Samstag, 18. Mai 2019

Mumpitztheater (11): Kulturpolitik als Realsatire

Von Stagnation und Farce
Gibt es Intendant Peter Spuhler eigentlich wirklich? Oder sind er und sein scheidender Assistent Jan Linders vielleicht nur Kunstfiguren, erfunden und positioniert von Hape Kerkeling, der irgendwann am Badischen Staatstheater auftaucht und Hurz! ruft (wie hier im Video aus den 1980ern, das so wunderbar entlarvend ist)? Eine Scheinfrage ohne Realitätsbezug. Was wirklich ist, muß nicht wahr sein. Was wahr ist, wird nicht automatisch wirklich. Wer mit einem Sinn für Wahrheit und Wirklichkeit die Welt beobachtet und beide kombiniert, hat einen kritischen Zugang zur Welt und kann erkennen, daß es etwas gibt, was man an dieser Intendanz zu schätzen wissen sollte - zwischen Wahrheit und Wirklichkeit entwickelt sich unfreiwillig Humor, den man u.a. durch Karikatur und Satire darstellen kann. Um es mit einem adaptierten Bonmot von Oscar Wilde zu sagen: Der einzige Reiz der Vergangenheit liegt darin, daß sie vergangen ist. Wie brüllend komisch erscheint doch ein Theatermacher, der nicht weiß, wann der Vorhang zu fallen hat, der einen sechsten Akt verlangt und weitermachen möchte, wenn das Interesse vorüber ist. Wenn man ihn gewähren läßt, bekommt jede Komödie einen tragischen Schluß und jede Tragödie endet als Farce.
Intendant Peter Spuhler wollte schon längst wieder weg sein, doch kein anderes Theater wollte ihn haben - eine gescheiterte Karriere? Für den Karriereknick gibt es gute Gründe (mehr dazu demnächst). Man könnte sagen, daß er aus Erfolglosigkeit als Generalintendant des Badischen Staatstheaters verlängert wird, die kurzsichtige Kulturpolitik lehnt sich bequem und erleichtert zurück und hat es mal wieder vermieden, zukunftsorientiert zu handeln. Über diese Geschehnisse sollte man auch dann lachen, wenn man sich nicht freut.
    
Theater als Karikatur
Wenn man einst die vergangene Theaterdekade rückblickend kulturpolitisch analysieren wollte, könnte das humoristisch geschehen.  Sogar wer historisch beschreiben wollte, was in der Bundesrepublik so alles schief gelaufen ist am Anfang des 21. Jahrhunderts, der könnte hier eine grobe Inspiration für eine Sittenkomödie finden. Wer die frei erfundene und doch von realen Geschehnissen inspirierte Geschichte erzählen wollte, findet literarische Vorbilder. Als Inspirationsquelle könnte man bspw. Maupassants Bel-Ami und Heinrich Manns Untertan heranziehen, Sartres Kindheit eines Chefs könnte teilweise ebenfalls als Folie dienen. Die Geschichte könnte von Zynismus, Heuchelei und politischen Seilschaften handeln.

Aber es gibt auch eine lyrische Vorlage. Wer sich mit der Lyrik des Protests und der Lyrik des Exils beschäftigt, trifft  auf Dadaisten wie Hugo Ball, Kurt Schwitters und Johannes Theodor Baargeld. Der unbekannt gebliebene Lyriker namens Mente Kaptus (der in keiner Anthologie auftaucht und dessen schmales Œuvre einst nur auf so billig-groben Papier gedruckt wurde, daß man die längst verblichenen Seiten in Notzeiten als Kaffeefilter verwenden könnte), scheint sich bei seinem lustigen Sonett Bimmelblähgedöns an dadaistischen Lautgedichten orientiert zu haben. Das Gedicht ist ein jambischer Pentameter und wird lyrikinteressierten Zeitgenossen vielleicht als  passende Inspiration für ein zu reimendes Klanggedicht zur Theaterdekade erscheinen.

Bimmelblähgedöns
Geluhlert schwafelschwinders spuchtelmurks
Rampenblöker ergreift ein linder wahn
Los los stoß hinten tant du schlappaturgs
suhlerspießer bricht sich stuhlergang bahn 

Tumpjahn schluderpuhlert mit schmääpfuhler
Luhserblinder pubst laut hosenschinder
als scharlapan firlefanzt kleinwuhler
Bücklingsbarsch erschwindert durch wahnrinder

Amtdantenkröfat's spinderpurzgedöns
sumpfblütenmuffiges häuchelgeschmarrn

in des wuchtelplunders warmluftgeföns

Schlimmdersgnom versemmelt laberbarren

fahl verstört mit schmuhsers quergefummel
verlautet gebläht gedönsgebimmel

(Fortsetzung folgt)