Freitag, 17. Mai 2019

Konzert im Gewandhaus Leipzig, 16.05.2019

Mit dem Gewandhausorchester hat Leipzig ein kulturelles Pfund zum Wuchern.
   
Die Anzahl der Zentralgestirne im Universum großer Violinkonzerte ist überschaubar, Beethoven, Mendelssohn, Bruch, Brahms, Dvorak, und Tschaikowsky im 19. Jahrhundert, Elgar und Sibelius im 20., wer sich ansonsten noch als unerläßliches Nebengestirn positionieren kann, ist diskutabel, Saint-Saëns und Lalos Symphonie espagnole, Britten, Korngold, Prokofjew, Schostakowitsch, Glass, Adès ...? -
Das war hier vor wenigen Nächten dem Verfasser dieser Texte anläßlich Alban Bergs Violinkonzert eingefallen und kann nun direkt fortgeführt werden. Das allerneuste Violinkonzert stammt vom amerikanischen Komponisten Sebastian Currier (*1959) und wurde als Auftragswerk des Gewandhausorchesters Leipig und des Boston Symphony Orchestra am 02.Mai in Boston uraufgeführt, in Leipzig folgte nun zwei Wochen später die europäische Erstaufführung. 2007 komponierte Currier das Violinkonzert Time Machines, das für Anne-Sophie Mutter geschrieben und von ihr 2011 uraufgeführt wurde, sein ca. 25-minütiges zweites Violinkonzert heißt Aether, die erste Interpretin ist Baiba Skride. Aether entpuppte sich als fragile Schönheit, die Violine ist schüchtern zu Beginn, die Holzbläser geben den Ton an, die Violine folgt imitierend, "eine Art Nachtmusik" laut Currier. Konflikte gibt es im zweiten Satz zwischen Lyrik und Aufbegehren, die Violine emanzipiert sich kurz und gibt tatsächlich den Ton an. Doch nur kurz, es folgt ein schwebender, ruhiger Abschnitt und ein kurzes Finale, ein letzter Versuch der Geige, noch mal den Ton anzugeben, doch das Orchester macht nicht mehr mit. So leise, wie es begann, so leise und geheimnisvoll endet das Konzert, das sehr introvertiert wirkte und an diesem Abend wenig publikumswirksam war. Freundlicher Applaus des sehr alten Publikums.


Nach der Pause ein beliebter Dauerbrenner: die 5. Symphonie e-Moll op. 64 von Peter Tschaikowsky - eines der Werke, für die es eine einfache Qualitätskontrolle gibt: wie auch bei Beethovens 5, Mahlers 5., Schostakowitschs 5. und Prokofjews 5. kann das Publikum mitgerissen werden, sitzt es auf der Stuhlkante, spürt physisch die Spannung und springt am Schluß auf und ruft Bravo, um der Begeisterung ein Ventil zu öffnen. Alles andere ist lauwarm und mißlungen. Dirigent Andris Nelsons animierte das Gewandhausorchester zu einer mitreißenden Interpretation.