Sonntag, 12. Juli 2020

Patriarchendämmerung (6)

Dem Elend ein Ende 
Ein Intendant formt ein Theater, Peter Spuhler hat es verkrüppelt. Ein Skandal jagt den anderen, wann ist ein Generalintendant schon mal so krachend bruchgelandet? Die Intendanz ist überschattet von fragwürdigem Fehlverhalten, die scheidenden Operndramaturgen prangerten zusätzlich die bekannten künstlerischen Defizite durch den Intendanten an, es scheint Gemauschel bei der Besetzung mindestens eines zentralen Postens gegeben haben, alles jahrelang gedeckt durch fragwürdiges Verhalten von Kulturpolitikern, die nun von nichts wußten und nun ständig in Erklärungsnot behaupten, die Vorfälle und intendantischen Pleiten ernst zu nehmen und untersuchen zu wollen, und als Tiefpunkt verantwortet der Intendant einen leitenden Mitarbeiter des Jungen Staatstheaters, der offensichtlich seinen Posten dazu mißbrauchte, um teils minderjährigen jungen Männern plumpe sexuelle Avancen zu machen. Auch hier könnten noch böse Überraschungen ans Licht kommen: hätte der Intendant von dem Verhalten des  direkten Untergebenen wissen müssen, hätte er schon früher reagieren können oder hat er seine Kontrollpflicht vernachlässigt? Das Junge Staatstheater ist beschädigt, das Badische Staatstheater ist beschädigt - Ursache ist der Intendant. Unabhängig davon, welche Enthüllungen noch bevor stehen - der Ruf ist erst mal dahin, überregional berichtete die Presse von den Fehlverhalten und der Bitte um Verzeihung des Intendanten, der quasi eine ganze Belegschaft, immer mehr Politiker und viele Zuschauer gegen sich hat. Es gibt kein akzeptables Argument für den Verbleib von Peter Spuhler auf dem Posten des Generalintendanten und dieser könnte dem Badischen Staatstheater, seinen Mitarbeitern und Besuchern eine große Last nehmen, wenn er von sich aus ein Einsehen hat und den Anstand und die Größe zeigt, noch vor der Verwaltungsratssitzung auf seinen Posten zu verzichten und den Weg für einen Neustart freizumachen, unbelastet, basierend auf Teamgeist - ohne ihn. Wenn er sich durchmogeln und hinter dem Rücken der Ministerin verstecken will, um irgendwie die Kurve zu kriegen, werden weitere Eskalationen folgen und evtl. zu einer Schlammschlacht werden. Denn was nun das Badische Staatstheater in die Krise geführt hat, kommt nicht überraschend.
     
Das Déjà-vu des Psychoterrors
Noch immer stammt der meist gelesene einzelne Beitrag dieses Blogs aus dem Jahr 2015 (hier); schon damals ging es um Intendanten Spuhler. Geschrieben wurde der Text nach einem Kommentar von jemandem, der Spuhler aus seiner Zeit als Intendant in Heidelberg kannte. Diese Person schrieb damals (hier):

"Ich kenne Peter Spuhler aus seiner Heidelberger Zeit. Er "führte" seine Mitarbeiter (inkl. Spartenleitern) mit Methoden, die man nur als Psychoterror beschreiben kann. In Heidelberg war die Fluktuation gewaltig, mehre Mitarbeiter wurden aus psychischen Gründen krankgeschrieben. Dabei hielt Spuhler alle dazu an, maximale Energie auf Pressetermine, Werbemittel und Händelschütteln zu verwenden. Für inhaltliche Arbeit blieb da kaum noch Kraft, zumal Spuhler den einzelnen Mitarbeitern kaum Gestaltungsspielraum ließ und wirklich jedem ins Handwerk pfuschte.
Ich gehe davon aus, dass sich all das in Karlsruhe nicht grundlegend geändert hat. Erfreulich finde ich, dass Sie als Zuschauer die künstlerischen Defizite bemerken und benennen, die ganz eindeutig Folgen der "Überhitzung" des Betriebs und der schlechten Leitung sind. Ich hätte mir für Heidelberg gewünscht, dass Zuschauer und Presse ebenso sensibel für die produzierte heiße Luft gewesen wären. Ganz kurz blitzte gegen Ende der Heidelberger Spuhler-Zeit so etwas auf, als Christine Dössel Jurorin beim Heidelberger Stückmarkt war: http://blogs.sueddeutsche.de/gehtsnoch/2010/05/23/zum-heidelberger-stuckemarkt-warum-es-so-nicht-geht/
Den Kollegen in Karlsruhe wünsche ich viel Kraft und Solidarität innerhalb und außerhalb des Theaters.
"

