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Sonntag, 17. November 2013

Tschaikowsky - Dornröschen, 16.11.2013

Wie immer endete die große Ballett-Premiere mit vielen freudig strahlenden Gesichtern, nicht enden wollendem Applaus und heißgeklatschten Händen.

Die Tschaikowsky-Trilogie ist komplett
Nach Schwanensee und Nußknacker erfolgte nun gestern das in der Entstehungsgeschichte mittlere Dornröschen und Birgit Keil hat mal wieder bewiesen, daß das große Handlungsballett das publikumswirksamste Aushängeschild in Karlsruhe ist. Welches der drei Ballette nun die schönste und gelungenste Inszenierung in Karlsruhe hat, darüber lässt sich trefflich diskutieren - und das beweist nur mal wieder, mit wie viel qualitativer Kontinuität das Karlsruher Staatsballett nun schon über ein Jahrzehnt tanzt und sich seine große Popularität verdient hat.

Worum geht es?
Wie schon bei seinem Nußknacker erzählt Choreograph Youri Vámos eine neue Geschichte und zwar diesmal die der Zarentochter Anastasia, die vermeintlich die Hinrichtung durch die Bolschewisten überlebt haben soll. Eine Frau namens Anna Anderson behauptete in den 1920ern in Berlin von sich, die einzige überlebende Zarentochter zu sein, und viele glaubten ihr. Heutzutage ist sie als Hochstaplerin überführt, aber das spielt für Vámos' Geschichte keine Rolle - es bleibt in der Schwebe, wer die Unbekannte ist. Das Drama der Zarentochter, die durch die russische Revolution alles verliert wird zur Drama einer einsamen Frau, die sich in Erinnerungen und Phantasien flüchtet. Das Ballett ist eine kontrastierende Vermischung von Zeitebenen - ein in Rückblenden verpacktes inneres Puppenspiel der vermeintlichen Anastasia.
Dennoch ist diese Geschichte von Youri Vámos nur eine sehr lose Klammer, die das Ballett gerade so zusammenhält. Schon das Original-Dornröschen galt als handlungsschwaches Ballett und auch Vámos schafft es nur, dem Geschehen eine geringe Handlungsdichte zu geben. Der große Jubel für die gestrige Premiere hatte andere Gründe.

Was ist zu sehen?
Dornröschen ist ein abwechslungsreiches und bildstarkes Ballett. Michael Scott hat wieder ein schönes Bühnenbild und viele Kostüme entworfen. Die Nähnadeln müssen geglüht haben bei der hohen Anzahl an Kostümen, die benötigt werden. Der Zarenpalast mit seinem prunkvollen Ballsaal steht im Gegensatz zu einer kargen, dunklen Welt der einsamen Anastasia. Licht spielt hier eine wichtige Rolle und Klaus Gärditz' gelungene Lichtregie ist ein wichtiger Bestandteil, der zentrale Spannungsmomente bewirkt.

Für die Tänzer hat Youri Vámos eine sehr ausgeglichene und anspruchsvolle Choreographie mit regelmäßigen Höhepunkten geschaffen, die die komplette Kompagnie gleichermaßen fordert, auch wenn es nur wenig individuelle Charakterzeichnungen gibt. Nur Bruna Andrade als Anastasia wird nicht nur tänzerisch gefordert, sondern auch als Darstellerin. Wie immer tanzt und spielt sie mit hoher Souveränität und viel Ausdruck. Bravo! Doch wirklich alle Tänzer hatten den Applaus gestern verdient, für viele gibt es Gelegenheit sich auszuzeichnen: Flavio Salamanka, Admill Kuyler, Sabrina Velloso und Pablo Dos Santos (er entwickelt sich immer mehr zum Nachfolger von Diego de Paula) haben dabei die größten Rollen. Ergänzt wird das Karlsruher Ballettensemble wieder durch Tänzer des Ballettstudios, der Mannheimer Akademie des Tanzes und durch Kinder der Ballettschule Lagunilla & Reijerink - dem Auge wird viel geboten.

