Mittwoch, 1. Mai 2019

Vor dem GAU

Von Wegduckern, Wegguckern, Mitläufern und Herdentrieb
Im Mai könnte sich der größte anzunehmende Unfall in der Karlsruher Kulturpolitik ereignen: die Gerüchte verdichten sich, daß Generalintendant Peter Spuhler eine dritte Amtszeit bekommt. Wie konnte das passieren? Tatsächlich stellen sich aktuell viele Fragen, die den Verwaltungsratsmitgliedern Probleme machen dürften, wenn Sie sich überhaupt um Bürgerbelange kümmern und diese Fragen beantworten würden:
  
Ist es eigentlich wahr, daß
  • die Reduzierung des Opernprogramms vom Intendanten gewollt ist und Ambitionen der Operndirektoren ausgebremst wurden?
  • Ballettdirektorin Birgit Keil über 2019 hinaus weiter gemacht hätte, wenn sie Intendant Spuhler nicht aktiv wegkomplimentiert hätte?
  • Keils Nachfolgerin Bridget Breiner nun weniger Budget für ihre Produktionen bekommt als Keil zur Verfügung stand, der Intendant also den Wechsel für Einsparungen im Ballett verwendet?
  • die Anzahl der Abos während der Amtszeit des Intendanten bereits um eklatante 20% gesunken ist?
  • die Einkommenseite durch Kartenverkäufe des Badischen Staatstheaters nur deswegen noch gut dasteht, weil die Preise in den letzten Jahren deutlich stärker erhöht wurden als inflationsbedingt zu erwarten war?
  • Frank Beermann als designierter Nachfolger von Justin Brown abgesagt hat, nachdem er mit Intendant Spuhler telefoniert hatte? Wer im Verwaltungsrat hat mit Beerman danach gesprochen? Hat sich überhaupt jemand für die Gründe interessiert? Als neuer GMD-Kandidat scheint Georg Fritzsch beste Chancen zu haben. Was ist, wenn auch dieser Kandidat abspringt? Wird dann geprüft, ob der Kandidat verhindert wurde? Wird eine potentielle Einmischung des Intendanten in Orchesterbelange dann zu einem handfesten Konflikt?
  • viele junge Künstler am Badischen Staatstheater den aktuellen monatlichen Mindestlohn von 2.000 Euro brutto bzw. kaum mehr bekommen und der Intendant trotz seiner Moralpredigerpose hier nicht für faire Verhältnisse sorgt und damit prekäre Verhältnisse als Mittel zur Kostensenkung dient?
  • der Intendant Personalpolitik nach Gutsherrenart betreibt und bspw. den neuen technischen Direktor ohne Ausschreibung und Bewerbungsverfahren nach eigenem Gutdünken besetzt hat, nachdem er einen dubiosen Weg gefunden hat, dessen Vorgänger zum Rückzug zu bewegen? Ist es korrekt, daß dieser Vorgang vielleicht noch ein juristisches Nachspiel haben könnte?  
  • das von Oberbürgermeister Mentrup angeregte Mediationsverfahren nach der Krise zwischen Intendant und Staatstheater (mehr hier) nur kosmetische Übertünchung war und niemand weiß, wofür man dieses Geld ausgegeben hat?
  • wenn man die Mitarbeiter des Badischen Staatstheaters aufforderte, Schulnoten für den Generalintendanten zu verteilen, die Versetzung gefährdet wäre und manche die Chance nutzen würden, um ihn mit der Verhaltensnote einen Denkzettel zu verpassen?

Stagnation als Leitlinie Karlsruher Kulturpolitik
Es ist kein Ruhmesblatt für die Karlsruher Kulturpolitik, was in den vergangenen Jahren passiert ist. Die schlechte Stimmung in der Baumeisterstraße ist bekannt, aber anscheinend kein Politiker steht für die Mitarbeiter ein und traut sich, Kritik publik zu machen und eine Diskussion zu führen. Die Politik gefällt sich in Intransparenz und Von-oben-nach-unten Pose. Daß man ein Theater, eine Stadt und eine ganze Region darunter leiden läßt, weil ein Intendant keinen Folgejob bekommen hat und verlängern muß, hinterläßt den unguten Beigeschmack falscher Gefälligkeiten. Intendant Spuhler darf wohl einen letzten Anlauf nehmen, um doch noch ein anderes Theater von sich zu überzeugen, den Preis zahlt man in Karlsruhe mit Stagnation und Stillstand. Wieso ist es nun zur Verlängerung gekommen? Aus Politikersicht scheint die Antwort naheliegend und konservativ: Keine Experimente! Wer hat schon genug Ahnung und Interesse, um sich um das Theater zu kümmern?!?

Fazit: Wer der Demokratie etwas Gutes tun will, der überlegt bei der anstehenden Kommunalwahl lieber zweimal, ob er den aktuellen Mitgliedern des Verwaltungsrats seine Stimme geben soll.

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