Ein wenig amüsiert kann man aktuell die Beißreflexe beobachten, die der designierte Intendant Christian Firmbach anscheinend damit auslöste, über einen neuen Generalmusikdirektor ab 2024 nachzudenken. Das Orchester bestimmt selber, wer es leitet, inzwischen sollen sich 85% der Musiker für eine Verlängerung von GMD Georg Fritzsch über 2024 hinaus ausgesprochen haben. Gut so. Thema erledigt. Mit einer klaren Kommunikation sollte man das Mißverständnis zwischen Orchester und neuem Intendanten schnell aus der Welt schaffen können. Wieso wurde es nun publik?
Der SWR berichtete zuerst (hier), BNN und Nachtkritik zogen nach. Doch was ist denn nun die Nachricht? Ist Firmbach aus der Ferne wirklich auf Konfrontation mit dem Orchester gegangen? Eine Machtprobe kurz nach der Ernennung? Wollte Firmbach vielleicht einfach nur testen, ob Fritzsch wirklich die erforderliche Unterstützung des Orchesters hat? Nur ein schlichtes Mißverständnis durch vorschnelles Engagement aufseiten Firmbachs? Oder wollte man am Badischen Staatstheater die Gelegenheit ergreifen, dem neuen Chef durch einen Schuß vor den Bug zu warnen? Das letzte Jahrzehnt wird sich nicht wiederholen und jede intendantische Machtallüre hat zu unterbleiben! Oder stecken persönliche Motive dahinter? Firmbach hat den undankbaren Job, vielen Kollegen im künstlerischen Bereich mitzuteilen, daß er ab 2024 ohne sie plant und es keinen neuen Vertrag für sie gibt. Da kann es schon zu Reibereien kommen und einige, die Karlsruhe verlassen werden oder deren Freunde, werden ihre Gründe haben, wieso sie dem designierten Intendanten Ungutes unterstellen.Die wenig investigative Presse nutzt die Chance für eine leichte Empörungsunterstellung angesichts einer vermutlichen Lappalie, denn nix Genaues weiß man nicht. Aktuell kann man bezweifeln, daß es sich um einen echten Konflikt handelt.
Sie sind leider schlecht informiert. Amusierend ist das nicht, es ist schockierend!
AntwortenLöschenAnscheinend bin ich nicht so einfach zu schockieren. Von was auch? Ich kann keinen Grund zur Empörung sehen. Tabula Rasa beim Intendantenwechsel ist grundlegend eine gute Idee.
LöschenFirmbach ist weit weg, bis er im Sommer 2024 beginnt vergeht noch viel Zeit. Was Unwissen oder Mißverständnis und was Machtspiel ist, kann man als Außenstehender nicht beurteilen, irgendwelche Stellungnahmen liegen nicht vor, die Presse gibt Hörensagen weiter. Für mich ist das keine Pressemitteilung und beim vorliegenden Infostand hätte es auch nicht publik werden dürfen. Einen Intendanten kann man sich zurechtstutzen, wenn man die Kulturpolitiker auf seiner Seite hat. Die notwendigen Kontakte sollten beim Staatstheater vorhanden sein, um so etwas aus der Welt zu schaffen. Aktuell ist das m.E. nur eine Indiskretion, die nicht vertrauensbildend ist und deren Verantwortung beim Staatstheater und/oder der Presse liegt.
Denn erst wenn Firmbach wirklich seine Grenzen nicht kennt und die Kommunikation mit dem Orchestervorstand gescheitert ist, dann ist das ein k.o-Kriterium, das politische vermittelt bzw. dann an die große Glocke gehängt werden kann. Dann wäre die Wahl von Firmbach erneut ein bedauerlicher Fehlgriff von Stadt/Land und man sollte vom Engagement absehen und vom Vertrag zurücktreten. Wenn es so kommt, dann wäre die Mitteilung gerechtfertigt.
Nur soviel noch: GMD Fritsch hat die Verwaltungsratspitze, die Theaterleitung, alle Spartenleiter, das Orchester und den Personalrat in einem Brief darüber informiert, dass der designierte Generalintendant Firmbach, kurz nach seiner Vertragsunterschrift, Ihm mitgeteilt hat, seinen Vertrag über 2024 nicht verlängern zu wollen.
AntwortenLöschenVielen Dank für die Info. Wenn das kurz nach Vertragsunterschrift geschah, dann ist es einerseits sehr fair vom Firmbach, schnell für Klarheit sorgen zu wollen, andererseits etwas übermotiviert, weil er sich hätte informieren müssen, daß das so in Karlsruhe nicht läuft. Zu dem Zeitpunkt wußte Firmbach evtl. nur, daß der Vertrag endet, inzwischen hat sich das Orchester zu 85% für einen Verbleib von Fritzsch ausgesprochen. Wenn jetzt Firmbach immer noch Druck macht, Fritzsch loshaben will und sich gegen das Orchester durchsetzen will, dann hat man wirklich ein Problem. Dazu liegen mir aber keine Infos vor. Deswegen sehe ich das erst mal schlicht als ein Mißverständnis an und bleibe bei der Unschuldsvermutung gegen Firmbach.
