Mittwoch, 25. Oktober 2017

Unterbeschäftigt – Karlsruher Oper ohne Perspektive

Wenn man die negativen Auswirkungen der aktuellen Karlsruher Opernstrategie analysieren will, kommt man nicht drum herum, die Sänger, ob Solo oder im Chor, zu bedauern. Die Reduktion des Programms trifft nämlich vor allem die Sänger, die teilweise kaum noch etwas zu singen haben und dann plötzlich mit verringerter Bühnenpraxis und aus der Übung geraten, große Rollen bekommen und bei sehr wenigen Auftritten im Jahr gefordert werden. Es gibt kaum noch Abwechslung, kaum noch Programm, zu wenige Auftritte. Während der Intendanz von Achim Thorwald waren die Wochenpläne oft (zu) vollgestopft, nun sind sie zu leer - das Repertoire ist heruntergewirtschaftet, die Karlsruher Oper ist als Sparte ins Abseits geraten. Das Publikum spürt diese programmatische Insolvenzverschleppung und verliert anscheinend langsam, aber stetig das Interesse.

Samstag, 21. Oktober 2017

Oper München: Rossini - Il turco in Italia, 18.10.2017

München leuchtet, schwärmte schon Thomas Mann vor über 100 Jahren und man fühlte sich in dieser Oktoberwoche wie in einer Novelle des Autors: "Über den festlichen Plätzen und weißen Säulentempeln, den antikisierenden Monumenten und Barockkirchen, den springenden Brunnen, Palästen und Gartenanlagen der Residenz spannte sich ein Himmel von blauer Seide". München ist Deutschlands entspannteste und gelassenste Großstadt, kunstsinnig und lebensfroh. Und wer nach einem Besuch im Biergarten spontan in die Oper will, kann auch an einem sonnig-warmen Oktobermittwoch vor dem Problem stehen, überhaupt noch an gute Karten zu kommen. Die Oper boomt in München, man muß sich frühzeitig um Plätze bemühen. Selbst wenn eine Oper schon seit Jahren im Repertoire ist - Rossinis Türke in Italien in der Regie von Christof Loy hatte vor einem Jahrzehnt Premiere - kommen die Besucher, und zwar aus gutem Grund: mit Olga Peretyatko, Ildebrando D'Arcangelo und Alessandro Corbelli konnte man eine Idealbesetzung aufbieten.

Montag, 16. Oktober 2017

Wagner - Götterdämmerung, 15.10.2017

Unterhaltsamer Unfug
Vier Regisseure hat man in Karlsruhe für die vier Opern des Ring des Nibelungen engagiert und man kann es als die größte Enttäuschung dieses Konzepts bewerten, daß bisher keiner der drei Regisseure seiner ganz isoliert betrachteten Einzeloper einen  bemerkenswerten Ansatz abgewann und eine neue Betrachtungsebene schuf. Die Selbstbeschränkung auf einzelne Atoll-Opern, die einerseits nicht über sich hinaus deuten und keinen Bezug zueinander haben, andererseits auch in der jeweiligen Einzeldramaturgie keine Bedeutung  bekamen, ergab so keinen Mehrwert, man verharrte lediglich in visueller Pose, investierte in visuelle Effekte und erreichte bestenfalls nette Unterhaltung. Die Regie der Götterdämmerung versucht nun hingegen beides - einen individuellen Perspektivwechsel unter Einbeziehung von Elementen der vorangegangenen Interpretationen. Erstes geschah durch eine Drehung des Blickwinkels, der bis zur Verzerrung an die Grenzen des Unfugs reicht, zweites durch eine komplett neue Meta-Ebene. Das Resultat ist einerseits gegen den Strich gebürstet, ambivalent und kontrovers diskutabel, andererseits unterhaltsam und trotz sechs Stunden Gesamtdauer mit Pausen eine überraschende und spannende Angelegenheit, spannend auch vor allem dank der Gewinner dieses Karlsruher Ringzyklus: der Badischen Staatskapelle und Justin Brown, der sich in seinem 10. und letzten Jahr als GMD in Karlsruhe als bekannt souveräner Wagner-Dirigent verabschiedet und bewies, auf welch hohem Niveau und in welch ausgezeichneten Zustand er das verjüngte Karlsruher Orchester an seinen Nachfolger übergeben wird. Selbst inszenatorisch schwache Stellen bekamen aus dem Orchestergraben eine unwiderstehliche Dramatik, die hoch engagierten Sänger trugen einen gewichtigen Anteil bei. Lautstarke Buhs neben viel Applaus belegten die kontroverse Aufnahme beim Publikum.

