Mittwoch, 8. Juli 2020

Patriarchendämmerung (4)

Intendant Spuhler bittet um Verzeihung
Elf lange Tage schwieg Peter Spuhler, am 27.06. veröffentlichten die BNN die ersten Vorwürfe, weitere Bestätigungen folgten bis zum 04.07., am 06.07. gingen Ministerin Bauer und OB Mentrup noch auf Gegenkurs, sprachen von einer Kampagne gegen den Intendanten und wollten die Anschuldigen erst "überprüfen und bewerten". Es schien, als ob die Situation eskalieren könnte, doch nun lenkte der Intendant ein und bekannte sich schuldig. Im Rahmen einer nicht öffentlichen Personalversammlung soll er sich betroffen von sich selbst gezeigt und die Belegschaft um Verzeihung gebeten haben. Weiterhin kündigte er Veränderungen an. Mit der Bitte um Verzeihung ist die erste Etappe der Patriarchendämmerung erreicht, Spuhler hat also das Symptom (sein inakzeptables Verhalten) eingestanden, nun geht es um die Aufarbeitung, denn Peter Spuhler ist dominanter Teil des Problems, doch wie kann er dann überhaupt Teil der Lösung sein?
   
Wie der SWR berichtet (hier): "Auch in der Karlsruher Kommunalpolitik sorgen die Vorwürfe für Aufsehen. Grüne, CDU und SPD fordern gegenüber dem SWR eine Aufklärung. Die SPD-Gemeinderätin und Mitglied des Verwaltungsrats des Staatstheaters, Elke Ernemann, brachte eine neue Führungsstruktur ins Spiel. Sie will weg von einem Intendanten hin zu mehreren, wie es mittlerweile in vielen größeren Theatern üblich sei. Die Vorwürfe gegen Peter Spuhler seien nicht neu, deshalb betrachte man die Angelegenheit kritisch, heißt es von den Karlsruher Grünen."

Das scheinen gute Nachrichten, doch kann man die Aussage der Kunstministerin Theresia Bauer "Es hilft nur eins: Klarheit und Transparenz herstellen. Ich bitte alle, die womöglich schlechte Erfahrungen gemacht haben, an einer konstruktiven Lösung mitzuarbeiten" auch anders deuten. Für sie dürfte "konstruktiv" bedeuten, daß sie ihre Vorstellungen umsetzen kann, also voraussichtlich unter einer Beteiligung von Peter Spuhler. Nur ist das Auftreten von Peter Spuhler auf der Personalversammlung noch lange nicht ausreichend.
 
Zur Schwere der Vorwürfe und dem Verlust der Glaubwürdigkeit

Die Verhaltensfamilie der Schikane und Repressalien umfaßt verschiedene Abkömmlinge: Drangsalierung und Diskriminierungen, Mobbing und Rassismus. Auf Augenhöhe sind sie von Antipathien, Unverträglichkeiten, Gleichgültigkeiten und privaten Gründen oft unmöglich zu unterscheiden, Vorwürfe erweisen sich leicht als Unterstellungen, es gilt die Unschuldsvermutung bis zum Gegenbeweis. Dennoch ist in Zeiten der "Politischen Korrektheit" der Pranger Wegbegleiter der medialen Diskussion geworden. Bei hierarchischen Verhältnissen ist die Ausgangslage allerdings anders, es gelten seltener Ausreden. Wer aus der Position der Macht von oben nach unten tritt, der gilt charakterlich wenig, sein Verhalten mag im Einzelfall persönlich bestimmt und sogar legitim sein, gilt aber spätestens im Wiederholungsfall als schikanös, diskriminierend, mobbend oder rassistisch. Sind Vergehen aus der Verhaltensfamilie der Schikane und der hierarchisch gehobenen Position Kavaliersdelikte, über die man irgendwie hinweg sehen kann? Darüber hat der Verwaltungsrat des Badischen Staatstheater zu befinden, denn um nichts anderes geht es bei den Protesten gegen den Generalintendanten.

Verantwortung übernehmen und Konsequenzen ziehen?
Was sind denn die Ursachen von Peter Spuhlers inakzeptablen Verhalten? Ist das sein authentischer Charakter? Dann ist man gut beraten, ihm keine Personalverantwortung zu überlassen. Oder ist das die Überverantwortung und der Streß in der Position als Generalintendant? Dann muß er von seinem Amt zurücktreten und eine personelle Umstrukturierung anstoßen. Nachdem es nun seit einigen Jahren folgenlose Kritik am Intendanten gab, darf man von seiner Veränderungsfähigkeit wohl nicht viel erwarten.

Vom Saulus zum Paulus?

Welche Konsequenzen zieht der Intendant also aus seinem übergriffigen Verhalten? Will er mit viel Kosmetik weitermachen? Nur wie glaubhaft ist sein notwendiger Wandel vom Saulus zum Paulus? Und wieso sollte man ihm glauben? Über Jahre wurden Mitarbeiter drangsaliert und verjagt und er zeigte nun erst ein vermeintliches Einsehen, als die Öffentlichkeit aufmerksam wurde und sein Posten in Frage gestellt wurde. "Sorry!" und nun ist alles wieder gut? Kommt man damit auch sonst im Leben durch, wenn mal all die Vorwürfe zu verantworten hat, die man gegen ihn anführt?  Solange der Intendant weitermachen will, als wäre fast nichts gewesen, wenn er sich hinter den Politikern verstecken will und lediglich ein paar kosmetische Übertünchungen sollen den Eindruck vermitteln, ein Problem sei gelöst worden und nun geht es weiter wie bisher, solange kein Umdenken erkennbar ist, wird es keine Ruhe geben können. Die Reputation des Badischen Staatstheaters leidet bereits, der Ruf des Intendanten wird sich kaum mehr erholen, wer will denn noch ans Badische Staatstheater wechseln? Wie will man in den nächsten Jahren vernünftige Personal- und Repertoire-Entscheidungen treffen?

