Dienstag, 30. September 2014

1. Symhoniekonzert, 29.09.2014

Mit der kurzen Ouvertüre zur Oper Maskerade des dänischen Komponisten Carl Nielsen begann gut gelaunt die neue Konzertsaison und bereits dieser Einstieg war so gelungen, daß man Nielsen am liebsten noch länger zuhören wollte.

Es folgte eine deutsche Erstaufführung. Dreamscapes (eine Wortschöpfung aus Dream und Landscape, also in etwa Traumschaften) nannte der dänische Komponist Jesper Koch (*1967) sein der Cellistin Michaela Fukačová gewidmetes Cellokonzert. Beide waren bei der deutschen Erstaufführung in Karlsruhe dabei. Während bei vielen neuen Kompositionen die Vielschichtigkeit des Klangbilds beeindruckt und Effekte dominieren, ist Jesper Koch vorrangig ein Erzähler. Sein Cellokonzert ist  überwiegend unaufgeregt mit auftretenden Unruhen. Sein Traum schlägt nie in einen Albtraum um und klingt harmonisch aus. Doch leider fehlt der Musik trotz aller erzählerischen Durchhörbarkeit das Traumhafte und die landschaftliche Ausstrahlungskraft. Der Name Dreamscapes verspricht ein wenig mehr, als das Stück zu halten vermag. Komponist und Cellistin bekamen herzlichen Applaus für ein schönes, aber für einige vielleicht nicht restlos überzeugendes Konzert.

Nach der Pause folgte die 1. Symphonie von Gustav Mahler - der Erstling, der aber kein Anfang ist. Nun ist Justin Brown ja schon einige Jahre als GMD in Karlsruhe und mein persönlich stärkstes, schönstes und nachhaltigstes Erlebnis seiner Konzerthistorie war sein Dirigat der rekonstruierten 10. Symphonie von Mahler. Eine über Tage anhaltende Begeisterung, an die ich mich gerne erinnere. Meine Vorfreude war also groß und wurde gestern nicht enttäuscht. Mit über 100 Musikern spielte die Badische Staatskapelle und ihr Dirigent eine wunderbar gelungene und mitreißende 1. Symphonie, bei der alle Instrumentengruppen einen ausgezeichneten Eindruck hinterließen und Justin Brown stets die richtige Wahl traf und Mahlers Symphonie mit perfektem Ausdruck präsentierte. Der Jubel des Publikums für Orchester und Dirigent war hochverdient. An alle ein dankbares und begeistertes BRAVO für diese beeindruckende Aufführung!

Montag, 29. September 2014

Max E. Cencic - Rokoko, 28.09.2014

Max Emanuel Cencic ist nicht nur Sänger, sondern auch ein geschickter Geschäftsmann und Goldschürfer in den Musikarchiven des 18. Jahrhunderts. Als künstlerischer Leiter des österreichischen Musiklabels Parnassus ist er jährlich an ca. 7-10 CD-Veröffentlichungen mit Barock- und Rokoko-Musik (Opern und Recitals) beteiligt. Mehrere Musikwissenschaftler sind beauftragt, Archive zu sichten und Partituren zu rekonstruieren. Wie in der Pop-Industrie schon lange üblich, wird die CD durch Live-Auftritte vermarktet. Ganze Opern schickt Parnassus auf Tournee. Die bisher bekannteste Produktion (CD + DVD!) ist Artaserse von Leonardo Vinci, bei der fünf Countertenöre die Hauptrollen übernahmen, auch die weiblichen Figuren. Da kaum eine Oper einen Countertenor im Ensemble hat, geschweige denn derer fünf, kann man das Besondere bieten. Ob eine solche Opern- Produktion in den kommenden Jahren auch in Karlsruhe gastieren wird?
 
Letztes Jahr sang Franco Fagioli (auch bei Parnassus unter Vertrag) in Karlsruhe, gestern besuchte also Max E. Cencic das Badische Staatstheater und mußte leider erleben, daß er hier durch fehlende Auftritte bei den Händel Festspielen noch nicht die Reputation besitzt, die Fagioli sich ersungen hat. Nur knapp ein Viertel der Plätze war besetzt. Schade! Ob dies nun wirklich ein Bekanntheitsdefizit oder mangelnde Aufmerksamkeitsgenerierung oder ungünstige Platzierung zwischen den Symphoniekonzerten war, sollten sich die Verantwortlichen fragen. Auch wenn Cencic schon wiederholt im Fernsehen zu sehen und hören war - ein Selbstläufer ist diese Musik und die Stimmbesetzung Countertenor nicht.

Rokoko - das ist eine CD mit Arien aus Opern von Johann Adolph Hasse (etwas mehr zu Hasse auch hier), die bei DECCA erschienen ist (also nicht im eigenen Label). Cencic sagte zur musikalischen Herausforderung: "Man muß viel Virtuosität mitbringen, denn es ist nicht leichte Musik. Außer guten Koloraturen braucht man viel Linie und auch Expressivität." Dem wurde Cencic gestern voll und ganz gerecht. Cencic hat nicht den Stimmumfang und die Höhe Fagiolis oder dessen atemberaubende Koloraturvirtuosität. Er beeindruckt durch die Natürlichkeit seiner Stimmfarbe, die im Gegensatz zu vielen anderen Countertenören nichts Künstliches oder Gekünsteltes hat, also bspw. keine gequetschten oder piepsigen Töne, sondern ein stets schönes authentisches Timbre. Seine Arienauswahl deckte ein breites Spektrum an Affekten ab und zeigte seine ganze Vielfalt und Ausdrucksstärke durch langgezogene lyrische, dunkel gefärbte dramatische und erregt leidenschaftliche Arien.

