Freitag, 1. Februar 2019

Shakespeare - Viel Lärm um nichts, 31.01.2019

Ressentiments statt Liebe, Klamauk statt Komik
Hochmotivierte und sehr gute Schauspieler, eine von Shakespeares schönsten Liebeskomödien, eine Inszenierung die sowohl Vorder- als auch Hintergrund belebt und auch die Nebendarsteller nicht vergißt - und doch stimmt gestern einiges nicht. Die Regie hat Konstellationen geändert, viel Text und zwei neue Figuren hinzuerfunden, das Happy-End verhindert und dabei etwas Wichtiges vergessen. Das Publikum fällte sein Urteil über die neue Karlsruher Inszenierung von Viel Lärm um nichts unbewußt und ganz diskret, denn es dauerte fast eine Stunde bevor zum ersten Mal mehrere Zuschauer gleichzeitig lachten. Turbulent und komisch wurde es auch in der Folge nicht mehr. Und nicht nur auf die Komik mußte man warten, der Regisseurin entglitt auch die Liebe und ihr Zauber. Stattdessen war sie zu sehr damit beschäftigt, die männlichen Hauptrollen zu diffamieren - auf der Bühne stehen lauter Knallchargen. Doch wie soll Liebe oder Komödie funktionieren, wenn die Inszenierung auf Ressentiments setzt und unsympathische männliche Figuren schafft? Es ist inzwischen zu befürchten, daß man nur dann einen Job am Karlsruher Schauspiel bekommt, wenn man zum Lachen in den Keller geht und männerfeindlich ist.
   
Worum geht es?
Ein lokaler Kleinkrieg ist vorüber, Zeit für die schönen Dinge des Lebens. Don Pedro, Prinz von Aragonien, hat die Rebellion seines illegitimen Halbbruders Don John niedergeschlagen. Zusammen mit zwei seiner tapfersten Freunde -Benedikt, ein Edelmann aus Padua, und Claudio, ein florentinischer Graf- sowie seinem in offenem Arrest befindlichen Bastardbruder nimmt der Prinz Quartier bei Leonato, dem Gouverneur von Messina. Drei große Handlungsstränge entstehen. Claudio und Leonatos Tochter Hero verlieben sich auf den ersten Blick ineinander. Auf einem Maskenball wirbt Don Pedro bei Leonato erfolgreich für die Beziehung, die Hochzeit soll in Wochenfrist erfolgen. Zum Zeitvertreib wird entschieden, noch ein anderes Paar zusammenzubringen - die beiden eingefleischten Junggesellen Beatrice und Benedikt, die sich stets schlagfertig Wortgefechte liefern und ihre gegenseitige Abneigung zur Schau stellen. Man gaukelt ihnen jeweils vor, daß sie vom anderen geliebt werden. Was sich neckt, das liebt sich, ihre Liebe entsteht auf den zweiten Blick - am Ende steht eine Doppelhochzeit. Doch zuvor verdüstert eine Intrige die Komödie. Don John sucht Rache, er diskreditiert Hero als untreu und inszeniert einen fingierten Seitensprung in der Nacht vor der Hochzeit. Der verzweifelte Claudio nimmt grausam Rache, bei der Hochzeit beschimpft er seine ahnungslose Braut und läßt sie stehen. Das vermeintliche Flittchen ist gesellschaftlich ruiniert. Um sie zu schützen verbreitet man, daß Hero gestorben sei. Doch Don Johns Intrige wird entlarvt, ausgerechnet die trottelige Wachen Holzapfel und Schlehwein (in dieser Inszenierung gestrichen) decken das Komplott auf. Claudio ist am Boden zerstört, Leonato vergibt ihm unter der Bedingung, daß er eine Cousine Heros heiraten muß, die er bei der Hochzeit zum ersten Mal sehen wird. Als Hero dort ihren Schleier hebt, wird alles gut, vier Menschen finden zueinander.

Was ist zu beachten? 
Jeder geliebter Mensch ist der Mittelpunkt eines Paradieses und Ursache von Verzweiflung und Schmerz. Viel Lärm um nichts ist eine Bitterkomödie mit einer Liebe am Abgrund. Schade nur, daß dieser Abgrund nicht Shakespeares stärkster Einfall war: Claudio und Don Pedro wird vorgespielt, daß Hero untreu ist, sie gehen dem aber nicht augenblicklich nach. Statt den Seitensprung in flagranti aufzudecken, schmollen sie als beleidigte Leberwürste - diese Episode wirkt wie eine billige Intrige aus einer Seifenoper.  
Die Stars des Stücks sind die Nebenfiguren Benedikt und Beatrice. Die beiden Singles wollen stark und unabhängig sein, sie inszenieren sich beide durch verbale Schlagfertigkeit. Ihr Spott ist auch Selbstschutz: sie wollen cool sein, über den Dingen stehen. Und doch knicken sie ein. Wie steht es um die beiden: bricht die Liebe in sie ein oder aus ihnen heraus? Begehren sie oder wollen sie begehrt werden? Trauen sie ihrem Herzen oder dem des anderen? Liebe wider Willen oder Willen wider Liebe? Nuancen, denen man bei dieser Inszenierung zu wenig Beachtung schenkt.

