Turandot als medial designter Science Fiction-Kitsch
Wie kann man eine imposante Oper wie Turandot so lustlos und uninspiriert szenisch verhunzen? Ein Erfolgsgeheimnis der Kunstform Oper besteht darin, alle anderen Künste integrieren zu können. Dies gelang beispielhaft gut vor sechs Jahren im 1. Akt von Dr. Atomic; es mißlingt nun bei Turandot. Anläßlich des an diesem Wochenende zusammen mit dem ZKM ausgerichteten Symposiums zu Opern- und Medienkunst, suchte die Karlsruher Oper nach einer Inszenierung, die exemplarisch Medienkunst integriert. Doch ach!, es fand sich nichts Gutes, in Italien kaufte man dann letztendlich eine defizitäre Produktion ein, die zuvor in Palermo und Bologna zu sehen war (auf youtube kann man sich hier einen komplettem Mitschnitt der nun in Karlsruhe zu sehenden Inszenierung ansehen), und deren Unzulänglichkeiten unfreiwillig komisch wirken: man sieht im Hintergrund einen kitschig-bunten Film voller Belanglosigkeiten vor dem Sänger und Chor mittels reduzierter und amateurhaft simpel wirkender Personenführung quasi semikonzertant-statisch Alibi-Bewegungen durchführen. Die Regie heuchelt Bedeutsamkeit, um Bedeutung vorzutäuschen, zeigt aber nur aufgeblähte Belanglosigkeiten - die Form bleibt leer! Nichts gelingt überzeugend, weder Liebesgeschichte noch Groteske, weder Märchen noch Drama, statt Exotik sieht man medialen Kitsch. Gerettet wurde die gestrige Premiere durch die auftrumpfenden Chorsänger und Orchestermusiker sowie durch gute Sängerleistungen.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Sonntag, 26. Januar 2020
Montag, 13. Januar 2020
Wilde/Jelinek - Bunbury, 12.01.2020
Lustig sein wäre alles
oder
Travestie-Show statt Komödie
Seit über einem Jahrzehnt gab es im Badischen Staatstheater keine rasante Komödie mehr, seit der Intendanzübernahme 2011 gab es kaum noch etwas zu lachen. Und das Warten geht leider weiter. Oscar Wildes geistreiche Dandy-Komödie The Importance of being Earnest (im Deutschen oft Ernst sein ist alles oder Bunbury betitelt) legt die Latte (noch) zu hoch für das in den letzten Jahren so verkrampft und verklemmt wirkende Karlsruher Schauspiel. Immerhin, Schauspieldirektorin Anna Bergmann traut sich endlich und ist bemüht, sie setzte jedoch auf das falsche Inszenierungsteam. Subtiler britischer Humor wird in dieser Regie zu grobmotorischem deutschen Klamauk, der kaum Wortwitz kennt, nichts von Dialogen und Timing versteht und sich nur durch Übertreibung, Verkleidung und Hampelei zu helfen weiß. Die Regisseurin übersetzt den nichtsnutzigen und ostentativ oberflächlichen Dandy ins Travestie-Milieu und setzt auf affektiertes Getue und künstlich übergroße Posen. Der Komödienwert ist gering, gut vorbereitete Pointen gibt es wenig (tatsächlich gab es kaum kollektives Gelächter im Premierenpublikum, Feuerwerk und Rasanz suchte man vergebens, es wurde überwiegend wohlwollend geschmunzelt), doch ein Schauwert ist vorhanden, vor allem dann, wenn man keine zu großen Ansprüche stellt und sich am etwas biederen deutschen Symbolik-Humor nicht stört. Und so waren es dann auch die Tanz- und Gesangsszenen und die hochmotivierten Schauspieler -vor allem ein grandios komisch agierender Leander Senghas-, die die letztendlich mittelmäßig komische Inszenierung retteten.
oder
Travestie-Show statt Komödie
Seit über einem Jahrzehnt gab es im Badischen Staatstheater keine rasante Komödie mehr, seit der Intendanzübernahme 2011 gab es kaum noch etwas zu lachen. Und das Warten geht leider weiter. Oscar Wildes geistreiche Dandy-Komödie The Importance of being Earnest (im Deutschen oft Ernst sein ist alles oder Bunbury betitelt) legt die Latte (noch) zu hoch für das in den letzten Jahren so verkrampft und verklemmt wirkende Karlsruher Schauspiel. Immerhin, Schauspieldirektorin Anna Bergmann traut sich endlich und ist bemüht, sie setzte jedoch auf das falsche Inszenierungsteam. Subtiler britischer Humor wird in dieser Regie zu grobmotorischem deutschen Klamauk, der kaum Wortwitz kennt, nichts von Dialogen und Timing versteht und sich nur durch Übertreibung, Verkleidung und Hampelei zu helfen weiß. Die Regisseurin übersetzt den nichtsnutzigen und ostentativ oberflächlichen Dandy ins Travestie-Milieu und setzt auf affektiertes Getue und künstlich übergroße Posen. Der Komödienwert ist gering, gut vorbereitete Pointen gibt es wenig (tatsächlich gab es kaum kollektives Gelächter im Premierenpublikum, Feuerwerk und Rasanz suchte man vergebens, es wurde überwiegend wohlwollend geschmunzelt), doch ein Schauwert ist vorhanden, vor allem dann, wenn man keine zu großen Ansprüche stellt und sich am etwas biederen deutschen Symbolik-Humor nicht stört. Und so waren es dann auch die Tanz- und Gesangsszenen und die hochmotivierten Schauspieler -vor allem ein grandios komisch agierender Leander Senghas-, die die letztendlich mittelmäßig komische Inszenierung retteten.