Was ist zu hören?
Christoph Gedschold und die Badische Staatskapelle spielen einen opulenten Ohrenschmaus, der auch als Symphoniekonzert gelten kann: ob nun Janos Ecseghy als Soloviolinist oder das ganze Orchester im akustischen Breitwandformat - immer wieder ergeben sich große Höreindrücke und der Schluß ist überwältigend pompös und schön. Bravo!

Hommage an das Karlsruher Ballett
Kann man etwas Kritisches anmerken? Bestimmt. Aber nicht heute! Der Erfolg und die überragende Beliebtheit des Karlsruher Balletts sowie ein Blick auf das letzte Jahrzehnt sprechen eine klare Sprache. Die erfolgreichste Sparte des Badischen Staatstheaters hat die höchste Zuschauerauslastung und das im Durchschnitt jüngste Publikum. Birgit Keil hat so viel Interessantes und Erinnerungswürdiges auf die Bühne gebracht: Don Quijote, Liaisons Dangereuses, Giselle, CoppéliaRomeo und Julia,  Les Sylphides, Carmen, Tschaikowsky, La Fille mal gardée, Ein Sommernachtstraum, Schwanensee, Nußknacker, nun Dornröschen, dazu die großartigen Neuschöpfungen des Glanzjahres 2011/12: Siegfried und Momo und zuvor Anna Karenina. Auch wer Handlungsballett weniger schätzt wird daran erkennen, daß Birgit Keil dem Karlsruher Publikum ein goldenes Jahrzehnt beschert hat und viele neue Anhänger gewonnen wurden, die in die Vorstellungen pilgern. Besser und geglückter konnte sich das Karlsruher Ballett nicht entwickeln.
   
Fazit: Das komplette Ballettensemble glänzt in einem visuell prachtvoll umgesetzten, aber inhaltlich wenig ergiebigen "Handlungs"ballett, das musikalisch zelebriert wurde von der Badischen Staatskapelle und Christoph Gedschold am Dirigentenpult.

PS: Ein Kamerateam begleitete gestern Birgit Keil bei der Premiere. Hallo liebes Staatstheater, meldet rechtzeitig, wann und wo der Bericht gesendet wird!

Team & Besetzung
Zar - Eric Blanc
Zarin - Hélène Dion
Anastasia - Bruna Andrade
Der Unbekannte - Admill Kuyler
Alexei - Kammertänzer Flavio Salamanka
Anastasia als Kind - Sabrina Velloso
Olga als Kind - Shiri Shai
Tatjana als Kind - Kyoko Watanabe
Maria als Kind  - Moeka Katsuki
Olga als Erwachsene - Blythe Newman
Tatjana als Erwachsene - Elisiane Büchele
Maria als Erwachsene - Patricia Namba
3 Adelige - Juliano Toscano, Louis Bray, Bledi Bejleri
Rasputin - Andrey Shatalin
Blauer Vogel - Sabrina Velloso, Pablo dos Santos
Katzen - Blythe Newman, Arman Aslizadyan
3 Russen - Brice Asnar, Pablo dos Santos, Ed Louzardo

Musikalische Leitung - Christoph Gedschold
Choreografie - Youri Vámos
Einstudierung - Joyce Cuoco, Filip Veverka
Einstudierung der Kinder - Leon Kjellsson
Bühne & Kostüme - Michael Scott
Licht - Klaus Gärditz

Freitag, 16. November 2012

Giselle (Ballett), Generalprobe am 15.11.2012

Da ich bei der Wiederaufnahmen-Premiere von Giselle am 17.11.2012 verhindert bin, war ich umso dankbarer für das Angebot, die Generalprobe zu besuchen. Vielen Dank an den Verantwortlichen und die Gesellschaft der Freunde des Badischen Staatstheaters!

Die gestrige Generalprobe zeigte, daß man sich Giselle  in neuer Besetzung nicht entgehen lassen sollte! Die Choreographie von Peter Wright stammt aus dem Jahr 1965 und hatte ihre Uraufführung durch das Stuttgarter Ballett (im gleichen Jahr war dort auch Onegin von John Cranko zu sehen). Birgit Keil war 21 Jahre alt, als sie 1966 in Giselle debütierte. Sie tanzte zuerst die Königin der Wilis im März 1966 (bei der Generalprobe hatte sie sich schmerzhaft am Steißbein verletzt und tanzte dennoch), im Juni 1966 erfolgte dann auch ihr Debut als Giselle. 

