Montag, 27. Februar 2023

Händel - Ottone, 26.02.2023

Der gekürzte Ottone kam auch beim sonntäglichen Matinee-Publikum gut an. Die Inszenierung ist nicht aufdringlich, eine Hintergrundskunst, die Gesang und Musik den Vortritt läßt und die Affekte nicht szenisch überkommentiert oder übertreibt. Diese Zurückhaltung mag nicht jedem gefallen, aber das Inszenierungsteam liefert weder Anlaß zur irgendwelcher Form der Aufregung noch zur Langeweile. Und so genießt man eine solide in Szene gesetzte Oper, bei der man vielleicht noch gerne etwas mehr gehört hätte. 

Samstag, 18. Februar 2023

Händel - Ottone, 17.02.2023

Erfolgreicher Start in die 45. Händel Festspiele
Ottone gehörte zu Lebzeiten zu Händels erfolgreichsten Opern. Uraufgeführt vor 300 Jahren am 12.01.1723, erlebte er im folgenden Jahrzehnt vier Wiederaufnahmen und über 30 Vorstellungen in London, bei denen mehrfach das englische Königshaus zu Gast war, weiterhin Aufführungen in anderen Städten und 1734 spielte sogar die in der englischen Hauptstadt mit Händel konkurrierende Opera of the Nobility den Ottone mit Starkastrat Farinelli als Adelberto. Und auch in Karlsruhe ist Ottone nach den 25. Händel Festspielen 2002 bereits zum zweiten Mal im Programm:. Die gestrige Premiere war ein Erfolg: großartig musiziert, erstklassig gesungen und kurzweilig inszeniert. 

Donnerstag, 9. Februar 2023

Vorschau: Händel Festspiele 2024

Gute Wahl!
Nur noch fünf Opern Händels fehlen bei den Karlsruher Händel Festspielen: Floridante (UA 1721), Siroe (1728), Sosarme (1732), Atalanta (1736) und Faramondo (1738).  Man kann es also gerade noch schaffen, alle überlieferten Opern bis zum runden Geburtstag bei den 50. Händel Festspielen 2028 gespielt zu haben. Bei den Händel Festspielen 2024 wird Intendant Ulrich Peters persönlich Regie führen, für die Ausstattung kehrt Christian Floeren zurück nach Karlsruhe, Attilio Cremonesi dirigiert, und zwar Siroe, Re di Persia. Premiere: 16.02.2024.
Bei den diesjährigen Festspielen kann man bereits einen Vorgeschmack bekommen, Attilio Cremonesi dirigiert am 18.02.23 das Händel Gala-Konzert, in dem es Ausschnitte aus Siroe zu hören gibt.

Sonntag, 5. Februar 2023

Bizet - Carmen, 04.02.2023

Multiple Funkenlosigkeit
Die neue Karlsruher Carmen ist keine Inszenierung für Einsteiger oder Neulinge. Das im spanischen Andalusien spielende Eifersuchtsdrama zwischen der Zigeunerin Carmen und dem Basken Don José wird einigen Perspektivwechseln und Eingriffen unterzogen: es gibt kein spanisches Flair, weder Sonne noch Hitze, sondern nur Nacht. Die Handlung wurde umgedeutet, die Regie stellt Don José so sehr in den Mittelpunkt, daß die beiden weiblichen Rollen nicht nur Nebenfiguren werden, sondern in gewisser Weise verschmelzen, denn dramaturgisch orientiert man sich weniger am Libretto und dafür an der literarischen Vorlage, die nur Carmen kennt, aber nicht Micaëla, was zu mancher Ungereimtheit führt. Dazu hat man die Rezitative gestrichen und bringt von einem Schauspieler gelesene Erläuterungen zu Josés Gedanken als Tonkonserve zwischen einzelnen Szenen und teilweise während der Musik zu Gehör. Vieles ist diskutabel und wirkt ziemlich weit hergeholt, aber man kann der Inszenierung zugute halten, daß sie konsequent und intelligent erdacht ist. Manche Stimmungsbilder lassen erahnen, daß diese Carmen einiges an Potenzial hätte haben können. Doch knapp vorbei ist auch daneben. Die neue Carmen ist zu sehr Kopfgeburt, die die Musik nicht fühlt, die die Leidenschaft nicht kennt, die kein Feuer spürt, und nicht nur die Inszenierung leidet, auch aus dem Orchestergraben tönt es seltsam farblos und wäre da nicht die bemerkenswert schöne Tenorstimme von Jenish Ysmanov als Don José, würde gar nichts in dieser Produktion Funken schlagen. Selten erlebt man eine so sterile Carmen, bei der das Publikum lange fremdelt.

