Die DDR-Diktatur als Kinderidyll für Anna Bergmann?
Die Selbstdarstellung des Schauspiels unter seiner Direktorin Anna Bergmann ist eine Mischung aus unfreiwilliger Komik und Ideologisierung, doch vor allem der Diktatur-Verharmlosung auf der Internetseite des Staatstheaters (und zwar hier) muß vehement widersprochen werden. Und auch
sonst darf Widerspruch nicht fehlen, denn schweigen wird gerne als
Zustimmung bewertet. Keine Karlsruher Sparte ist im vergangenen Jahrzehnt stärker abgestürzt als das Schauspiel: kaum Freude, selten Stimmung, es mangelt an guten Stücken, statt Handlungen
gibt es zu oft Belehrungen, statt Konflikten gibt es Moral, statt
Menschen findet man Klischees. Es geht zu wenig um inhaltsreiche Qualität und dafür zu oft
um aufdringliche Symbolik. Diese Schwächen sollen
kompensiert werden durch eine Positionierung als Moralapostel. Wer
künstlerisch nichts zu sagen hat, der kann immerhin noch den Zeigefinger
heben. Viele deutsche
Theatermacher scheinen zu denken, Aufmerksamkeit verdient zu haben, weil sie das
Theater als Ort der ideologischen Belehrung instrumentalisieren: die Inszenierung mag noch so unterirdisch sein, man soll aber gefälligst der "politisch korrekten" Haltung applaudieren. Wer als Zuschauer nicht zum Mitläufer werden will, muß widersprechen oder den Vorstellungen fern bleiben.
Schauspieldirektorin Bergmann läßt sich so beschreiben: "Ihre Kindheit und das Aufwachsen in der DDR bezeichnet sie als prägend - unbeschwerte Kindheit mit starkem sozialen Zusammenhalt, fortschrittliche Frauenpolitik und konsequente antifaschistische Erziehung."
Ach ja, das romantisierte Friedhofs-Idyll der Diktaturen. Bergmanns Erinnerungen sind trügerisch. Sie ist nicht mehr die jüngste, sie ist im fünften Lebensjahrzehnt, als die Mauer fiel, war sie ein Kind von 10 oder 11 Jahren. Da mag es schon vorkommen, daß man sich falsch erinnert, aber in den letzten Jahrzehnten hätte sie sich doch informieren müssen. Von einer "unbeschwerten Kindheit mit starkem sozialen Zusammenhalt" erzählen Autoren in allen Epochen und Regierungsformen und auch in der realsozialistischen DDR mit ihren depressiven Mangelerscheinungen konnte das unter gewissen Umständen zweifellos gelingen.
Zur vermeintlich "fortschrittliche Frauenpolitik" in der männerdominierten DDR schreibt der MDR (hier): "Das Zentrum der politischen Macht, die Schaltzentralen der SED, blieben jedoch bis zum Schluß Männern vorbehalten. So ging es in der DDR trotz vieler Vorteile für die Frauen letztlich nicht um ihre Emanzipation, sondern um die Lösung wirtschaftlicher, politischer und sozialer Probleme des SED-Staates". Dieses DDR-Lob war wohl nix .....
