Vor wenigen Monaten kochte die Stimmung zwischen Generalintendant Peter Spuhler und dem Badischen Staatstheater so sehr über, daß der Karlsruher Oberbürgermeister Mentrup schlichtend eine Mediation veranlasste, die von der Fuhrmann Leadership GmbH durchgeführt wurde, um eine Koexistenz oder vielleicht sogar ein Miteinander zwischen festen Mitarbeitern einerseits und dem unbeliebten Intendanten andererseits zu ermöglichen. Es hat den Anschein, als hätte der Steuerzahler das Geld nur zu Alibi-Zwecken ausgegeben. Solange Intendanz und Mitarbeitervertretung des Badischen Staatstheaters die Presse nicht mit einem Erfolgsbericht über geglückte Anpassungen und Optimierungen aufgrund der Ergebnisse des Mediators versorgen, darf man von einer teuren Farce der Politik ausgehen, mit der man dem Intendanten Luft und Zeit verschaffen wollte. Weitere Gegendemonstrationen, vielleicht sogar Vorstellungsausfälle und Maßnahmen wie Unterschriftenaktionen und Handzettel für das Publikum, um auf die Mißstände unter Intendant Spuhler aufmerksam zu machen, konnten dadurch vermieden werden. Diente der Mediator also nur der vorübergehenden Deeskalation und Ruhigstellung von Öffentlichkeit und Mitarbeitern?
Ergebnisse ohne Folgen
oder
Die Stimmung in der Baumeisterstraße ist schon wieder im Keller?
Es scheint, der Mediator hat einiges an Verbesserungspotential festgestellt, an die Presse scheint nichts gegeben worden zu sein, geändert hat sich schon gar nichts - so mein Eindruck. Die Arbeitsbelastung scheint nicht gesunken, Überstunden sind anscheinend weiterhin notwendig, die organisatorische Handhabung im Staatstheater soll weiterhin unbefriedigend sein. Mitarbeiter fühlen sich bedrängt und unter Druck gesetzt, einige Leistungsträger wollen sich angeblich nach Posten an anderen Theatern umschauen. Peter Spuhler wird als Generalintendant weiterhin den Ruf haben, ein lange sehr gut geführtes Haus in kurzer Zeit in eine Krise manövriert zu haben. Manche würden es noch deutlich heftiger formulieren. Eine Havarie konnte bisher vermieden werden, aber Folgeschäden scheinen vorgezeichnet.
Und wo ist die Presse?
Es ist verdächtig still um diese Vorkommnisse. Die Politik will sich wohl nicht bemühen oder ihr fehlt Interesse oder Kompetenz. Doch gerade ein Streit im öffentlichen Dienst mit anschließender Mediation verlangt Kontrolle und Aufmerksamkeit durch Politik und Presse. Also liebe Zuschauer und Leser, die Sie Stadträte und Journalisten kennen: fordern Sie sie auf, ihre Pflicht zu tun, fragen Sie nach und lassen Sie nicht locker. Steht man dort in Kontakt mit dem Mitarbeitervertretern - etwas, was man eigentlich erwarten sollte. Hat man Angst vor der Konfrontation mit dem Intendanten und sieht lieber zu und nimmt Kollateralschäden in Kauf? Es ist verdächtig still außerhalb des Theaters - ist das Gleichgültigkeit oder Hilflosigkeit?
Ein Bericht des Mediators liegt vor! Erst wenn die Presse über geschlossene Kompromisse und ihre Umsetzung berichten kann, hat sich die Affäre offiziell erledigt. Bis dahin sollte man sich durch Schweigen nicht für dumm verkaufen lassen. Es herrscht aktuell meines Wissens nicht Friede, Freude, Eierkuchen. Solange Peter Spuhler in Karlsruhe noch Generalintendant ist, wird sich dieser Zustand vielleicht auch nicht mehr einstellen oder erst dann, wenn er offen über seinen Abgang spricht und den Mitarbeitern eine Perspektive durch ein Warten auf die Nachfolge anbietet. Doch bis dahin kann man als treues Publikum nicht einfach wegschauen!
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
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Lieber Honigsammler,
AntwortenLöschenIhr Engagement ist bewundernswert! Ich habe meine Frustration bereits Herrn OB Mentrup und Frau T. Bauer brieflich (3 Seiten) mitgeteilt. Aus Platzgründen hier nur der Schlussteil:
"Ich bin seit 35 Jahren eifriger Besucher des BST gewesen – mir ist die Freude inzwischen gründlich vergangen. Ich bin nach 30 Jahren sogar aus dem Freundeskreis des Theaters ausgetreten, so unerträglich ist die Situation.
Mein Entsetzen war riesig, als ich erfuhr, dass völlig unnötig Spuhlers Vertrag nach bereits 2,5 Jahren auf 10 Jahre verlängert wurde. Auch dies ist, wie die ganze Personalie, eine Fehlentscheidung.
P. Spuhler bewirbt sich schon weg, dabei kann er nicht einmal seinem Vorgänger das Wasser reichen: aber die Zielbühnen wissen inzwischen, dass die Heidelberger froh sind, ihn los zu haben, und die Karlsruher die besseren Bühnen im Umkreis von 150 km beglücken.
