Noch mehr Gala-Glück
Nach der fabelhaften Elena Moşuc als Anna Bolena im Januar folgte gestern die nächste Top-Besetzung für Donizetti: die kanadische Sopranistin Joyce El-Khoury bot eine herausragende Leistung als Elisabeth I., Franco Vassallo war ein imposanter Nottingham und die ganze Vorstellung ein großer Genuß.
Joyce El-Khoury löste all das ein, was ihr an Reputation vorauseilt - ihre Elisabetta hatte Sehnsucht und Furien im Herz, hin-und hergerissen zwischen Hoffnung und Enttäuschung gelang ihr eine interpretativ intensive und intelligente Darstellung, stimmlich agil und attraktiv, sowohl mit vehementen als auch zarten und zurückgenommenen Momenten. Sie verlieh der Königin überzeugende Statur und dramatische Kraft.
Man hat im Karlsruher Ensemble sehr gute Sänger für die Rolle des Herzogs von Nottingham, Franco Vassallo war dennoch ein Gewinn: ein souveräner Auftritt mit wunderbar phrasierten Kantilenen.
Jennifer Feinstein als Sara sowie Eleazar Rodriguez in der Titelrolle komplettierten ein grandioses Sängerquartett, Klaus Schneider nutzte die kleine Rolle des Lord Cecil, um aufzutrumpfen, der Chor war stets präsent und auch Daniel Squeo und die Badische Staatskapelle müssen erwähnt werden, bereits die Ouvertüre war hochkonzentriert gespielt, der Orchestergraben musizierte erstklassig.
Hinsichtlich der Besetzung hat man in dieser Saison das beste Gala-Abo des Jahrzehnts erlebt und anscheinend darf man sich als Zuschauer für diese Sängerwahl bereits bei Operndirektorin Nicole Braunger bedanken. Martina Serafin, Elena Moşuc, Catherine Foster und Waltraud Meier und nun El-Khoury und Vasallo - sie alle bewiesen Klasse! Daß es dennoch auch gestern wieder zu wenige Zuschauer waren, liegt an der über Jahre heruntergespuhlerten Oper. Jahrzehntelang aufgebautes Vertrauen wurde durch wenige Jahre der Lieblosigkeit verspielt, es wird einige Zeit brauchen, um diesen Schaden zu beheben.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.