Dienstag, 29. November 2022

Glückwunsch an Dr. Kehrmann

Wer aus dem Umfeld des Badischen Staatstheaters in die Verleihung des Deutschen Theaterpreises 2022 geschaut hat, der wird es mitten in der Sendung bemerkt haben. Da stand plötzlich der frühere Karlsruher Operndramaturg Dr. Boris Kehrmann auf der Bühne, auf der er zusammen mit Walter Sutcliffe, dem Intendanten der Oper Halle, den FAUST-Perspektivpreis für die Produktion der 1901 an der Semperoper Dresden uraufgeführten und dann in Deutschland über ein Jahrhundert in Vergessenheit geratenen Oper Manru des polnischen Komponisten, Klaviervirtuosen und Politikers Ignacy Jan Paderewski entgegennahm. Zu der Ausgrabung dieser Oper schrieb Dr. Kehrmann nicht nur ein sorgfältig recherchiertes Programmheft, sondern organisierte auch ein Rahmenprogramm und ein Symposion. Herzlichen Glückwunsch nach Halle!

Dienstag, 22. November 2022

3. Symphoniekonzert, 21.11.2022

Musik, die 1761, 1800 und 2004 uraufgeführt wurde, stand im Mittelpunkt des 3. Symphoniekonzerts, darunter zwei Frühwerke und drei eher seltener zu hörende Stücke.

Sonntag, 20. November 2022

Giselle (Ballett), 19.11.2022

Irgendwie Giselle
Mit dem Ballett Giselle und in drei Wochen dem Fliegenden Holländer in der Oper zeigt das Badische Staatstheater in diesem Winter kernromantisches Repertoire um Schuld, Tod und übersinnliche Phänomene. David Dawson choreographierte diese Giselle 2008 für das Ballett der Semperoper in Dresden, 2014 ließ Bridget Breiner als damalige Ballettdirektorin des Theater im Revier Dawsons Giselle in Gelsenkirchen einstudieren und tanzte auch noch selber die Titelfigur. Gestern war nun die Karlsruher Premiere, die mit viel Applaus für die Tänzer belohnt wurde, doch die Freude war getrübt. Die enttäuschende Produktion interpretiert die Handlung reduziert und abstrahiert jenseits der romantischen Schauergeschichte und wirkt zwar irgendwie wie Giselle, aber mit wenig dramatischer und atmosphärischer Überzeugungskraft.

Sonntag, 6. November 2022

Brecht - Das Leben des Galilei, 05.11.2022

Gelungene Fassadenkunst
Das Leben des Galilei wird Abiturthema und deshalb fand die Wissenschaftlerparabel ihren Weg ins Karlsruher Schauspielprogramm. Brechts Schullektürenklassiker handelt von der Verantwortung des Wissenschaftlers, von privater Opposition und öffentlicher Zurückhaltung in Zeiten der Unterdrückung, konkret erzählt am Beispiel des Galileo Galilei (*1564 1642), der 1633 als alter Mann mehrere Wochen in Haft kam, mehrfach verhört wurde und unter Androhung von Folter durch die Inquisition seine Forschungsergebnisse zur kopernikanischen Lehre widerrief. Die lebenslange Haft wandelte der Papst in Hausarrest um, dem Galilei bis an sein Lebensende unterlag. 
Die neue Inszenierung des Karlsruher Schauspiels hat die Zielgruppe fest im Blick, man versucht, den Anreiz, aufs Smartphone zu schauen, möglichst gering zu halten. Der Regisseur kümmert sich nicht um Brechts gediegene Rhetorik, seine geschliffenen Dialoge oder eine tiefere Bedeutung des Stücks. Er kürzt vielmehr den Text auf zwei pausenlose Stunden, reduziert Konflikte und lockert ihn stattdessen mit Klamauk und viel musikalischer Untermalung zu einen kurzweiligen Schaustück auf, das an eine Commedia dell' arte mit holzschnittartigen Charakteren erinnert. Was sonst oft schief geht, funktioniert hier gut: der Text wird zwar entkernt, gehaltvolle Konflikte ins Zweidimensionale reduziert oder ganz gestrichen und jegliche über sich hinausweisenden Zeitbezüge vermieden, die übrig gebliebene Fassade wird dabei allerdings unterhaltsam aufbereitet, die Premiere wurde durch die Spielfreude aller beteiligten Schauspieler zum Erfolg geführt.