"Das Badische Staatstheater ist spätestens jetzt eine bundesweit beachtete Bühne."
Dieses Zitat stammt von der Theaterseite Nachtkritik (hier) und wurde von Andreas Jüttner in den BNN (hier) mit Bedacht gewählt. Die Politik steht unter Druck, denn wer es noch nicht wußte, der kann es nun erfahren, daß man besser mal nicht ans Badische Staatstheater wechselt, mindestens solange nicht, wie Intendant Spuhler das Sagen hat und zumindest latent drohen kann, denn Netzwerke und Seilschaften bleiben bestehen. Allein schon deshalb, weil Peter Spuhler als sehr gut vernetzt gilt, müssen diese vernetzten Stränge in Karlsruhe gekappt werden. Denn man kann das Karlsruher Theater nur zu einem besseren Ort machen, wenn man einen Neuanfang wagt.

"Von Haltung und Verhalten"
Besser hätte man das Motto für die Spielzeit 2020/21 nicht wählen können. Daß es treffender "Von Haltungsschäden und Verhaltensdefiziten" heißen sollte, darauf wurde in diesem Blog schon im Mai hingewiesen. Die alte Regel, daß kein Intendant länger als 10 Jahre bleiben sollt, hat sich mal wieder als richtig bewiesen. Der Generalintendant schaffte sich Abhängigkeiten und Seilschaften, um seine Position stark zu halten. Es bilden sich Hierarchien und Machtstrukturen und als falsch konzipierte Abhängigkeiten und Zwang ist nun dieser Knoten unter Schmerzen zu zerschlagen.

Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Was bleibt von Peter Spuhler? Nach außen eloquent, nach oben bückend, nach innen autoritärer Patriarch, der nach unten tritt? Welche Ursachen hatte sein Fehlverhalten? Diese Frage wurde hier bereits gestellt und soll nun noch um einen Aspekt ergänzt werden: er tat, weil er konnte. Er schien sich als Sonnenkönig zu sehen, unantastbar, und wenn irgendwo ein Schatten aufziehen sollte, versteckt man sich hinter dem Rücken der befreundeten Stuttgarter Ministerin, die schon dafür sorgen wird, daß nichts passiert. Auch das Versagen der Politik ist eine weitere Ursache der Affäre. Wegschauen ist keine Option, die Quittung bekommen die Politiker allerdings nur, wenn man als Theaterfreund an der Urne die entsprechende Entscheidung fällt. Die Person Peter Spuhler ist ansonsten vom Intendanten Peter Spuhler zu trennen. Hier geht es nur um den Intendanten und der scheint einer Vielzahl von Leuten als Mr. Hyde in Erinnerung zu bleiben, dessen Dr. Jekyll eine Maske war (eine literarisch Anspielung von Musikjournalistin Sabine Weber, die hier über die Vorfälle berichtet). Daß es Dr. Jekyll tatsächlich gibt, daß er wirklich existiert, kann Peter Spuhler nur noch durch seinen freiwilligen Rückzug unter Beweis stellen. Ansonsten wird er als furchteinflößender Mr. Hyde in die Karlsruher Kulturgeschichte eingehen.

