Sonntag, 18. Oktober 2020

Patriarchendämmerung (27)

Führungskrise durch Politikversagen
Langsam aber deutlich rücken die künstlerisch Verantwortlichen von einem Verbleib des Intendanten ab. Die Karlsruher Ballettdirektorin Bridget Breiner hat  sich im Interview mit den BNN (und zwar hier) auch zur Krise um Intendant Peter Spuhler geäußert und relativiert dabei auch die Aussage von OB Mentrup, daß sich die Spartenleiter angeblich nicht gegen eine Zusammenarbeit mit dem Intendanten ausgesprochen hätten: "Daß man nicht gegen etwas ist, bedeutet nicht automatisch, daß man dafür ist. ... Aber was von den Theaterträgern bei der Vollversammlung der Belegschaft über die Aussagen der Spartenleiter verkündet wurde, hat mich schon überrascht. Denn es war – zumindest was mein Gespräch betrifft – großzügig interpretiert. Die Frage, ob ich persönlich mit Peter Spuhler arbeiten kann, könnte ich zwar bejahen. Aber das ist gar nicht die Frage, um die es hier geht. Sicher: Wir sind die nächste Ebene, und wenn wir Dinge übernehmen sollen, müssen wir dazu bereit sein. Letztlich aber geht es um das Haus mit allen seinen Mitarbeitern. Und da ist mein persönliches Gefühl, daß wir mit der Situation etwas allein gelassen werden."

Breiner bestätigt, daß sich das Badische Staatstheater im Machtvakuum befindet und nichts geregelt ist: "Derzeit ist bei vielen Dingen sehr vage, wer nun die Entscheidungskraft hat. Wenn Peter Spuhler Macht abgeben will, aber dabei selbst entscheiden soll, wem er sie zuteilt, wäre das ja auch eine Ausübung von Macht. Ich glaube, daß ein solcher Prozeß von außen begleitet werden sollte, damit wir nicht neben unserer Arbeit auch noch schauen müssen, ob die Leute über uns immer das Richtige machen. Ich sehe meine Hauptaufgaben im Ballettsaal und in der kreativen Arbeit mit den Tänzern, denn ich bin für deren künstlerische Entwicklung verantwortlich."

Wie schon zuvor Justin Brown (mehr hier) und Georg Fritzsch (mehr hier) bemängelt nun auch Bridget Breiner die Situation und macht klar, daß ein Neustart erforderlich ist: "Aber ich kann sehen, wie die Situation das Haus belastet und wie erschreckend tief die Probleme bei vielen Kollegen emotional sitzen. Und zwar bei den Leuten, die schon lange da sind und das Haus letztlich ausmachen."

Lob gibt es für Birgit Keils Vorarbeit, die das Ballett vor Eingriffen des Intendanten beschützen konnte: "Das Ballett habe ich bei unserer Ankunft als sehr geschützt empfunden – auch durch die Arbeit meiner Vorgängerin, die ja vor ihm da war und ihre Position sehr klar bewahrt hat." Daß Spuhler schon zu Beginn seiner Intendanz Birgit Keil loswerden wollte -wie man es aus politisch gut informierten Kreisen hören konnte-, würde ins Bild passen. 

Die Politik sitzt bisher anscheinend das Problem aus. Wenn man bei der nächsten Verwaltungsratssitzung kein klares Konzept für einen Neustart vorlegen kann und eine Lösung weiterhin verzögert und laviert, muß man von einem eklatanten Politikversagen sprechen. Ein Theater wird an die Wand gefahren, um das Ego eines gescheiterten Intendanten und seiner befreundeten Ministerin zu hätscheln.

2 Kommentare:

  1. Im aktuellen Newsletter für das Theaterpersonal steht am Ende sinngemäß ,
    #Stefanie Heiner wurde vom gesamten Team des JuSt als vorübergehende Leiterin gewählt#

    Dem Wunsch nach einer Wahl sollte in anderen Bereichen ebenfalls nachgegeben werden!

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  2. Ende der Woche verschwand die kombinierte Produktion 'Hänsel und Gretel' & 'der Nussknacker' sang- und klanglos aus dem Opern/Ballettprogramm (geplante Premiere 29.11). Bisher gibt es auf der Seite des Staatstheaters dazu weder eine Meldung, geschweige denn eine Erklärung, es scheint, als wäre diese Produktion nie auf dem Spielplan gestanden. Die Vorstellungen wurden wohl weitgehend durch die 'schönesten Opernchöre aus vier Jahrhunderten' ersetzt.

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