Samstag, 14. Oktober 2017

Franco Fagioli singt in Karlsruhe Mozarts Lucio Silla

Ein sehr schöner Hinweis kommt aus zuverlässiger Quelle vom Autor des Blogs Opernschnipsel (hier der Link zu stets lesenswerten Opernberichten): Franco Fagioli wird in dieser Saison bekannterweise während den Händel Festspielen 2018 sein neues Album vorstellen (und zwar am 02.03.2018). Und Franco Fagioli wird im Juli 2018 in der neuen Produktion von Mozarts Frühwerk Lucio Silla singen (8./12./19. Juli 2018). Operndirektor Fichtenholz verabschiedet sich mit Klasse und hat für diese Entscheidung ein Bravo! verdient.

Freitag, 6. Oktober 2017

McNally - Meisterklasse, 05.10.2017

Die Callas - Primadonna Assoluta
Terrence McNallys Theaterstück Meisterklasse über Maria Callas ist seit der Uraufführung 1995 eine viel gespielte, erfolgreiche Tragikomödie, für die man eine starke Hauptdarstellerin benötigt. Annette Büschelberger spielt die Hauptfigur in diesem Stück bereits zum dritten Mal - es ist "ihre" Rolle, und das spürt man. Sie erkundet einen Mythos, Gipfel und Abgründe, Wege und Abwege, Kunst und Scheitern - eine Diva damals und heute und ein Drama der Lieblosigkeit und Einsamkeit in einem Meer der Zuwendung und Bewunderung.

Freitag, 29. September 2017

Goethe - Faust I, 26./28.09.2017

Kaum Faust zwischen Klamauk und Kalauer
Eines vorweg: das Engagement und die Spielfreude der Schauspieler bei der gestrigen Premiere waren ansteckend und ein wichtiger Erfolgsgarant. Bravo!
Doch sonst ist es gekommen, wie es zu befürchten war: Angsthasentheater! Man plätschert am seichten Rand und flachen Wasser und traut sich nicht in die Tiefen und Untiefen des Stücks vor. Goethes Faust wird Abiturthema und in den kommenden Monaten will man am Karlsruher Schauspiel möglichst viele Schüler durch die Vorstellungen schleusen. Das scheint auch der einzige Grund, wieso man Faust nun neu und ausgesprochen dürftig inszenierte, der Regisseur hat die Zielgruppe im Blick: bloß nicht ernst, bloß nicht staubtrocken, bloß nicht bedeutungsschwanger. Das Rezept für einen leichten Faust heißt: Groteske statt Tragödie, eine Entstellung, um eine Pleite zu verhindern. Beim Zuschauer bleibt der schale Eindruck, daß man mit Goethes Text spürbar wenig anfangen kann und ihm subtile Gewalt zufügt, nur die Gretchentragödie gelingt akzeptabel, davor ist vieles Verulkung. Man hat nur Ideen für den Urfaust, an Faust I scheitert man desinteressiert.
Doch Goethes Faust ist ein undurchdringlich kluges Mysterienspiel, in dem so viel mehr steckt, als man inszenieren und wahrnehmen kann, es ist buchstäblich reich und vielfältig - wieso muß die neue Karlsruher Inszenierung so reduziert und so armselig ausfallen? Wieso diese Selbstbeschränkung, die sich der Vielfalt nicht stellen will? Ein Theater, das Goethes Faust nicht mit spürbarer Hingabe und einer triftigen Idee inszenieren kann, hat ein grundlegendes Problem. Was sagte die gestrige Premiere also über das Karlsruher Schauspiel aus? Erneut vermittelt man den unguten Eindruck, daß es hier hauptsächlich nur um den Betrieb, weniger um die Sache und schon gar nicht wirklich um Qualität und das Stück geht. Man will über die Runden kommen und bewegt sich im Notenschema für diese Groteske zwischen ausreichend und ungenügend.

