Sonntag, 15. Januar 2023

Mac - Hir, 12.01.2023

Cross Dressing Clown_innen im Gendergedöns
oder 
Deutsche Klamauksoße über amerikanischem Sprachwitz
Schade! Endlich mal wieder eine spannende und vielversprechende deutsche Erstaufführung im Karlsruher Schauspiel, aber ihre Vielschichtigkeit wird nicht ausgereizt. Hätte man sich doch enger an den Text gehalten, mehr Mühe in die Lücken und vor allem mehr in die Übersetzung investiert - sie trifft oft nicht das Wort und die Inszenierung findet nicht den richtigen Ton. Was beim Lesen im englischen Original ein tragikomisches Vergnügen ist, bei der sich hinter zugespitzten Dialogen Abgründe eröffnen, wird in der Karlsruher Bühnenfassung durch Abänderungen und Ergänzungen des Textes an manchen Stellen zu einer Überkleisterung mit Klamauksoße. Etwas mehr Raffinesse und Subtilität hätten diesem Drama über ideologischen Realitätsverlust und Orientierungslosigkeit gut getan. Und auch die Schauspieler finden deshalb nicht den rundum überzeugenden Weg durch dieses Drama.

Worum geht es?
Als der 24jährige Isaac nach drei Jahren mit einer posttraumatischen Belastungsstörung und als Soldat wegen Drogenkonsums unehrenhaft entlassen aus einem Kriegseinsatz zurückkehrt, kommt er vom Regen in die Traufe. Das Elternhaus ist heruntergekommen und verdreckt, die Bewohner sind von der Realität abgeschnitten. Der nach einem Schlaganfall wehrlose Vater Arnold wird von seiner Frau Paige gedemütigt und gequält, die zusätzlich auf die ihnen zustehende finanzielle Unterstützung verzichtet und in finanziellen Nöten ist. Isaacs 17jährige Schwester Maxine geht nicht mehr zur Schule und hat ohne ärztliche Beratung entschieden, Hormone zu schlucken, um nicht mehr Frau sein zu müssen. Das zweiaktige, an einem Tag spielende Stück zeigt, wie Isaac erfolglos versucht, in einem Zuhause an- und Hilfe zu bekommen und gegen die äußerliche und innere Verwahrlosung anzukämpfen. Das Zusammenleben ist durch den Realitätsverlust und die Gefühlskälte der Mutter geprägt, doch die Realität frißt sich bereits durch ihre zu Alibizwecken behauptete ideologische Schutzhülle. Der putzende, aufräumende Sohn stellt die Welt wieder her, in der sie nicht mehr leben will. Als Isaac ihr Kartenhaus zum Wanken bringt, verstößt sie ihn mit einer haßerfüllten Botschaft: "Ich würde dir ja sagen, daß du dich hier umbringen sollst, aber ich will die Sauerei nicht aufwischen. (I would tell you to kill yourself  here but I don't want to clean the mess)". 

