Samstag, 30. April 2016

Rokokotheater Schwetzingen: Cavalli - Veremonda, 29.04.2016

Die Amazone von Aragona -Veremonda, l’Amazzone d’Aragona- schon der Titel der Oper von Francesco Cavalli (*1602 †1676) scheint ein Versprechen frühbarocker Opernfreude zu sein. Veremonda wurde 1652 wahrscheinlich in Venedig (oder doch Neapel?) uraufgeführt. 364 Jahre später konnte man diese Oper gestern als deutsche Erstaufführung im Rokokotheater Schwetzingen als Koproduktion des Staatstheater Mainz mit den Schwetzinger SWR Festspielen erleben, sie hinterließ dabei einen musikalisch sehr guten und inszenatorisch gemischten Eindruck.

Mittwoch, 27. April 2016

Zuschußkürzungen am Badischen Staatstheater

Tja, das Datum 26.04.2016 darf in dieser Chronologie nicht fehlen: immerhin sind es einschneidende finanzielle Kürzungen am Etat des Badischen Staatstheaters, die der Karlsruher Gemeinderat heute beschlossen hat: 10,8 Millionen Euro weniger in den Jahren 2017 bis 2022. Wenn man dann noch den geplanten Neubau und die Sanierung des Haupthauses betrachtet, kann man wohl von einem bevorstehenden Jahrzehnt der eingeschränkten Handlungsfähigkeit sprechen. Wer Optimismus zeigen will, kann seine Hoffnungen auf das Jahr 2030 setzen. Dann hat man ein neues und saniertes Theater in der Baumeisterstraße und hoffentlich ein neu aufblühendes Repertoire und wieder ein umfänglich arbeitendes Dreispartenhaus.

Sonntag, 24. April 2016

Anne Frank (Ballett), 23.04.2016

Viel Applaus gab es gestern nach der Premiere von Anne Frank von einem sehr wohlwollenden Publikum, es gab beeindruckende Leistungen, vor allem und erneut von der grandiosen Bruna Andrade in der Titelrolle. Und doch ..... einiges ist an dieser Ballettproduktion problematisch, teilweise ungeschickt, teilweise oberflächlich durch eine hollywoodeske Dramaturgie ohne innere Wahrhaftigkeit, die es dem Publikum leicht machen will und doch nur zeigt, daß die historische Distanz inzwischen so groß geworden ist, daß es kaum noch jemanden negativ auffällt, daß Tod und Grauen des Holocaust routiniert ästhetisiert werden können und sich Tänzerinnen im KZ vor dramatischem Wolkenhimmel bewegen. Die Choreographie hat keine Höhepunkte, sie bemüht sich erfolglos darum, der Geschichte  jenseits der Chronistenpflicht bemerkenswerte Konturen zu geben. Unappetitlicher Tiefpunkt ist die von Moralschmalz triefende Schlußszene, die die Ermordung der Juden als Flüchtlingsdrama verharmlost und heutige Kriegsflüchtlinge mit den verfolgten Juden vergleicht und damit einen unsäglichen Kitsch fabriziert. So ergibt sich ein ambivalenter Eindruck: engagiert und gut getanzt, aber klar konzeptionell gescheitert. Anne Frank wird hier lediglich zum Ballett verwertet.

Mittwoch, 20. April 2016

Vorschau (2) auf die Spielzeit 2016/2017 des Badischen Staatstheaters

Das Ende der Vielfalt
Das heruntergewirtschaftete Programm der kommenden Spielzeit zeigt erneut, was Intendant Spuhler der Karlsruher Oper angetan hat: vor 10 Jahren gab es 23 Opern (8 Premieren und 15 Wiederaufnahmen), in der kommenden Spielzeit ist man deutlich weniger leistungsfähig: 15 Opern (7 Premieren und 8 Wiederaufnahmen), also acht Opern weniger als ein Jahrzehnt zuvor und sogar auch weniger Programmpunkte als in der mageren aktuellen Spielzeit 2015/16.