Donnerstag, 28. September 2017

Vekemans - Judas, 27.09.17

Timo Tank ist zurück!
Und wie! Wer sonst kann bei einem 75minütigen Monolog so die Spannung hochhalten, so virtuos Facetten zeigen, eine Einmannshow so souverän und mit Stärke meistern. Großes Theater! Tank (mehr zu ihm auch hier) zeigt sich unverändert und führt den Zuschauern vor, auf was man während seiner Abwesenheit in Karlsruhe verzichten mußte. Und man sollte sich auf keinen Fall vom religiösen Kontext beeindrucken oder abschrecken lassen, Judas ist vor allem eine spannende und unterhaltsame Geschichte, die gerade nicht bierernst theologisch und düster daher kommt, sondern auch amüsante Aspekte hat und stets das Publikum im Auge behält. Der Jubel war groß nach der Premiere. Als Schauspiel-Fan sollte man sich diesen schauspielerischen Genuß nicht entgehen lassen.

Freitag, 22. September 2017

Richter - Safe Places, 21.09.2017

Die Schwäche der Linken ist die Stärke der Rechten 
Die erste Premiere der neuen Spielzeit enttäuschte inhaltlich, vier gute Schauspieler holen heraus, was zu finden ist. In ca. 70 der 75 teilweise etwas zu zäh sich ziehenden Minuten von Safe Places reden die vier Figuren auf der Bühne aneinander vorbei oder führen Monologe. Es geht um Europa, Populismus und Flüchtlinge, es gibt Argumente und Gegenargumente, Unterstellungen und Verdacht, Haß und Drohungen, man schreit laut und flüstert sorgen- oder angstvoll, es gibt Besserwisser und Ignoranten - kurz, man befindet sich in der Laberfalle, eine Gesellschaft weiß nicht, auf welcher Basis man zusammenkommen soll und versteht sich nicht mehr. Safe Places beschreibt Symptome ohne an die Ursachen zu kommen. Die Pointe -für manche eine Resignation- kommt am Schluß. Die AfD tritt auf in Form einer attraktiven Frau - eine verführerische, sanfte Gewalt bietet Ordnung an und ist sich gewiß: sie ist gekommen, um zu bleiben. Drei Tage vor der Bundestagswahl begrüßt das Badische Staatstheater die Partei, an der es nun ist, Empörung und Wut parlamentarisch zu kanalisieren. Daß das so handzahm und harmlos geschieht, wird manchen verwundern - es liegt allerdings an der textlichen Unbedeutendheit von Safe Places, die erneut beweist, daß Autor Falk Richter überbewertet wird.