PS 12.07.2020: Die Musikjournalisten Sabine Weber berichtete auf Ihrem stets lesenswerten Blog Klassikfavori im Oktober 2019 von der Opera Europa Konferenz. Im Interview (als Audiodatei auf der Seite nachzuhören) sagt Peter Spuhler die heuchlerisch wirkenden Sätze:
  • "Die beste Prävention gegen Machtmißbrauch ist Machtbeteiligung. .... Aber erst mal ist eine gute Lösung Partizipation an der Macht, eine gerechtere Machtverteilung. Und ich glaube, da haben wir in Karlsruhe richtig Beispiel gesetzt."
Der ganze Bericht inkl. der Audiodateien befindet sich hier: https://klassikfavori.de/opera-europa-herbstkonferenz-ueber-die-zukunft-der-oper/#Peter-Spuhler

13 Kommentare:

  1. https://klassikfavori.de/opera-europa-herbstkonferenz-ueber-die-zukunft-der-oper/#Peter-Spuhler

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    1. Vielen lieben Dank für den Link. Auf Klassikfavori verweise ich auf dieser Seite (links: Externe Links), die Berichte der Musikjournalsitin Sabine Weber lese ich stets mit Gewinn. Den Link habe ich oben als Nachtrag eingearbeitet

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  2. Hr.Spuhler hat bei der Versammlung schon gesagt,daß er nicht
    zurücktreten kann,er hat ja schließlich Verantwortung.
    Er wird freiwillig nicht gehen,darauf braucht niemand
    zu warten.

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    1. Mal schauen, was passiert. Spuhlers Posten wird kastriert, Persoanlrat und Spartendirektoren bekommen mehr Entscheidungsbefugnis, der Intendant wird offiziell kleiner gemacht und quasi bestraft. Wer etwas auf sich hält, räumt seinen Stuhl. Was man vom Intendanten zu halten hat, wenn er um jeden Preis weitermachen will, kann jeder selber entscheiden ....

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  3. Weiß eigentlich jemand,warum Spuhler
    verlängert und dann erst BNN und Personalrat
    aus dem Quark kommen?
    Warum passierte das nicht VOR den Verlängerungsverhandlungen?
    Das ist doch echt seltsam,neuer Vertrag und plötzlich
    kommt das in die Öffentlichkeit.....
    Soll da durch Abfindung jemand der Abgang versüßt werden?
    Jetzt geht es wohl nicht mehr ohne ,egal,der
    Steuerzahler bekommt mal wieder die Rechnung.

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    1. Der ÖPR hat laut Eigenaussage regelmäßig die Verantwortlichen auf die Sachlage hingewiesen - gemäß LPVG ist aber i.d.R. zur Verschwiegenheit verpflichtet.
      Die BNN wiederum hat sowohl über die Causa Obermeier und die Personalfluktuation berichtet.
      Es hat nur niemanden wirklich interessiert. Jedenfalls niemand aus dem Verwaltungsrat.

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    2. Der Personalrat macht den Verwaltungsrat schon seit ca. 8 Jahren auf die Situation aufmerksam. Dies wurde aber von Fr. Bauer/Hr. Mentrup leider zugunsten Ihres Freundes Peter S. ignoriert. Die Probleme waren auch schon vor der Vertragsverlängerung bekannt. Leider ist die BNN auf die Problematik speziell nie eingegangen und erst jetzt durch die Aussagen durch die drei scheidenden Dramaturgen/innen wird das Ganze sehr spät in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Eine Abfindung wird es nicht geben, da der VR weiterhin an der kostengünstigsten und für sich bequemsten Variante Peter Spuhler festhalten wird. Sonst würde man a) der Öffentlichkeit ja einen Fehler eingestehen und b) eine Abfindung zahlen müssen und parallel dazu einen anderen GI.
      So weit wird es leider nicht kommen.

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    3. Spuhlers Verlängerung geschah aus Bequemlichkeit und Desinteresse, niemand will sich mit Ministerin Bauer anlegen. Schauen Sie hier in diesem Blog im Mai 2019 nach.

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    4. Es sei denn, es werden die Spartendirektoren aufgewertet zu Spartenintendanten und der Intendant eingespart - das ist sogar noch billiger auf Dauer, weil der Intendant weg ist, der seine Freunde mit Posten versorgt, die niemand braucht und die eigens für diesen Zweck geschaffen wurden.

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    5. Ist eigentlich die Anstellung von Ivica Fulir rechtens, wenn es keine Ausschreibung gab?

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    6. "Nullo actore nullus iudex".

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  4. Auf der privaten Facebook Seite von Peter Spuhler steht hat bei Staatstheater Karlsruhe gearbeitet. Zwar Schreibfehler, aber hoffentlich trifft dies bald zu!

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    1. Man darf ja mal hoffen und an das Gute im Menschen glauben :-)

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