Ein durchwachsenes Libretto mit Konstruktionsproblemen, eine ideenreiche und starke Inszenierung und abwechslungsvolle Musik - Wahnfried bietet von allem etwas. Die gestrige Uraufführung wurde vom Publikum bejubelt, es war ein hochgelungener Leistungsbeweis des Badischen Staatstheater und ein Triumph für Matthias Wohlbrecht in der Hauptrolle. Wer allerdings wenig über die Geschichte des Wagner-Clans weiß, der muß sich vorab einlesen oder sonst öfters über das Bühnengeschehen rätseln.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei circa 30-40 Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/2012 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Sonntag, 29. Januar 2017
Hermann Levi - Der erste Dirigent des Parsifal
Der
Vorplatz des Badischen Staatstheaters wurde eine Stunde vor der Uraufführung von Wahnfried auf Anregung des
früheren Verwaltungsdirektors Sieber umbenannt: man residiert ab Februar
nicht mehr in der Baumeisterstraße 11, sondern am Hermann-Levi-Platz 1.
Donnerstag, 26. Januar 2017
Richter - Small Town Boy, 25.01.2017
"Katholiken sind Haßprediger"
Die prominente, in Istanbul geborene Soziologin und Frauenrechtlerin Necla Kelek sprach im Herbst 2016 von "der Agitprop-Prosa des Bad-Acting-Staatstheaters" bzw. "dem Politkitsch des Agitationstheaters" und bezog sich damit auf das Berliner Maxim-Gorki-Theater "als Ort der Realitätsverweigerung". Small Town Boy des Autors Falk Richter - uraufgeführt in Berlin im Maxim-Gorki-Theater - gehört zu diesem weltanschaulichen Kitschtheater, das man in Karlsruhe teilweise entschärft und damit eine fundamentale Schwäche des Stücks aufdeckt: 90 Minuten lang ist es eine Mischung aus Kitsch, Klischee und Sentimentalität über männliche Homosexualität, die letztendlich so belanglos ist, daß man sich schnell kaum noch an den Text erinnert. Die restlichen Minuten gehören dann dem Politkitsch, der eine weitere zentrale Schwäche von Richters Stück offenbart: eine pegidaesque Pauschalisierung und Polarisierung, das exemplarische Zitat "Katholiken sind Haßprediger" zollt den Methoden des Populismus auf unschöne Weise Respekt und spielt sich Doppelpässe mit denen zu, die eigentlich als Vorlagengeber entfallen sollten. Es gehört zum schlechten Ton des Zeitgeists, daß man Andersdenkenden böse Absichten und dunkle Gesinnung unterstellt - die Feindeslogik nimmt von Politik, Gesellschaft und leider auch den Theatern Besitz. Die, die es besser wissen sollten, mischen mangels guter Ideen gerne mit. Was nicht ins selbstherrliche Bild paßt, wird ausgeblendet, wer nicht ins selbstverliebte Bild paßt, wird denunziert und ausgegrenzt. Bei Small Town Boy lohnt es, durch Perspektivwechsel der Einseitigkeit des Stückes mehr Würze zu verleihen:
Die prominente, in Istanbul geborene Soziologin und Frauenrechtlerin Necla Kelek sprach im Herbst 2016 von "der Agitprop-Prosa des Bad-Acting-Staatstheaters" bzw. "dem Politkitsch des Agitationstheaters" und bezog sich damit auf das Berliner Maxim-Gorki-Theater "als Ort der Realitätsverweigerung". Small Town Boy des Autors Falk Richter - uraufgeführt in Berlin im Maxim-Gorki-Theater - gehört zu diesem weltanschaulichen Kitschtheater, das man in Karlsruhe teilweise entschärft und damit eine fundamentale Schwäche des Stücks aufdeckt: 90 Minuten lang ist es eine Mischung aus Kitsch, Klischee und Sentimentalität über männliche Homosexualität, die letztendlich so belanglos ist, daß man sich schnell kaum noch an den Text erinnert. Die restlichen Minuten gehören dann dem Politkitsch, der eine weitere zentrale Schwäche von