Dienstag, 27. Oktober 2015

2. Symphoniekonzert, 26.10.2015

Geheimnisvoll und rätselhaft ist die Aura um die Unvollendete, die 1822 unterbrochene Symphonie in h-moll von Franz Schubert, wie der Soundtrack zu einer Erzählung der Romantik. Ein düsterer Beginn und dramatische Steigerungen, dazwischen singende Oboen und Klarinetten (es wird mal wieder Zeit für Schuberts große C-Dur Symphonie im Konzertprogramm!) - vom ersten Takt gelingt Justin Brown eine atmosphärisch dichte und spannende Interpretation.


Der polnische Komponist Karol Szymanowski (*1882 †1937) ist vielen immer noch tendenziell unbekannt, sein reiches 1. Violinkonzert op. 35, uraufgeführt 1922, ist durchkomponiert und bietet eine Abfolge von vielen kurzen Motiven ohne lange Themenbögen. Ein lyrisches Ich des Soloinstruments, das immer wieder unterbrochen wird durch Stimmungswechsel und Anfechtungen. Lyrische Traumdeutung, sehnende und träumerische Passagen des Soloinstruments werden durch Tempozugewinne eines flimmernden Orchestersatzes mit vielfältig farbiger Palette und im Zustand glücklichen Überschwangs beendet. Am Ende entschwebt die Violine  in leisen Tönen.
Die junge, in Deutschland lebende Geigerin Tianwa Yang ist schon mit Preisen hochdekoriert und hat einige CDs mit virtuosen Höchstschwierigkeiten veröffentlicht, u.a. die Sonaten von Eugène Ysaÿe und die Violinwerke von Pablo de Sarasate. Eleonore Büning (FAZ) nannte sie 2014 "die stärkste junge Geigerin, weit und breit". Ihr gestriges Konzert war durch überfließende Virtuosität und Spielfreude, Souveränität und Klangschönheit gekennzeichnet. Yang gab zwei Zugaben und bekam vom Publikum verdient viel Applaus und Bravos. Ein ganz starker Auftritt!

Schon vor zwei Jahren konnte sich Justin Brown als starker Sibelius-Dirigent profilieren, diesmal gab es die beliebte dreisätzige 5. Symphonie Es-Dur op. 82, die schroff triumphierende, uraufgeführt 1915. Justin Brown verlieh ihr etwas Brodelndes, um Ausdruck und Ausbruch Ringendes. Der erste Satz will immer beschleunigen, in allen Sätzen dominiert eine unruhige Zentrifugalkraft, nur zum Schluß gewinnen die Zentripetalkräfte zum geheimnisvollen Zentrum hin - der Höhepunkt im 3. Satz mit der episch-triumphalen Melodie kam nach der vibrierenden Spannung, die Brown im Verlauf des Werks aufbaute und steigerte, fast zu kurz. Einen Moment lang vermutete das verdutzte Publikum, daß noch der übliche vierte Satz folgen müsse, um die Spannung stärker aufzulösen. Brown begriff gedankenschnell die Situation und gab mit einer Geste dem Schlußapplaus freien Lauf.
          
Das atmosphärisch dichte, sehr gelungene und empfehlenswerte Symphoniekonzert wird übrigens im Rahmen der Sonderkonzerte am Freitag, 30.10.2015 erneut gespielt!