Was ist zu sehen (1)?
Wie inszeniert man eine Liebeskomödie ohne Liebe? Wie entstellt man eine Komödie, wenn man Männer(rollen) nicht mag? Man denunziert sie! Bei Regisseurin Lily Sikes sind die Männer Clowns: Don Pedro ist ein Großkotz, übertrieben, selbstherrlich, proletig, rücksichtslos, Claudio ist eine memmig-tuntige Heulsuse, Benedikt ein selbstverliebter Macho. Don John ist ein pseudo-intellektuelles Sensibelchen mit melancholischer Grundfärbung; er wird zum Bösewicht, weil er von den anderen Derbprolls gequält wird. Als unsympathische Klischeefiguren dürfen die männlichen Schauspieler oft nur in Kalauern und Ausrufezeichen sprechen, sie agieren als Angeber, Aufreißer, Wichtigtuer und Hampelmänner. Wieso Hero und Beatrice überhaupt Interesse an Claudio und Benedikt haben sollen bleibt ein Rätsel. Eine Liebe auf den ersten Blick zwischen Claudio und Hero gibt es nicht, die Heirat wird arrangiert - ein Paar, das nicht zusammengehört. Die Doppelhochzeit entfällt, Hero will Claudio dann doch nicht haben und geht von der Bühne ohne ihn ab. Inszeniert ist das durch neuen Text mit zu viel Absichtlichkeit und Plattheit, die Szene wirkt wie eine Unterrichtsstunde in Emanzipation für 14jährige. Und auch Benedikt und Beatrice scheinen nicht wirklich zusammen zu passen, eine belastbare Liebe läßt die Regie nicht zu.

Von nichts kommt nichts
Wie soll eine Liebeskomödie funktionieren, für deren Hauptfiguren man keine Sympathie entwickelt? Gar nicht. Der Humor und der Zauber sind dem Stück folgerichtig weitgehend ausgetrieben. Die Karlsruher Inszenierung bemüht sich ziemlich hilflos um Ersatzkomik, man bedient sich aus verschiedenen Quellen, doch man schafft es nur selten, mehrere Leute gleichzeitig im Publikum zum Lachen zu bringen. Vielleicht braucht man teilweise noch mehr Probezeit, damit das Timing besser wird. Auffällig ist hingegen, wie hilflos ausgerechnet die britische Regisseurin versucht, Komik in ihre Inszenierung zu importieren. Man stolpert über unsichtbare Hindernisse (Haha, was für ein Brüller), erfundene Figuren irren aus dem Zuschauerraum kommend über die Bühne und suchen Frau Schlotauer (Hoho), eine frustrierte Figur ruft Fuck you! (Uiuiuiuiuiuiui, die traut sich was), hier stottert einer, dort hat jemand Schluckauf ..... Gegen vordergründigen Humor ist nichts einzuwenden, aber es wirkt dilettantisch wie müde, überraschungsfrei und unmotiviert man teilweise die Schauspieler aufgesetzt und fast verzweifelt herum hampeln und sülzen läßt. Selbst wenn man das Stück für Schüler inszeniert, würde das nicht ausreichen oder ist das als Teenie-Humor für die Zielgruppe angemessen kalkuliert?
Es gibt gute Momente, ganz versenken läßt sich Shakespeare im Flachwasser nicht. Das Herz geht dem Publikum dann auf, wenn Shakespeare gespielt wird, insbesondere wenn man den hintergründigen Shakespeare-Humor atmen und den Originaltext zur Geltung kommen läßt. Benedikts Täuschung und die eskalierende Hochzeitsszene sind wunderbar vorbereitet und durchgeführt. Doch das ist zu wenig, erneut vermasselt man am Badischen Staatstheater eine Komödie. Seitdem Peter Spuhler Intendant ist, gab es in Karlsruhe keine einzige turbulente Komödie, der vorherrschende "Humor" war überwiegend mäßig, betulich oder lahm. Und gerade bei Shakespeares Komödien war man bisher außergewöhnlich bieder und trocken, Der Sommernachtstraum war zwar bemüht, doch ohne erinnerungswürdige Höhepunkte, Wie es euch gefällt löste überhaupt keine Freude aus und verschwand schnell aus dem Spielplan. Zum Lachen ist leider auch die entstellte Neuproduktion von Shakespeares Viel Lärm um nichts nicht geeignet.