2013 ist Birgit Keil 10 Jahre als  Ballettdirektorin am Badischen Staatstheater. In ihrem zweiten Jahr war Giselle im Dezember 2004 ihr abendfüllendes Handlungsballett für Karlsruhe - damals mit Anaïs Chalendard als Giselle, Emmanuelle Heyer als Königin der Wilis und Flavio Salamanka als Graf Albrecht. Salamanka ist bekanntermaßen seit langer Zeit Publikumsliebling und erster Solist und tanzt auch diese Spielzeit als Albrecht.

Die Kontinuität des Karlsruher Ballettcorps erkennt man, wenn man liest, wer 2004 als Gruppentänzer und als Studenten der Akademie des Tanzes dabei waren: Blythe Newman (die als Momo begeisterte) und Bruna Andrade (diese Spielzeit als Königin der Wilis) - beide sind seit dieser Spielzeit erste Solistinnen. Barbara Blanche, Elisiane Büchele (die Giselle dieser Wiederaufnahme), Patricia Namba, Sabrina Velloso und Arman Aslizadyan (alle fünf inzwischen Solisten) sowie bspw. Jussara FonsecaXue Dong und Ronaldo dos Santos. Also lauter Tänzer, die heute noch in Karlsruhe sind und die durch Birgit Keil ihre Tänzerkarriere hier erfolgreich weiterentwickelt haben. Die Wiederaufnahme von Giselle ist in diesem Jahr also einerseits ein Beweis der eigenen Stärke und auch ein Schaulaufen für möglicherweise nachrückende Tänzer der Mannheimer Akademie des Tanzes.

Giselle -die Geschichte einer Liebe, die größer ist als der Tod- besteht aus zwei atmosphärisch unterschiedlichen Akten. Besonders der zweite (Geister-)Akt, in dem die Wilis auf Befehl ihrer Königin Rache an Albrecht nehmen sollen und er von Giselle bis zum Morgengrauen verteidigt wird, erinnert an Schwanensee und steht ihm an Spannung und Dramatik in nichts nach. Hervorzuheben ist, daß man im zweiten Akt 30 Tänzer auf der Bühne hat: 2 männliche (F. Salamanka, B. Bejleri) und 28(!) Tänzerinnen, davon 24 Gruppentänzerinnen. Diese schiere Vielzahl ist nur durch die Kooperation mit Keils Akademie des Tanzes möglich und kann so nur von sehr wenigen Bühnen gezeigt werden.

Christoph Gedschold dirigierte die Partitur von Adolphe Adam und gestern konnte man bereits erahnen, daß Giselle wieder beides ist: Ballettklassiker und Konzerterlebnis.

Hervorheben muß man auch Ausstatter Michael Scott. Was hat er nicht für zeitlose, schöne und in Erinnerung bleibende Bühnenbilder und Kostüme in Karlsruhe geschaffen: beispielsweise La Bohème, Madama Butterfly und Lucia di Lammermoor für die Oper, Anna Karenina, Romeo und Julia und Der Nussknacker im Ballett.

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Tschaikowsky - Der Nußknacker, 14.12.2011

Auch ein Jahr nach der Karlsruher Premiere des im Jahre 1988 in Bonn uraufgeführten Balletts „Der Nußknacker – Eine Weihnachtsgeschichte“ , indem die Geschichte des Nußknackers mit der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens kombiniert wird, strömen die Zuschauer zu den Vorstellungen, die frühzeitig ausverkauft waren. Der Choreograph Youri Vámos hat zusammen mit seinem Ausstatter Michael Scott, der in den letzten drei Jahrzehnten in Karlsruhe immer sehr gute Arbeit abgeliefert hat, ein generationenübergreifendes Familien- und Weihnachtsballett geschaffen, das kitschig schön und etwas altmodisch inszeniert, aber als harmonisches und glücklich machendes Weihnachtsballett auch mehrheits- und konsensfähig ist.