Das kleine 21-köpfige Orchester Armonia Atenea unter der Leitung von George Petrou erzielte einen elastischen und fließenden Klang, konnte in den orchestralen Zwischenstücken starke eigene Akzente setzen und hinterließ einen sehr guten Eindruck.

Der barocke Funke sprang gestern aufs Publikum über! Herzlicher und langer Applaus begleitete Cencic und das Orchester.

Programm:

Artemisia: Sinfonia

Notte amica, oblio de mali
Arie des Misaele aus Il cantico de tre fanciulli

Solca il mar e nel periglio
Arie des Tigrane aus Tigrane

Siroe re di Persia: Sinfonia

Saper ti basti o cara
Arie des Orazio aus Il trionfo di Clelia

Siam navi all'onde algenti
Arie des Aminta aus L'Olimpiade

- PAUSE -

Mandolin Concerto in G-Dur, op.3 no.11

La sorte mia tiranna
Arie des Siroe aus Siroe re di Persia

De folgori di Giove
Aria des Orazio aus Il trionfo di Clelia

Concerto in F, Op.4, n.1

Dei di Roma, ah, perdonate
Arie des Orazio aus Il trionfo di Clelia

Vo disperato a morte
Arie des Sesto aus Tito Vespasiano

+ 2 Zugaben
Hasse - eine Arie aus Irene
Georg Christoph Wagenseil - eine Arie aus Euridice

Sonntag, 28. September 2014

Operngalas 2014/15

Folgende Sänger hat man für die Operngalas der Spielzeit 2014/15 verpflichtet:

BORIS GODUNOW, 29.11.2014
Boris Godunow - ALEXEI TANOVITSKI
Grigori  - VIKTOR ANTIPENKO

LA BOHÈME,  14.03.2015
Mimi - MARITA SOLBERG
Rudolfo - ARTURO CHACON-CRUZ

PARSIFAL, 14.05.2015
Kundry - MICHAELA SCHUSTER
Gurnemanz - KURT RYDL
Als Parsifal ist für die Spielzeit-Vorstellungen Erik Nelson Werner engagiert

COSÌ FAN TUTTE, 27.06.2015
Fiordiligi - JULIANE BANSE
Guglielmo - JACQUES IMBRAILO

Dienstag, 23. September 2014

Filmvorführung: Birgit Keil - Ein Leben für den Tanz

Am 19.10. (11 Uhr) und 16.11. (19 Uhr) wird das Badische Staatstheater im Kleinen Haus den Dokumentarfilm Birgit Keil - Ein Leben für den Tanz zeigen. Der vom SWR bereits ausgestrahlte Film ist dann in einer um 15 Minuten erweiterten Version (60 Minuten) zu sehen.

Die Karten für die Vorführungen bei freiem Eintritt sind bereits an der Kasse und im Internet erhältlich.

Mehr dazu hier: http://www.staatstheater.karlsruhe.de/programm/info/2007/

Montag, 22. September 2014

Stuttgarter Solist in Karlsruher "Der Widerspenstigen Zähmung"

Die Stuttgarter Nachrichten berichteten, daß der langjährige Erste Solist und Star des Stuttgarter Ballett-Ensembles Filip Barankiewcz im Herbst als Gast in der Hauptrolle von John Crankos Ballett Der Widerspenstigen Zähmung in Karlsruhe auftreten wird.

Für alle Interessenten: hier der Link zur Info
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.filip-barankiewicz-vom-glueck-andere-tanzen-zu-sehen.f6c19cf9-1fcb-4908-87f6-3d6fd23a36e2.html

und hier etwas mehr zur Person http://www.stuttgarter-ballett.de/compagnie/filip-barankiewicz/

@Klaus: Herzlichen Dank für den Hinweis!

Hesse - Das Glasperlenspiel, 21.09.2014

Viel Lärm um .... fast nichts! 
Vor zwei Jahren beklagte sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung über den "fiebrigen Schimmelbefall der deutschsprachigen Theater mit grassierendem Morbus Bearbeiteritis" und darüber, daß "die Theater vor keiner hirnrissigen Roman- oder Filmadaption zurückschrecken". Aus welchem Grund hat man nun am Badischen Staatstheater Hesses umfangreichen (aber doch nicht handlungsreichen) letzten Roman für die Bühne bearbeitet? Eine zufriedenstellende Antwort gab die Premiere nicht, triftige Gründe für die Bühnenfassung kann man in Karlsruhe nicht belegen. Die Bühnenfassung ist episodisch und zieht sich ohne spannende Dramatik oder interessante Konflikte zäh dahin. Eine außergewöhnliche Bühne ist zu wenig, um den Abend erträglicher zu gestalten.

Vorbemerkung: Zur Verdeutlichung befinden sich in einfacher Anführung und kursiver Schrift 'Roman-Textstellen' aus dem Buch.