Dienstag, 19. September 2017

Sonntag, 17. September 2017

Theaterfest, 16.09.2017

Obwohl es in diesem Jahr statt einem Spätsommer gleich einen Frühherbst gibt, riß sich gestern das Wetter zusammen und ermöglichte ein schönes Theaterfest. Der abschließende Spielzeit-Cocktail war einer der besten Schnupperabende seit Jahren mit nur wenigen Schwächen. Aber aus welchem Grund stellt sich ein Intendant vor sein überwiegend erwachsenes bis seniores Publikum und belehrt es darüber, daß es ganz, ganz wichtig sei, zur Bundestagswahl zu gehen? Hält er sein Publikum für infantil oder unreif? Oder hebt er einfach nur gerne den Zeigefinger und spielt den Moralprediger? Deutschen wurde ja früher gerne ein Untertanencharakter nachgesagt, auch heute gibt es noch manche, die es nicht seltsam finden, wenn man sie belehrt. Aber es spielt noch etwas anderes mit. Mit Betroffenheitsgesten, Appellen und vermeintlichen Moralattacken täuscht man Wichtigkeit, Reife und Engagement vor - und das lenkt von anderen Dingen (hier Defiziten im Theaterbetrieb) ab. Oder kurz zusammen gefaßt: Schein statt Sein. Wer die Karlsruher Theaterzwerge der Intendanz von Peter Spuhler verstehen will, kann sich an einem Satz von Peter Sloterdijk orientieren, der vor 16 Jahren bei der Verabschiedung von Dieter Dorn als Intendant der Münchener Kammerspiel gesagt haben soll: "'Daß das Niedere dem Hohen den Rang abläuft – das ist die Generaltendenz des Kunstbetriebs im 20. Jahrhundert, und daß die Niedrigbegabten ihre Gleichberechtigung mit den Hochbegabten erkämpfen, das ist das Gesetz der modernen ästhetischen Entropie". Damit lieferte der Karlsruher Philosoph u.a. auch eine Erklärung, wieso das Badische Staatstheater trotz Spardruck lieber das Volkstheater alimentiert und die Hochbegabten-Sparten kürzt.

Sonntag, 10. September 2017

Programm des Karlsruher Theaterfests am 16.09.2017

Eröffnung des Theaterfests  und Begrüßung durch Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup und Generalintendant Peter Spuhler
11.00 Uhr auf dem Theatervorplatz

Bei den weiteren Programmpunkte fällt auf, daß die Oper kaum vertreten ist, u.a. ist vorgesehen:

Freitag, 1. September 2017

Vorschau auf die Spielzeit 2017/2018

Jede Jahreszeit gibt verschiedenen Anlaß für Freude im Herzen, im Spätsommer kommt der Beginn der neuen Theatersaison hinzu. Worauf kann man sich in der bevorstehenden Spielzeit des Badischen Staatstheaters freuen? Wird endlich wieder mehr Bemerkenswertes gelingen? Zweifel sind leider angebracht. Wenn man die letzten Jahre kurz zusammenfassen wollte (hier sind sie es etwas ausführlicher), dann könnte man von defizitären Intendanz der Herabwirtschaftung und Stagnation sprechen. Während der Intendanz von Peter Spuhler wurde die Vielfalt des Opernprogramms drastisch reduziert, das Schauspiel sackte die ersten Jahre in eine schwere qualitative Krise ab und konnte sich erst durch Ziehen der Notbremse und der Absetzung des damaligen Schauspieldirektors Jan Linders wieder stabilisieren und das Ballett stagniert (es wurde zwar nicht gestärkt oder besser gestellt, aber auch nicht geschwächt und dezimiert). Diese Tendenzen setzen sich auch in der kommenden Spielzeit fort.

Freitag, 28. Juli 2017

Stückwerk mit Auflösungserscheinungen

Nicht nur Operndirektor Michael Fichtenholz verläßt 2018 das Badische Staatstheater, auch Schauspieldirektor Axel Preuß wird nach bereits zwei Spielzeiten 2018 gehen. Und erneut benötigt Intendant Peter Spuhler neue Erfüllungsgehilfen, um über die letzten Jahre zu kommen. Wenn Spuhler (spätestens) 2021 abtritt, wird er mindestens drei Schauspiel- und drei Operndirektoren verbraucht haben. Es ist Stückwerk, was man in Karlsruhe in diesem Jahrzehnt erleben mußte, eine vernünftige Planung kam nie zustande, ob die Intendanz in den letzten Jahren noch Zufallstreffer landen wird, kann man bezweifeln. Nun kann man darauf warten, daß Intendant Spuhler endlich Erfolg mit seinen Bewerbungen hat. Er wollte Karlsruhe schon längst verlassen - nur wollte ihn bisher anscheinend keiner und nach den Geschehnissen und Vorfällen am Badischen Staatstheater dürfte es wahrscheinlich für ihn auch nicht leichter geworden sein, einen neuen Posten zu finden.