LöschenFirmbach ist leider kein Unschuldslamm. Der Strukturprozess am Haus wird scheitern, wenn er nicht erkennt, dass er so mit diesem Theater nicht umgehen kann. Das Haus war auf einem guten Weg aus der Krise zu kommen und auch über die Stadtgrenzen hinaus dafür beachtet zu werden. Mittlerweile bedauern viele Theaterschaffende schon, dass es hier vermutlich kein positives Exempel geben wird.
AntwortenLöschenFür den künstlerischen Erfolg und die Zuschauerzahlen wird der Intendant verantwortlich gemacht. Reformprozeß hin oder her, die politischen Strukturen sind in dieser Hinsicht unverändert, Firmbach wird Rede und Antwort stehen müssen über Programm, Künstler und Zuschauerzahlen . Wie in den internem Reformprozeß die künstlerische Qualität und der Erfolg einfließt, kann ich als Außenstehender nicht beurteilen. Ich erwarte von Firmbach neue Bühnenkünstler und ein spannendes Programm in Oper, Konzert, Ballett und Schauspiel, die mir Freude und Begeisterung an der Bühnenkunst vermittelt. Firmbach wird, um das erreichen zu können, fordern und fördern und einige interne Konflikte bestehen müssen. Ich glaube nicht, daß man in diesem Job als handzahmer Beschwichtiger bestehen kann. Man wird es am Theater sportlich nehmen müssen, es wird einige Tacklings und auch Fouls geben. WIchtig ist, daß man sich in die Augen schauen und die Hand geben kann, damit es weitergeht.
LöschenGenau das was Sie als wichtig empfinden hat er bereits mit Füßen getreten. Der laufende Reformprozess sollte Vorbild für viele Theater werden.
AntwortenLöschenKein guter Einstand...
Es ist wirklich schwierig, von außen das Ganze zu beurteilen.
AntwortenLöschenIn der Süddeutschen ist ein interessanter Artikel zum "Dirigentenkarussell". Vielleicht zählt sich das Badische Staatstheater zu den großen Opernhäusern. Zitat: "Chefposten großer Opernhäuser werden gerade neu besetzt. [...] Das Weiter-so-wie-bisher in der Oper zeigt sich auch in den verkrusteten Spielplänen, den hohen Kartenpreisen, dem männlich dominierten Regiestil, der hierarchischen Führungsstruktur und dem Elitarismus. Gut möglich, dass das der Szene bald schon große bis unlösbare Probleme bereiten wird.
Es wird weitergemacht wie vor Corona: Nur Mann verkauft sich gut [...]"
Da bleibt zu hoffen, dass es mal in Karlsruhe eine Frau ans Dirigentenpult als GMD schafft. Das wäre eine schöne Abwechslung!
Aber das bringt der Badischen Staatskapelle sicher nicht viel, da sie sich wahrscheinlich mit Fritzsch auf Wagner, Strauss und co. einswingen wollte. Viel gemeinsame Zeit ist ihnen wohl nicht beschieden. Wirklich schade!
Moin aus dem hohen Norden!
AntwortenLöschenSehr geehrter "Honigsammler" (was für ein passender Name hier...),
werter "Anonymus" (warum?),
ich schreibe hier mit meinem Klarnamen zur oben abgegebenen Diskussion; und zu dem Schlagabtausch habe auch ich eine differenzierte Sicht, die allerdings mit der hier zur Verfügung gestellten Zeichenanzahl nicht ausreichend dargestellt werden kann.
Bei Interesse können Sie meine Einlassungen hier nachlesen:
https://www.thomas-honickel.de/gedankensplitter
Herzliche Grüße aus Friesland ins Badische!
Vielen lieben Dank Herr Honickel für ihren Beitrag und ihre positiven Aussagen zu Herrn Firmbach. Was ich aus der Ferne zuvor über ihn in Erfahrung bringen konnte, war durchweg positiv, ihre Darstellung würde ich gerne zukünftig zitierend bzw. verweisen verwenden. Ich hoffe allerdings, daß wieder Ruhe einkehrt und dieser Vorgang nur ein übermotivierter Warnschuß war.
LöschenLieber Herr "Honigsammler"!
AntwortenLöschenKlar dürfen Sie mich zitieren.
Beste Grüße aus dem Nordwesten in den Südwesten!
Thomas Honickel
(Kapellmeister i.R.)