Zukunftsutopie - Was ist das Glasperlenspiel?
Hesses Roman spielt in ferner Zukunft. Das Glasperlenspiel ist eine zukünftige Entwicklung, also eine überwiegend abstrakte Idee, sowohl im Roman als auch in der Karlsruher Bühnenadaption. Was ist seine Bedeutung? Nach der 'Demoralisierung des Geistes' und des 'Wahrheitssinnes' in der kriegerischen Phase des 20. Jahrhunderts entwickelt eine 'heroisch-asketische Gegenbewegung' über Jahrhunderte mit dem Spiel eine auf Musik und Mathematik basierende, universale 'Weltsprache des Geistigen', eine Vernetzung der Wissenschaften durch etwas, das einer musischen Programmiersprache ähnelt. Das Spiel ist der 'Inbegriff des Geistigen und Musischen' und ein 'sublimer Kult'. Dieser Kult 'enthielt sich jeder eigenen Theologie' und war doch 'nahezu gleichbedeutend mit Gottesdienst' für den echten Spieler. Das 'magische Spiel' verlangt 'seelische Zucht' und 'Hingabe', die 'Loslösung des Geistigen aus dem Weltbetrieb' und ist eine 'symbolhafte Form des Suchens nach dem Vollkommenen'. 'Weltsinn erkennen' ist durch das Glasperlenspiel zum 'Ersatz für Kunst und Philosophie' geworden. Der 'Verzicht auf Hervorbringung von Kunstwerken' ist eine Folge davon.

Worum geht es (1) - Utopie als Zeitkritik
Hesses Roman entstand vor und während dem 2. Weltkrieg und wie jede gute Zukunftsvision liegt ihre Bedeutung in der Reflexion der Gegenwart. 'Ungeistigkeit und Brutalität' sind die Folgen der 'öden Mechanisierung des Lebens, das tiefe Sinken der Moral', 'Glaubenlosigkeit' und 'Unechtheit', bzw. 'keine echte Bildung und keine echte Kunst', sondern eine 'wilde und dilettantische Überproduktion in allen Künsten'. Entwickelt hat sich dieser Zustand im von Hesse sogenannten 'feuilletonistischen Zeitalter', in der 'der Geist eine unerhörte und ihm selbst nicht mehr erträgliche Freiheit genoß' und sich ein verantwortungsloser, egoistischer und narzisstischer Individualismus breit macht und 'das Wesentliche einer Persönlichkeit das Abweichende, das Normwidrige und Einmalige, ja oft geradezu das Pathologische' geworden sei.

Zur Aktualität des Romans (1)
Nirgends ist der Roman aktueller als in den kritischen Aussagen zur Kultur des 20. Jahrhunderts und dort über die 'Demoralisierung des Geistes' und die 'Inflation der Begriffe'. Der heute deregulierte Markt für die digitale Verbreitung von Informationen ist durch substanzielle Reduktion der Qualität bei steigender Quantität der Meinungsverbreitung geprägt. Aufgrund von Vermarktungs- und Profilierungszwängen verbergen sich fehlende Haltung oder mangelnde Originalität und Kreativität hinter leeren Gesten, wichtigtuerischem Aktionismus, politischem Relevanzgetue und moralischer Besserwisserei. Überall wimmelt es von Skandalen, Empörungen und wichtig erscheinenden News, die dann doch bald wieder vergessen sind. Hesse analysiert: 'Über jedes Tagesereignis ergoß sich eine Flut von eifrigem Geschreibe, und die Beibringung, Sichtung und Formulierung all dieser Mitteilungen trug durchaus den Stempel der rasch und verantwortungslos hergestellten Massenware'. Die Generation Facebook mit der Selbstdarstellung des Banalen ist eine Folgeerscheinung.
Geradezu prophetisch kann man auch gewisse Äußerungen Hesses lesen, die an heutige Zustände in Polit-Talk-Shows erinnern, in denen 'beliebte Schauspieler, Tänzer, Turner, Flieger oder auch Dichter sich ...über die mutmaßlichen Ursachen von Finanzkrisen und so weiter' äußerten. 'Es kam dabei einzig darauf an, einen bekannten Namen mit einem gerade aktuellen Thema zusammenzubringen'. Die Folge all dessen ist ein dumpfer Zynismus: 'Es herrschte bei den Guten ein still-düsterer, bei den Schlechten ein hämischer Pessimismus'. Problematisch ist diese Aktualität dadurch, daß sie im Roman nur beschrieben wird und keine Handlungselemente vorhanden sind. Und auch die Karlsruher Inszenierung kann sie nicht gewinnbringend integrieren.

