Im Gegensatz zur Karlsruher Oper achtete man im Karlsruher Schauspiel schon früher auf ein variables Programmangebot. Diese Schauspiel-Spielzeit erscheint bisher besonders geglückt: Mißerfolge hatte man bereits letzte Spielzeit schnell eliminiert und durch die vielen Wiederaufnahmen der bisherigen Erfolgsstücke der vorangegangen drei Spielzeiten mit neuen Darstellern hat man ein interessantes und attraktives Programm. Es sind Komödien, die besonders gut laufen, also Verrücktes Blut (zuerst 2011/12) - Vorname (2012/13) - Richtfest (2013/14) sowie die Schülerstoffe Agnes (2012/13) - Dantons Tod (2012/13) - Kabale und Liebe (2013/14) und Singspiele wie z.B. der Sommernachtstraum (2013/14). Vergleichbares hat die Karlsruher Oper nicht zu bieten: Die Spielzeiten 2011/12/13 haben keine aktuellen Folgen.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
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Donnerstag, 30. Oktober 2014
Sonntag, 16. Dezember 2012
Delaporte/de la Patellière - Der Vorname, 15.12.2012e
Es war eine lange Durststrecke bis es gestern endlich mal wieder eine
Komödie im Karlsruher Schauspiel zu sehen gab. Dabei entschied sich die
Schauspielleitung nicht für Bewährtes oder Bekanntes, sondern für das Allerneuste: Die Komödie von Matthieu Delaporte und Alexandre de
la Patellière (beide eigentlich Drehbuchautoren) hatte im Herbst 2010
in Paris Premiere und wurde ein sehr großer Erfolg und ist inzwischen
auch verfilmt. Die deutsche Erstaufführung erfolgte gerade erst im November 2012 in
Hamburg und Der Vorname ist nun wenige Wochen später auch im Studio des Badischen
Staatstheaters zu sehen. Nach der Karlsruher Premiere scheinen die in der Presse kursierenden Vorschußlorbeeren für Der Vorname nicht ganz verdient.
Worum geht es?
Ein gemütliches Abendessen unter Freunden in wohlsituiertem Milieu mit akademischen Hintergrund. Vincent (Jonas Riemer) und seine schwangere Freundin Anna (Sophia Löffler) sind eingeladen bei Vincents Schwester Elisabeth (Ute Baggeröhr) und deren Ehemann Pierre (Robert Besta), der auch Vincents Jugendfreund ist. Zusätzlich ist auch Claude (Matthias Lamp) anwesend, Elisabeths Jugendfreund. Vincent erzählt, daß er seinem Sohn den Vornamen Adolphe geben will und verweist auf ein literarisches Vorbild (der Roman Adolphe von Benjamin Constant aus dem Jahr 1816), bei den anderen wird eher ein österreichischer Ursprung assoziiert und Pierre sieht es als einen faschistischen Akt mit Bekenntnischarakter. Und damit beginnen die Streitigkeiten. Im Verlauf der nächsten 100 Minuten tauen die immer wieder hitzig aufflammenden Diskussionen bisher eingefrorene Konflikte auf und man teilt sich in wechselnden Koalitionen mit, was man schon lange auf dem Herzen hatte. Dabei kommt es zu unerwarteten Wendungen.
Eine Boulevardkomödie?
Der Vorname ist eine Komödie mit ungewöhnlich langer Anlaufphase, die in Karlsruhe noch dadurch verlängert wird, daß der Regisseur das Tempo herausnimmt, indem er bspw. die Regieanweisungen der Autoren als Text sprechen lässt, textlosen Stellen Raum und Zeit gibt (z.B. ein wenig witziger Kampf mit einer Buchregalleiter) und jeder Schauspieler im Verlauf des Stückes ein französisches Lied singt. Der lange Anfang plätschert so vor sich hin. Regisseur Dominik Günther inszeniert den Vornamen also nicht als Boulevardkomödie: er setzt nicht auf Tempo und hohe Pointenfrequenz und nimmt die Figuren des Sückes teilweise sogar sehr ernst. Bestes Beispiel ist die Rolle der Elisabeth: wo man im Sinne einer Komödie eine frustrierte Ehefrau erwartet, deren Abschlußmonolog als virtuos-komischer Wutanfall inszeniert wird, bleibt sie in dieser Regie die liebevoll-chaotische und geduldige Hausfrau, deren Abschlußszene absolut gar nichts zum Lachen bietet: sie ist bitterernst und voller Frustration - die Komödie wird zum Minidrama. Ute Baggeröhr hat hier eine starke ernste Szene. Der Regisseur lässt Baggeröhr danach ein wütendes Lied singen, um wieder die Kurve zurück Richtung Komödie zu bekommen.
Die turbulenten Stellen entwickeln sich nicht immer organisch: Um das immer wieder entschleunigte Stück in Schwung zu halten, inszeniert der Regisseuer teilweise zu stark forcierte Höhepunkte, bei denen er seine Figuren zu Karikaturen werden lässt.
Fazit:
PS: Ein genauerer Vergleich mit Yasmin Rezas Der Gott des Gemetzels (im Badischen Staatstheater in der Spielzeit 2007/2008, u.a. mit den großartigen Lisa Schlegel und Jörg Seyer) liegt nahe und wäre interessant. Rezas Komödie war witziger, böser und in unnachgiebigerer Haltung. Aber es gibt für Vergleiche auch ein anderes Vorbild: Edward Albees Wer hat Angst vor Virginia Woolf?, das in einer sehr guten Inszenierung 2006/2007 in der Insel zu sehen war. Der Vorname scheint dagegen die deutlich leichtgewichtigere und kalorienreduzierte Variante zu sein.