Dienstag, 31. Januar 2023

4. Symphoniekonzert, 30.01.2023

Ein Reger-Sandwich mit Mozartfüllung, manche werden am liebsten von der Mitte genascht haben, doch auch die äußeren Bestandteile waren gestern bemerkenswert.

Samstag, 21. Januar 2023

Wie war denn die Carmen-Premiere?

Um mal aus dem Nähkästchen zu plaudern: umso mißratener eine Premiere, desto mehr Leser hat dieser Blog. Am Folgetag schnellt die Leserzahl stets nach oben, wenn es bis Mittag bereits eintausend Besucher gab, dann waren das nicht nur Neugierige, sondern viele Enttäuschte des Vorabends, die auch in den Tagen danach verstärkt schauen, ob und welche Kommentare es gab. Der fliegende Holländer erlebte innerhalb von 72 Stunden ca. 4000 Seitenaufrufe - die Statistik verrät die Pleite, Erfolge kommen im gleichen Zeitraum auf ca. 2500 Aufrufe. Der urlaubsbedingt abwesende Autor dieses Blogs kann also aus statistischer Betrachtung erahnen, wie die Premiere von Bizets Carmen am 21.01.23 beim Publikum ankam, dennoch freue ich mich über jeden Kommentar, da ich erst die dritte oder vierte Aufführung besuchen kann. Wie war denn die Carmen-Premiere? Erfolg, Unentschieden oder Pleite? Zum Hinhören, zum Wiedersehen oder erneut zum Wegsehen? 

Sonntag, 15. Januar 2023

Mac - Hir, 12.01.2023

Cross Dressing Clown_innen im Gendergedöns
oder 
Deutsche Klamauksoße über amerikanischem Sprachwitz
Schade! Endlich mal wieder eine spannende und vielversprechende deutsche Erstaufführung im Karlsruher Schauspiel, aber ihre Vielschichtigkeit wird nicht ausgereizt. Hätte man sich doch enger an den Text gehalten, mehr Mühe in die Lücken und vor allem mehr in die Übersetzung investiert - sie trifft oft nicht das Wort und die Inszenierung findet nicht den richtigen Ton. Was beim Lesen im englischen Original ein tragikomisches Vergnügen ist, bei der sich hinter zugespitzten Dialogen Abgründe eröffnen, wird in der Karlsruher Bühnenfassung durch Abänderungen und Ergänzungen des Textes an manchen Stellen zu einer Überkleisterung mit Klamauksoße. Etwas mehr Raffinesse und Subtilität hätten diesem Drama über ideologischen Realitätsverlust und Orientierungslosigkeit gut getan. Und auch die Schauspieler finden deshalb nicht den rundum überzeugenden Weg durch dieses Drama.

Mittwoch, 4. Januar 2023

Umbesetzung bei Händels Ottone

Multitalent Max E. Cencic hat seine Auftritte in der Titelrolle des Ottone bei den Händel Festspielen aufgrund eines Muskelfaserrisses abgesagt. Der ukrainische Countertenor Yuriy Mynenko, der ebenfalls bei Cencics Label Parnassus unter Vertrag steht, übernimmt. Chancen sind dazu da, ergriffen zu werden, Mynenko scheint die Rolle noch nie auf der Bühne gesungen zu haben und muß sie nun ggf. sehr kurzfristig einstudieren. Ottone hat neben Mynenko noch einen weiteren Countertenor zu bieten, der in Karlsruhe zum ersten Mal auftritt: der Italiener Raffaele Pe. Man darf auf beide Hausdebuts gespannt sein. 

Donnerstag, 15. Dezember 2022

Reza - Der Gott des Gemetzels, 14.12.2022

Wer erinnert sich an die letzte rasante Komödie?
Das Leichte ist bekanntlich das Schwere, und am Karlsruher Schauspiel fand sich über ein Jahrzehnt kein Schauspieldirektor, der sich traute, eine richtige Komödie zu stemmen. Auch Anna Bergmann weigerte sich vier Spielzeiten lang und erarbeitete sich lieber den eher moralinsauren Ruf, daß an einem deutschen Staatstheater nicht gelacht werden darf. Nun, in Bergmanns fünfter Spielzeit und zum ersten Mal seit Knut Webers Schauspieldirektion, ist es geschafft: mehrere Zuschauer lachten gleichzeitig, und das auch noch öfters! Und die vier Schauspieler dürfen auftrumpfen wie zu besten Zeiten!  Nach langen Jahren der Humorlosigkeit am Karlsruher Schauspiel ist diese Inszenierung ein entschiedener Fortschritt.

