Romeo und Julia auf dem Dorfe ist in der Karlsruher Inszenierung ein sehr schöner Erfolg für das Badische Staatstheater. Letzte Spielzeit hatte Delius' Oper nach verhaltenem Start eine gute Besucherauslastung - ein Zeichen dafür, daß die Mund-zu-Mund-Werbung in Karlsruhe sehr gut funktioniert. Nur noch drei Termine sind in dieser Spielzeit angesetzt (Freitag, 02.11.12 / Donnerstag, 08.11.12 / Sonntag, 30.12.12), die alle nutzen sollten, um das Werk kennenzulernen oder noch mal zu hören.
Das besondere an Delius' Musik ist eine anschauend-impressionistische Haltung, die nicht durch Licht-und-Schatten Beleuchtung ihre dramatische Tiefe erhält, sondern zurückhaltend den Hörer einlädt und ihn nur selten überwältigen will. Der Gesang ist nicht stilisiert, sondern diskret und deklamierend. Es ist das menschliche Maß der Oper, das nicht vorrangig auf Effekte setzt und das traurige Ende nicht musikdramatisch überhöht, das dem Werk seinen noblen Charakter gibt. Delius geht mit Romeo und Julia auf dem Dorfe seinen eigenen, originellen und besonderen Weg, denn man dann erkennt, wenn man sich vorstellt, was die musikalischen Großdramatiker des späten 19. Jahrhunderts oder die Komponisten des Verismo aus ähnlichen Szenen gemacht haben.
Die gestrige Vorstellung bestätigte die bisherigen positiven Eindrücke. Ekaterina Isachenko war schon zuvor in der Rolle sehr positiv aufgefallen und ergänzt sich sängerisch und auf der Bühne sehr gut mit Carsten Süss. Süss ließ zwar eine Beeinträchtigung durch eine Erkältung ansagen, aber auch leicht geschwächt klingt er noch gut. Der schwarze Geiger -die profilierteste Figur der Oper- ist eine Milieugestalt und wird von den beiden in dieser Rolle alternierenden Sänger diametral interpretiert. Armin Kolarzcyk ist der helle Verführer, der dem Liebespaar einen Ausweg bietet, Gabriel Urrutia Benet, der gestern sang, ist mehr der dunkle Realist, der ihnen illusionslos eine Alternative vorschlägt.
Ein Erfolg für alle Beteiligten und eine sehr schöne Produktion. Die für Opern-Fans spannende Reihe der unbekannten Meisterwerke wird diese Spielzeit mit Benjamin Brittens beliebtester (und gar nicht so unbekannter) Oper Peter Grimes fortgesetzt. Mal schauen, was in den folgenden Jahren kommen wird.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Neue Kommentare sind nicht zulässig.