Sonntag, 23. Juli 2017

Vorschau: Operngalas 2017/2018

Als Operngala-Abonnent am Badischen Staatstheater muß man ja inzwischen die Katze im Sack kaufen. Wenn man sein Abo nicht fristgerecht kündigt, dann weiß man noch lange nicht, für wen man in der kommenden Spielzeit bezahlt. Deshalb vielen Dank an den zuverlässigen Informanten, der folgende Gäste übermittelt hat:

Donnerstag, 20. Juli 2017

Entsteht die zweite Elbphilharmonie in Karlsruhe?

Man kann es wohl als medialen GAU bezeichnen, als größten anzunehmenden Unfall, was nun vor der geplanten Erweiterung und Sanierung des Badischen Staatstheaters ab 2019 bekannt wurde - eine drastische Kostensteigerung. 125 Millionen Euro wollte man ausgeben. Nun schätzt man für den Umbau gemäß den Planungen des Architekturbüros Delugan Meissl Associated Architects (Wien) zusammen mit Wenzel + Wenzel Architekten (Karlsruhe) Gesamtkosten von 270 bis 325 Millionen Euro. Ein Blick nach Stuttgart, die dortige Oper muß auch saniert werden. 2015 ging man von bis zu 400 Millionen Euro aus, 2016 schwirrten schon bis zu 600 Millionen Euro im Raum. Die Sanierung der Kölner Oper soll inzwischen bei 565 Millionen Euro liegen. Man sieht, die neue Größenordnung in Karlsruhe stimmt. Es gibt keinen Marmorboden, es gibt keine goldene Wasserhähne - was man für das neue Staatstheater schätzt, liegt im normalen Rahmen.

Mittwoch, 19. Juli 2017

Rückblick (2): Die Spielzeit 2016/17 des Badischen Staatstheaters

Von der renommierten Musikkritikerin der Frankfurter Allgemeine Zeitung Eleonore Büning stammt der Satz: "Nur wer die Neugier kennt, verpaßt nicht die Sensation. Das Beste, was einem, selten genug, im Theater überhaupt passieren kann, das sind Überraschung, Erschütterung oder auch Begegnungen mit sich selbst, was man früher, in der Antike, Katharsis zu nennen pflegte." Das könnte man noch um weitere wichtige Punkte erweitern, vor allem um ästhetische Begeisterung angesichts künstlerischer Größe und um das Nunc Stans, das zeitlos stehende Jetzt der Mystiker als transzendente Erfahrung in der man die Zeit vergißt, um als Beurteilungskriterium für die besonderen Momente der abgelaufenen Saison zu dienen. Unbedingt bemerkenswert und herausragend waren:

Dienstag, 18. Juli 2017

8. Symphoniekonzert, 17.07.2017

Mit Frank Beermann hatte man gestern den mit Abstand bekanntesten und renommiertesten Kandidaten für die Nachfolge von GMD Justin Brown am Dirigentenpult zu Gast. Seine Verpflichtung ab 2018/19 wäre ein Paradigmenwechsel, gab man doch bisher gerne Dirigenten mit Entwicklungspotenzial eine Chance, die eher am Beginn ihrer Karriere stehen, Beerman hingegen bringt schon alles mit: CD-Aufnahmen, Auszeichnungen und Reputation - vielleicht wäre das bei der verjüngten Badischen Staatskapelle eine sinnvolle Entscheidung. Beermann präsentierte sich gestern ganz unaufgeregt und zurückhaltend, sich selbst stellte er nicht in den Mittelpunkt, Musik und Musiker waren im Fokus.