Worum geht es (2) - Eine seltsame Utopie in altmodischem Gewand
Bereits 1948 erkannte der spätere Suhrkamp Verlagsleiter Siegfried Unseld, daß man Hesses Roman "als skurril-abstrakte Spielerei eines Alternden abtun" könnte. Es ist ein seltsames Konstrukt, das Hesse in seiner Utopie entwirft. Eine elitäre Sonderwelt der Hochbegabten, durch eine geistige und räumliche Umsiedlung getrennt vom "normalen Leben" in der Provinz Kastalien ein Ort des politik- und geschichtslosen Daseins in einer 'Sphäre der Zeit- und Kampflosigkeit' finanziert und versorgt von den "normalen Menschen", die der Elite ihr exklusives Geistesleben ermöglichen und im Gegenzug pädagogische Leistungen erhalten. Hesses Figuren sind etwas Besonderes, eine Geistes- und Empfindungselite, die in 'streng eingehaltenem Abstand von den Normalen' lebt. Auffallend oft kommt in Hesses Roman das Wort Elite vor, das kastalische Prinzip beruht auf 'der Auswahl der Besten'. Die Hauptfigur Josef Knecht spürt als Knabe ein 'Entfremdungsgefühl' und die Unerträglichkeiten der gewöhnlichen Welt. Doch 'sein Leiden hatte Sinn gehabt', er wurde, wie andere 'Hochbegabte und Berufene', für die kastalische Ordensschule und sogar in der Folge für die 'engste Elite innerhalb der Elite' erwählt und sah seine 'Berufung als Mahnung und Förderung'.
Der kastalische Orden ist geprägt durch 'Selbstzucht und Würde des Geistes' und den 'Dienst am Überpersönlichen', eine streng hierarchische 'mönchische Gemeinschaft', 'besitz- und ehelos', aber nicht sakral und ohne verbindlichen Jenseitsglauben. Frauen kommen in der kastalischen Welt nicht vor und spielen in dem Roman keine Rolle. Einige Auserwählte dürfen in dieser Utopie geistiges Slow Food genießen, 'während draußen im Schmutz der Welt arme gehetzte Menschen das wirkliche Leben leben und die wirkliche Arbeit tun'. Hesse baut diese Utopie allerdings auf, um ihre Fragwürdigkeit zu zeigen. Die Moral von der Geschichte könnte man folgendermaßen zusammenfassen: Gelehrte im Elfenbeinturm dürfen den Kontakt zum Leben und zu den Menschen nicht verlieren. Ein selbstgemachtes Problem als Gedankenexperiment, fast ohne äußere Handlung und von inneren Entwicklungen bestimmt.    

Worum geht es (3) - Dem Wahren, dem Schönen, dem Heiteren
Hesse zeigt sich als Wertkonservativer: Die 'oberste und heiligste Aufgabe' Kastaliens besteht darin, 'dem Lande und der Welt ihr geistiges Fundament zu erhalten, das sich auch als ein moralisches Element von höchster Wirksamkeit bewährt hat', 'Ehrfurcht vor der Wahrheit', 'Treue gegen den Geist'. 'Heiterkeit' ist in Kastalien 'das höchste edelste aller Ziele'. 'Diese Heiterkeit ist ... höchste Erkenntnis und Liebe, ist bejahen aller Wirklichkeit ... eine Tugend der Heiligen'. Heiter ist 'das Lächeln der Weltüberwinder und Buddhas'. Wie wird dieser Zustand erreicht? Der 'Kult der Wahrheit', der 'Kult des Schönen', verknüpft mit 'meditativer Seelenpflege kann also die Heiterkeit nie ganz verlieren'. Wie stellt man diese Fundamente dar? Gar nicht! Den spirituellen Aspekt des Buches übersetzt man in Karlsruhe gar nicht erst auf die Bühne. Es ist diskutabel, was von Hesse bleibt, wenn man diese Aspekte ausblendet.

Künstliche Konstruktion
Der Roman wirkt in der Summe abstrakt, wirklichkeitsfern und künstlich und ist aufgrund vom Form und Stil heutzutage wenig inspirierend. Hesse konstruiert eine symbolisch getrennte Welt ohne Grautöne, ein zu rigides Schubladensystem zwischen 'Elitehochmut' und 'naiven Leben'. Die psychologisch zurückhaltende und sogar einfache Charakterisierung bietet wenig Konfliktstoff, der gediegene Legendenstil (Unseld sprach bereits 1948 von einem "ehrfürchtig-meditativem Ton") verhindert kritische Reflexion des Erzählers. Es sind Figuren ohne Tiefe, die in eine Bedeutungsperspektive gerückt werden. In Karlsruhe sah man darin eine Chance, "die Leerstellen in eigener kreativer Mitarbeit zu füllen". Das Badische Staatstheater begründete das wie folgt: "Hesse war auch kein völlig unfehlbarer Typ, er kochte auch nur mit Wasser". Ah ja, argumentativ ist das vielleicht für den aufmerksameren Besucher nicht ganz überzeugend. Man macht in Karlsruhe aus einigen naheliegenden Themen ein wenig Theater: zu Beginn ein wenig Freundschafts- und Pubertätsdrama, ein wenig latente Homoerotik (Männerbünde und Knabenliebe scheinen immer noch bei manchen Theaterleuten ein gewisses Interesse auszulösen), ein wenig Lebensdrama und unterdrückte Leidenschaften. Über Ansätze in der Charakterisierung kommt man dabei nicht hinaus. Die Darstellung der Handlung ist episodisch und die Figuren bleiben an der Oberfläche oder werden nur angedeutet vertieft.
  