Daß Bergmann in einer Diktatur nicht von einer demokratischen oder humanistischen Erziehung profitiert hat, ist leicht einzusehen, doch eine "antifaschistische Erziehung" für Kinder in einem Staat mit sehr geringem Ausländeranteil? Was war denn der scheinbare Antifaschismus der DDR? Die Errichtung der SED-Diktatur wurde als antifaschistische Umwälzung kaschiert, der Arbeiteraufstand am 17. Juni 1953 in der DDR wurde hingegen als faschistischer Putschversuch diffamiert. Die DDR-Bürger flohen in Scharen aus der sozialistischen Diktatur, eine "Abstimmung mit den Füßen" (Willy Brandt) gegen das "Arbeiter-und-Bauern-Paradies". Die DDR schloß seine flüchtende Bevölkerung schließlich ein, die Mauer nannte man einen "antifaschistischen Schutzwall", wer aus der Diktatur fliehen wollte, riskierte sein Leben. Egal ober Männer, Frauen oder Kinder, wer dem Reich der Antifaschisten entkommen wollte, mußte in antifaschistischer Logik zwangsläufig ein Faschist sein und durfte ermordet werden. Man baute Sprengfallen an der innerdeutschen Grenze, die einst als Selbstschußanlagen von SS-Ingenieuren für KZ-Zäune konzipiert wurden oder erschoß rücklings, wer floh. Der bayrische CSU-Ministerpräsident Franz Josef Strauß erreichte den teilweisen Abbau dieser "antifaschistischen" Charakterhandlung, indem er Geld an die DDR zahlte. Nicht Humanismus, sondern ein Milliardenkredit bewegte die kapitalbenötigenden Antifaschisten, von dieser Art der Ermordung ihrer Bürger abzusehen. Die antifaschistische DDR war der deutsche Staat, der 1968 die Guillotine durch Erschießung ersetzte, weil das Fallbeil gelegentlich nicht sofort den ganzen Kopf abhackte, und dann die Todesstrafe nach 166 Hinrichtungen erst 1987 abschaffte.
Der Antifaschismus und die Antifa als Propagandawort des sowjetischen Regimes zielte nie auf eine parlamentarische Demokratie, sondern auf die Errichtung diktatorischer Regime und wurde im Deutschen Reich von den Kommunisten etabliert, um das Wort Sozialismus in NSDAP namentlich nicht nennen zu müssen. Die SPD wurde übrigens von der damaligen Antifa ab 1928 als "sozialfaschistisch" bezeichnet. Ein Comeback gelang nach dem Zerfall des Ostblocks im linksradikalen und linksextremistischen Lager, vor allem gewaltbereite und demokratiefeindliche Aktivisten verwenden "Antifaschismus" als Kampfbegriff zur Legitimation von Gewalt und Einschüchterung, der Verfassungsschutz stuft viele Antifa-Gruppierungen als extremistisch ein.
Der Karlsruher Philosoph Peter Sloterdik -in Anlehnung an Jürgen Habermas' Wortschöpfung "linker Faschismus"- sagte: "Daß sich der linke Faschismus als Kommunismus zu präsentieren beliebte, war eine Falle für Moralisten. .... Doch man scheut noch immer den Vergleich der Monstren. Das massivste ideologische Manöver des Jahrhunderts bestand ja darin, daß der linke Faschismus nach 1945 den rechten lauthals anklagte, um ja als dessen Opponent zu gelten. In Wahrheit ging es immer nur um Selbstamnestie. Je mehr die Unverzeihlichkeit der Untaten von rechts exponiert wurde, desto mehr verschwanden die der Linken aus der Sichtlinie. ... Die radikale Linke hatte sich selbst die Absolution erteilt, und die Ikone Mao war ein Garant ihres Verständnisses für den guten Terror. Die Zersetzungsprodukte dieser Hyperlüge gehen uns bis heute auf die Nerven."
Antifaschismus ist tatsächlich ein Synonym für Linksfaschismus, mindestens aber für Demokratiefeindlichkeit! Nach so vielen historisch-ideologischen Mißbräuchen sind die Begriffe Antifa und antifaschistisch für Demokraten längst delegitimiert. Und man muß sich unweigerlich die Frage stellen: ist man am Badischen Staatstheater einfach nur historisch unterbelichtet oder intellektuell überfordert gewesen (dann sollte man diesen Begriff schnellstmöglich wieder von der Internetseite löschen) oder will man sich zu Extremismus und Gewalt bekennen? Wer denkt, daß man "antifaschistisch" verharmlosen kann, der darf auch nicht widersprechen, wenn dessen Geisteskollegen vom anderen Rand des Spektrums wieder "völkisch" im Sprachgebrauch verankern wollen. Für Demokraten verbieten sich hingegen beide Begriffe aufgrund ihrer extremistischen Konnotation.