Montag, 17. Juli 2017

Verlust eines Publikumslieblings

Das Badische Staatstheater verliert mit Flavio Salamanka seinen profiliertesten Tänzer, er geht zusammen mit Reginaldo Oliveira und Larissa Mota ans Landestheater Salzburg, wo Oliveira Ballettdirektor und Hauschoreograph wird. Da weder die Internetpräsenz des Badischen Staatstheaters noch das aktuelle Theatermagazin die Tänzer würdigt, sei auf den Blog von Harriet Mills verwiesen. Die Erste Solistin des Badischen Staatsballetts hat für Salamanka einen sehr schönen, in Englisch geschriebenen Abschied verfaßt, der sich hier findet: https://aballetoflife.com/2017/07/16/goodbye-my-friend/#more-7776

Freitag, 14. Juli 2017

Abgang eines Unprofilierten

Michael Fichtenholz verlässt als Operndirektor mit Ende der Spielzeit 2017/2018 das Badische Staatstheater und wird diese Funktion dann in Zürich ausüben, wo er zuständig für alle Besetzungsfragen im Opernhaus sein und Sänger buchen wird.

Sonntag, 9. Juli 2017

Mozart - La Clemenza di Tito, 08.07.2017

Inspirierter Mozart in stinklangweiliger Inszenierung
Die letzte Opernpremiere der Spielzeit widmet sich Mozarts letzter Oper (deren Uraufführung 90 Tage vor seinem Tod stattfand), die nach der Französischen Revolution von 1789 im Aufführungsjahr 1791 anläßlich einer böhmischen Königskrönung als feudales Auftragswerk innerhalb kurzer Zeit entstand und die längste Zeit wenig geschätzt wurde - Intrigen, die immer zu früh kommen und Arien, die immer zu spät kommen, lautet ein verbreitetes Bonmot über diese Oper. La clemenza di Tito ist Mozarts Werk über einen Terroranschlag, es ist aber auch vor allem eine Oper über triefende Gnade und handelt vom Vergeben, Verschonen, Verzeihen und Verzichten. Die neue Karlsruher Produktion entscheidet sich gegen Aktualisierungen und sogar gegen eine Inszenierung, was man sieht, ist ein ideenloses, biederes Arrangement ohne jeden aufregenden Moment und die schwächste Leistung der Saison. Gerettet wird dieses Fiasko eines szenischen Nichts durch großartige Sänger und eine hochinspiriert musizierende Badische Staatskapelle.

Donnerstag, 22. Juni 2017

Rückblick (1): Das Karlsruher Schauspiel in der Spielzeit 2016/2017

Prickelnd ist anders
Die Schauspielsaison ist vorüber, ist etwas Bemerkenswertes passiert? Der neue Schauspielchef Axel Preuß übernahm die Trümmer seines Vorgängers (mehr dazu hier) und hat zumindest darin Punkte gesammelt, daß man nach dem ersten Jahr über seine Person nur Gutes hört. Seine erste Saison war dennoch nur durchschnittlich, prickelnd ist definitiv anders, das erste Jahr war kein Plädoyer für ihn, allerdings auch keines gegen ihn. Sein zweites Jahr könnte die Trendwende in der Spätphase der Intendanz hin zu mehr Qualität sein. Und man kann optimistisch voraus blicken, denn man hat noch mehr interessante Schauspieler in der kommenden Saison zu bieten, jetzt muß der Schauspieldirektor nur noch die Rahmenbedingungen bereitstellen, damit die Bühnendarsteller wieder im Mittelpunkt sind und Inszenierungen nicht vorrangig der Selbstvermarktung und Karriereförderung des Intendanzteams dienen.