Worum geht es (4) - Handlungselemente
Der Lebenslauf von Josef Knecht, einem Meister des Glasperlenspiels, wird im Buch rückblickend aus noch weiterer Zukunft als eine Art Heiligenlegende erzählt. Auf der Karlsruher Bühne beginnt die Aufarbeitung von Knechts Werdegang hingegen bald nach dem Handlungsende des Buchs. Der Roman schildert den Werdegang Knechts vom begabten Schüler zum Magister des Ordens der Glasperlenspieler, seine Zweifel an der freiwilligen Isolation, seine Rückkehr in die normale Welt als Hauslehrer eines Jungen und sein baldiger Tod. Es ist eine Sage ohne echte Botschaft, die höchstens darlegt, daß die Abwehr-, Verweigerungs- und Rückzugshaltung gegen die Zumutungen der Welt, deren 'Ungeistigkeit und Brutalität' keine Lösung ist. Denn wer nicht in seiner Zeit lebt, wird von ihr übergangen. Die Gefahr des Bedeutungsverlusts des kastalischen Ordens erkennt Josef Knecht und kann doch sein Werk nicht weiterführen. Hesse lässt Knecht nach dem Ordensaustritt schnell sterben. Eine Weiterführung der Geschichte hätte sein Scheitern beschreiben müssen oder wäre zum Märchen geworden. Die Vereinbarkeit von wahrem und wirklichen Leben oder der richtige Weg zwischen Teilhabe und Absonderung ist bei Hesse allerdings kein Thema. Hier setzt die wenig geglückte dramaturgische Erfindung des Badischen Staatstheaters an: wie in Thomas Manns Tod in Venedig bricht Knechts bisheriges Leben zusammen, als er sich beim ersten Blick in einen Knaben verliebt. Zu den Klängen von Mahlers Adagietto aus der 5. Symphonie verfällt Knecht (wie in Viscontis Verfilmung der Mann-Novelle, nur nicht so geschmackvoll, sondern fast schon an der Grenze zum Kitsch) unwiderruflich dem Reiz des Jungen (der in Karlsruhe von einer Schauspielerin gespielt wird). Hesses Glasperlenspiel wird also auf der Bühne zu einer Geschichte über unterdrückte Sexualität umgedeutet.

Zur Aktualität des Romans (2)
Hesses Bücher erzählen Geschichten über Suchende: seine Figuren suchen Sinn oder Zuflucht aus einer spirituellen Obdachlosigkeit. Seine Vision im Glasperlenspiel, so "skurril" sie auch erscheinen mag, gibt neue Bedeutungen für ehemals religiös oder philosophische geprägte Ziele wie Erleuchtung und Erlösung und handelt nicht -wie nun in Karlsruhe- von unterdrückten sexuellen Wünschen. Hesses Antworten sind allerdings gegen den Zeitgeist: die kastalische Heiterkeit und Gelassenheit, die sich beim Sterben des Musikmeisters zu einer erleuchteten Entweltlichung steigert, werden durch eine reduktionistische Lebensweise (Besitz- und Ehelosigkeit) erreicht, einer Rückzugsstrategie der politik- und geschichtsfreien Weltabgewandtheit ohne Tagesaktualität. Befreiung findet das Individuum bei Hesse in 'überindividueller Tätigkeit', Gehorsam und Pflicht im kastalischen Orden. Erlösung bietet Kastalien und das Glasperlenspiel nur den Hochbegabten.
Hesses Roman ist auch eine Geschichte vom Schlußmachen und Neuanfangen. Knecht verlässt die Komfortzone, um sich einer Herausforderung zu stellen. Hesses Verdienst im Glasperlenspiel besteht im Teilnehmenwollen, am Anteilhabenwollen am Gelungenen, also Teil der Lösung zu sein und nicht Teil des Problems. Doch selbst Knecht verlässt den Orden nicht nur aus Anteilnahme am Leben der 'Weltmenschen' oder aus Sorge um dem Fortbestand des Spiels. Ein wenig Psychologie lässt Hesse zu. Auch in Kastalien gibt es Mangel, und sei es wie bei Knecht nur ganz einfach die Langeweile des Hochbegabten. Knecht ist 'seit einer Weile an der Grenze', wo seine 'Arbeit als Glasperlenspielmeister zur ewigen Wiederholung, zur leeren Übung und Formel' geworden ist, 'ohne Freude, ohne Begeisterung ... manchmal sogar ohne Glauben. Es war Zeit damit aufzuhören'. Knechts Schlußmachen ist nicht ausschließlich uneigennützig und selbstlos. In Karlsruhe findet man für diese Aspekte keinen Platz - sie passen nicht ins übergestülpte Konzept der unterdrückten Homosexualität.