Sonntag, 11. Dezember 2022

Wagner - Der fliegende Holländer, 10.12.2022

Thema verfehlt
oder
Das Märtyrermärchen als Außenseitertragödchen
Richard Wagner gilt als der Erfinder der Schwertransporte, seine Opern schicken ganze Lastzüge in Richtung Erlösung. Doch was ist diese Erlösung? Wer sich ihrer annimmt, muß dem musikalischen Charakter des Schwertransports entsprechen oder es droht, am Läppischen zu scheitern. Letzteres geschah gestern. Wie bereits vor drei Wochen bei Giselle im Ballett weiß man mit dem Romantik-Element im Geschehen nichts anzufangen, ersetzt Transzendenz durch Immanenz und Geheimnis durch Lappalie. Das sich ergebende szenische Ergebnis ist ungewöhnlich reizlos und belanglos. Für eine banale Inszenierung ohne Triftigkeit erhielt die Regie verdientermaßen Ablehnung und Buh-Rufe, doch auch musikalisch und sängerisch war die gestrige Holländer-Premiere nicht zufriedenstellend.

Dienstag, 29. November 2022

Glückwunsch an Dr. Kehrmann

Wer aus dem Umfeld des Badischen Staatstheaters in die Verleihung des Deutschen Theaterpreises 2022 geschaut hat, der wird es mitten in der Sendung bemerkt haben. Da stand plötzlich der frühere Karlsruher Operndramaturg Dr. Boris Kehrmann auf der Bühne, auf der er zusammen mit Walter Sutcliffe, dem Intendanten der Oper Halle, den FAUST-Perspektivpreis für die Produktion der 1901 an der Semperoper Dresden uraufgeführten und dann in Deutschland über ein Jahrhundert in Vergessenheit geratenen Oper Manru des polnischen Komponisten, Klaviervirtuosen und Politikers Ignacy Jan Paderewski entgegennahm. Zu der Ausgrabung dieser Oper schrieb Dr. Kehrmann nicht nur ein sorgfältig recherchiertes Programmheft, sondern organisierte auch ein Rahmenprogramm und ein Symposion. Herzlichen Glückwunsch nach Halle!

Dienstag, 22. November 2022

3. Symphoniekonzert, 21.11.2022

Musik, die 1761, 1800 und 2004 uraufgeführt wurde, stand im Mittelpunkt des 3. Symphoniekonzerts, darunter zwei Frühwerke und drei eher seltener zu hörende Stücke.

Sonntag, 20. November 2022

Giselle (Ballett), 19.11.2022

Irgendwie Giselle
Mit dem Ballett Giselle und in drei Wochen dem Fliegenden Holländer in der Oper zeigt das Badische Staatstheater in diesem Winter kernromantisches Repertoire um Schuld, Tod und übersinnliche Phänomene. David Dawson choreographierte diese Giselle 2008 für das Ballett der Semperoper in Dresden, 2014 ließ Bridget Breiner als damalige Ballettdirektorin des Theater im Revier Dawsons Giselle in Gelsenkirchen einstudieren und tanzte auch noch selber die Titelfigur. Gestern war nun die Karlsruher Premiere, die mit viel Applaus für die Tänzer belohnt wurde, doch die Freude war getrübt. Die enttäuschende Produktion interpretiert die Handlung reduziert und abstrahiert jenseits der romantischen Schauergeschichte und wirkt zwar irgendwie wie Giselle, aber mit wenig dramatischer und atmosphärischer Überzeugungskraft.

