Freitag, 17. Juli 2020

Patriarchendämmerung (11)

"Jedoch der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn."
Manch einer mag sich wünschen, daß Schillers Weisheiten bei Kulturpolitikern bekannter sein sollten. Als Intendant scheint Peter Spuhler inzwischen untragbar, doch hat er einen Vertrag bis 2026 und verdient bis dahin, wenn man den Gerüchten glauben kann, ca 1,3 Mio €, auf die er wahrscheinlich nicht freiwillig verzichten wollte. Wer sollte ihn denn auch sonst noch engagieren, nach dem, was nun im Juli alles ans Licht kam. Die Reputation ist dahin, eine Chance hätte darin bestehen können, wenn der Intendant auf den Posten verzichtet und sich von sich aus zurückgezogen hätte, er bspw. mittels eines Sabbaticals mit berufspsychologischer Fortbildung daran gearbeitet hätte, sich besser in den Griff zu bekommen, um dann geläutert und mit Demut eine neue Herausforderung zu suchen. Diesen schwereren Weg wollte der Intendant offensichtlich nicht gehen. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt's sich's ziemlich ungeniert. Die Fähigkeit, sich schämen zu können, ist rezessiv, man macht einfach weiter und zieht keine Konsequenzen. Und auch in Karlsruhe kann man dies nun beobachten. Niemand will den Intendanten noch auf diesem Posten, Mitarbeiter- und Zuschauerorganisation haben ihm das Vertrauen entzogen und sich gegen ihn ausgesprochen. Wer wollte nun noch an seinem Posten kleben, wer würde nicht den Eindruck haben, mit seinem Verbleiben mache man sich lächerlich? Die Kulturpolitiker des Verwaltungsrats haben es nicht geschafft, den Intendanten als peinliche Gestalt zu verhindern, den Schaden haben die Mitarbeiter und die Zuschauer, die sich mehrheitlich einen unbelasteten Neustart gewünscht haben dürften. Es heißt zwar Politik verderbe den Charakter, es gilt aber auch umgekehrt manche Charaktere verderben die Politik. Ministerin Bauer, OB Mentrup und der Verwaltungsrat haben heute und in den Jahren zuvor einiges dazu beigetragen, die Politik in Verruf zu bringen. Nun haben sie entschieden, daß Peter Spuhler weiterhin als Generalintendant bis 2026 viel Geld verdienen darf. Der Verwaltungsrat will aber "mit einem großen Maßnahmenangebot die Krise wieder in den Griff bekommen", berichtet die BNN (und zwar hier).

Der Intendant seines eigenen Schikane- und Kasperletheaters
Zum "großen Maßnahmenangebot" ist bisher nichts bekannt. Es wird am Badischen Staatstheater weiter brodeln, wenn der Intendant durch geeignete Kontrollmaßnahmen nicht klein gehalten wird.  Personal- und künstlerische Verantwortung müssen ihm genommen werden, was soll er denn noch leisten außer Sanierungsfragen? Er kann das Haus nicht mal mehr repräsentieren, sein Ruf ist unterirdisch schlecht. Wird sein Gehalt entsprechend gekürzt? Intendant Spuhler kann nur als lame duck geduldet werden. Ist er wirklich so verzweifelt, daß er diese Demütigung akzeptiert oder plant er den Gegenschlag? Darth Vader in Das Imperium schlägt zurück? Der Verwaltungsrat hat sich gegen das Theater, seine Mitarbeiter und Zuschauer und für Gemauschel und Seilschaften entschieden. Der politische Schaden ist immens. Es bleibt spannend, für Mitarbeiter und Personalrat beginnt nun ein neuer sechsjähriger Kleinkrieg gegen den Generalintendanten, der sich wahrscheinlich sein Schikane- und Kasperletheater zurückerobern will.

