325 Tage nach dem letzten Konzert (dem grandiosen Beethoven-Marathon im Konzerthaus - mehr hier) gab es endlich wieder ein Konzert der Badischen Staatskapelle. Der im sächsischen Meißen geborene GMD Georg Fritzsch dirigierte zwei populäre, in Leipzig uraufgeführte romantische Standardwerke zum Beginn der Saison.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Dienstag, 21. September 2021
Sonntag, 19. September 2021
Theatertag, 18.09.2021
Ein wenig Aufbruch, ein wenig Neustart und ganz viel Provisorium
Ein neuer Intendant für die nächsten drei Jahre und der Beginn des Umbaus - nicht nur wegen des Corona-Virus befindet man sich in der Baumeisterstraße in einer Übergangsphase, über ein Jahrzehnt der Provisorien steht bevor. Baustellen und Übergänge sind spannend, aber nach außen nicht stetig attraktiv. Es wird eine zentrale Aufgabe werden, nicht den Kontakt zu Abonnenten und Zuschauern zu verlieren und vor allem nach einem sehr ideologisch und intendanzzentriert geprägten, problematischen Jahrzehnt eines wieder strikt in den Mittelpunkt zu stellen: Qualität und Freude. Es braucht Publikumslieblinge und zuverlässige Konstanten, die Besucher gerne zurückkehren lassen, Orchester und Ballett scheinen sehr gut aufgestellt, die Oper muß sich noch ein wenig sortieren und zurück zu alter Stärke finden. Nur das Schauspiel dümpelt uninspiriert und bieder vor sich hin, ob mit Schauspieldirektorin Anna Bergmann die Wende zu Freude, Vielfalt und Abwechslung möglich ist, darf man inzwischen stark bezweifeln. Gestern waren auf und vor der Bühne Erleichterung und Freude angesichts der Wiederaufnahme des Spielbetriebs kaum zu übersehen, Intendant Peters wird dennoch für frischen Wind sorgen müssen.
Freitag, 17. September 2021
Was macht eigentlich Dr. Kehrmann?
Und noch ein kurzer Blick hin zum beliebten und kompetenten Boris Kehrmann, der eine perspektivöffnende Badische Rebellion am Staatstheater auslöste und der noch viele Freunde und Fans in Karlsruhe hat: Seit dieser Spielzeit ist er Chefdramaturg der Oper in Halle, wo es offensichtlich einen interessanten und abwechslungsreichen Spielplan gibt. Kehrmann betreut Opern von Verdi, Britten, Aribert Reimann und Jan Paderewski sowie eine szenische Umsetzung von Händels Brockes Passion. Mehr dazu hier: https://buehnen-halle.de/boris_kehrmann.
Donnerstag, 16. September 2021
Intendant Peters im Interview
"Das Staatstheater war nie ein Haus für Anfänger"
Mit diesem Satz wird der neue Intendant des Badischen Staatstheaters nach dem vergangenen Jahrzehnt viele Sympathien beim Publikum gewinnen und er widerspricht auch der Sicht, Karlsruhe sei ein Karrieresprungbrett: "Das ist es aus meiner Sicht weder für Sänger noch für Regisseure." Und auch dem Quotengehabe tritt Ulrich Peters mit gesundem Menschenverstand entgegen: "Ich versuche
immer, die Besten zu engagieren, ob sie nun weiblich oder männlich
sind."
Das interessante, wenn auch für Theaterfans zu kurze Interview (u.a. über Vorfreude, Erstaunen und Kritik, u.a. am Opernspielplan) findet sich für Abonnenten auf den Seiten der BNN, und zwar hier: https://bnn.de/karlsruhe/badisches-staatstheater-karlsruhe-intendant-ulrich-peters-interview-berufung-zukunft
Sonntag, 12. September 2021
Barockes auf ARTE
Max E. Cencics neues Barockfestival im wunderschönen Markgräflichen Opernhaus ins Bayreuth (https://www.bayreuthbaroque.de/) hatte bei seiner letztjährigen Premiere Pech, und auch dieses Jahr erzwingt die Virusepidemie Einschränkungen. Wer unter Barockmusikentzug leidet, kann auf ARTE für kurze Zeit Aufzeichnungen des Festivals abrufen, u.a. eine Konzert mit Franco Fagioli (hier) und eine komplette Aufzeichnung von Cencics Inszenierung von Porporas Carlo il Calvo (und zwar hier) mit Cencic und Fagioli als Sänger. Weiterhin zeigt ARTE Händels Rodelinda von den diesjährigen Göttinger Händel-Festspielen (hier).
Neues berichtete die BNN diese Woche (hier) zu den Karlsruher Händel Festspielen: Michael Fichtenholz verzichtet auf seinen Posten als Leiter der Festspiele und hat um Auflösung seines Vertrags gebeten (zu den Vorkommnissen um seine Person mehr hier und hier).
Freitag, 3. September 2021
Das instrumentalisierte und ideologisierte Theater (3)
Die DDR-Diktatur als Kinderidyll für Anna Bergmann?