Sonntag, 6. November 2022

Brecht - Das Leben des Galilei, 05.11.2022

Gelungene Fassadenkunst
Das Leben des Galilei wird Abiturthema und deshalb fand die Wissenschaftlerparabel ihren Weg ins Karlsruher Schauspielprogramm. Brechts Schullektürenklassiker handelt von der Verantwortung des Wissenschaftlers, von privater Opposition und öffentlicher Zurückhaltung in Zeiten der Unterdrückung, konkret erzählt am Beispiel des Galileo Galilei (*1564 1642), der 1633 als alter Mann mehrere Wochen in Haft kam, mehrfach verhört wurde und unter Androhung von Folter durch die Inquisition seine Forschungsergebnisse zur kopernikanischen Lehre widerrief. Die lebenslange Haft wandelte der Papst in Hausarrest um, dem Galilei bis an sein Lebensende unterlag. 
Die neue Inszenierung des Karlsruher Schauspiels hat die Zielgruppe fest im Blick, man versucht, den Anreiz, aufs Smartphone zu schauen, möglichst gering zu halten. Der Regisseur kümmert sich nicht um Brechts gediegene Rhetorik, seine geschliffenen Dialoge oder eine tiefere Bedeutung des Stücks. Er kürzt vielmehr den Text auf zwei pausenlose Stunden, reduziert Konflikte und lockert ihn stattdessen mit Klamauk und viel musikalischer Untermalung zu einen kurzweiligen Schaustück auf, das an eine Commedia dell' arte mit holzschnittartigen Charakteren erinnert. Was sonst oft schief geht, funktioniert hier gut: der Text wird zwar entkernt, gehaltvolle Konflikte ins Zweidimensionale reduziert oder ganz gestrichen und jegliche über sich hinausweisenden Zeitbezüge vermieden, die übrig gebliebene Fassade wird dabei allerdings unterhaltsam aufbereitet, die Premiere wurde durch die Spielfreude aller beteiligten Schauspieler zum Erfolg geführt. 

Sonntag, 30. Oktober 2022

Tschechow - Iwanow, 29.10.2022

Reizloser Anti-Tschechow
Gestern startete umbaubedingt verspätet die Schauspielsaison. Das ehemalige Foyer mit Kassenbereich sowie Garderobe und früherer Vorraum und Treppe des Kleinen Hauses sowie der Gastronomiebereich sind abgerissen, das Kleine Haus ist nur noch über einen Sonderzugang betretbar, der die Zuschauer über die Bühne zu den Sitzen führt. Das war aber auch schon der interessanteste  Aspekt am gestrigen Premierenabend, denn Schauspieldirektorin Anna Bergmann konnte als Regisseurin nicht nur nicht an vergangenes Niveau anknüpfen, ihre Inszenierung von Tschechows selten gespieltem frühen Theaterstück Iwanow landet schnell in einer engen Sackgasse. Wer sich auf Tschechow freut, sollte seine Erwartungshaltung nach unten korrigieren, die Regisseurin verändert Konstellationen und Text und sucht unbeholfen nach einem neuen Ansatz. Sie  montiert ihre Verfremdungen zu einem wenig gelungenen Pseudo-Drama, das Unglück behauptet ohne dramatisch zu sein. Tschechow ist der große Meister der Vermenschlichung, Bergmann hingegen entmenschlicht viele Figuren und läßt sie die ersten zwei Akte als kalauernde Hampelmänner*innen agieren. Wo Tschechow ein farbiges Beziehungsgeflecht webt, entwertet Bergmann die Geschichte zu einer monotonen Düsterkeit. Insbesondere Tschechows Komik und Tonfall gehen verloren, fehlender Sinn für Humor ist seit Jahren das große Defizit der Regisseurin. Dazu hat man mit Sarah Sandeh noch eine Schauspielerin, die der in dieser Inszenierung weiblichen Titelfigur weder ein Gesicht noch Erinnerungswert verleihen kann. Kurz: enttäuschende Stunden, die man sinnvoller verbringen kann als mit diesem öden Iwanow.

Donnerstag, 27. Oktober 2022

Ein Sturm im Wasserglas(?)

Ein wenig amüsiert kann man aktuell die Beißreflexe beobachten, die der designierte Intendant Christian Firmbach anscheinend damit auslöste, über einen neuen Generalmusikdirektor ab 2024 nachzudenken. Das Orchester bestimmt selber, wer es leitet, inzwischen sollen sich 85% der Musiker für eine Verlängerung von GMD Georg Fritzsch über 2024 hinaus ausgesprochen haben. Gut so. Thema erledigt. Mit einer klaren Kommunikation sollte man das Mißverständnis zwischen Orchester und neuem Intendanten schnell aus der Welt schaffen können. Wieso wurde es nun publik? 

