Sonntag, 17. März 2019

Strauss - Elektra, 16.03.2019

Wird es in der kommenden Spielzeit noch ein Operngala-Abo geben? Nach einer beunruhigend leeren Tosca hatte die neue Operndirektorin Braunger bereits im letzten Herbst angedeutet, daß aufgrund der stetigen Zuschauerflucht eine Entscheidung notwendig wird. Die prekär heruntergespuhlerte Karlsruher Oper hat jahrelang das Publikum auf Diät gesetzt, letzte Saison erfolgte dann ein Zuschauereinbruch (mehr hier). In dieser Saison kann man dem Publikum endlich mal wieder Besonderes bieten, Elena Moşuc war eine grandiose Anna Bolena, Joyce El-Khoury als englische Königin in Roberto Devereux (04.05.2019) ist eine hervorragende Wahl, und gestern war Elektra so gut besucht, daß man sich in kompetentere Zeiten zurückversetzt fühlen konnte. Hätte man sich am Badischen Staatstheater etwas mehr Mühe gegeben, wäre es wahrscheinlich noch voller geworden, aber bis zuletzt war auf der Internetpräsenz keine offizielle Bestätigung zu finden, daß die angekündigten Stars singen würden. Doch die Mundpropaganda funktionierte und bewies, daß das Publikum noch da ist, es kam nur einfach nicht mehr. Die Probleme an der Karlsruher Oper sind hausgemacht und in Verantwortung des Intendanten

Endlich war eine Operngala mal wieder sehr gut besucht - und das zu recht. Catherine Foster als Elektra und Waltraud Meier als Klytämnestra zeigten, wie man eine Rolle gestaltet, wie man Gesang mit Ausdruck kombiniert - stimmlich und darstellerisch ließ die Aufführung kaum einen Wunsch offen. Sarah Cambidge als Chrysothemis ergänzte das Frauentrio hochdramatisch, Renatus Meszar gelang Orest deutlich besser als in der Premiere (mehr hier). Justin Brown und die Badische Staatskapelle bauten große Spannungsbögen - BRAVO!, was für eine sängerisch und musikalisch spannende Aufführung!

Auch beim zweiten Anschauen wird Keith Warners Inszenierung nicht besser. Der Regie-Routinier findet keinen Zugang zur Unerbittlichkeit dieser archaischen Oper, er reduziert die emotionale Wucht auf eine Rachephantasie. Wieso die Karlsruher Oper diese Kooperation einging, erschließt sich nicht: weder die Inszenierung ist bemerkenswert noch hat man eigene Sänger für die Hauptrollen - ein vertane Produktion. Gestern wurde die Inszenierung verändert, es schienen Statisten zu fehlen, die Szene mit der Trauerfeier bei aufgebahrtem Leichnam entfiel komplett, die seltsame Wiedererkennungsszene zwischen Elektra und Orest wurde entsexualisiert. Zumindest stört die Inszenierung kaum beim Zuhören.

Starker und langer Applaus und viele Bravos - endlich mal wieder eine gute Operngala-Saison in Karlsruhe, wo man Jahre darauf warten und eine ungewöhnliche Dürreperiode unter der Intendanz von Peter Spuhler erleiden mußte. Die Chancen, daß man das Operngala-Abo erhält, sind wieder gestiegen. Und auch das Festspielhaus Baden-Baden kann in der kommenden ersten Spielzeit des neuen Intendanten Benedikt Stampa kaum Spannendes und nur wenig Oper bieten. Beste Chancen, Publikum wieder zurückzugewinnen.