Anna Bergmann und das toxische System, das sie zur Schauspieldirektorin machte
Das Badische Staatstheater hat über die Schauspieldirektorin noch weitere lustige Pointen parat: "Mit einer hundertprozentigen Frauenquote ("Feminat") in Direktion, Stellvertretung, Dramaturgie und Regie setzte sie gleich zu Beginn als Direktorin ein Zeichen in Sachen Geschlechtergerechtigkeit in der deutschen Theaterlandschaft." Was für eine Gerechtigkeit soll das denn sein? Ist das nicht eher ein Versuch, symbolisch die Sippenhaft zu rehabilitieren? Die 100% Quote des Karlsruher Schauspiels war ein grandioser Flop und nur in der Hinsicht erfolgreich, indem man bestätigt bekam, daß Frauen genauso schlechtes Theater machen können wie Männer. Der Schauspieldirektorin nutzte es wahrscheinlich, um sich in den Vordergrund zu drängen und zu überspielen, daß es sonst nicht weit her war mit ihrer Direktion. Man produzierte für die eigene Filterblase, sich lange haltende Erfolgsproduktion gab es in den letzten Jahren nicht, "denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab". Zwangsquoten erzeugen keine Qualität und sind lediglich Symbolismus, Wichtigtuerei und Narzißmus - das ist die Erkenntnis der letzten Jahre.
Wie steht es um "Bergmanns Erfolge im Kampf gegen ein toxisches System"? Daß die Theaterbranche toxisch und rückständig ist, hat man spätestens 2020 während einer Badischen Revolution erfahren - ein Grund mehr, wieso sich Theatermacher nicht arrogant anmaßen sollten, das Publikum belehren zu müssen. Wann und wo genau hat die Schauspieldirektorin denn die toxische Intendanz von Peter Spuhler kritisiert? Welche Politiker hat sie angesprochen und informiert (die ja angeblich von nichts gewußt haben)? Wo sind die Belege ihres "Kampfes" in Karlsruhe? Ist die Schauspieldirektorin nicht eher eine Trittbrettfahrerin? In Karlsruhe war es nicht ihr Verdienst, sondern das der Operndramaturgen, allen voran Dr. Boris Kehrmann, der ein toxisches System zum Kollabieren brachte. Spielte sich die Schauspieldirektorin nicht erst auf, als des Intendanten Macht schwand und war sie nicht zuvor selber Nutznießer des toxischen Systems? Die angeblichen "Erfolge im Kampf gegen ein toxisches System" sind aus Karlsruher Sicht bis zum Gegenbeweis eine Selfie-Lobhudelei. Fremdbild und Selbstbild scheinen meilenweit von Kongruenz entfernt.
Hinsichtlich der Schauspieldirektion von Anna Bergmanns spricht das Badische Staatstheater auf obiger Seite noch eine Warnung aus: "Für die kommenden Monate kündigt sie eine Radikalisierung des Programms an, weg vom "Gemischtwarenladen“ hin zu Fokussierung auf Themen, die ihr wichtig sind." Es wird also noch einseitiger und selbstbezogen. Um das Publikum geht es nicht mehr, auch die Schauspieler sind nur Mittel zum Zweck. Direktorin Bergmann wird das Schauspiel anscheinend verstärkt instrumentalisieren, man muß aufmerksam beobachten, ob und inwiefern die beauftragten Inszenierungsteams radikale, extremistische oder faschistoide Ideen auf die Bühne transportieren werden. Man kann nur hoffen, daß diese Selbstbezogenheit der Schauspieldirektorin als Selbstdarstellung dazu gedacht ist, sich für den nächsten Job zu bewerben. Man könnte spotten, daß sie beste Chancen haben sollte in manch anderen Städten, wo anscheinend Quote und Selfie-Gesinnungsshow im neotoxischen Theaterumfeld wichtiger sind als Substanz, Qualität und Zuschauerperspektive.