Sonntag, 11. Juni 2017

Wagner - Siegfried, 10.06.2017

Leere und Laune
Der Karlsruher 4-Regisseure-Ring der Beliebigkeit geht in die dritte Runde und löste beim Publikum zwiespältige Reaktionen und viele Buhrufe für die Regie aus. Nach einem aus folgenlosen Illustrationen durchaus einfallsreich zusammengesetztem Rheingold ohne Interpretation (Regie: David Hermann) und einer gänzlich visuell gedachten Walküre (mehr hier und hier), bei der Design statt Deutung im Mittelpunkt stand und der dramatische Bezug in der Erstellung von Bühnenbildern und Effekten oft verloren ging (Regie: Yuval Sharon), folgte nun mit Siegfried eine Mischung aus visueller Willkür und inhaltlicher Leere, ein guter erster Akt, dann viel Zähes mit dem Reiz des irgendwie Improvisierten, das bestätigte, daß Launen nun mal keine Einfälle sind. Da die Karlsruher Prämisse des Nichtvorhandenseins einer großen Erzählung bzw. der nicht schlüssig möglichen Nacherzählbarkeit der Ringhandlung zu Atoll-Inszenierungen mit vier Regisseuren führte, fehlen zudem Sinnzusammenhänge, die nun die übersichtliche Handlung bei Siegfried in einen Kontext stellen können. Sängerisch zeigte sich die Premiere ebenfalls durchwachsen, vor allem Matthias Wohlbrecht als Mime sowie die Badische Staatskapelle unter Justin Brown lösten Begeisterung aus.

Donnerstag, 8. Juni 2017

Lauke - Karnickel, 07.06.2017

Also doch noch eine Komödie nach einer humorarmen Spielzeit? Nicht wirklich, herzhaft lachen wird in Karnickel niemand, wer auf Pointenjagd gehen will, bringt keine Beute nach Hause, auch nach sechs Jahren fehlt am Karlsruher Schauspiel eine rasante Komödie. Karnickel ist aber zumindest eine gelungene Wohlfühlkomödie - ein wenig Drama, ein wenig vorgetäuschtes "echtes" Leben, ein wenig Typen und Charaktere, ein wenig Situationswitz, musikalisch untermalt und ein schnelles, versöhnlich wirkendes Ende, obwohl nichts geklärt ist - das alles ist so konventionell und berechenbar, daß man Karnickel auch als Retro-Komödie bezeichnen könnte, die mit Blick auf eine öffentlich-rechtliche Verfilmung geschrieben wurde, irgendwann mal am Mittwochabend von 20:15 bis 21:45 mit ein oder zwei halbwegs bekannten Schauspielern wird das dann vielleicht in ARD oder ZDF für ein Zielgruppenalter 40+ ausgestrahlt. Doch das soll keine Wertung sein, denn die Inszenierung ist kurzweilig und unterhaltsam mit engagierten Schauspielern.

Montag, 5. Juni 2017

Festspielhaus Baden-Baden: Konzert mit Le Concert Spirituel, 04.06.2017

Barockmusik als Spektakel
Händels Wasser- und Feuerwerksmusik im großen Baden-Badener Festspielhaus - das funktionierte gestern durch spektakuläre Besetzung mit historischem Instrumenten: 15 Oboen, 9 Naturhörner, 9 Naturtrompeten, 6 Fagotte, 2 ca. 2,5 Meter hohe Kontrafagotte, 2 Schlagzeuger und 27 Streicher. Das Klangerlebnis war wohl für fast alle Hörer in dieser orchestralen Größe unerhört, Le Concert spirituell und Dirigent Hervé Niquet spielten freud-, schwung- und prunkvolle Festmusik.

Freitag, 2. Juni 2017

Schiller - Die Jungfrau von Orleans, 01.06.2017

Gut gescheitert
Zwei Stunden lang bahnte sich gestern eine Überraschung an, Optimisten konnten hoffen, daß man vielleicht Zeuge einen Paradigmenwechsels sei, denn man sah dichtes, spannendes und scheinbar schlüssiges Schauspielertheater und mit Paula Skorupa in der Titelrolle hat man eine beeindruckende Verstärkung engagiert, deren Namen man sich unbedingt merken muß. Bravo! Doch dann, als es nach zwei Stunden mitten im dritten von fünf Akten in die Pause ging, erfolgte eine weitere ernüchternde Überraschung: keine Pause, das Stück ist vorbei, ein Actus Interruptus, man hört mittendrin auf! Die Inszenierung bleibt dem Publikum die Auflösung schuldig. Wie schade und auch unverständlich, denn bis dahin gelang der Regie viel, aber anscheinend um den Preis, in einer Sackgasse gelandet zu sein. Eine Fortsetzung "Die Rückkehr der Jungfrau" ist bisher leider nicht geplant.