Worum geht es (5) - Handlungselemente
Verschiedenen Personen begegnet Josef Knecht auf seinem Lebensweg. Der Musikmeister erkennt seine Begabung und fördert ihn (sein späteres Sterben hat im Buch etwas Buddhistisches, einen 'heiteren Glanz des Entwerdens'. Im Stück fehlt wie bereits oben beschrieben der Mut zu einer spirituellen Deutung, hier ist die Figur eher dement - Senilität statt Erleuchtung).
Knechts treuester Freund im Orden ist der Außenseiter und Individualist Fritz Tegularius, ein 'labiler und gefährdeter Charakter' und Feind aller Normierung.
Wichtigen Einfluß hat der Benediktinerpater Jakobus (Thomas Meinhardt), mit dessen Hilfe es Knecht gelingt, wohlwollende Neutralität zwischen Kastalien und der katholischen Kirche zu etablieren und in der Hierarchie Kastaliens aufzusteigen. In der Karlsruher Inszenierung bekommt die katholische Kirche ihr Fett weg: der Benediktiner der Zukunft trägt keine Ordenstracht mehr, sondern ist ein eitler Geck, der sich beim erstmöglichen Anlaß entkleidet und vom jungen Josef Knecht sexuelle Gefälligkeiten für seine Unterstützung erhält.
In der Schule trifft Knecht auf seinen Freund-Gegner Plinio-Designori, 'der Nicht-Erwählte', der nur als Hospitant in der Ordensschule ist, das normale Leben gegen Kastalien verteidigt und nicht überlieferte Diskussionsrunden mit Josef führt. Hier setzt die freie Erfindung des Badischen Staatstheaters ein und gestaltet einen Freundschaftskonflikt von überschaubarem Ausmaß.
Designori wird Jahrzehnte später (im zweiten Teil nach der Pause) das Verbindungselement zur gewöhnlichen Welt. Designori erkannte, daß er 'kein Kastalier, kein Mensch von Rang' sei und blickt zu den Ordensleuten empor 'mit einer Verehrung, einem Minderwertigkeitsgefühl'. Als Vermittler zwischen beiden Welten war er gescheitert, sein Gesicht war 'durch den Ausdruck des Leidens' und 'Welttraurigkeit' gezeichnet. Seine resignierende Melancholie fordert Knechts 'seelenärztliche Tätigkeit', die ihn wieder 'Lächeln und Lachen' lehrte.
Knecht will nach seiner Demission Plinios Sohn Tito (die Pointe: der Junge, in den er sich auf der Bühne verliebte) als Hauslehrer betreuen und ertrinkt beim ersten Ausflug mit ihm. Tito dominiert auch die Karlsruher Inszenierung. Er erforscht Knechts Leben ....

Was ist zu sehen (1)?
Ursprünglich sollte die Premiere bereits vor wenigen Monaten stattfinden. Doch man bemerkte, daß Hesse wußte, was er tat, als er einen Roman und kein Theaterstück schrieb und daß die Theaterfassung des Romans in einer klassischen Bühnensituation nicht funktionierte. Um mögliche Langeweile zu kaschieren, investierte man in Visuelles. Statt eines Bühnenbilds gibt es nun eine sehr aufwändige Rauminstallation. Ein raumfüllender Einbau für ca. 250 Zuschauer im Kleinen Haus wurde konstruiert, um die Ordensgemeinschaft Kastaliens erlebbar zu machen: ein Rückzugsort ("Jeder Blick führt nach innen"), ein siebenseitiger Trichter mit Sogwirkung nach unten und (unter Mithilfe des ZKM) 360°- Projektionen von Filmaufnahmen. Bühne und Kostüme hat Sebastian Hannak entworfen, der bereits zuvor in Karlsruhe sehr interessante und flexible Arbeiten zeigte und auch diese Inszenierung aufwertet. Hannak beschreibt im Programmheft aufschlußreich sein Vorgehen.

Was ist zu sehen(2)?   
Für die Schauspieler gibt es leider mal wieder nur wenige Möglichkeiten, ihre Rollen zu entwickeln. Es sind Scheingefechte, die man sich auf der Bühne liefert: hohe Worte und hohle Phrasen, bedeutungsschwangere Scheinkonflikte und schale Pointen. Vieles wird angedeutet, nichts richtig entwickelt, die Figuren bleiben in episodischer Konstruktion oberflächlich. Immer wieder sieht man Wirkungen ohne oder mit zu künstlicher Ursache. Alle Schauspieler sind engagiert bei der Sache und machen das Beste aus der Situation. Als Ganzes funktioniert dieses Glasperlenspiel leider nicht auf der Bühne.

NACHTRAG: Nicht zu vergessen - ein homogenes Ensemble und dennoch - besonders vier Schauspieler hatten gestern starke Momente: Veronika Bachfischer, Berthold Toetzke, Hannes Fischer und Gunnar Schmidt - BRAVO!

Fazit: Es schien, als würde das Glasperlenspiel ein Höhepunkt der Saison werden, aber es ist nur ein vorgetäuschter Höhepunkt, bei dem einige bemerken werden, daß er unecht ist. Eine höhere Stufe der Spiritualität betritt man bei der Bühnenfassung nur, wenn man zuvor oder in der Pause ausreichend Alkohol konsumiert.

Team und Besetzung
Josef Knecht (jung): Jonathan Bruckmeier
Josef Knecht (alt): André Wagner
Plinio Designori (jung): Maximilian Grünewald
Plinio Designori (alt): Frank Wiegard
Musikmeister: Hannes Fischer
Alexander (Yogameister): Berthold Toetzke
Direktor: Gunnar Schmidt
Tegularius: Ralf Wegner
Frau Designori: Agnes Mann
Pater Jakobus: Thomas Meinhardt
Tito Designori: Veronika Bachfischer
Petrus: Luis Quintana
Dubois: Ronald Funke

Für die Bühne bearbeitet von Martin Nimz und Konstantin Küspert
Regie: Martin Nimz
Bühne & Kostüme: Sebastian Hannak
Video: Thorsten Hallscheidt
Licht: Christoph Pöschko
Musik: Clemens Rynkowski

Panoramaprojektion:
Regie: Thorsten Hallscheidt
360°Kamera: Jan Gerigk, ZKM
Projektionssoftware: Bernd Lintermann, ZKM
Produktionsmanagement: Jan Gerigk, ZKM
Installation: Achim Göbel
Technische Unterstützung: Manfred Hauffen, ZKM

Sonntag, 21. September 2014

Theaterfest, 20.09.2014

Ein strahlend schöner Spätsommertag und wie so oft ein Theaterfest in positiver und aufgeschlossener Atmosphäre. Es muß mal wieder attestiert werden: Karlsruhe hat einfach ein bemerkenswert gutes Publikum und viele Abonnenten, die ihr Theater über einen langen Zeitraum unterstützen und selbstverständlich auch dann, wenn nicht alles rund läuft.

