Montag, 26. Februar 2024

Händel - Ottone, 25.02.2024

Homogen hochklassig (2) 
Die Wiederaufnahme der letztjährigen Produktion des Ottone ergänzt sich gut mit Siroe: zwei Königsdramen, beide historisierend-archaische Phantasie-Inszenierungen, die charakterisieren ohne abschweifend zu psychologisieren, beide finden einen geradlinigen Weg, der die musikalischen Affekte respektiert und sie nicht aus dem Zusammenhang reißt, und der insbesondere Sängern und Musiker Raum zur Entfaltung gibt. Auch für Ottone gab es gestern viel Jubel und langanhaltenden Applaus.

Carlo Ipata am Pult der stets klangschönen Deutschen Händel-Solisten modelliert vielleicht etwas weniger plastisch als Attilio Cremonesi in Siroe, überzeugt allerdings mit ausgeglichen wirkenden Tempi. Yuriy Mynenko in der Titelrolle des tugendvollen und gerechten Königs zeigt sich stimmlich unverändert souverän. Im dritten Akt bekommen die Titelrollen bei Händel oft langsame Arien in verschiedener Ausprägung des (Ver-)Zweifelns, des Schmerzes oder der Trauer. In Tolomeo ist das Stille amare, in Siroe Deggio morirr und in Ottone Tante affanni - das von Mynenko mit bravourösem Einsatz dargeboten wurde. Als Teofane ist die spanische Sopranistin Lucía Martín-Cartón weiterhin eine gute Besetzung. Die ukrainische Mezzosopranistin Olena Leser (die letztes Jahr noch Lena Belkina hieß) hat eine ausdrucksstarke Stimme für Carmen und Dalila; Erst kürzlich hat sie als Carmen in Karlsruhe gastiert. Mit Vieni, o figlio hat sie als Gismonda die flehendste Arie und bekam mit am meisten Applaus bei der gestrigen Matinee. Raffaele Pe stellt als Adelberto den Gegenspieler Ottones differenziert dar und die Alt-Stimme von Sonia Prina findet sich besser mit der Rolle der Matilda zurecht als letztes Jahr. Und auch Nathanaël Tavernier erwies sich erneut als ausgezeichnete Wahl für die Rolle des Piraten Emireno. Eine Vorstellung, die homogen hochklassig gelang.

Ehre, wem Ehre gebührt: Die Händel-Festspiele 2011-2024
Die Händel Festspiele werden mit dem bevorstehenden Intendantenwechsel neu aufgestellt. Der designierte Operndirektor Christoph von Bernuth wird nicht nur als Hausregisseur in Karlsruhe, sondern auch als Künstlerischer Leiter der Händel-Festspiele tätig sein. So schlecht vieles am Haus ein Jahrzehnt lang lief, die Händel-Festspiele konnten ihre Reputation steigern: die Eintrittskarten wurden zwar deutlich teurer, dafür wurde das Programm erweitert und mehr Stars der Barock-Szene traten in Karlsruhe auf. 
Die Regie-Stiele waren vielfältig: Max E. Cencic hat mit seinem Showbusiness-Serse eine der erinnerungswürdigsten Inszenierung in der Geschichte der Händel-Festspiele auf die Bühne gebracht, auch sein Arminio war hochklassig spannend. Benjamin Lazars Kerzenlichtproduktion des Riccardo Primo war ebenfalls unvergesslich. Floris Visser hat mit Semele und Hercules zwei der bisher besten Oratorien-Inszenierungen in Karlsruhe gezeigt.
Aktuell scheint das Format der Händel-Festspiele im Umfang ausgereizt. Man darf gespannt sein, was 2025 passieren wird und in welche Richtung die Festspiele gesteuert werden.