Klischees machen keine Inszenierung
Am Karlsruher Schauspiel hat man sich bei der Liebeskomödie für eine Horizontverengung entschieden. Im Beiheft wird proklamiert: "In Viel Lärm um Nichts geht es insbesondere um einen Gender-Krieg und um klassische Rollenklischees." Uiuiuiuiuiuiui. Die rhetorische Aufrüstung, die aus einer Liebeskomödie einen martialischen Gender-Krieg machen will, sagt einiges über die Verklemmungen der Verantwortlichen*innen. Es geht auch leider nicht um Rollenklischees, bestenfalls um historische Rollenkonstellationen aus einer Zeit, in der das schwache Geschlecht ihre damals zivilisationsbedingt natürliche Rolle einnahm - eine Rolle übrigens, deren Natürlichkeit überall dort durchbricht, wo die dünne Decke der Zivilisation nicht deckend liegt oder aufreißt oder kulturell einfach andere Sitten herrschen. Die tumben Klischees entwirft die Regie selber und die entlarven vor allem deren Schöpferinnen.



Shakespeares Komödie wurde bis 1847 in einer Bearbeitung von Heinrich Beck als
Die Quälgeister aufgeführt. Erst 1854 kam Shakespeares Komödie in der Übersetzung
des Grafen Baudissin und eingerichtet von Eduard Devrient auf den Spielplan. Gestern verwendete
man als Grundlage die Übersetzungen von Angela Schanelec und Marius von Mayenburg.

Was ist zu sehen (2)
Auch Kleinigkeiten können Freude bereiten: zum ersten Mal seit vielen Jahren gibt es wieder zu Beginn einen geschlossenen Vorhang im Kleinen Haus. Die Bühne hat Potential, die Kostüme wirken teilweise ziemlich abwegig und aufgesetzt, die Schauspieler leiden unter der klischeeschwangeren Inszenierung. Manche Regisseure kapern nicht nur die Stücke zum Zweck der Selbstdarstellung, sondern unterwerfen damit auch die Schauspieler einem rigiden Zwang. Thomas Schumacher muß Benedikt eindimensional und uninteressant darstellen, Claudia Hübschmann spielt eine frigid wirkende Beatrice, die deshalb leider die Verwirrung der Liebesgefühle nicht ausspielen darf. Da das Gleichgewicht zwischen beiden von der Regie zu stark zu Beatrices Gunsten verschoben ist, beginnen weder die Beziehung zu knistern noch die Wortgefechte zu glitzern. Bei ihren Monologen und Dialogen kommt es darauf an, den doppelten Boden bemerkbar zu machen, hinter der Selbstdarstellung muß der Zweifel hervor blitzen - gestern gelang das kaum, beide hinterfragen sich nicht selber in ihren Monologen, sondern erklären sich nur dem Publikum. Der starke Thomas Prenn spielt einen so widerlichen Claudio, daß man ihn als Zuschauer am liebsten selber verprügeln wollte, André Wagner muß Don Pedro so übertrieben entstellen, daß er nur noch als primitives Klischee auf der Bühne ist. Heisam Abbas hingegen hebt den bösen John aus seiner Einseitigkeit und gibt ihm einen Hintergrund - die originellste Idee der Inszenierung. Bei den Nebendarsteller ist vor allem Swana Rode als Margaret bemerkenswert sowie Jens Koch als Borachio.
     
Fazit: Sind Perspektivverengungen durch Parteilichkeit, Pauschalität und Polarisierung wirklich die Merkmale, für die das Karlsruher Schauspiel stehen will? Schauspieldirektorin Anna Bergmann scheint sich dann aktiv als erste künstlerische Verantwortliche nach 1945 positionieren zu wollen, bei der Theater wieder aus dem Geiste des Ressentiments entsteht. Wer beobachtet, wie gewollt einseitig das Karlsruher Schauspiel Denunziationstheater zu Lasten von Männer macht (bspw. bei Ibsen ein gewalttätiger Torvald  Helmer und eine Hedda Gabler als Opfer eines erfundenen männlichen Kinderschänders, Männer als entindividualisierte Masse bei Jelinek, das verblutende Alpha-Männchen bei Haidle, nun lauter Knallchargen bei Shakespeare), wird angesichts der durchscheinenden Widerlichkeit und Niedertracht dieses Theaterkonzepts ein ungutes Gefühl bekommen. Immerhin taugt so ein Theater als historische Lektion: So spießig muß das Theater in miefigen Zeiten gewirkt haben, so borniert muß sich Theater in autoritären Zeiten angefühlt haben. Schlimm genug, daß man es nun wieder in Zeiten lebt, wo man das gewissenlos vorgeführt bekommt.