Freitag, 12. September 2014

Dokumentarfilm über Birgit Keil im SWR

Am 22. September feiert Birgit Keil einen runden Geburtstag. Das Regionalfernsehen des SWR bringt ihr zu Ehren am Sonntag den Dokumentarfilm

Birgit Keil - ein Leben für den Tanz
Ein Film von Harold Woetzel (45 Minuten)
Sonntag, 14. September 2014 um 10:30 Uhr im SWR Fernsehen

Nachtrag: Inzwischen ist der Film hier in der Mediathek: http://swrmediathek.de/player.htm?show=3b887820-3ca4-11e4-8726-0026b975f2e6

Gestern gab es bereits ein kurze Würdigung des SWR in der Reihe KUNSCHT!, die ebenfalls am Sonntag, 14.9.2014 um 9.15 Uhr im Fernsehen zu sehen ist und hier in der Mediathek abgerufen werden kann:http://swrmediathek.de/player.htm?show=2aea45b0-39f3-11e4-888c-0026b975f2e6

Und nicht zu vergessen: das Badische Staatstheater richtet für seine Ballett-Direktorin am 27.09.14 einen Abend mit Gästen aus.

Mittwoch, 10. September 2014

Programm des Karlsruher Theaterfests am 20.09.2014

Eröffnung des Theaterfests und Begrüßung durch Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup und Generalintendant Peter Spuhler
11.00 AUF DEM THEATERVORPLATZ

Donnerstag, 4. September 2014

Neuer Bildband „Birgit Keil – Ballerina“

Am 15. August erschien im Henschel Verlag ein interessanter Bildband: "Birgit Keil. Ballerina: Glück ist, wenn auch die Seele tanzt"

Die Stuttgarter Zeitung weist in ihrem Online-Angebot darauf hin. Hier der Link:
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.bildband-birgit-keil-ballerina-ungesehene-bilder-von-der-elegantissima.48038b3e-243d-4b7a-bdfa-d7aef6658319.html

Montag, 1. September 2014

Die kommende Spielzeit 2014/15 im Überblick

Am Montag 15.09.2014 beginnt der Vorverkauf für die kommende Spielzeit. Viele Höhepunkte und spannende Vergleiche stehen 2014/15 in Karlsruhe bevor. Anbei ein kurzer Überblick.

BALLETT - Steigerungen auf hohem Niveau
Nachdem die großen Handlungsballette des 19. Jahrhunderts in Karlsruhe über ein Jahrzehnt getanzt und neu erzählt wurden, konnte Birgit Keil für die nächste Saison eine kleine Sensation ankündigen: ein Meisterwerk des 20. Jahrhunderts - Der Widerspenstigen Zähmung von John Cranko. Und ein neues Handlungsballett wird ebenfalls auf dem Programm stehen: Der Prozess nach Franz Kafka, choreographiert von Davide Bombana. Dazu Mythos, Nußknacker, Dornröschen und Giselle als Wiederaufnahmen. Wer nicht weiß, was er im Staatstheater besuchen soll, ist mit dem Karlsruher Ballett immer gut beraten. Hier die Links zu den Premieren und Wiederaufnahmen des Balletts auf den Seiten des Badischen Staatstheaters.

  
OPER -  Neues, Vertrautes und Nahes
Parsifal und Falstaff - Wagners und Verdis letzte Opern werden 2015 gegenüber gestellt. Dazu Puccinis La Bohème, also drei Opern, die erst im letzten Jahrzehnt (200X) in Karlsruhe zu hören waren und in mindestens zwei Fällen die Messlatte sehr hoch legten. Giancarlo del Monacos Inszenierung von La Bohème  war so erfolgreich und beliebt, das sie gar nicht erst aus dem Repertoire-Lager hätte verschwinden dürfen. Mit ihr zu konkurrieren wird keine leichte Sache. Und Falstaff hatte mit Günter von Kannen bei seinem letzten Karlsruher Auftritt und vor allem mit Ambrogio Maestri (der diese Rolle inzwischen auch an der MET in New York singt) in den Hauptrollen Sänger, die als Referenz schwer aus der Erinnerung zu vertreiben sind. Harte Konkurrenz, die sich die Karlsruher Oper selber stellt.
I
phigenie auf Tauris
gehört zu Glucks bedeutendsten Opern und stellt das Badische Staatstheater vor die Herausforderung, in einer Zeit wachsender Popularität von Barock- und Rokoko-Opern, musikalisch und sängerisch den richtigen Klang zu finden. Den richtigen Klang findet man zweifellos bei den Händel Festspielen: diese werden mit Teseo eröffnet, Regie und Ausstattung erfolgt durch NICO AND THE NAVIGATORS, ein Inszenierungs-Ensemble, das bereits bei den Händel-Festspielen der Oper Halle mit Barockopern überzeugte. Mit zwei tendenziell eher amüsanten Raritäten startet man in die Spielzeit: Hans Krásas Verlobung im Traum basiert auf einer komischen Erzählung Dostojewskis: Offenbachs komische Oper Fantasio soll unverdienterweise wenig bekannt geblieben sein.
Wiederaufgenommen werden u.a. Riccardo Primo, Boris Godunow, Maskenball, Meistersinger, Fledermaus. Wiederaufgewärmt werden La Traviata, Tosca, Cosi fan tutte, Zauberflöte, Hänsel und Gretel, Rosenkavalier.
Hier die Links zu den Premieren und Wiederaufnahmen der Oper auf den Seiten des Badischen Staatstheaters.