Was ist zu beachten?
Taylor Macs Hir (UA 2014 in San Francisco) steht in der Tradition des amerikanischen Familiendramas (wie z.B. Eugen O'Neills Eines langen Tages Reise in die Nacht  oder Tracy Letts' Osage County, die in der Ära Knut Weber in Karlsruhe zu sehen waren). Hir handelt von einer dysfunktionalen Familie im Arbeitermilieu, bei der die  Figuren pathologisch sind: Der Familienvater ist seit einem schweren Schlaganfall pflegebedürftig, der aus dem Krieg zurückkommende Sohn leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung und seine Schwester unter einer Geschlechtsidentitätsstörung. Hir handelt aber auch von Selbstbestimmung und der damit verbundenen Hürde der Selbstbehauptung: Die Mutter scheiterte an ihrer Feigheit, ein eigenes Leben zu führen, sie blieb bei ihrem gewalttätigen, fremdgehenden Ehemann. Die jugendliche Tochter hingegen ist isoliert und ohne Freunde und versucht Selbstbestimmung mit Gewalt gegen sich selber zu erreichen, indem sie ohne ärztliche Hilfe Hormone schluckt, um äußerlich einem Mann zu ähneln. Der Sohn kam mit der brutalen Gewalt seines Berufs nicht zurecht und nahm Drogen. Und der Vater war vor seinem Schlaganfall charakterlich dominant mit gewalttätiger Tendenz, doch sieht man ihn nur als Opfer, das den Demütigungen und Übergriffen seiner Frau ausgesetzt ist. Es gibt bekanntlich kein richtiges Leben im falschen, und Hir zeigt Szenen aus vier beschädigten Leben, und zwar als Charakter- und Familiendrama, nicht als Gesellschaftsdrama. Die Konflikte kommen nicht von außen, sondern von innen, sie sind nicht mit Dritten, sondern mit sich und den Allernächsten auszufechten - und daran scheitern die Figuren grundlegend. Autor Taylor Mac gönnt seinen Figuren weder Erfolg noch Erkenntnis, weder hinterfragen sie sich noch werden sie hinterfragt. Stattdessen verteidigen und verstecken sie sich, verharren und kommen nicht voran. Das ist auch angesichts der wenigen Handlung dramaturgisch ein wenig ambitionslos und fordert die Regie umso stärker, die fehlenden Worte zu inszenieren. Dies gelingt in Karlsruhe suboptimal. Das Stück erhält eine weitere zeitbezogene Perspektive durch die Entlarvung der Identitätspolitik, die Diskriminierung lediglich verschiebt und die Existenz anderer delegitimiert, und der Gängelung durch politisch korrektes Wunschdenken setzt der Autor eine Transperson entgegen, die nicht überzeugend ist und deren Entscheidung, das Geschlecht zu ändern, nicht überzeugt, sondern eher unreifebedingt erscheint. In der verkrampften Debatte über Transsexualität bei Minderjährigen liefert dieses Stück ebenso eine skeptische Sicht auf zu viel Gleichgültigkeit und Nichteinmischung wie auf gendertheologische Heilsbotschaften, die die verbitterte Mutter als Alibibehauptungen verkündet.

Absurder Realismus? 

Autor Taylor Mac bezeichnete sein Familiendrama als absurder Realismus und erklärte den Begriff an einem Beispiel: das Tragen einer Sonnenbrille in der Wohnung, da man die kaputten Jalousien nicht repariert. In Hir zeigt er eine Familie ohne Wärme und Fürsorge. Der Sohn kommt aus dem Krieg, aber niemand interessiert sich für seinen Zustand: er wird weder abgeholt noch willkommen geheißen. Maxine ist ein unreifer Teenager und scheint nur deswegen eine Transperson werden zu wollen, weil sie sich zu Homosexuellen hingezogen fühlt (- eine Konstellation mit beträchtlicher Komik, die das Stück allerdings nicht ausführt). Ihr Trans-Sein scheint eine Fehldiagnose, doch niemand hinterfragt, ob sie Hormone braucht oder eine psychologische Beratung. Sie wird mit ihrer Entscheidung allein gelassen. Die Mutter quält und demütigt ihren wehrlosen Mann, als Alibi für ihren Sadismus wählt sie eine bekannte faschistische Taktik: sie quält nicht den Menschen, sondern bestraft das abstrakte Patriarchat (das als Begriff in der Nachfolge des Finanzjudentums steht). Wegen ihrer Niederträchtigkeit wird sie allerdings weder von Sohn noch Tochter konsequent zur Rede gestellt. Der Vater als ehemaliger Tyrann hat eine Frau, die ihm charakterlich in nichts nachsteht.
Der Titel Hir bezieht sich auf das künstliche Pronomen, mit dem sich die Nicht-mehr-Tochter bezeichnen lassen will: aus dem englischen he/him und she/her wird ze/hir. Doch mit sprachlichem Unsinn lösen sich keine Probleme und obwohl Autor Taylor Mac selber Travestiedarsteller ist, zeichnet er ein ernüchterndes Bild seiner Figur, die, wie auch ihre Mutter, in einer Künstlichkeit und Phantasiewelt lebt, von der man weiß, daß sie bruchlanden wird. Am Ende, nach dem Abgang Isaacs, sitzen die verbleibenden Familienmitglieder auf dem Sofa: verzweifelt, deprimiert, ratlos. Das symbolische Gendergedöns erweist sich sinnfällig als sinnlos bei der Konfliktlösung.

