Dienstag, 27. Oktober 2020

Patriarchendämmerung (28)

"Karlsruher Zustände kein Einzelfall: Intendant Peter Spuhlers Zeit in Heidelberg"
oder
Ein "neodfeudaler Machthaber" als Wiederholungstäter?
Der SWR berichtete letzte Woche (mehr hier), was bereits bekannt war (mehr hier): Intendant Spuhler scheint Wiederholungstäter, "Wutanfälle" und Schikane gab es bereits in Heidelberg.

Laut SWR: "Spuhlers ehemalige Assistentin in Heidelberg, Iris Rüsing, und deren Kollegin Annette Schiffmann berichten in SWR2 von einem schwungvollen Beginn der Zusammenarbeit mit Peter Spuhler 2005, allerdings sei schnell klar geworden, daß der junge Intendant extreme Anforderungen an seine Mitarbeiter stellte – Einsatz rund um die Uhr, Wunsch nach permanenter Kontrolle, keine kreativen Spielräume und Wutanfälle, wenn etwas nicht 1:1 seinen Vorstellungen entsprochen habe. Schiffmann, die 2007 in der Presseabteilung tätig war, erzählt außerdem von Sitzungen, in denen Spuhler andere Mitarbeiter für Kleinigkeiten vor allen anderen abgekanzelt habe. Rüsing und Schiffmann verließen das Theater wenige Monate später. .... Auf Rüsings Posten habe es nach ihr keine persönliche Assistentin länger als zwei Jahre ausgehalten, so steht es in einem Brief, den dreizehn ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Theater Heidelberg unterzeichnet haben."

In den letzten Jahren kamen und gingen viele Mitarbeiter am Badischen Staatstheater. Die Gründe waren ein lange gehütetes offenes Geheimnis, das niemand aussprechen wollte. Der frühere Karlsruher Schauspieldramaturg Roland Marzinowski hat bspw. den Job gewechselt und in einem kurzen Interview (hier) folgenden Grund benannt: "Bei meinem letzten Engagement habe ich gemerkt, daß ich nicht länger in der „Theatermühle“ bleiben möchte. Denn ich wollte die Diskrepanz nicht mehr mittragen, die es ganz häufig an Theatern gibt: Auf der Bühne werden große demokratische und emanzipatorische Werte postuliert, und innerhalb der Häuser sieht es ganz anders aus. Dort herrschen krasse Hierarchien. Manche Intendanten agieren wie neofeudale Machthaber, und die politischen Entscheidungsträger dulden das stillschweigend." In dieser Hinsicht muß man den früheren und heutigen Mitarbeitern des Badischen Staatstheaters danken, die den Mißbrauch am und des Theaters publik machten und sich das Verhalten Spuhlers nicht länger bieten lassen wollten.
Das Theater also als Ort reaktionärer Strukturen und Hierarchien, an denen gegenüber dem Publikum der Zeigefinger erhoben wird? Es hat seine Gründe, wieso die Intendanz von Peter Spuhler das Theater zurück in eine Spießigkeit führte, die sich selber als Maßstab nimmt und andere belehren will.

Wie ein Mitglied der Gesellschaft der Freunde des Badischen Staatstheaters berichtete (oder wie OB Mentrup zickig formulierte: die "sogenannten Freunde"), hat sich Ministerin Bauer am 01. Oktober mit dem Vorstand der Freundesgruppe getroffen, zum Ausgang lagen allerdings keine konkreten Aussagen vor, außer daß man in sachlicher Atmosphäre seinen Standpunkt darstellen konnte. Es ist schon erstaunlich, wie viel Zeit die Ministerin in eine politische Lappalie (denn nichts anderes ist der Austausch eines Intendanten) investiert. Die Erkenntnis sollte nun allerdings auch bei Ministerin und OB angekommen sein: Nur unbelastet kann der Neustart gelingen. Es gehört viel Ignoranz und Dreistigkeit dazu, nach all den Berichten über das Fehlverhalten von Peter Spuhler weiter an ihm festhalten zu wollen.