Freitag, 30. Oktober 2015

Festspielhaus Baden-Baden: Vivaldi - La fida ninfa, 29.10.2015

In Karlsruhe wird man jährlich bei den Händel Festspielen im Februar mit Barockmusik verwöhnt, das ca. vierzigköpfige Karlsruher Festspiel-Orchester, die Deutschen Händel-Solisten, sind einer der großen Pluspunkte des Festivals, mit denen Barockmusik stimmungsvoll zu Gehör gebracht werden kann. Wenn man dann in Europas größtem Opernhaus in Baden-Baden 23 Musiker für Vivaldi aufbietet, dann wirkt das etwas knapp dimensioniert und tatsächlich gelegentlich etwas dünn im Klang, doch mit dem großen Vivaldi-Dirigenten Andrea Marcon erzielte man gestern einen wunderbar rhythmischen und teilweise fetzigen Klang und eine beglückende Vivaldi-Interpretation. 

Dienstag, 27. Oktober 2015

2. Symphoniekonzert, 26.10.2015

Geheimnisvoll und rätselhaft ist die Aura um die Unvollendete, die 1822 unterbrochene Symphonie in h-moll von Franz Schubert, wie der Soundtrack zu einer Erzählung der Romantik. Ein düsterer Beginn und dramatische Steigerungen, dazwischen singende Oboen und Klarinetten (es wird mal wieder Zeit für Schuberts große C-Dur Symphonie im Konzertprogramm!) - vom ersten Takt gelingt Justin Brown eine atmosphärisch dichte und spannende Interpretation.

Montag, 19. Oktober 2015

Meyerbeer - Der Prophet, 18.10.2015

Eine Grand Opéra als große Oper     
84 Jahre lang hat man am Badischen Staatstheater keine Oper von Jakob Meyer Beer alias Giacomo Meyerbeer mehr gespielt, das opulente, fünfaktige Musikdrama Le Prophète gab es in Karlsruhe seit 94 Jahren nicht mehr zu hören. Die gestrige Rückkehr endete vom Publikum umjubelt mit viel Applaus für alle, musikalisch hochwertig mit einer mit Bravo-Rufen überschütteten Altistin Ewa Wolak in der schweren Rolle der Fidès. Die spannende Regie rehabilitierte Meyerbeer indem sie das betonte, was man Meyerbeer oft vorwarf: sie betont die szenische Kraft, das äußerlich Dankbare, das Sensationelle, Effekt auf Effekt wie ein Varietéprogramm - eine Oper als Plakat, eine Inszenierung, die fast kein Klischee bei der Durchführung ihrer Idee ausläßt. Es scheint als könnte man vieles von dem, was die Kritik im 19. Jahrhundert dazu beitrug, um Meyerbeer von den Bühnen verschwinden zu lassen, nun anführen, um den szenischen Premierenerfolg zu erklären.

Donnerstag, 15. Oktober 2015

SWR Internet-Hinweis: 300 Jahre Musik in Karlsruhe

Der SWR hat eine interessante kleine Reihe über Karlsruher Persönlichkeiten des Musiklebens zum 300. Stadtgeburtstag aufgelegt und kurze Berichte zum Lesen und Anhören bereit gestellt, unter anderem auch vom Karlsruher Rundfunk-Musikjournalisten Georg Waßmuth. Neben bekannten Namen wie Felix Mottl, Hermann Levi, Joseph Keilberth, Frithjof Haas findet man bspw. auch interessante Berichte über die Gesangspädagogin Emmy Seiberlich oder den Dramaturgen Bernd Feuchtner.
Das alles findet sich hier:
http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/cluster/300-jahre-musik-in-karlsruhe/-/id=10748564/did=15681082/nid=10748564/1uce034/index.html

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Große Opernsänger in Karlsruhe

Ist das die Handschrift des bisher unauffällig gebliebenen Operndirektors Michael Fichtenholz? Für die Spielzeit 2015/2016 kündigt man einige große Namen an, die man hören sollte: neben den in Karlsruhe bekannten Franco Fagioli, Max Emanuel Cencic und Valer Sabadus sind das insbesondere bei den Händel Festspielen 2016 die kanadische Sopranistin Karina Gauvin (die auch zahlreiche beachtenswerte CD-Aufnahmen in ihrer Diskographie hat), die schwedische Mezzosopranistin Ann Hallenberg (die gerade erst mit der CD Arien für Marchesi eine für Barock-Fans hochbeachtenswerte Einspielung vorgelegt hat in der sie Franco Fagioli in Sachen Koloratur und Ornamentierung Konkurrenz macht), die junge russische Sopranistin Julia Lezhneva (die sich bereits von vielen Seiten Vorschußlorbeeren verdient hat) oder Layla Claire (die gerade im Blog Opernschnipsel in höchsten Tönen gelobt wird). Betrachtet man das Aufgebot für die Operngalas mit Sängern wie Vivica Genaux, Laura Claycomb, Nicola Alaimo und Stephen Gould, steigt die Vorfreude weiter. Wenn das ein Trend für die kommenden Jahre ist, dann darf sich Fichtenholz dafür auf viel Lob vorbereiten.