Abschweifung: Wahrheit als Kränkung
oder
Die Künstlichkeit der Ideologien und ihrer Safe Spaces
Kaum einer versteht, wieso sexuelle Minderheiten dermaßen präsent sind. Es gibt mehr Analphabeten, Seh- und Hörgeschädigte oder allgemein Menschen mit Behinderungen und Verkrüppelungen als solche, die bspw. Probleme mit ihrer Geschlechtszugehörigkeit haben. Doch fordert niemand aus Gründen der Gleichberechtigung eine ständige Überprüfung von Aussagen und Entscheidungen in Hinsicht auf Kompatibilität mit diesen Menschen, geschweige denn eine sprachliche Neuausrichtung. Tatsächlich scheinen sich sexuelle Minderheiten hingegen gut ideologisch instrumentalisieren zu lassen. Das große Thema Selbstbestimmung wird medial an einer unbedeutenden Minderheit moralpopulistisch ausgelebt, statt es zum großen gesellschaftlichen Thema zu machen. Denn wenn tatsächlich Geschlecht nur ein soziales Konstrukt wäre, dann gilt das noch viel mehr für Name, Herkunft und Verwandtschaft, Geburtsdatum und Alter. Überall gibt es soziale Konstrukte, die das Ich vieler einschränken und beliebig wählbar sein könnten, manche sind schlicht ideologische Seifenblasen. 

Die Gender-Theologie beruht u.a. auf einem spiritualistischen Geschlecht-Geist-Glauben, bei dem nicht Natur und Biologie das Geschlecht objektiv definieren, sondern das subjektive Empfinden des Individuums, und wer öffentlich daran zweifelt, daß bspw. ein Mann dadurch zur Frau wird, weil es seine Gefühle ihm sagen, wird oft mit üblen Unterstellungen beschimpft, die viel mehr über die faschistoide Haltung des transphilen Glaubens verraten als über eine unterstellte Transphobie der wissenschaftlichen Fakten. Die Regenbogenflagge, einst Zeichen für den Kampf um die Gleichberechtigung sexueller Minderheiten, ist inzwischen instrumentalisiert und abschreckendes Symbol für Cancel Culture, Unterdrückung, Intoleranz und den Haß auf Andersdenkende. Viele Feministinnen und Autorinnen können dem Modethema des gefühlten, von der Anatomie unabhängigen Geschlechts nicht viel abgewinnen und veröffentlichten Bücher dazu, bspw. Alice Schwarzer ("Transsexualität"), Eva Engelken ("Trans*innen? Nein, danke!"), Kathleen Stock ("Material Girls") Sara Rukaj ("Die Antiquiertheit der Frau") oder Helen Joyce ("Trans: When Ideology Meets Reality"), und wurden daraufhin in gewissen lautstarken Milieus diffamiert, um Diskussionen zu unterdrücken.

Aber die Gender-Theologie hat auch ihre Komik: wenn die selbsterklärte Geschlechtsidentität wichtiger wird als das biologische Geschlecht, birgt das einiges zum Lachen. Wenn in deutschen Saunen Frauentag ist, und sich als Frau fühlende Männer dort und an anderen Stellen, die biologischen Frauen vorbehalten waren, Einlaß begehren, oder wenn die Frauenquote durch gefühlte Frauen erfüllt wird, kann das zu amüsanten Verwicklungen führen. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis diese Anmaßung auf den Bühnen und in Filmen als Komödie oder Drama verarbeitet wird. Für Männer, die zur gefühlten Frau werden, bieten sich viele Chancen, bspw. in Firmenvorständen, im Frauengefängnis, im Frauenhaus oder beim Frauensport. Für die Kunst öffnet sich ein weites Feld, die Lächerlichkeit dieses Geschlechterkonstrukts, bei der biologische Frauen marginalisiert werden, darzustellen. Der biologisch-soziale-sexuelle Widerstreit bleibt jenseits identitärer Phantasien eine Hauptquelle der Komik. Ob nun bspw. Alte, die unbedingt jung sein wollen, Dicke, die körperbetonte enge Kleidung tragen, Proleten, die sich wichtigtuerisch in Szene setzen, Biedermänner, die sich cool geben wollen, und andere Personen, die sich in ihren Zustand einfach nur fühlen wollen und in eine Rolle schlüpfen - sie alle wirken in der Regel komisch und/oder erregen Mitleid. Transpersonen scheinen deshalb per se die Träger eines unglücklichen Bewußtseins, das sich stets in der Verkleidung, Verstellung oder mittels schwerwiegender medizinischer Eingriffe ausdrückt. Das Künstliche ihrer Existenz, die nur unter gewissen zivilisatorischen Bedingungen gedeiht, wird leider auch als Unnatürlichkeit und Abartigkeit fehlinterpretiert, und ist die Ursache der Transphobie.