Das falsche Modell, der falsche Intendant

Der Generalintendant hat einen militärischen Klang, General ganz oben, darunter Befehlskette und Gehorsam. Peter Spuhler mag seinen Posten sehr "old school," interpretiert haben, ein altmodischer Intendant, ein Führungsstil von anno dazumal, patriarchalisch von oben, offenkundig cholerisch, nachtragend und in der Grauzone zu Psychoterror. Manche kritische Besucher hatten in den vergangenen Jahren am Badischen Staatstheater den Eindruck, Zeuge von Heuchelei und Doppelmoral zu sein. Der Intendant wirkte auf diese Kritiker wie ein Oberlehrer und Moralprediger, der gerne den Zeigefinger hebt und mit ihm auf andere deutet. Nun ist er selber im Fokus und kann beweisen, daß er sein eigenes Verhalten reflektiert und durchschaut. Alle Lösung beginnt bei der glaubhaften persönlichen Konsequenz. Die Alternative ist, sich hinter dem Rücken von Ministerin Bauer zu verstecken und zu hoffen, daß er am 17.07. irgendwie möglichst ungeschoren aus der Affäre kommt. Doch dann könnte eine erneute Eskalation erst beginnen und die Kulturpolitiker sollten langsam die Nase voll haben, von dem Ärger und den Kosten, die der Intendant verursacht. Der Bogen ist überspannt, liebe Mitglieder des Verwaltungsrats!

Fazit: Wenn der Intendant Anstand zeigen will, braucht es mehr als eine Verzeihungsszene, sondern einen Rückzug, und zwar vor dem 17.Juli. Ihn künstlich im Amt zu halten ist Hohn und Spott gegen die vielen Mitarbeiter, die er jahrelang schikaniert und drangsaliert hat. Drohpotential und Karrierezerstörungsmacht des Intendanten bleiben bestehen, ein Verbleiben in seiner Position wäre eine Zumutung und ein Skandal!

7 Kommentare:

  1. Am 6.12.20 ist OB-Wahl in Karlsruhe. Herr Mentrup täte gut daran, seine Amnesie in Sachen GI Spuhler zu kurieren. Falls nämlich die CDU doch noch ein*e OB-Kandidat*in aufstellen wird, hätte er wenig Chancen auf eine 2. Amtszeit. Das Karlsruher Theaterpublikum vergisst nichts. Auch nicht, dass er sich nur sehr selten im Theater blicken lässt und ihm dieses wohl ziemlich gleichgültig ist. Vielleicht hat seine ahnungslose Nibelungentreue zum GI unter diesem Aspekt ein rasches Ende.

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  2. Viele haben das Gespräch mit Hr.Spuhler gesucht,auch
    der Personalrat - ist nicht so,daß niemand was versucht
    hat,er ist der Kapitän,er ist jetzt dran,
    ok,er hat es versemmelt und jetzt Tränchen?
    Lächerlich - alle verstoßen und jetzt
    heucheln,was eine (für Steuerzahler teure)
    Lachnummer... unfassbar,keine Eier,kein Arsch,kein
    Rückgrat,ein Aal im Wasser,tritt den Mitarbeitern in
    das Gesicht und macht jetzt auf Heulsuse
    Pfui pfui pfui,hoch gepokert,verloren und jetzt
    nicht dazu stehen,ekelhaft

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    1. Vielen Dank für Ihren Kommentar, der eine Empörung wiedergibt, die aktuell so oder ähnlich von nicht wenigen Mitarbeiter des Staatstheaters geteilt wird.

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  3. Per Definition ist ein Verwaltungsrat .. ein mit Kontroll- oder Lenkungsfunktion betrautes Organ .. einer Anstalt .. des öffentlichen Rechts..
    Blättert man nun im Spielzeitheft 2020/21 findet sich auf Seite 100 u.a. als beratendes Mitglied Herr Spuhler.
    Bedeutet dies, dass der GI die Mitglieder des Verwaltungsrats berät, wie er zu kontrollieren und zu lenken ist?
    Wäre dem so, berät er dann auch über die Höhe seiner Abfindung, falls die Mehrheit des Verwaltungsrates ihn als nicht mehr tragbar befinden sollte?
    In diesem Fall wäre eine angedeutete Demutshaltung und ein paar Tränchen auf einer Personalversammlung ein inakzeptabel niedriger Preis.

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    1. Ich bin mit den Statuten nicht vertraut. Aber die Mitglieder im Verwaltungsrat sind ja nicht immer Kulturexperten, daß der Intendant beratend und erläuternd dabei anwesend ist (ohne Stimmrecht), scheint nachvollziehbar.
      Mir hat mal jemand erzählt, daß der Intendant in einer kritischen Situation aufgestanden ist, Ministerin Bauer etwas ins Ohr geflüstert haben soll und sie dann entschieden hat, wahrscheinlich zu was ihr Berater geraten hatte :-) Aber das ist Hörensagen, doch auch wenn erfunden sein sollte, dann ist es doch so treffend und plausibel, daß es realistisch wirkt.

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  4. Tränen hin - Lippenbekenntnisse her: mit 55 Jahren wird aus einem Menschen mit soviel Narzißmus kein Teamplayer. Es geht nicht um einen Ausrutscher, es geht um Prinzipien.

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    1. Ich glaube, das ist jedem bewußt, nur manche Politiker werden es nicht offen eingestehen, sondern eine Farce spielen

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