Die Stimmung zur Intendanz
Die Karlsruher Oper hat als Sparte am stärksten gelitten unter der Herunterspuhlerung durch den Intendanten. Daß die Händel Festspiele ihren Status halten konnten, erklären manche mit deren internationalen Reputation, in deren Licht der Intendant sich sonnen konnte. Doch ansonsten dominiert eine ambitionslose und magere Hausmannskost. Insbesondere Richard Strauss kommt seit Jahren zu kurz, die Pflege seines Werkes findet in Mannheim statt (mehr hier), wo es zuletzt im Januar die zehntägigen Richard Strauss Tage gab. Karlsruhe hingegen scheint bis auf die Händel Festspiele inzwischen abgehängt. Doch auch hier ist mit dem neuen GMD Georg Fritzsch ein Hoffnungsschimmer am Horizont, auch wenn das Covid-19 Virus im 1. Symphoniekonzert Strauss' Alpensymphonie verhinderte und die geplante Opernpremiere der schweigsamen Strauss sinnvollerweise auf einen Zeitpunkt verschoben werden könnte, an dem das ganze Orchester Strauss zelebrieren kann. Man muß Fritzsch dankbar sein, daß er als kleines Lebenszeichen der Strauss-Pflege in Karlsruhe ein kurzes 75minütiges Programm unter dem Titel Der späte Strauss ins Programm genommen hat. Ein Konzert einerseits als Hoffnungsschimmer für eine Wiederbelebung der Karlsruher Oper nach dem Abgang des Intendanten. Ein Konzert andererseits, das in Betracht der Vorfälle um Intendant Spuhler zur Stimmung paßt.
Die Metamorphosen für 23 Solostreicher sind ein Abgesang nach den schweren Bombardierungen und Zerstörungen am Ende des 2. Weltkriegs. Entstanden aus Verzweiflung und Wehmut hinsichtlich des kulturellen Verlusts - das sind Stimmungslagen, die manche Zuschauer direkt mit dem Zustand der Karlsruher Oper unter der Intendanz von Peter Spuhler und den Covid19-Beschränkungen verknüpfen. Fritzschs Interpretation war nicht bleischwer, sondern eher seelisch unruhig, erst gegen Ende stieg die Erschütterung zur Qual.
Die Vier Letzte Lieder wurden erst nach Strauss' Tod zusammengefaßt und verlegt, die Reihenfolge der Lieder ist nicht vom Komponisten festgelegt, wird aber aus dramaturgischer Perspektive zyklisch gespielt: Frühling - September - Beim Schlafengehen von Hermann Hesse und dann abschließend Joseph von Eichendorffs Im Abendrot - eines der großartigsten Orchesterlieder. Christiane Libor hat bereits 2018 dieses Programm mit Georg Fritzsch in Kiel präsentiert (damals ergänzt durch die Alpensymphonie), beide kennen und ergänzen sich, als ob Strauss und diese vier letzten Lieder für beide eine Herzensangelegenheit ist, Hingabe, Ausdruck und Entrückung prägten die Aufführung. Die Sängerin ist nicht nur eine bekannte Opern- und Liedsängerin, sondern bekleidet auch seit 2011 eine Professur an der Hochschule für Musik in Karlsruhe. Ein Konzert, das unmittelbar Lust auf mehr Strauss macht.