PS:
Nach soviel humorlosem Theater noch etwas Versöhnliches. Hölderlin läßt  Hyperion in seinem letzten Brief an Belarmin etwas schreiben, was wie auf Much ado abaout nothing gemünzt scheint:: »Wie der Zwist der Liebenden sind die  Dissonanzen der Welt. Versöhnung ist mitten im Streit und alles Getrennte findet sich wieder.«

Besetzung und Team:
Don Pedro, Prinz von Aragonien: André Wagner
Don John, Pedros Halbbruder: Heisam Abbas
Benedikt, ein Edelmann aus Padua: Thomas Schumacher
Claudio, ein florentinischer Graf: Thomas Prenn
Leonato, Gouverneur von Messina: Klaus Cofalka-Adami
Hero, Leonatos Tochter: Sonja Viegener
Beatrice, Leonatos Nichte: Claudia Hübschmann
Margaret, Heros Kammerfrau: Swana Rode
Borachio: Jens Koch
Rita: Ute Baggeröhr
Adriano: Sven Daniel Bühler

Regie: Lily Sykes
Bühne: Friederike Meisel
Kostüme: Jelena Miletić
Musik: Jan Schöwer

8 Kommentare:

  1. Im Programmheft steht, Shakespeare sei 1564 geboren und habe 1482, also 80 Jahre vorher, geheiratet, 1483 und 1485 seine Kinder taufen lassen. 1492 ist er in London nachweisbar. Mehr als 100 Jahre später, 1593, schrieb er sein Versepos "Venus und Adonis".

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    1. Vielen Dank für den Hinweis. Die Programmhefte des Schauspiels lese ich mir in den letzten Jahren kaum noch durch, in der Regel lohnt das abgesehen von den Aussagen des Regisseurs nicht. Dramaturgin Marlies Kink hatte offensichtlich wenig Zeit, um das Programmheft zu schreiben, da kann das schon mal vorkommen. Dafür gibt es eigentlich das 4-Augen-Prinzip zur Qualitätssicherung. Eklatant ist allerdings, daß das Lektorat des Chefdramaturgen Jan Linders zu keiner Korrektur führte. So offensichtlich leichte Fehler wirken dann doch etwas schlampig und lieblos.

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  2. Im Kommentar zu meiner alten Graf Baudissin Übersetzung steht, dass die beiden Gerichtsdiener Holzapfel und Schlehwein zu den gelungensten komischen Figuren zählen, die Shakespeare geschaffen hat. Warum sie gestrichen wurden und dann doch wieder durch die Hintertüre als Rita/Rebecca und Adrian mit wenig Witz und Sinn eingeführt werden ist mir ein Rätsel. Statt des überaus abstrusen witzigen Wortgekräuses der beiden Diener wird dann noch Zettel aus dem Sommernachtstraum zitiert, als ob das Original nicht genügend Stoff hergäbe. Die Diener tragen einen Gutteil zur Handlung bei und bilden einen wunderbaren Kontrast zu dem geistreiche Wortwitz von Betrice und Benedict. Gesungen wird übrigens im Original auch, aber von Benedikt, und sein Gesang wird von Pedro/ Claudio etc kommentiert und steht nicht so im leeren Raum wie der Gesang Borachios, den ich eher etwas peinlich fand. Die Schüler, die in meiner Nähe saßen, haben sich dabei halb totgelacht und natürlich auch bei so was wie "fuck you". Nun ja, nicht mein Humor.

