Frechheit hoch zwei
Eine konzertante Oper, um lieber Geld für Nebenschauplätze auszugeben - bitter genug, daß die Karlsruher Intendanz die Oper marginalisiert, reduziert und die einstige Vielfalt zusammenstreicht, um sich hinter Banalem zu verstecken, statt das Besondere und Außergewöhnliche zu fördern. Es ist schon eine Unverschämtheit, die man sich in der Karlsruher Oper in der kommenden Spielzeit leistet, denn man streckt seinem Publikum gleich zwei Mal den ausgestreckten Mittelfinger entgegen.
Gounods Roméo et Juliette ohne Inszenierung und Bühnenbild ist Bestandteil des Opernpremieren-Abos und des Operngala-Abos. Eine konzertante Gala-Vorstellung ist nur vertretbar, wenn man endlich mal wieder herausragende Gäste engagieren würde. Oder wenn man die Preise senkt. Denn wenn man in den Abos, in denen man konzertant wird, nicht die Preise senkt, verkauft man sein Publikum für dumm. Im neuen Spielzeitheft findet sich anscheinend keine Entschuldigung und Rechtfertigung. Das ist überraschend, denn die Einsparungen in der Oper haben nichts direkt mit dem Sparzwang durch die Gemeinderatsentscheidung zu tun: es ist eine programmatische Entscheidung des Intendanten, die Oper zu kürzen und Geld dafür anderswo weiter auszugeben.
Anbei die Termine der Operngalas, die Gäste stehen noch nicht fest.
Verdi - La Traviata, 11.11.17
Wagner - Götterdämmerung, 10.12.17 GROSSES HAUS
Verdi - Simon Boccanegra, 10.3.18
Gounod - Roméo et Juliette, 23.6.18
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.
Ich bin sehr dankbar für Ihre ausführliche Vorausschau und die kritische Kommentierung. Ich habe Ihren Blog Opernfreunden zukommen lassen und erhielt diese Antwort:
AntwortenLöschen"Wir sind so entsetzt und enttäuscht von der Oper in Karlsruhe, dass wir uns vollständig umorientiert haben. Ich gehe noch in die 'Adriana', die gut sein soll. Für die nächste Spielzeit habe ich nur eine Oper gefunden, die ich sehen möchte. In Mannheim gibt es 9 Neuinszenierungen und 15 Wiederaufnahmen. Heidelberg hat schon so viele Premieren wie Karlsruhe. Wir haben für 16 Aufführungen in Baden-Baden Karten gekauft und planen 6 Termine in Frankfurt."
Sind GI Spuhler sämtliche Berater abhanden gekommen?
Vielen Dank für Ihren Kommentar!
AntwortenLöschenIn Heidelberg kann man 2017/2018 allerdings m.W. nur 7 Opern erleben, in Karlsruhe 17, in Mannheim 24. Diese Spielzeit hatte man in Karlsruhe nur 15 Opern im Programm, nächstes Jahr werden es etwas mehr durch den kompletten Ring des Nibelungen.
Bevor Intendant Spuhler nach Karlsruhe kam, waren Mannheim und Karlsruhe auf Augenhöhe. Die Oper wurde offensichtlich dezimiert, um Geld für "wichtigere" (=banale) Dinge abzuzweigen. Die lieblose Repertoireplanung ist ein Zeichen des Desinteresses. Es ist zu befürchten, daß sich die Oper auch nach seinem Weggang so schnell nicht erholen wird.
Doch wieso soll man überhaupt einem Staatstheater Millionen geben, wenn es sich lieber als Kulturzentrum verhält und kein Interesse an dem zeigt, was wirklich förderwürdig ist? Intendant Spuhler bereitet mit seiner defizitären Programmgestaltung wahrscheinlich weiteren Kürzungen den Boden. Für mich ein Unding und eine Zumutung, gegen die ich deutlich anschreiben werde.
Daß man die konzertante Oper sogar in das Operngala steckt, hat für mich einen Grund - man spielt beleidigte Leberwurst und will es allen zeigen. Keinen Mensch würde es interessieren, wenn man das Volkstheater schließt oder die Prestigethemen des Intendanten einstampfen würde. Das wäre nämlich die logische Entscheidung nach den Einsparungen gewesen: den Grundbestand schützen.
Die Leberwurstintendanz will es nun der Stadt und dem Publikum heimzahlen und die Kronjuwelen verschleudern, um lieber sein Gefolgschaft zu finanzieren und seine Prestigegründungen zu halten.
Es ist schon eine Farce, die der Intendant auf Kosten des Theater und des Publikums aufführt.