Montag, 17. Februar 2020

Händel - Tolomeo, 16.02.2020

Die zweite Vorstellung von Tolomeo gelang noch runder als die Premiere und brachte Sängern und Musikern viel Applaus und Bravos vom Publikum.
    
Wenn man weiß, daß nichts passiert und die visuelle Konzentration auf die Inszenierung reduziert, entdeckt man beim zweiten Anhören noch mehr bemerkenswert schöne Momente. Federico Maria Sardelli dirigiert die Deutschen Händel-Solisten auf Schönklang getrimmt, die Sänger passen sich nahtlos in das Konzept ein - beim Publikum kam diese Vorstellung sehr gut an.

Tolomeo ist bei weitem nicht Händels abwechslungsreichste oder aufregendste Oper, ganz im Gegenteil, sie hat eine ganz spezifische Charakteristik und Atmosphäre, die durch die Todesnähe des zentralen Liebespaars, Trauer und Isolation sowie die reduzierte Handlung und eine gewisse Affektenge (Tolomeo singt fast nur moll-Arien, Seleuce begehrt nie auf - die beiden passen zusammen) charakterisiert wird. Regisseur Benjamin Lazar versucht diese spezifische Charakteristik zu inszenieren und wählt einen Ansatz, der für einen Teil des Publikums schief gehen muß: statt von der Handlung auszugehen (die ja kaum vorhanden ist), will er von einer Stimmung ausgehen, er will Atmosphäre inszenieren. Hätte er Stimmung und Geschehen stärker verknüpft, hätte es fürs Publikum besser funktioniert,, nun sieht man statisch-konzertante Stimmungsoper, die szenisch zu flach und gleichförmig gerät. Hätte die Regie für die Figuren mehr Einfälle, als bedeutsamschwer herumzustehen, dann hätte eventuell daraus etwas werden können.
Vor zwei Jahren gab es schon einmal eine Inszenierung, die zäh wie Kaugummi wirkte: Händels Alcina hat allerdings viel mehr Geschehen und Beziehungen zu bieten als Tolomeo, die damalige Langeweile war überflüssig. Bei Tolomeo kann man nachempfinden, was Regisseur Lazar bezweckte. Was vielleicht wie Ideenlosigkeit des Regisseurs aussieht, ist tatsächlich beabsichtigte Langsamkeit. Man muß sich auf das behutsame Zeitmaß einlassen, um die Inszenierung zu erfassen. Das kann man ablehnen und kritisieren, man kann es anders und besser in Szene setzen, es steckt allerdings in der DNA dieses Werks und man kann Lazar in gewisser Weise zuerkennen, werkgerecht gearbeitet und die Besonderheit dieser Antiheldenoper betont zu haben.