Kathleen Cassello bleibt mir wegen ihren Rollen in den legendären Inszenierungen von Giancarlo del Monaco unvergeßlich, als Mimi, als Leonora und besonders in der Titelrolle von Donizettis Lucia di Lammermoor, doch vor allem wegen einer ganz besonderen Vorstellung von Lucia im April 1991, die die Zeit stehen ließ.
An diesem Abend sangen neben Cassello Marcus Haddock und Robert W. Overman, Peter Sommer dirigierte, doch vor allem die stimmliche Präsenz und dramatische Intensität von Kathleen Cassello waren buchstäblich mit- und hinreißend. Das Publikum erkannte die Sternstunde, die sich vor seinen Ohren und Augen ereignete, der Jubel nahm kein Ende. Die Sänger mußten ein ums andere mal vor den Vorhang treten, nach und nach leerten sich die Zuschauerränge, zuletzt stand ein harter Kern von ca. 50 Zuschauern rechts unten im Parkett vor dem Orchestergraben, klatschte unermüdlich weiter und forderte weiterhin die Sänger vor den Vorhang zurück. Nach unzähligen Vorhängen -Vergleichbares habe ich bis heute nicht wieder erlebt- endete ein Abend des außergewöhnlichen Opernglücks.
Kathleen Cassello ist vor wenigen Tagen in München viel zu jung gestorben.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.