Höhepunkt mit Glücksmomenten
Zwei Sängerinnen mit Reputation sowie Musik, Arien und Duette aus Georg Friedrich Händels Opern Alessandro, Riccardo Primo, Radamisto, Ottone, Scipio, Sosarme, Tolomeo, Rodelinda, Alcina und Giulio Cesare standen im Mittelpunkt des großartig geglückten Abschlußkonzerts der Karlsruher Händel-Festspiele 2017.
Zwei Primadonnen, die beide zahlreiche CDs aufgenommen haben, bewiesen gestern, daß sie noch immer anderen beispielhaft etwas vormachen können. Mit großen Stimmen zeigten Sandrine Piau und Vivica Genaux ein kaleidoskopisches Spektrum der Affekte - Liebe und Eifersucht, Begeisterung und Verzweiflung, gesungen mit Ausdruck und Emotionalität, vorbildlichen Koloraturen und Verzierungen sowie deutlicher Artikulation. Beide konnten immer noch zulegen, neue Nuancen zeigen, beide präsentierten sich sympathisch und ohne Allüren und wie es sich für Primadonnen gehört, kamen beide nach der Pause in einem zweiten Abendkleid auf die Bühne. Und Sandrine Piau war der perfekte Moment vorbehalten: bei der Arie der Alcina „Ah, mio cor“ blieb die Zeit stehen, ein "nunc stans" an der Schwelle zur Transzendenz; man kann diese Arie anders, aber nicht besser singen. Vivica Genaux hatte letztes Jahr in Karlsruhe bereits ihren Auftritt in einer Oper: als Romeo in Bellinis I Capuleti et i Montecchi (mehr hier). Sandrine Piau sollte unbedingt folgen!
George Petrou dirigierte 21 Musiker der Armonia Atenea und als Klangkörper war diese Kombination gleichberechtigter dritter Star des Abends - ein mustergültiger Klang mit abwechslungsreicher Akzentuierung.
Fazit: Ein Konzert voller Glücksmomente! Bravo und Danke! Das Publikum hörte erst auf zu klatschen, als das Orchester genug hatte und sich entschloß, von der Bühne zu gehen.
PS: Und noch ein Lob muß hier erfolgen: Operndirektor Michael Fichtenholz hat erneut viel richtig gemacht und erweist sich als würdiger Leiter der Karlsruher Händel Festspiele.
Programm
Alessandro HWV21 (1726) - Ouvertüre
Alessandro HWV21 (1726) - „Placa l’alma“ – Duett von Lisaura und Rossane, komponiert für Francesca Cuzzoni und Faustina Bordoni
Giulio Cesare in Egitto HWV17 (1724) - „Da tempeste“ – Arie von Cleopatra, komponiert für Francesca Cuzzoni
Alessandro HWV21 (1726) - „L’armi implora dal tuo figlio“ – Arie von Rossane, komponiert für Faustina Bordoni
Publio Cornelio Scipione HWV20 (1726) - Ouvertüre
Alcina HWV35 (1735) - „Mi restano le lagrime“ – Arie von Alcina, komponiert für Anna Strada del Pò
Tolomeo, re di Egitto HWV25 (1728) „Ti pentirai crudel“ – Arie von Elisa, komponiert für Faustina Bordoni
Rodelinda, regina di Longobardi HWV19 (1725) „Non ti basto, o consorte … Io t’abbraccio“ – Duett von Rodelinda und Bertrarido, komponiert für Francesca Cuzzoni und Francesco Bernardi (Senesino)
– Pause –
Alcina HWV35 (1735) - „Ah, mio cor“ – Arie von Alcina, komponiert für Anna Strada del Pò
Radamisto HWV12a (1720) - Chaconna
Riccardo Primo, re d’Inghilterra HWV23 (1727) - „Quel gelsomino“ – Arie von Pulcheria, komponiert für Faustina Bordoni
Ottone, re di Germania HWV15 (1723) - Concerto
Alessandro HWV21 (1726) - „Brilla nell’alma“ – Arie von Rossane, komponiert für Faustina Bordoni
Radamisto HWV12a (1720) - „Se teco vive il core“ – Duett von Radamisto und Zenobia, komponiert für Margherita Durastanti und Anastasia Robinson
Zugaben:
Sosarme HWV30 (1732) - "Per le porte del tormento" - Duett von Sosarme und Elmira, komponiert für Anna Strada del Pò und Francesco Bernardi (Senesino)
sowie als Reprisen die Duette aus Alessandro und Radamisto
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.