Dienstag, 19. April 2016

Vorschau (1) auf die Spielzeit 2016/2017 des Badischen Staatstheaters

Die Premieren der Spielzeit 2016/17 für Oper, Schauspiel und Ballett sind veröffentlicht worden. Das Spielzeitmotto Von Wahn und Wirklichkeit könnte man als Überschrift für eine Kritik der so unzufriedenstellenden und diskutablen ersten Intendanzjahre von Peter Spuhler und Jan Linders betrachten. Im Einzelnen gibt es die folgenden Premieren:

Wilhelm Tell entfällt

Gerade kam die offizielle Mitteilung, daß die Premiere der Neuinszenierung von Schillers Wilhelm Tell am 19.06.2016 aus nicht genannten Gründen nicht zustande kommt und auf eine spätere Spielzeit verschoben wird. Stattdessen wird die Komödie Das Abschiedsdinner vom Studio ins Kleine Haus ziehen. Doch die Absetzung hat wohl einen unkreativen Hintergrund: man hatte keine passende Idee für das Stück, peinlicherweise hat man es in über 12 Monaten Vorbereitungszeit nicht geschafft, ein Inszenierungskonzept auf die Beine zu stellen oder Ersatz vorzubereiten. Einbußen bei Qualität und Leistungsfähigkeit begleiteten den scheidenden Schauspieldirektor bis zum Schluß.

Rückblick: Ambrogio Maestri und Thomas Brux

Thomas Brux war am Badischen Staatstheater von 2002 bis 2011 der Mann für die Stimmen. Als stellvertretender Operndirektor holte er bspw. Barbara Dobrzanska, Ina Schlingensiepen, Kirsten Blaise, Edith Haller, Sabina Willeit, Anna-Maria Dur und Lance Ryan, Bernhard Berchtold, Walter Donati, Matthias Wohlbrecht, Thomas J. Mayer, Armin Kolarczyk und Gäste wie José Cura, Ramon Vargas, Anja Harteros, Klaus Florian Vogt, Franz Grundheber, Bo Skovhus, Violetta Urmana, Franco Fagioli und Ambrogio Maestri nach Karlsruhe. Mit den beiden letzteren gelang Brux ein besonderes Kunststück: Fagioli und Maestri standen erst am Beginn ihrer Karrierre.

Ambrogio Maestri hatte 2001 seinen Durchbruch: er sang seinen ersten Falstaff an der Mailänder Scala unter Riccardo Muti. Thomas Brux engagierte ihn als Falstaff für die Saison 2002/2003 nach Karlsruhe, später sang er hier auch noch in Lucia di Lammermoor. In den folgenden Jahren ist Maestri zu DEM Falstaff unserer Zeit geworden, er soll ihn bisher über 250 mal in mehr als 25 Opernhäusern gesungen habe. 15 Jahre nach seinem Mailänder Debüt wird Maestri dieser Tage erneut Falstaff singen, erneut wird Riccardo Muti dirigieren, und zwar konzertant in Chicago. Ein passender nostalgischer Anlaß, um daran zu erinnern, was für eine gute Hand Thomas Brux bei den Hauptrollensängern in der Regel hatte und was für ein Glück das Karlsruher Publikum im letzten Jahrzehnt dadurch vergönnt war.

Dienstag, 12. April 2016

6. Symphoniekonzert, 11.04.2016

Die Trompete stand im Mittelpunkt des 6. Symphoniekonzerts und damit der langjährige Solotrompeter der Badischen Staatskapelle: der in Offenburg geborene Wolfram Lauel konnte gestern erneut die Vorzüge seines Könnens und seines Instruments unter Beweis stellen.

Sonntag, 10. April 2016

Euripides - Troerinnen, 09.04.2016

Lustige Jammergestalten
oder
Wenn die Tragödie zur Farce wird
Es ist mutig und originell, was das Karlsruher Schauspiel zeigt: Krieg und Leid als Comédie humaine, wenig Mitgefühl und viel Spott, letztendlich Pessimismus statt Pazifismus, warum auch nicht, in einer Welt, in der der Krieg wieder allgegenwärtig ist, in der Bürgerkriegsflüchtlinge von allen Seiten instrumentalisiert werden, um aus ihnen politisches Kapital zu schlagen, in der sogar der Humanismus zynisch geworden ist und es noch keinen Monat her ist, daß sogenannte Flüchtlingsaktivisten versuchten, künstlich eine humanitäre Katastrophe im griechischen Idomeni herbeizuführen, einen Grenzdurchbruch inszenierten und mitschuldig wurden am Ertrinken von Flüchtlingen in einem Grenzfluß und das für Medienaufmerksamkeit und aus Rechthaberei. In Euripides Troerinnen gibt es deshalb kaum Mitgefühl, jeder muß alleine mit seinem Unglück fertig werden, andere schauen zu und wollen es noch zu ihrem Vorteil ausnutzen oder diskutieren und rechtfertigen ihre Haltung. Das Unsägliche wird immer wieder von Galgenhumor und die Tragödie von einer Farce überdeckt, am Ende bleiben Groll und Ohnmacht. Viel Applaus gab es zu recht für sehr gute Schauspieler und flotte und solide 85 Minuten, die einige Fragen aufwerfen und bei der manche "Thema verfehlt" denken werden.