Richters Stück offenbart: eine pegidaesque Pauschalisierung und Polarisierung, das exemplarische Zitat "Katholiken sind Haßprediger" zollt den Methoden des Populismus auf unschöne Weise Respekt und spielt sich Doppelpässe mit denen zu, die eigentlich als Vorlagengeber entfallen sollten. Es gehört zum schlechten Ton des Zeitgeists, daß man Andersdenkenden böse Absichten und dunkle Gesinnung unterstellt - die Feindeslogik nimmt von Politik, Gesellschaft und leider auch den Theatern Besitz. Die, die es besser wissen sollten, mischen mangels guter Ideen gerne mit. Was nicht ins selbstherrliche Bild paßt, wird ausgeblendet, wer nicht ins selbstverliebte Bild paßt, wird denunziert und ausgegrenzt. Bei Small Town Boy lohnt es, durch Perspektivwechsel der Einseitigkeit des Stückes mehr Würze zu verleihen:
Sonntag, 22. Januar 2017
Rokokotheater Schwetzingen: Zingarelli - Giulietta e Romeo, 21.01.2017
Schönes Kleinod im Rokokotheater
Der Winter in Schwetzingen des Heidelberger Theaters präsentierte in dieser Saison ein weiteres, aber spätes Werk der von Alessandro Scarlatti begründeten neapolitanischen Opernschule: Niccolò Antonio Zingarelli (1752-1837) komponierte Giulietta e Romeo in angeblich nur acht Tagen, am 30. Januar 1796 war die Premiere an der Mailänder Scala. Die Oper zwischen Rokoko und Belcanto erfuhr nach konzertanten Vorstellungen bei den Salzburger Pfingstfestspielen 2016 im Schwetzinger Rokokotheater die erste szenische Neuproduktion seit 187 Jahren und erwies sich dabei vor allem sängerisch und musikalisch als schöne Entdeckung.
Der Winter in Schwetzingen des Heidelberger Theaters präsentierte in dieser Saison ein weiteres, aber spätes Werk der von Alessandro Scarlatti begründeten neapolitanischen Opernschule: Niccolò Antonio Zingarelli (1752-1837) komponierte Giulietta e Romeo in angeblich nur acht Tagen, am 30. Januar 1796 war die Premiere an der Mailänder Scala. Die Oper zwischen Rokoko und Belcanto erfuhr nach konzertanten Vorstellungen bei den Salzburger Pfingstfestspielen 2016 im Schwetzinger Rokokotheater die erste szenische Neuproduktion seit 187 Jahren und erwies sich dabei vor allem sängerisch und musikalisch als schöne Entdeckung.
Mittwoch, 4. Januar 2017
Donizetti - Der Liebestrank, 03.01.2017
Womit kann man aktuell in Karlsruhe besser ins neue Opernjahr starten als mit Donizettis wunderbarem Elesire d'Amore? Zumindest kann man in der Oper im Januar gut ins neue Jahr starten - man gibt sich Mühe, den Spielplan wieder variabler zu gestalten: neben Donizetti gibt es Bellini, Wagner, Humperdinck, Verdi, Puccini, My fair Lady und Dormans Wahnfried als Uraufführung - sieben unterschiedliche Programmpunkte im Musiktheater innerhalb eines Monats! Respekt und Glückwunsch - so soll es sein, für ein abwechslungsreiches Programm wird man vom Steuerzahler finanziert - man hat im Januar einen normalen Monatsspielplan. Nur Schade, daß man damit schon fast die Hälfte des Jahresrepertoires (sieben von 15 Opern, 7 Premieren + 8 Wiederaufnahmen gibt es 2015/2016 ) gezeigt hat. Die Vielfalt hat massiv gelitten, das Programm ist defizitär (mehr dazu hier). Nun gibt es besorgniserregende Gerüchte, die hier noch nicht bestätigt werden können, denen zufolge es in der kommenden Saison nur noch sechs der üblichen 7-8 Opernpremieren geben könnte (s.u.) Die Anzahl der Wiederaufnahmen müßte also steigen, wenn die Intendanz das Programm nicht noch weiter herabwirtschaften will. Man darf sorgenvoll gespannt sein, wie es mit der Karlsruher Oper weitergeht.
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