Als Karlsruhe-Patriot (auch wenn ich nun im Umland 18 km entfernt lebe) leide ich sehr unter dem künstlerischen Niedergang des Badischen Staatstheaters.
Wenn Ihnen daran gelegen ist, dass Karlsruhe ein attraktives Theater hat, das auch noch Besucher von weit her anzieht (wie bei den noch funktionierenden Händelfestspielen), sollten Sie alles daran setzen, dass ein wirklich kompetentes und auch künstlerisch selbst aktives Team den Karlsruher Theaterschlamassel ins Bessere wendet. Peter Spuhler kann dies jedenfalls garantiert nicht leisten."
Das Staatstheater ist der falsche Ort, Parteifreunde unterzubringen.
Lieber Puck,
Löschenvielen Dank für die offenen Worte. Was die Personalie des Intendanten Spuhler für mich so verblüffend macht, daß eigentlich jeder Bescheid weiß, aber viele es einfach ignorieren und keiner weiß, wie man die Situation entschärfen oder ihn in Karlsruhe loswerden kann. Ministerin Bauer hat ja selber unsauber agiert, um den anscheinend mit ihr befreundeten Spuhler (sie sollen sich duzen) zu stützen. Mentrup (immerhin ein SPD'ler, der sich nicht für die Arbeitnehmervertreter zu interessieren scheint) hat wahrscheinlich gerade ganz andere Sorgen und welcher Kulturpolitiker im Stadtrat hat denn kulturpolitische Kompetenz genug, um sich der Affäre Spuhler kritisch anzunehmen. Würde ein Regierungswechsel in Stuttgart eine Veränderung bringen? Ich weiß es nicht.
Die Presse hat auch kein Interesse. Die BNN hat sich um diese Angelegenheit m.W. noch nie gekümmert. Wieso fragt die BNN nicht bei den zuständigen Personalvertretern nach? Das journalistische Schweigen vor der Herausforderung der überparteilichen Kritik?
Was macht die "Gesellschaft der Freunde des Badischen Staatstheater"? Geht es denen nur darum, Vergünstigungen und freundliche persönliche Begrüßung durch den Intendanten zu bekommen oder sind die als Verein zu inhomogen, um sich ein Meinung zu erlauben?
Was bleibt? Den Protest im Haus zu organisieren!?! Alte Gewerkschaftsmethoden reaktivieren, Mahnwachen und Handzettel vor jeder Vorstellung mit klarer Stoßrichtung zu verteilen. Das ausreizen, was man gewerkschaftlich tun kann. Idealerweise unterstützt durch Zuschauer in Unterschriftenaktionen. Bleibt nur die gute alte außerpolitische Opposition gegen das kulturpolitische Establishment der uninspirierten Kulturarbeiter mit ungerechtfertigten Geltungsbedürfnis, um etwas zu verbessern???
@Klaus: Vielen Dank für den Zuspruch. Daß wir demnächst mit Plakaten ausgerüstet vor dem Staatstheater an Demonstrationen teilnehmen und Mahnwachen halten, ist noch in weiter Ferne. Aber wer weiß ... es gibt für alles ein erstes Mal.
AntwortenLöschenBin ich im falschen Film? Ich habe ganz wenig Ahnung von dem, was hinter den Kulissen gespielt wird. Und die hier angesprochenen und angedeuteten Probleme scheinen erheblich. Allein, seit Peter Spuhler da ist, haben wir wieder ein Theater in Karlsruhe! Da mag manches nicht perfekt sein, aber, hey, es gibt eine Bühne, die ich selbst in Berlin erwähnen kann, ohne gleich vor Scham in Grund und Boden zu versinken. Ist das Zufall?
AntwortenLöschenVielen Dank für Ihre Mitteilung und Frage „Bin ich im falschen Film?“, die Sie selbst beantworten: „es gibt eine Bühne, die ich selbst in Berlin erwähnen kann, ohne gleich vor Scham in Grund und Boden zu versinken.“
LöschenAls Zuschauer würde ich an Ihrer Stelle erwarten, daß ich von meinem Theater selbstbewußt sprechen kann und überhaupt kein Schamgefühl haben muß. Spuhler scheint auch für Sie der falsche Intendant zu sein. Tatsächlich habe ich noch nie beim Erwähnen des BaSta das Gefühl gehabt, daß ich mich zu schämen habe, auch nicht unter Spuhler, denn er ist nur der Intendant, das Theater sind die hunderte Mitarbeiter – und vor denen habe ich seit über zwei Jahrzehnten höchsten Respekt. Der Intendant ist lediglich dazu da, ihr Können in den Mittelpunkt zu stellen und die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.
Berlin ist weit weg und für mich der falsche Maßstab, ich bin kein Fan preußisch-provinziellen Hauptstadtgebarens, das sich selber als Mittelpunkt der Republik wähnt und seinen eigenen Dünkel als Maßstab nimmt. Kreativität, Kunstsinn und tolles Theater gibt es überall in Deutschland, ab und zu auch in Berlin und Karlsruhe. Tatsächlich konkurriert man hier um Zuschauer mit Stuttgart und Mannheim, den Blick wendet man besser nach Frankfurt und München.