Jeder öffentliche Raum ist politisch, sichere Räume ("safe spaces") kann es nur an unpolitischen Orten geben, die entweder isoliert oder künstlich verzerrt sind oder totalitär erzwungen alles ausschließen, was über den Antagonismus aufklären kann. Letztendlich ist es die politische Anmaßung, sich diktatorisch über diese Gegensätze zu stellen und eine Minderheiten-Agenda zu verfolgen, die das unglückliche Bewußtsein einer neuen Lächerlichkeit preisgibt, die nicht transphob ist, aber wie jeder Humor das Lachhafte von Gegensätzen aufdeckt. Denn das subjektive Gefühlte läßt sich nicht vom objektiv Gegebenen entkoppeln und auch wenn es manche nicht lesen wollen: biologisch gibt es nur zwei Geschlechter. Naturwissenschaften beruhen auf Fakten und lassen sich nicht durch quasireligiöse Dogmen bestreiten. 

Was ist zu sehen (1)?
Die Übersetzung ist diskutabel, wo sie nicht auf den Punkt kommt, versucht man sich in umständlichen  Umschreibungen und Ergänzungen und flüchtet sich ins Plakative und verliert an Komik und Poiniertheit. Als Isaac bspw. zum ersten mal Max(ine) sieht, lautet die Regieanweisung: "he pukes" - "er kotzt". Auch zuvor, als seine Mutter den Mixer bedient, bringt ihn das Geräusch dazu, sich übergeben zu müssen - ein Stress-Symptom der posttraumatischen Belastungsstörung. In der Karlsruher Übersetzung wird er hingegen jeweils für wenige Sekunden ohnmächtig. Er fällt um. Die Benutzung des Mixers wird plakativ durch Lichteffekte detailliert. Der Effekt des Originals ist anschaulich, der der Inszenierung befremdlich und nicht auf den Punkt. Der Vater bspw. trägt im Original zu Beginn ein Frauennachthemd und eine Clownsperücke, die Inszenierung packt ihn in ein Cocktailkleid mit Stöckelschuhen und Hochsteckfrisur. Statt verwahrlost und gedemütigt wird er zur Schaufensterpuppe, die auch sonst mehrfach im Bühnenbild vorzufinden ist, ohne als Dramen-Metapher wirklich sinnvoll zu sein. Isaac ist kein Soldat mehr, steckt aber plakativerweise immer noch in einer Uniform fest. Diese und weitere Umstellungen treffen nicht den Punkt. Durch solche Ungenauigkeiten verbessert man nicht den Text, sondern verliert Schärfe. Der Regisseur hat beim ersten Durchlesen an die 1990er Sitcom Eine schrecklich nette Familie über den Schuhverkäufer Al Bundy gedacht und Bühne und Kostüme daran orientiert, doch auch das ist keine ergiebige Grundlage, die das Stück weiterbringt. Es sind viele, unbedeutend erscheinende Ungereimtheiten, die letztendliche die Form in Schieflage bringen. Eine deutsche Erstaufführung hätte mehr aus diesem Text machen müssen.