Montag, 5. Oktober 2015

Die Affäre Spuhler .... und kein Ende!?!

Vor wenigen Monaten kochte die Stimmung zwischen Generalintendant Peter Spuhler und dem Badischen Staatstheater so sehr über, daß der Karlsruher Oberbürgermeister Mentrup schlichtend eine Mediation veranlasste, die von der Fuhrmann Leadership GmbH durchgeführt wurde, um eine  Koexistenz oder vielleicht sogar ein Miteinander zwischen festen Mitarbeitern einerseits und dem unbeliebten Intendanten andererseits zu ermöglichen. Es hat den Anschein, als hätte der Steuerzahler das Geld nur zu Alibi-Zwecken ausgegeben. Solange Intendanz und Mitarbeitervertretung des Badischen Staatstheaters die Presse nicht mit einem Erfolgsbericht über geglückte Anpassungen und Optimierungen aufgrund der Ergebnisse des Mediators versorgen, darf man von einer teuren Farce der Politik ausgehen, mit der man dem Intendanten Luft und Zeit verschaffen wollte. Weitere Gegendemonstrationen, vielleicht sogar Vorstellungsausfälle und Maßnahmen wie Unterschriftenaktionen und Handzettel für das Publikum, um auf die Mißstände unter Intendant Spuhler aufmerksam zu machen, konnten dadurch vermieden werden. Diente der Mediator also nur der vorübergehenden Deeskalation und Ruhigstellung von Öffentlichkeit und Mitarbeitern?

Freitag, 2. Oktober 2015

Besetzung der Operngalas 2015/16

Das lange Warten hat sich gelohnt! Michael Fichtenholz hat spannende Namen für die Operngalas zu bieten:

Shakespeare - Hamlet, 30.09.2015

Vorab aus doch bemerkenswertem Anlaß mit gewissem Seltenheitswert in den letzten Jahren ein erstes Fazit: mit Spamalot, Love hurts und Hamlet gelingt dem Karlsruher Schauspiel ein ordentlicher und guter Start in die neue Spielzeit!

Hamlet vor der Hüpfburg 

Eine riesige aufblasbare Hüpfburg als dominantes Bühnenbildelement für den Königshof dürfte vorab bei einigen Skepsis hervorgerufen haben. Zu Unrecht! Der neue Karlsruher Hamlet hat viele gute Momente und spannende Szenen, die Inszenierung ist gekonnt mit einfallsreich und überraschend komponierten Szenen. Einiges gelingt, doch eines mißlingt - man kann sich nicht entscheiden, was man will. Zur Tragödie fehlt die Fallhöhe und Anteilnahme, zum Drama oft der Biß, immer wieder werden Szenen entschärft und zu viel verulkt. Zum Klamauk-Komödie fehlt manchmal nicht viel, aber das ist auch nicht Hamlet. Es ist eine Unausgewogenheit des Ausdrucks und eine halbfertige, nicht zu Ende gedachte Personenregie, die diesen Hamlet nicht zum Ereignis werden lassen: es fehlt das Abgründige, das Existentielle und der Zwiespalt. "Sein oder nicht sein" oder vielleicht doch irgend etwas dazwischen? -  etwas mehr Unbedingtheit des Konflikts hätte es schon sein können. So wird in diesem Hamlet kein Bogen geschlagen, sondern sich von Szene zu Szene gehangelt. Vom Schluß betrachtet summieren sich die guten Szenen nicht zum überzeugenden Gesamterlebnis.

Love Hurts, 01.10.2015

Auf Kuschelkurs
70 Jahre Kriegsende und 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel - da wird das Staatstheater zum Staats-Theater und ist offiziell am Programm zur Feier beteiligt. Die gestern gezeigte Koproduktion mit dem Teatron Beit Lessin, dem zweitgrößten Theater Israels, wird zweistaatlich gefördert. Ein israelisch-deutsches Team vor und hinter der Bühne präsentiert eine empfehlenswerte, gut gemachte und in der Grundhaltung amüsante Rückschau. Man blieb bei diesem "Deutsch-Israelischen Rechercheprojekt" dokumentarisch, zwischenmenschlich und meistens rückwärts blickend - aber das scheint wohl der Zustand des deutsch-israelischen Verhältnisses zu sein. Zuspitzungen traut man sich kaum, Themen wie der Gaza-Krieg und seine Folgen und der neue Antisemitismus werden weitestgehend ausgeblendet. Wenn man an dieser Produktion etwas kritisieren möchte, dann daß sie die unschöne Aktualität fast komplett ausblendet und einen kuscheligen Konsensabend zum Wohlfühlen herbeispielt, der so vor 20 Jahren große Aussagekraft gehabt hätte. Heute wirkt er zu politisch korrekt auf Ausgleich bedacht, wo man Deutschen und Israelis inzwischen mehr Realitäten zumuten sollte.