrale Liebespaar am Ende zueinanderfindet, will man ihnen keine Zukunft prognostizieren. Der suizidal gefährdete Tolomeo erringt sein Glück nicht selber, sondern ist auf den guten Willen anderer angewiesen. Betrachtet man Tolomeo aus diesem Aspekt, dann ist die meditative, innerliche Inszenierung von Benjamin Lazar werkgerecht, denn sie fängt eine Gestimmtheit ein, die sich Tolomeo zuschreiben läßt. Ein bißchen mehr inszenatorischer Pep hätte es vielleicht trotzdem sein dürfen.
Bereits die Vorstellungen 2020 (mehr hier und hier) waren sängerisch und musikalisch ein Genuß, und auch die Wiederaufnahme bereitete viel Freude. Anstelle von Jakub Józef Orliński (mehr hier) hat Cameron Shahbazi die Titelrolle übernommen. Lazar kennt ihn von der Kölner Oper, wo sie im Dezember 2020 gemeinsam George Benjamins Written on Skin erarbeitet haben (mehr dazu hier; auch interessant, bspw. hinsichtlich barocker Aufführungspraxis, das Interview mit Lazar auf der gleichen Seite hier). Die schöne Stimme des persisch-kanadischen Countertenors überzeugt, sein Tolomeo klingt sehnend und melancholisch, die bekannteste Arie der Oper "Stille amare" gelingt intensiv und spannungsvoll. Weiterhin wunderbar: Louise Kemény mit leuchtend warmer Stinne als Seleuce, die koloratursichere Eléonore Pancrazi als Elisa, Meili Li als Alessandro (der übrigens an der Lübecker Oper schon selber den Tolomeo sang, wie man hier auf seiner youtube-Seite hören und sehen kann), Morgan Pearse als rabiater Araspe sowie Dirigent Federico Maria Sardelli und die Händel-Solisten. Die gestrige Dernière bekam zum Abschied viel Applaus und Bravos von einem Publikum, das weiß, was es zu bejubeln gilt.

Bei den Händel-Festspielen 2023 wird man Ottone hören, in der Titelrolle will man Max E. Cencic verpflichten, erklärte Intendant Peters, der seit diesem Jahr zusammen mit Operndirektorin Braunger die Leitung der Händel-Festspiele übernommen hat und 2024 selber Regie führen will. Welche Händel-Oper es wird, scheint noch nicht offiziell bekannt.