"Das Badische Staatstheater ist kein Ausbildungsbetrieb für Intendanten"
 Nachmittags nach der Verwaltungsratssitzung stellten sich Ministerin Bauer und OB Mentrup den Mitarbeitern des Badischen Staatstheaters zur Frage&Antwort-Runde. Erste Berichte liegen nun vor. In einem knapp einstündigen Gespräch soll es hoch her gegangen sein. 40 Minuten wurde hitzig diskutiert, wieso die Situation so eskalieren konnte und ob der Verwaltungsrat darüber ausreichend informiert war. Mentrup warf anscheinend den Mitarbeitern vor, daß sie nicht an einer fairen Diskussion interessiert seien, Bauer fand, daß die Mitarbeiter aggressiv und polemisch sind und sich doch bitte konstruktiv verhandeln sollen, was den Politikern den Vorwurf einbrachte, daß man die Mitarbeiter in die Pflicht nehmen will und konstruktive Mitarbeit anmahnt, obwohl die Ursache der Intendant ist. Man vermißte den offenen Appell der Politiker an den Intendanten, stattdessen scheint es, als sollten sich die Mitarbeiter zusammenreißen. Laut Politiker scheint alles nur ein Kommunikationsproblem gewesen zu sein. .....

Eine wichtige Wende leitete Schauspieldirektorin Anna Bergmann ein, die wohl als grundlegendes Problem identifizierte, daß zu viel Macht bei der Person des Generalintendanten liegt und dadurch der "Wahnsinns-Terror" zustande kam. Eine neue Struktur und Arbeitsatmosphäre muß her und Bergmann soll gegenüber den Politikern klar gestellt haben, daß die Mitarbeiter nicht weiter zur Verfügung, wenn es keinen Strukturwandel gibt. Die Rollen- und Kompetenzklärung soll schnell erfolgen, Bergmann soll weiterhin gefordert haben, daß Spuhler sich bei allen persönlich zu entschuldigen habe. Doch obwohl das Vertrauen so stark zerstört ist, daß man sich trennen müßte, sollte man dem Intendanten eine Frist einräumen.
Kritisch wurde eingewendet, daß Spuhler die 5 Jahre Bewährung seit 2015 nicht nutzen können, viel Applaus gab es für die Aussage, daß der Neustart mit Peter Spuhler nicht gelingen kann.

Die Politiker sollen nichts zu Konsequenzen gesagt haben, die Peter Spuhler zu tragen habe. Sie kündigten regelmäßige Mitarbeiterbefragung, regelmäßige Gespräche zwischen Personalrat, Ministerin und Oberbürgermeister an und sollen erklärt haben, daß beide sich mehr Zeit für das Badische Staatstheater nehmen wollen. OB Mentrup soll die Probleme mit der Persönlichkeit von Peter Spuhler als Ursache selber genannt haben. Er scheint auf Bewährung zu sein.

Fazit: Intendant Spuhler bleibt vorerst, aber er soll zur lahmen Ente werden, denn sonst eskaliert die Situation erneut. Zu viele Mitarbeiter scheinen nicht an den Gesinnungswandel des Intendanten zu glauben. In der Hinsicht besteht weiterhin ein tiefer Graben zwischen Politikern, Intendant und den Theatermitarbeitern.

16 Kommentare:

  1. Ein grosses Massnahmenpaket wird es nicht geben, auch kein kleines. Solange Frau Bauer die Hand über ihren Schützling hält, wird es eher Massnahmen gegen andere geben. Und zu was Frau Bauer fähig ist, kann man im Netz nachlesen.
    Trotzdem, das ist nicht das Ende der Fahnenstange. Dafür haben sich zu viele Mitarbeiter mutig öffentlich bekannt. Jetzt heisst es ruhig bleiben und gründlich recherchieren. Viele Baustellen sind bisher sicher noch gar nicht als solche benannt und dass ein kontrollsüchtiger Chef von diversen Vorgängen nichts weiss, ist unglaubhaft. Es werden voraussichtlich noch einige Raketen hochgehen, von denen bisher nichts bekannt ist.
    Peinlich ist Herrn Spuhler so schnell nichts, wie sich gezeigt hat. Aber wer weiss, vielleicht gehen ihm ja leere Ränge oder sich während einer Vorstellung demonstrativ entfernende Zuschauer dann doch "an die Nieren"

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    1. Vielen Dank und ich stimme Ihnen zu: jetzt geht es erst richtig los und man muß sich am Theater Gegenmaßnahmen und Eskalationswege überlegen, ein Netzwerk zur Publikation von Vorfällen etablieren, das Maßnahmenpaket laut einfordern, jede Unverschämtheit und Anmaßung von Intendant Spuhler an die große Glocke hängen. Der Intendant kann meines Erachtens nur durch einen Kleinkrieg klein gehalten werden. Sobald der Vorstellungsbetrieb wieder läuft, sollten regelmäßig und langfristig außerhalb des Theaters Flugblätter an Zuschauer verteilt werden, mit denen man informiert, um Unterstützung und Verständnis gebeten wird.