Besetzung und Team:
Elisabeth (Babou) Garaud-Larchet: Ute Baggeröhr
Pierre Garaud, Elisabeths Mann: Robert Besta
Claude Gatignol, Elisabeths Jugendfreund: Matthias Lamp
Vincent Larchet, Elisabeths Bruder, Pierres Jugendfreund: Jonas Riemer
Anna Carvati, Vincents Lebensgefährtin: Sophia Löffler
REGIE: Dominik Günther
BÜHNE & KOSTÜME: Heike Vollmer
MUSIK: Jan S. Beyer & Jörg Wockenfuß
Aus dem Französischen übersetzt von Georg Holzer
Worum geht es?
Ein gemütliches Abendessen unter Freunden in wohlsituiertem Milieu mit akademischen Hintergrund. Vincent (Jonas Riemer) und seine schwangere Freundin Anna (Sophia Löffler) sind eingeladen bei Vincents Schwester Elisabeth (Ute Baggeröhr) und deren Ehemann Pierre (Robert Besta), der auch Vincents Jugendfreund ist. Zusätzlich ist auch Claude (Matthias Lamp) anwesend, Elisabeths Jugendfreund. Vincent erzählt, daß er seinem Sohn den Vornamen Adolphe geben will und verweist auf ein literarisches Vorbild (der Roman Adolphe von Benjamin Constant aus dem Jahr 1816), bei den anderen wird eher ein österreichischer Ursprung assoziiert und Pierre sieht es als einen faschistischen Akt mit Bekenntnischarakter. Und damit beginnen die Streitigkeiten. Im Verlauf der nächsten 100 Minuten tauen die immer wieder hitzig aufflammenden Diskussionen bisher eingefrorene Konflikte auf und man teilt sich in wechselnden Koalitionen mit, was man schon lange auf dem Herzen hatte. Dabei kommt es zu unerwarteten Wendungen.
Eine Boulevardkomödie?
Der Vorname ist eine Komödie mit ungewöhnlich langer Anlaufphase, die in Karlsruhe noch dadurch verlängert wird, daß der Regisseur das Tempo herausnimmt, indem er bspw. die Regieanweisungen der Autoren als Text sprechen lässt, textlosen Stellen Raum und Zeit gibt (z.B. ein wenig witziger Kampf mit einer Buchregalleiter) und jeder Schauspieler im Verlauf des Stückes ein französisches Lied singt. Der lange Anfang plätschert so vor sich hin. Regisseur Dominik Günther inszeniert den Vornamen also nicht als Boulevardkomödie: er setzt nicht auf Tempo und hohe Pointenfrequenz und nimmt die Figuren des Sückes teilweise sogar sehr ernst. Bestes Beispiel ist die Rolle der Elisabeth: wo man im Sinne einer Komödie eine frustrierte Ehefrau erwartet, deren Abschlußmonolog als virtuos-komischer Wutanfall inszeniert wird, bleibt sie in dieser Regie die liebevoll-chaotische und geduldige Hausfrau, deren Abschlußszene absolut gar nichts zum Lachen bietet: sie ist bitterernst und voller Frustration - die Komödie wird zum Minidrama. Ute Baggeröhr hat hier eine starke ernste Szene. Der Regisseur lässt Baggeröhr danach ein wütendes Lied singen, um wieder die Kurve zurück Richtung Komödie zu bekommen.
Die turbulenten Stellen entwickeln sich nicht immer organisch: Um das immer wieder entschleunigte Stück in Schwung zu halten, inszeniert der Regisseuer teilweise zu stark forcierte Höhepunkte, bei denen er seine Figuren zu Karikaturen werden lässt.
Fazit:
- Alle Schauspieler sind formidabel. Bravo!
- Eine nette und gute Komödie, die aber nicht das Risiko eines Lachmuskelkaters birgt.
- Ein Höhepunkt sollte in Erinnerung bleiben: Matthias Lamps Chanson wird bei einigen Gänsehaut erzeugt haben und er sollte unbedingt einen Liederabend bekommen!
PS: Ein genauerer Vergleich mit Yasmin Rezas Der Gott des Gemetzels (im Badischen Staatstheater in der Spielzeit 2007/2008, u.a. mit den großartigen Lisa Schlegel und Jörg Seyer) liegt nahe und wäre interessant. Rezas Komödie war witziger, böser und in unnachgiebigerer Haltung. Aber es gibt für Vergleiche auch ein anderes Vorbild: Edward Albees Wer hat Angst vor Virginia Woolf?, das in einer sehr guten Inszenierung 2006/2007 in der Insel zu sehen war. Der Vorname scheint dagegen die deutlich leichtgewichtigere und kalorienreduzierte Variante zu sein.
Besetzung und Team:
Elisabeth (Babou) Garaud-Larchet: Ute Baggeröhr
Pierre Garaud, Elisabeths Mann: Robert Besta
Claude Gatignol, Elisabeths Jugendfreund: Matthias Lamp
Vincent Larchet, Elisabeths Bruder, Pierres Jugendfreund: Jonas Riemer
Anna Carvati, Vincents Lebensgefährtin: Sophia Löffler
REGIE: Dominik Günther
BÜHNE & KOSTÜME: Heike Vollmer
MUSIK: Jan S. Beyer & Jörg Wockenfuß
Aus dem Französischen übersetzt von Georg Holzer
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