Dienstag, 25. Oktober 2022

2. Symphoniekonzert, 24.10.2022

Spannende Künstler, imposante Werke, schon im Vorfeld konnte man mit Vorfreude dieses Konzert erwarten, das das Glücksversprechen einlöste.

Dienstag, 20. September 2022

1. Symphoniekonzert, 19.09.2022

Pfade in die Natur und Wege ins Paradies
Gustav Mahler (*1860 †1911) und Jean Sibelius (*1865 †1957) waren Zeitgenossen, 1907 lernten sich beide anläßlich einer Konzertreise Mahlers nach Finnland kennen. Mahler starb zu früh, Sibelius verstummte zu früh und komponierte die letzten 25 Jahre seines Lebens kein weiteres Stück. Gestern erklangen zwei Werke, die im Abstand weniger Jahre entstanden, und ganz unterschiedliche Wege begehen: Sibelius' Violinkonzert (UA1904) und Mahlers 4. Symphonie (UA 1901).

Donnerstag, 1. September 2022

Vorschau auf die Spielzeit 2022/2023

In Jahren der Entwöhnung
Die Medien berichteten Ende Juli über eine Statistik, die der Deutsche Bühnenverein mit Hilfe von 427 Theatern in den drei großen deutschsprachigen Ländern erstellt hatte. Im Vergleich zur letzten Saison vor Corona und Virusepidemie (2018/19) sei in der Folge die Anzahl der Aufführungen um 70% (auf 22700) und die der Zuschauer um 86% (auf 2,54 Millionen) gesunken. Die Rückkehr des Publikums in der warmen Jahreszeit scheint ebenfalls verhalten, es blieb deutlich leerer als zuvor. Und die schwierigen Zeiten sind noch lange nicht vorbei. Der kommende Winter kann neue Infektionswellen bringen, Energiekrise, horrende Inflation und Politikversagen bringen weitere Komplikationen. Doch selbst dann, wenn nun Virus, Krise und Krieg überwunden wären, hätte das Programm der kommenden Spielzeit am Badischen Staatstheater wenig jauchzende Vorfreude ausgelöst. So verdienstvoll der Einsatz von Ulrich Peters als Interimsintendant zur internen Befriedung auch ist, es benötigt gegenüber dem Publikum mehr Engagement, insbesondere neue Ansätze und neue Gesichter in den beiden großen Sparten Oper und Schauspiel. Doch diese wird es wohl frühestens 2024 mit der neuen Intendanz von Christian Firmbach geben, und wenn man dem designierten Intendanten etwas ans Herzen legen wollte, dann viele neue Gesichter und Ideen sowie unbedingt eine Abwendung vom Klienteltheater und eine Entkrampfung und Entideologisierung durch Rückkehr zum Qualitätsprinzip ohne erhobenen Zeigefinger. Zeitgleich zur äußeren Krise befindet man sich am Karlsruher Staatstheater in einer Übergangszeit und im Umbau, immerhin die innere Krise scheint überwunden, doch noch immer sieht man Personal, das einen unguten Beigeschmack auslöst und an das dunkle Jahrzehnt erinnert. Es gibt zu viele Faktoren, die aktuell nicht gerade enthusiasmusfördernd sind. Es werden nicht wenige sein, die für die kommenden zwei Jahre einen Übergang der Hemmungen und Stockungen erwarten und weitere verlorene bzw. vertane Jahre befürchten. Die Frage wird sein, ob man der Grauheit dieser Stimmung auf der Bühne Paroli bieten kann, also zur quasi klassischen Aufgabe der Bühne erfolgreich zurückkehren wird.

Montag, 15. August 2022

Nachwehen: Der letzte Generalintendant und das Versagen der Kulturpolitik

Journalist Andreas Jüttner von den BNN (mehr hier) hielt sich lange Jahre mit Kritik am Badischen Staatstheater und dessen damaligen Generalintendanten zurück.  2020 berichtete er dann über den Abgang des beliebten Dramaturgen Dr. Boris Kehrmann (mehr hier) und deren Ursache und brachte in respektabler journalistischer Weise den Stein ins Rollen (mehr hier), der zur Neuaufstellung des Badischen Staatstheaters führte. Das Thema und insbesondere die Verstrickungen der Kulturpolitik lassen Jüttner zum Glück keine Ruhe. Nach Folgeartikeln in den BNN hat der Journalist nun auch für das Theaterportal Nachtkritik einen Artikel darüber verfaßt, wie sich eine gescheiterte Kulturpolitik aus der Affäre herauszuwinden sucht. Der Artikel findet sich hier: https://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=21301:karlsruhe-wie-sich-die-kulturpolitik-aus-der-causa-spuhler-am-badischen-staatstheater-herauszuwinden-sucht&catid=101&Itemid=84