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  2. Herr Brandt hat sich gestern bei mir gemeldet und sein Statement weitergeleitet: https://www.facebook.com/1595916270673528/posts/2603670836564728/
    Es ist starker Tobak - und ein Frontalangriff auf Mentrup/Bauer.

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    1. Vielen Dank Herr Kaspar. Na ja, schön daß ein Bundestagsabgeordneter auch noch mal bestätigt, was wohl inzwischen alle wissen: manche Politiker lügen die Wählern plump an. Ansonsten verharmlost er das Verhalten des Intendanten und klagt das System an. Das ist mir zu billig. Marx sagte, der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. "Religion" kann man gegen "Intendanz" austauschen

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  3. Wenn jetzt die Zuschauer nicht mehr
    kommen,könnte das die Mitarbeiter strafen -
    da könnten Stellen gestrichen werden,aber
    Hr.Spuhler bekommt trotzdem sein Gehalt.
    Wie wär denn ein Flashmob?
    Zuschauer bringen z.B. eine rote Karte/das
    Jahrbuch/Pappschild mit Pfui in die Vorstellung
    und halten das vor/bei Pause/nach der Vorstellung
    Richtung Intendantenloge.
    Und das so oft und so lange,bis Hr.Spuhler der Besuch
    seiner Vorstellung zuwider ist.
    Und bitte nicht die Wahl im Dez. vergessen!
    Stimme erheben,jede zählt!

    P.S. Vielen Dank für diese Seite,und mehr als
    vielen Dank,daß trotz dieser Zeit,immer noch
    am Start (ich möchte nicht wissen,wie viele
    Nachrichten gelesen werden müßen).
    Vielen Dank

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    1. Flashmob, Trillerpfeifen, Stopschilder, Pfui-Rufe, Flugblätter im Theater - das sind alles gute Ideen. Intendant Spuhler darf sich eigentlich vor Publikum nicht mehr sehen lassen. Es ist schon erbärmlich genug, daß er an seinem Posten klebt, obwohl er nur noch als Marionette an den Fäden vom Verwaltungsrat hängt und sowohl Mitarbeiter als auch Zuschauer gegen sich hat.

      Aktuell hat diese Seite einige Tausend Seitenaufrufe täglich, viele schreiben mir, auch aus dem Theater und darüber freue ich mich. Als passionierter, jahrzehntelanger Besucher laß ich mir die Freude am Theater von jemanden wie Intendant Spuhler nicht nehmen. Und wenn ich die Freude vermisse, dann schaffe ich sie mir selber, indem ich hier mein Tagebuch schreibe. Wenn ich hier tippe, dann in der Regel mit einem freundlichen oder spöttischen Lächeln auf den Lippen. In dieser Tonlage sind fast alle meine Texte geschrieben. Wie sie gelesen werden, liegt ausschließlich beim Leser.

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  4. Man hätte sich eine Perspektive für die nächsten 6 Jahre gewünscht. Was soll das Badische Staatstheater unter Spuhler noch kreatives leisten? Vertrauen und Respekt existieren auf beiden Seiten nicht! Der Ruf des Badischen Staatstheaters und die Aussenwirkung haben in den letzten Jahren und Wochen stark gelitten. Welcher intelligente und begabte Mensch, der bei klarem Verstand ist, möchte in Zukunft an diesem Haus arbeiten? Keiner!
    Viele gute Köpfe haben in den vergangenen neun Jahren das Haus fluchtartig verlassen oder wurden gegangen,in den nächsten sechs Jahren wird das Niveau weiter sinken, denn Niemand, der etwas auf sich hält, will an einem Haus mit toxischen Arbeitsklima,indem Spuhler sein Unwesen treibt,arbeiten.
    Und dafür tragen Frau Bauer und der Meister der Bürger, Herr Mentrup, die Verantwortung.
    Die Mediation, deren Ergebnis niemanden interessiert hat, jetzt ein Vertrauensanwalt, ein menschlicher Kummerkasten wo man ein Briefchen einwirft?...man fragt sich bereits jetzt, welche Alibilösung als nächstes kommen wird! Der Protest war maximal, Spuhler wird trotzdem die Stange gehalten.Jetzt kann er schalten und walten wie er Lust hat. So muss sich eine Diktatur anfühlen....