NACHTRAG, 10.09.2014: Nun doch nicht NICO AND THE NAVIGATORS. Das Badische Staatstheater hat eine Änderung bekannt gegeben: Teseo wird auf die Bühne gebracht von Daniel Pfluger (Regie), Flurin Borg Madsen (Bühne) und Janine Werthmann (Kostüme).


SYMPHONIEKONZERTE
GMD Justin Brown hat eine sehr interessante Mischung zusammengestellt: Beliebtes und Bekanntes wird zu hören sein, u.a.: Mahlers 1.Symphonie, Mussorgskys Bilder einer Ausstellung, Richard Strauss' Heldenleben, Bruckners monumentale 8. Symphonie, Haydns Symphonie mit dem Paukenschlag, Mendelssohns 2. Symphonie und Berlioz' Symphonie fantastique. Dies wird spannend ergänzt durch viele neue und unbekannte Solokonzerte: ein Cellokonzert von Jesper Koch, ein Doppelkonzert für Violine und Cello von Thomas Larcher, Violinkonzerte von Weinberg und Thomas Adès, ein Capriccio für Klavier von Wolfgang Rihm und ein Klavierkonzert von Miroslav Srnka. Justin Browns Aussage „Diese Konzertsaison ist die für mich schönste und inhaltlich überzeugendste meiner Zeit in Karlsruhe" konnte ich beim Lesen spontan bestätigen.
Hier die Links zu den Symphoniekonzerten und Kammerkonzerten auf den Seiten des Badischen Staatstheaters.

 
SCHAUSPIEL - Neustart oder das Ende der Abwärtsspirale?
Acht neue Schauspieler im Ensemble, im vierten Jahr hat man nun alle Dramaturgen des Beginns ausgetauscht - dem Schauspiel darf man viel Glück und vor allem Erfolg beim kleinen Neustart wünschen. Es gibt zwar weniger Neu-Programm als üblich, aber die Zusammenstellung der Programmpunkte ist ausgeglichener (Neues/Bewährtes bzw. Heiteres/Ernstes) und auf den ersten Blick auch weniger auf Zielgruppen schielend als zuvor. Doch ein schneller Blick von außen auf die Programmgestaltung ist kaum aussagekräftig. Auch bei den Zuschauern werden (abgesehen von "Fans" die nach Sympathie urteilen) nicht die guten Absichten bewertet, sondern die Qualität des Bühnengeschehens: Was will man mit einer Inszenierung sagen? Hat man die richtige Form für die Umsetzung gefunden?  Und hat man die richtigen Künstler für die Rolle gewählt?- sind bspw. Fragen, die relevant sind. Künstlerisch profiliert man sich durch was Wie?, nicht durch da Was?. In Karlsruhe ist das Schauspiel zu oft gut gemeint, aber leider nicht gut gemacht.
Hier eine Übersicht:

Schauspiel  
DAS INTERVIEW von Theo van Gogh
GIFT von Lot Vekemans
SCHATTEN (EURYDIKE SAGT) von Elfriede Jelinek
DREI SCHWESTERN von Anton Tschechow
TOD UND WIEDERAUFERSTEHUNG DER WELT MEINER ELTERN IN MIR von Nis-Momme Stockmann
ZUHAUSE Tragikomische Monologe von Ingrid Lausund

Alter & Krankheit
DIE UHR TICKT von Peca Stefan. UA/Auftragswerk im Rahmen des ETC-Projekts The art of Ageing
DU SOLLST DEN WALD NICHT VOR DEM HASEN LOBEN von Jörn Klare

Philosophisches Theater
DAS GLASPERLENSPIEL nach dem Roman von Hermann Hesse
DIE BANALITÄT DER LIEBE von Savyon Liebrecht

Schülertheater
DIE RÄUBER von Friedrich Schiller

Dokumentarisches Theater
ICH BEREUE NICHTS Ein NSA-Projekt

Dazu kommen als Wiederaufnahme vor allem die Komödien der letzten 3 Jahre (Verrücktes Blut, Der Vorname, Richtfest, Benefiz) sowie die Schülerstücke (Agnes, Dantons Tod, Kabale und Liebe, Maienschlager, Die Leiden des jungen Werther) und die Musikrevuen (Dylan, Rio Reiser sowie Sommernachtstraum).
Hier die Links zu den Premieren und Wiederaufnahmen des Schauspiels auf den Seiten des Badischen Staatstheaters.