Sonntag, 12. Januar 2020
Rokokotheater Schwetzingen: Schürmann - Die getreue Alceste, 11.01.2020
Barockzauber auf Deutsch
Der Winter in Schwetzingen -das Barock-Festival der Heidelberger Oper im Rokokotheater des benachbarten Schwetzingen- widmet sich nach vielen Ausgrabungen italienischer Opern nun der stiefmütterlich behandelten deutsch gesungenen Barockoper. Der Komponist Georg Caspar Schürmann (*1672/73 †1751) war Nachfolger von Reinhard Keiser an der Hamburger Gänsemarktoper (dem ersten öffentlichen Opernhaus Deutschlands) und Vorgänger von Carl Heinrich Graun in Braunschweig, wo diese Alceste 1719 uraufgeführt wurde. 2016 gab es eine halbszenische Aufführung inkl. CD-Aufnahme (CPO) in Hamburg, in Schwetzingen hat man sich dieses Werks nun bravourös im Rokokotheater angenommen. Die getreue Alceste verzaubert musikalisch und sängerisch und ist eine der schönsten Produktionen, die der Winter in Schwetzingen bisher zu bieten hatte.
Der Winter in Schwetzingen -das Barock-Festival der Heidelberger Oper im Rokokotheater des benachbarten Schwetzingen- widmet sich nach vielen Ausgrabungen italienischer Opern nun der stiefmütterlich behandelten deutsch gesungenen Barockoper. Der Komponist Georg Caspar Schürmann (*1672/73 †1751) war Nachfolger von Reinhard Keiser an der Hamburger Gänsemarktoper (dem ersten öffentlichen Opernhaus Deutschlands) und Vorgänger von Carl Heinrich Graun in Braunschweig, wo diese Alceste 1719 uraufgeführt wurde. 2016 gab es eine halbszenische Aufführung inkl. CD-Aufnahme (CPO) in Hamburg, in Schwetzingen hat man sich dieses Werks nun bravourös im Rokokotheater angenommen. Die getreue Alceste verzaubert musikalisch und sängerisch und ist eine der schönsten Produktionen, die der Winter in Schwetzingen bisher zu bieten hatte.
Sonntag, 5. Januar 2020
Breiner - Ruß (Ballett), 04.01.2020
Aschenputtel im Zechen- und Bergarbeitermilieu
2013 gewann Bridget Breiner für ihre Choreographie zu Ruß. Eine Geschichte von Aschenputtel am Ballett im Revier Gelsenkirchen zum ersten mal den Theaterpreis "Faust", 2015 wiederholte sie diesen Erfolg mit Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin. Nun kann man Ruß auch in Karlsruhe sehen, die gestrige Adaptionspremiere fand im Kleinen Haus statt und erwies sich als Glücksfall, denn man ist nahe dran an dieser intimen und ironischen Märchenerzählung, die die Geschichte hinter der Geschichte ohne märchenhafte Elemente erzählt, und zwar aus der Sicht von Aschenputtels Stiefschwester. Bereits vor der Premiere waren fast alle Tickets für die Vorstellungen bis zum Ende der Spielzeit verkauft, wer dabei sein will, sollte sich bald Karten sichern oder muß auf die Wiederaufnahme 2020/21 warten.
2013 gewann Bridget Breiner für ihre Choreographie zu Ruß. Eine Geschichte von Aschenputtel am Ballett im Revier Gelsenkirchen zum ersten mal den Theaterpreis "Faust", 2015 wiederholte sie diesen Erfolg mit Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin. Nun kann man Ruß auch in Karlsruhe sehen, die gestrige Adaptionspremiere fand im Kleinen Haus statt und erwies sich als Glücksfall, denn man ist nahe dran an dieser intimen und ironischen Märchenerzählung, die die Geschichte hinter der Geschichte ohne märchenhafte Elemente erzählt, und zwar aus der Sicht von Aschenputtels Stiefschwester. Bereits vor der Premiere waren fast alle Tickets für die Vorstellungen bis zum Ende der Spielzeit verkauft, wer dabei sein will, sollte sich bald Karten sichern oder muß auf die Wiederaufnahme 2020/21 warten.
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