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    1. Vielen Dank. Sie sollten den BNN einen Leserbrief schreiben. Überhaupt sollten viel mehr Theaterfreunde den BNN und den Mitgliedern des Verwaltungsrats ihr Unverständnis und ihre Empörung schriftlich mitteilen. Aus Rechthaberei, Seilschaft und Postengeschachere wird das Badische Staatstheater instrumentalisiert und mißbraucht. In den Patriarchendämmerungen findet sich dazu ein Arsenal an Argumenten.

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  5. Sehr geehrte Frau Bauer, sehr geehrter Herr Dr. Mentrup,
    Wenn es bis hierhin nicht verständlich war:
    Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Land BW / der Stadt KA und
    Herrm Generalintendant Peter Spuhler muss sofort beendet werden.
    Ist es diesmal klar ausgedrückt?
    Und tun sie uns allen einen Gefallen:
    beenden Sie ihr Arbeitsverhältnis auch.
    Vielen Dank.

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    1. Einerseits sollte der Druck auf den Intendanten nun erhöht werden. Alle Vorfälle und Vorwürfe sollten anonymisiert der Öffentlichkeit als Schwarzbuch zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestellt werden. Andererseits muß der Verwaltungsrat -am besten jedes einzelne Mitglied- regelmäßig informiert werden. Über jeden einzelnen Fall und jeden Kritikpunkt, bis sich sich wünschten, sie hätten Spuhler als Intendanten viel früher rausgeschmissen.

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  6. Seltsam, dass alle zu vergessen scheinen, dass der Verwaltungsrat aus 16 Personen besteht, dass alle Parteien dabei sind, auch CDU und FDP, und dass Kulturbürgermeister Käuflein, der ja qua Amt eine große Verantwortung für das Staatstheater trägt (oder tragen sollte, denn getragen hat er sie ja nicht), Mitglied der CDU ist.

    Damit will ich nicht die führende Rolle von Bauer und Mentrup schmälern. Gerade Bauer scheint dem Verwaltungsrat ja wichtige Informationen vorenthalten zu haben.

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    1. Es ist doch so: gewählte Volksvertreter müssen Aufsichts- bzw. Verwaltungsosten in zahlreichen Institutionen wahrnehmen. Eine Firma, eine Einrichtung oder Institution zu überwachen, ist quasi unmöglich. Ab einem gewissen Punkt vertrauen sie den Vorsitzenden und dem für die Finanzen zuständigen Mitarbeiter. Hier kommt hinzu, daß wenige Politiker die Kulturbranche von innen kennen und daß diese Politiker, wenn sie nicht gerade mit Kultur zu tun haben, eher ein marginales Interesse an Theater haben. Schafe folgen dem Schäfer. Deshalb sind nur wenige Key Player im Fokus: Bauer, Mentrup und Käuflein bspw. Andere sind zwar anwesend, aber riskieren letztendlich keine Konfrontation.

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  7. Es verschlägt einem doch die Sprache, wie Frau Bauer und Herr Mentrup verkünden, dass sie die Mehrheitsmeinung nicht interessiert.

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  8. Der Verwaltungsrat besteht aus 16 Personen,
    aber Mentrup kann die Reißleine ziehen.
    Wäre das Badische Staatstheater das Karlsruher Rathaus, es hätte längst personelle Konsequenzen gegeben.

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  9. Falko Steiner18 Juli, 2020 09:23

    Es darf wohl gemutmaßt werden, dass die eineinhalbstündige Verspätung der Pressekonferenz darauf zurückzuführen ist, dass die eventuell noch abtrünnigen Verwaltungsratsmitglieder in einer Art Gehirnwäsche auf die Linie der beiden Vorsitzenden eingeschworen wurden. Schließlich wollte man ein einstimmiges Ergebnis vorlegen. Somit fielen offensichtlich einige Verwaltungsratsmitglieder um, während etwa die FDP-Fraktion forderte, man müsse Bauer und Mentrup das Vertrauen entziehen, stimmte ihr Parteimitglied Tom Hoyem untertänig mit den beiden Gescholtenen.

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    1. Dazu habe ich weiter oben schon etwas geschrieben, mir scheint der Verwaltungsrat eine Schafherde, die von Bauer und Mentrup gehütet wird.

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