Das zweite Symphoniekonzert war aus verschiedenen Gründen etwas Besonderes: Es war ein historisches Konzert, das ein Programm wiederholte, welches Richard Strauss (der zwischen 1900 und 1924 mehrfach als Gast die Badische Hofkapelle leitete) im Mai 1908 selber in Karlsruhe dirigiert hatte. Und man muß zugeben, daß es auch heute noch lauter gern gehörte, wirkungsvolle Kompositionen enthält. Man kann sogar sagen, daß es aufgrund der Stückauswahl ein Höhepunkt der Konzertsaison ist, denn es sind lauter Kompositionen die transzendent-überhöhend oder verklärend sind oder sogar in Triumph und Freude enden.
Als Gastdirigent hatte man dafür Christof Prick engagiert, der von 1977 bis 1986 Generalmusikdirektor am Badischen Staatstheater war und immer noch einen hervorragenden Ruf beim Publikum genießt und in Karlsruhe in seiner Zeit sehr viel Strauss und Wagner, Mahler und Bruckner dirigierte. Heute sind noch zwölf Orchestermitglieder übrig, die ihn als GMD erlebt haben.
Die Rahmenbedingungen waren also überaus attraktiv und die Wirkung blieb nicht aus. Prick zeigte, was ihn in Karlsruhe so populär machte: es war ein fesselndes und begeisterndes Konzert.
Carl Maria von Webers Ouvertüre zu seiner letzten Oper Oberon, uraufgeführt 1826 in London, ist instrumental -wie die ganze Oper- der Versuch, daß mißratene Libretto musikalisch zu retten und stellt eine idealtypische Opernouvertüre dar, die den Geist des Werks zusammenfaßt. Eine schöne Geste des Dirigenten: er gönnte dem neuen Solo-Hornist Dominik Zinsstag einen Einzelapplaus. Danach folgte Musikmagie - der Karfreitagszauber aus Richard Wagners Parsifal wurde klangsinnlich und ruhig dargeboten. Danach ein berühmtes Werk von Richard Strauss: Tod und Verklärung beginnt mit den letzten Herzschlägen eines Sterbenden und endet mit der Apotheose - eine Tondichtung, deren Thema vom Komponisten eingängig und sinnfällig dargestellt wird. Orchester und Dirigent wurden mit viel Applaus vom Publikum in die Pause geschickt.
Über Ludwig van Beethovens fünfte Symphonie ist alles gesagt: vom
unvergeßlichen Auftakt des bangen Klopfens bis zum überbordenden
Finale - eine in c-moll beginnende Reise, die in triumphalen C-Dur
endet. Christof Prick dirigierte sie bereits im März 1979 in Karlsruhe
und die Neuauflage nach 33 Jahren ließ keine Alterserscheinungen
erkennen. Es war eine mustergültige Interpretation, bei der man bedauern kann, daß davon keine Aufnahme gemacht wurde. Man könnte viele andere Einspielungen im CD-Schrank dafür entsorgen.
Die Badische Staatskapelle war in ausgezeichneter Form und Christof Prick dirigierte souverän mit klaren Ansagen und aus dem Gedächtnis, ohne Partitur und Pult.
Das Karlsruher Konzertpublikum weiß, was es zu hören gilt. Die Eintrittskarten für beide Konzerte waren schnell vergriffen. Ein sehr schönes Konzert am Sonntagmorgen, das sein zufriedenes und glückliches Publikum in einen zum Konzert klimatisch passenden 21. Oktober mit Sonnenschein und über 20 Grad Celsius entließ.
PS: Die von Strauss 1908 festgelegte Reihenfolge wurde modifiziert. Ursprünglich sah das Programm folgendermaßen aus:
Carl Maria von Weber Oberon-Ouvertüre
Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 5 c-Moll
-Pause-
Richard Wagner Karfreitagszauber
Richard Strauss Tod und Verklärung
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Keine Kommentare:
Neue Kommentare sind nicht zulässig.