Die Selbstdarstellung des Schauspiels unter seiner Direktorin Anna Bergmann ist eine Mischung aus unfreiwilliger Komik und Ideologisierung, doch vor allem der Diktatur-Verharmlosung auf der Internetseite des Staatstheaters (und zwar hier) muß vehement widersprochen werden. Und auch
sonst darf Widerspruch nicht fehlen, denn schweigen wird gerne als
Zustimmung bewertet. Keine Karlsruher Sparte ist im vergangenen Jahrzehnt stärker abgestürzt als das Schauspiel: kaum Freude, selten Stimmung, es mangelt an guten Stücken, statt Handlungen
gibt es zu oft Belehrungen, statt Konflikten gibt es Moral, statt
Menschen findet man Klischees. Es geht zu wenig um inhaltsreiche Qualität und dafür zu oft
um aufdringliche Symbolik. Diese Schwächen sollen
kompensiert werden durch eine Positionierung als Moralapostel. Wer
künstlerisch nichts zu sagen hat, der kann immerhin noch den Zeigefinger
heben. Viele deutsche
Theatermacher scheinen zu denken, Aufmerksamkeit verdient zu haben, weil sie das
Theater als Ort der ideologischen Belehrung instrumentalisieren: die Inszenierung mag noch so unterirdisch sein, man soll aber gefälligst der "politisch korrekten" Haltung applaudieren. Wer als Zuschauer nicht zum Mitläufer werden will, muß widersprechen oder den Vorstellungen fern bleiben.
Donnerstag, 2. September 2021
Das instrumentalisierte und ideologisierte Theater (2)
Gender-Clown*innen, Genderpfaffen*innen und Gender-Taliban*innen sind als Mensch*innen oft ideologische Betonköpf*innen, die Sündenböck*innen suchen
Eine
Abschweifung am Anfang: Humor ist eine Tür zur Gedankenfreiheit, Gendern (im Folgenden: Dschendern) kann viel Spaß machen, wenn man die Lächerlichkeit daran auskostet. Es gibt viele Identitätsschubladen, die nicht zur gedschenderten Sprache kommen; nur zwei Kategorien sollen immer genannt werden, die Genitalien werden zur wichtigsten Unterscheidungskategorie, männlich und weiblich sollen gesondert ausgewiesen werden - das birgt Komik. Das wäre doch ein amüsanter Karikaturwettbewerb, bei dem Gewinner
wird, dessen gedschenderte Geschichte am bescheuertsten
klingt.
Doch zurück: viele staatliche Institutionen dschendern, obwohl es orthographisch nicht korrekt ist, eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger das Dschendern ablehnt und sprachliche Rücksichtnahme auch ohne Sternchenverhunzung möglich ist. Wie konnte es so weit kommen, daß man -auch am Theater- undemokratisch, von oben herab versucht, Sprache zu manipulieren?
Mittwoch, 1. September 2021
Das instrumentalisierte und ideologisierte Theater (1)
Die unfreiwillige Komik im Egoelfenbeinturm
Wird nun alles besser? Oder bleibt das Badische Staatstheater ein Klienteltheater? Schauspieldirektorin Anna Bergmann scheint das Machtvakuum nach
Abgang des alten und vor Amtsbeginn des neuen Intendanten ausgenutzt zu haben: "Für die kommenden Monate kündigt sie eine Radikalisierung des Programms
an, weg vom 'Gemischtwarenladen' hin zu Fokussierung auf Themen, die ihr
wichtig sind", verkündet etwas versteckt die Internetseite des Staatstheaters. Doch wie
programmatisch öde, kleinkariert und monoton wirkt es, wenn alles, was Frau Bergmann als Schauspieldirektor verantwortet, sich innerhalb ihres
engen persönlichen Horizonts abspielen sollte? Sie mag es ja toll finden, nicht über ihren
Suppenteller hinausschauen zu müssen und in ihrer eigenen Filterblase zu verbleiben, aber es scheint doch eine
narzißtische Selbstüberschätzung zu
sein, damit gutes "Theater für alle" machen zu wollen. Statt Vielfalt und Abwechslung (oder wie sie es nennt: "Gemischtwarenladen") kündet sie Eintönigkeit und Themenenge durch radikale Einschränkung an. Der neue Intendant sollte ihr bei der Selbsterkenntnis helfen, daß Theater, Bühne
und Künstler nicht Mittel zum Zweck ihrer Ego-Show sind. Die Millionen Euro Steuergelder, die die Schauspieldirektorin zur Verfügung gestellt bekommt, sind für gutes Theater gedacht, nicht um ihre persönlichen Befindlichkeiten und Gesinnungen auszuleben. Es geht darum, daß endlich wieder lebendiges, spannendes Schauspiel gezeigt wird, Applaus gibt es für Qualität, nicht für eine Instrumentalisierung der Bühne zu persönlichen Zwecken. An einem Staatstheater geht es also nicht darum, daß Verantwortliche sich aufspielen und ausleben. Die angekündigte "Radikalisierung des Programms" bedeutet Theater, das dem Publikum den Rücken zudreht.