Was ist zu sehen (2)?
Die beiden Publikumslieblinge Lisa Schlegel und Gunnar Schmidt spielen das Ehepaar Paige und Arnold mit gewohnt starken Momenten. Schlegel hat viel Text und dreht auf, doch ihrer Figur fehlt eine Dimension, sie spielt Paige mit einer Stärke, die diese Figur gerade nicht hat, denn sonst wäre sie nicht über 20 Jahre bei Arnold geblieben. Arnolds Schlaganfall hat die Machtverhältnisse gedreht, doch die frühere Paige hätte erkennbar bleiben müssen, Schlegel betont zu einseitig die neue Paige. Auch ihr religiöses Festklammern an den Botschaften gendertheologischer Dogmen, die sie rechtfertigend ins Publikum doziert, wirkt zwar lächerlich (Paige spricht bspw. über Gender-Theologie wie Gläubige, die ihren religiösen Glauben beim Wort nehmen, gleichzeitig mockiert sie sich über fundamentale Christen), die unterliegende Verzweiflung, die sie dazu brachte, hätte stärker betont sein müssen. Schlegels Ansatz ist zu oberflächlich und beraubt die Figur ihrer Vorgeschichte.
Das Schlaganfallsopfer Arnold leidet an Sprachstörungen und Lähmungserscheinungen. Gunnar Schmidt hat kaum etwas zu sagen, er überzeugt durch Mimik und Gestik. Der unsympathische Arnold  wird bei ihm in gewisser Weise zum Sympathieträger des Stücks, und das nicht nur, weil er von seiner Frau und Tochter mißhandelt wird und der Autor des Stücks ihm auch sympathische Momente gibt, sondern weil es Schmidt gelingt, sowohl die Verlorenheit und Hilflosigkeit als auch den Humor der Figur zu vermitteln. Schmidt liefert die stärkste Figurendarstellung.
Als Isaac erlebt man mit Jannik Görger ein neues Ensemblemitglied, bei dem Statur und Auftreten unmittelbar überzeugen. Daß die posttraumatische Belastungsstörung etwas plakativ überzeichnet wirkt, scheint aber der Regie zuzuschreiben, nicht dem Schauspieler. Auch die Gewaltszene, die zur finalen Eskalation führt, ist überzogen (der vorangehende Streit um die Klimaanlage ist ein grandioser Einfall. Bravo!). Görger hat einen guten ersten Auftritt, der interessanter gewesen wäre, wenn die Regie das Stück nicht so oberflächlich und geringdimensional inszeniert hätte.
Gunnar Schmidt spielt ein Schlaganfallsopfer, obwohl er selber keinen Schlaganfall hatte, Jannik Görger spielt einen US-Soldaten mit Belastungsstörung, obwohl er selber nicht im Krieg war. Das ist die Essenz des Schauspielertums: man spielt etwas, was nicht ist. Hollywood-Star Tom Hanks bekam 1994 einen Oscar für seine Darstellung eines an Aids erkrankten Homosexuellen, obwohl er weder das eine hatte noch das andere war. Vor nicht allzu langer Zeit erklärte er, daß er die damalige Rolle nicht mehr spielen würde. Denn heutzutage würde eine kleine Minderheit ihn diffamieren und ihm als Heterosexuellen die Authentizität absprechen, die Rolle zu verkörpern. Für die Rolle der Maxine schlägt der Autor vor, eine Transperson zu nehmen; er fordert es aber nicht, wie es das Karlsruher Schauspiel fälschlicherweise behauptet. Für die Rolle der Maxine hat man mit Rumo Wehrli eine Schauspielerin engagiert, die als Mann lebt und ihrer Rolle "Authentizität" geben soll. Dies funktioniert nicht. Autor Taylor Mac verleiht der Figur der Maxine/Max jugendliche Unreife, im Familienverbund ist sie die textlich uninteressanteste Figur. Auch sie ist bemitleidenswert: keine Freunde, nur Internet-Bekanntschaften, keine Zukunftsperspektive - sie will weg, hat kein Talent, phantasiert sich eine Zukunft in einer "Kommune" zusammen  und steht auf homosexuelle Männer, die kaum Interesse an einer Frau finden dürften, die gerne ein Mann wäre. Aufgrund ihrer Unreife wirkt ihr Wunsch als Mann zu leben eher, als ob sie sich interessant machen wollte und eine psychologische Beratung nötiger hätte als Hormone. Wehrli hat also die undankbare Rolle, eine Figur zu spielen, deren Transbewußtsein nicht überzeugt. Doch wie dem auch sei: Max ist bei Wehrli als Figur komplett uninteressant, blaß und beliebig. Irgendwelche "Authentizität" ist nicht zu erkennen. Auch der Regisseur scheint sie im Stich gelassen zu haben, er findet keinen Zugang zu Max, ein Mensch im falschen Körper ist kein Thema. Wehrli wirkt fast wie eine Fehlbesetzung, zumindest enttäuscht sie,  ihre Figur hat keinen Erinnerungswert. Als Zuschauer erlebt man ein unfreiwilliges Plädoyer gegen Quotenregelungen.

Fazit: Immerhin, das Karlsruher Stück bringt ein genderkritisches Stück und liefert einen Beleg für die Unsinnigkeit von Quoten und identitätsideologischen Forderungen. Ansonsten bleibt man sich treu. eine durchwachsene Inszenierung, die unter ihren Möglichkeiten bleibt.

Besetzung und Team:
Paige Connor: Lisa Schlegel
Arnold Connor: Gunnar Schmidt
Isaac Connor: Jannik Görger
Maxine Connor: Rumo Wehrli

Regie & Bühne: Jakob Weiss
Kostüme: Elena Gaus