Freitag, 29. Juli 2022

Zur Opernvielfalt bei Christian Firmbach

Christian Firmbach, der designierte Intendant des Badischen  Staatstheaters ab 2024, ist seit 2014 in Oldenburg als Generalintendant mit Schwerpunkt Oper tätig. Ein Blick auf die dortige Programmauswahl nötigt Respekt ab. Einen Ring des Nibelungen hat man auch in Oldenburg (und zwar zum ersten Mal!) gestemmt (Matthias Wohlbrecht sang als Gast den Mime) und vor allem konnte man dort in der Oper in den vergangenen Jahren sehr schöne Raritäten entdecken. Auf dem youtube-Kanal des Oldenburgischen Staatstheaters sind einige Vorschauen verfügbar (und zwar hier)

Es gab also in den vergangenen Jahren in Oldenburg spannende Ausgrabungen, bspw.
Rameaus Les Boréades in deutscher Erstinszenierung (mehr hier) und Les Paladins (mehr hier)
Cristina, regina di Svezia von Jacopo Foroni (mehr hier)
Hasses Siroe (mehr hier)
Boildieus La Dame Blanche (mehr hier)

Aber auch Opern des 20. Jahrhunderts wie
Jake Heggies Dead Man Walking (mehr hier)
Philip Glass' Satyagraha (mehr hier)
Weinbergs Der Idiot (mehr hier)

Die Vorfreude wächst, Firmbach bringt den erforderlichen Mut mit, die Oper wieder breiter aufzustellen.

Donnerstag, 28. Juli 2022

Neuer Intendant ab der Spielzeit 2024/25 gewählt

Allem Anfang liegt eine Zauber inne, denn er gibt Anlaß zur Hoffnung
Der Verwaltungsrat des Badischen Staatstheaters hatte im Frühjahr bereits angekündigt, nach der Sommerpause den neuen Intendanten zu wählen. Anscheinend hatte die eingesetzte Findungskommission schnell zwei potentielle Kandidaten in der engeren Auswahl und der Verwaltungsrat stand vor der Entscheidung, ob die Suche im Sommer noch ausgeweitet werden soll. Doch offensichtlich ist man nicht nur mit dem Konzept des kommenden Intendanten zufrieden gewesen, sondern wollte auch frühzeitig Nägel mit Köpfen machen. Der Verwaltungsrat setzt mit seiner vorgezogenen Entscheidung ein Zeichen für den Neustart. Neuer Intendant wird ....

Dienstag, 19. Juli 2022

8. Symphoniekonzert, 18.07.2022

Virusbedingt bekam Justin Brown 2020 nicht den Abschied, den er verdient. Nun kehrte er für ein letztes Symphoniekonzert als Dirigent und Pianist zurück, im Frühjahr 2023 wird er noch Alban Bergs Wozzeck dirigieren, der 2020 nach Beginn der Epidemie verschoben wurde, als der Spielbetrieb zum ersten Mal zum Erliegen kam. Seinen Abschied als Konzertdirigent meisterte Brown wie gewohnt mit Klasse und Souveränität.

Donnerstag, 14. Juli 2022

Verdi - Aida, 13.07.2022

Aida ist zu einem schönen Erfolg für das Badische Staatstheater geworden, musikalisch mitreißend, sängerisch dramatisch zugespitzt, dazu ein hoher Spektakelwert durch Orchester und Chor - alle Vorstellungen waren quasi ausverkauft. Und die gestrige Vorstellung gewann sogar noch an Rasanz hinzu.

Donnerstag, 30. Juni 2022

Verdi - Aida, 30.06.2022

Aida zieht Publikum an, die beiden bisherigen Vorstellungen waren bis auf wenige Plätze ausverkauft, und das trotz Sommer, Sonne und über 30°C. Die zweite Aida litt unter der Corona-Epidemie, die den Chor deutlich dezimierte, und profitierte von einem im Vergleich zur Premiere homogeneren Sänger-Ensemble.