Ein Theater hat Karlsruhe schon seit Jahrzehnten, mal besser, mal schwächer, mit vielen oder weniger Saison-Höhepunkten. Seit Spuhler Intendant ist, hat mich deutlich zu wenig begeistert und der einzige Maßstab, den ich gelten lasse, ist die eigene Anschauung und stichhaltige Argumente. Tatsächlich habe ich in über vier Jahren noch nichts bzw. niemand gefunden, das bzw. der mich von Spuhler als Intendanten überzeugen konnte bzw. wollte.
Und solch schwerwiegenden atmosphärischen Störungen wie zwischen Spuhler und dem Badischen Staatstheater kann man nicht einfach ignorieren. Wegschauen ist keine Option. Mit Spuhler als Intendanten sind also zu viele im falschen Film.
Wollen Sie nicht ein Libretto zu diesem Thema für eine 5-aktige Oper fertigen.
AntwortenLöschenBei Akt 3 sind wir doch schon angelangt.
Gute Nacht und Gruß Klaus
Jemand hat mir erzählt, daß es diese Idee schon gibt, aber nicht als Oper, sondern passender als Musical, als eine Arte Real-Satire wie 'Big Money' 2011 über die Flowtex-Affäre.
LöschenDie schlechten Schwingungen die von Intendant Spuhler ausgehen machen sich vor allem in der Oper bemerkbar. Da gehe ich und viele andere inzwischen lieber nach Mannheim und kaiserslautern. Spuhler ist mir zu unsympathisch, sein Ruf denkbar schlecht, solange es in Karlsruhe keinen Neustart gibt, kehre ich nicht zurück.
AntwortenLöschenEs lohnt sich für Karlsruhe, die Personalie Spuhler bald zu klären und jemand zu verpflichten, der mehr ist als ein Experte für Kindertheater, Sanierungen und Selbstprofilierung. Gerade mit Blick auf Neubau und Sanierung muss man nach Abschluss des Umbau unbedingt darauf achten einen kompetenten Intendanten zu holen der den zwangsläufig nach dem Umbau entstehenden Schwung / Neugierde künstlerisch entsprechen kann.
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Aber ich bitte Sie, verpassen Sie als Opernfan weder Meyerbeers Propheten in Karlsruhe noch Fromentals Jüdin in Mannheim. Überhaupt: wenn Sie nicht mehr nach Karlsruhe kommen, dann reicht die Begründung (unbeliebter Intendant Spuhler) nicht, sondern nur qualitative Erwägungen. Und da spricht immer noch viel für Karlsruhe. Die Künstler sollten nicht für den Intendanten bestraft werden!
LöschenDas "kleine" Pforzheim hatte mit dem neuen Intendanten Münstermann eine mehr als glückliche Hand. Münstermann hat künstlerischen Verstand, große Erfahrung und Führungskompetenz. (Profiliert sich auch nicht selbst, er bringt Eigenleistung).
AntwortenLöschenWas Münstermann mit der "Westside Story" in dem kleinen Pforze unter Einbeziehung von Oper, Ballett, Schauspiel und Statisterie auf die Bretter gestellt hat: vor Staunen bleibt da der Mund offen.....
Für den dortigen "Nabucco" gilt Ähnliches.
Gruß Klaus
Danke für den Hinweis. Auch die BNN hat einen sehr schönen und appetitmachenden Artikel über die Pforzheimer West Side Story geschrieben.
LöschenSpuhler muss doch wissen, dass es nicht besser wird. Totschweigen ist keine Lösung. Er kann die Angelegenheit mit ein wenig Selbstkritik und Souveränität aus dem Weg räumen. Die Probleme lösen, eine Pressekonferenz mit allen Mitarbeitern und Politiker organisieren und den Schulterschluss demonstrieren. Alles ist gut, es gibt keine Gerede mehr, endlich sich auf gutes Theater konzentrieren.
AntwortenLöschenDoch das wird Spuhler nicht tun: er springt nicht über seinen Schatten, er kann nicht integrieren. Spuhler ist ein Spalter, Ausgrenzer und Polarisierer. Den Eindruck werd ich nicht los. Er wird bald eine neue freiheit erleben: ist der Ruf erst ruiniert lebt sichs ziemlich ungeniert.
Vielen Dank! Eines wird mir durch Ihren Kommentar klar: so diskutabel seine Intendanz auch sein mag, hätte er diplomatisches Geschick, wäre er jetzt nicht in dieser Situation. Sein Ruf hat massiv gelitten und er hat in den vergangenen Monaten anscheinend nichts dazu gelernt. Er kann Fehler nicht in Erfolg umwandeln, indem er daraus lernt. Die Personalie Spuhler als Generalintendant scheint ein großes Mißverständnis und wir können alle nur hoffen, daß er bald eine Zusage von einem anderen Theater bekommt und keine "Nach mir die Sintflut"-Mentalität zeigt.
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