Dienstag, 5. März 2024

5. Symphoniekonzert, 04.03.2024

Das 5. Symphoniekonzert war auch Abschluß der Händel-Festspiele 2024 und ließ die Badische Staatskapelle Händel, Bach und Benda musizieren.

Die Feuerwerkmusik ist Musik zum Kriegsende, und zwar des Österreichischen Erbfolgekriegs, der durch den Friedensschluß von Aachen formal endete. Der britische König Georg II. ließ das 1749 prestigeträchtig festlich-opulent feiern: es gab ein mehrstündiges öffentliches Feuerwerk und Georg Friedrich Händel (*1685 †1759) komponierte die Musik zur Eröffnung, die in großem Rahmen mit sehr vielen (angeblich ca. 100) Musikern als spektakuläres Freiluftkonzert aufgeführt wurde (was aber aufgrund verschiedener Umstände und Pannen zum Fiasko wurde). Damals sollen u.a. 40 Trompeten, 20 Hörner, je 16 Oboen und Fagotte und viel Schlagzeug zum Einsatz gekommen sein. Der Autor dieses Tagebuchs erinnert sich noch gerne an einen Auftritt von Hervé Niquet und Le Concert Spirituel in Baden-Baden 2017, bei dem  9 Hörner, 9 Trompeten, 6 Fagotte, 5 Oboen, 2 ca. 2,5 Meter hohe Kontrafagotte, 2 Schlagzeuger und 27 Streicher zum Einsatz kamen und nach Pomp and Circumstances klangen. Die gestrige Karlsruher Version war dagegen kleiner besetzt: 3 Hörner und 3 Trompeten (beide historisch ventillos), 2 Fagotte, kein Kontrafagott, 3 Oboen, 1 Schlagzeuger und 20 Streicher. Die Musick for the Royal Fireworks wurden gestern schön musiziert, die Prachtentfaltung kam hingegen ein bißchen zu kurz, etwas mehr Funken hätten schon sprühen dürfen.

Carl Philipp Emanuel Bach (*1714 †1788) galt lange als der Bach schlechthin, heute meint man damit seinen Vater Johann Sebastian Bach und nicht dessen zu Lebzeiten berühmtestes Kind. Bach ließ die sechs Konzerte Wq 43 auf eigene Kosten drucken - sie bieten die Essenz seines Könnens und waren ihm deshalb offensichtlich wichtig und so attraktiv, daß er an ihren Erfolg glaubte und sie vermarktete. Das Konzert für Cembalo und Orchester F-Dur Wq 43/1 H471 ist ein ca. 15 minütiges Stück, das durch Unterstützung von  Hörner und Flöten einen lebhaften Eindruck hinterläßt. Der Cembalist Francesco Corti ist auch Gastdirigent des Ensembles Il Pomo d’Oro und bspw. als Dirigent bei der CD-Einspielung  von Roma Travestita mit Countertenor Bruno de Sá beteiligt gewesen. Corti setzte  geschmackvolle Betonung bei stetigem, virtuos flüßigem Vorwärtsdrang. Die Ecksätze sind als Allegro di molto und  Prestissimo bezeichnet, das mittlere Andante bietet eine Verschnaufpause, die drei Sätze sind pausenlos und gaben eine attraktiven Eindruck. CPE Bach gilt es, wieder zu entdecken!

Es folgte Händels Concerto grosso op. 6 Nr. 12 h-moll HWV 330 und wie immer klingen diese 1739 entstandenen Konzerte (Nr. 1-6 sind in Dur, 7-12 in moll) teilweise wie Musik, die auch in den Ouvertüren und Arien bei Händels Opern vorkommen könnte.

Georg Anton Benda
(*1722 †1795) ist einer der drei böhmischen Benda-Brüder, die als Musiker, Komponisten oder Kapellmeister an deutschen Höfen tätig waren und deren Nachkommen teilweise ebenfalls als Musiker von sich reden machten. Der Dirigent Hans von Benda (*1888 †1972) gilt bspw. als Gründer und Leiter des Berliner Kammerorchesters. Auch heute sind Bendas musikalisch aktiv, wie sich bei Wikipedia (hier) ermitteln läßt. Das Konzert für Cembalo und Orchester f-Moll stammt wie CPE Bachs zuvor gespieltes Konzert aus den 1770er und klingt stärker nach Frühklassik als das zuvor gespielte Konzert. Die drei Sätze gehen nicht wie bei CPE Bach ineinander über, sondern stehen einzeln. Francesco Corti überzeugte auch hier mit wunderbar beredtem Cembalo-Spiel und bedankte sich mit einer gefühlvollen Zugabe für den Applaus.

Zuletzt die Suite für Orchester Nr. 3 D-Dur BWV 1068 von Johann Sebastian Bach (*1685 †1750), deren Satz Air zu den berühmtesten Stücken des Komponisten gehört. Das gestrige erste Air (es gab ein zweites als Zugabe nach dem Konzert) wird vor allem Freunden einer profanen Interpretation gefallen haben. Dirigent Alessandro de Marchi ist ein renommierter Dirigent, der an manchen CD-Einspielungen beteiligt war, bspw.  bei Franco Fagiolis Aufnahme von Porpora-Arien mit der Academia Monti, mit Valer Sabadus Einspielung von Gluck-Arien, bei der sehr schönen Aufnahme von Rossinis La Pietra Del Paragone (Naxos) aus Bad Wildbad,  Bellinis La Sonnambula mit Cecilia Bartoli und Juan Diego Flórez sowie Vivaldis Orlando finto pazzo, die von Vivaldi dem Markgraf Karl von Baden-Durlach gewidmet ist. Der Dirigent legte beim Air ein flottes Tempo vor, das dem Ausdruck nicht förderlich war. Als nach 135 Minuten Konzertdauer als Zugabe das zweite Air gespielt wurde, war es vergleichbar im Tempo, es schien dem Verfasser dieser Zeilen allerdings wärmer und runder. Und damit ist man am Kritikpunkt des gestrigen Konzerts: es wurde motiviert und engagiert musiziert, de Marchi gestaltete aber zu wenig, die Musik wirkte manchmal zu gleichtönend - der Charakter einzelner Stücke hätte man stärker herausarbeiten bzw. anders bzw. affektvoller betonen können: hier etwas pompöser, da etwas transzendenter, dort etwas wehmütiger oder leidenschaftlicher

Fazit: Für den herzlichen Applaus im ausverkauften Großen Haus bedankten sich Orchester und Dirigent mit einer Zugabe beim Publikum