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    1. Vielen Dank für den treffenden Kommentar! Ich bin großer Shakespeare-Fan, wann immer ich irgendwo die Möglichkeit habe, schau ich mir die Stücke oder Verfilmungen an. Shakespeare wollte mit seinen Komödien ein sehr breites Publikum ansprechen, Holzapfel und Schlehwein sind die beiden volkstümlichen komischen Figuren und durchaus zeitgemäß aktualisierbar. Diese Figuren zu streichen und durch zwei neue Figuren zu ersetzen ergab keine Vorteile - niemand lachte über sie. Ein gescheitertes Experiment oder um es mit ihren Worten zu wiederholen - auch mir blieb es rätselhaft. Wer bei den Proben nicht erkennt, daß das nicht lustig wird, hat nicht unbedingt den richtigen (Inszenierungs-)Job übernommen. Daß Borachio sang, hatte für mich allerdings nachvollziehbare dramaturgische Gründe - hier war immerhin das schlechte Gewissen des Intriganten entlarvend, nicht -wie im Original- das von den Wachen belauschte Gespräch.
      Zu ihrer Aussage: " Nun ja, nicht mein Humor." Weder in der offenen Probe noch in der Premiere hat sich jemand beim Lachen verausgabt - Humor und Zauber gab es doch kaum.

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  3. Man kann sich bei dem Gedanken trösten, dass die „neuen Frauen“ keine bessere Inszenierung hinbekommen als viele ihrer männlichen Vorgänger in Karlsruhe. Entstellende Textkürzungen, verzerrende Rollenbilder und missratene „Aktualisierungen“ gehören doch schon zum Standard des Badischen Staatstheaters seit Linders / Spuhler.

    Die „Genderifizierung“ des Hauses bietet ersatzweise dafür urkomische Blüten: Es werden „Spezialist*innen gesucht: Damen, die gerne singen für Ladies First, Menschen, die sich über ihre Beerdigung Gedanken machen…“
    [Quelle: Sonderveröffentlichung 300 Jahre Staatstheater, S. 3]

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    1. Vielen Dank für die Anmerkungen. Anna Bergmann kocht auch nur mit Wasser (keine Überraschung), leider bisher auch nur mit lauwarmen (bedauerlich).
      Mit Peter Spuhler, Jan Linders, Anna Bergmann und anderen ist man in Karlsruhe in die Ära der Selfie-Theatermacher eingetreten, die nur sich selber und ihr weltanschauliches Erbsenpüree inszenieren. Jede Inszenierung soll möglichst als Selfie-Hintergrund die eigene Persönlichkeit in Szene setzen. Das affirmative Publikum applaudiert dann nicht nur den Künstlern, sondern auch dem Ego des Führungsgteam. Hier wird Theater nicht mehr aus Freude und Neugier gemacht, sondern aus Rechthaberei, Selbstdarstellung und Wichtigtuerei.
      Sie nennen das zu Recht "urkomisch", ich empfinde es auch als Farce und lächerliche Selbstentblößung.
      Daß Bergmann nun auch auf Ressentiments setzt, Männerrollen oft als Bösewichte und Klischees interpretieren will, ist quasi die hetzende Version des Theatermachens, die wieder Feindbilder im Kopf hat. Man sollte das auf keine Fall verharmlosen oder ignorieren: das Theater wird von dieser Intendanz instrumentalisiert, um politisch antworten zu geben, zu bevormunden und auszugrenzen, was nicht ins das eigene Bild paßt. Ich rieche da inzwischen deutlich DDR-Mief.

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  4. Hier ist ein etwas törichtes und erwartbares Interview mit Frau Bergmann: https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=16385%3Ainterview-mit-der-regisseurin-und-karlsruher-schauspieldirektorin-anna-bergmann-ueber-geschlechtergerechtigkeit-und-die-frauenquote-im-theater&catid=53&Itemid=83&fbclid=IwAR24xwLDBfJt3Devl4OGoiQfP8KnDEedCGDcLmAH2hOoJvIxTlYnWSUJnaU

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  5. Vielen Dank für den Link. Ein Pseudo-"Interview" bei dem Frau Bergmann Stichworte geliefert werden, um sich dann selber darzustellen. Schade, daß so etwas ohne kritisches Hinterfragen erfolgt. Zumindest kann man vermuten, daß ihre verklemmte erste Spielzeit bedauerlicherweise aus negativen persönlichen Erfahrungen gespeist wird. Die Theaterbranche scheint nicht nur durch Spießigkeit und Konformismus geprägt, sondern auch durch reaktionäre männliche Charaktere in Führungspositionen.

    Der (Quoten-)Feminismus hat ein ernsthaftes Image-Problem, nicht nur inhaltlich, sondern auch ästhetisch, und zwar bei Männern und Frauen und das seit Jahrzehnten. In der Frühphase schien der damalige Emanzen-Feminismus verknittert, vertrocknet und welk, dem neuen Prinzessinnen-Feminismus hingegen geht es nur noch um Aufmerksamkeit, Entrüstung und Diffamierung zum Zwecke der Vorteilsbeschaffung. Frauen, die gerne Alphaweibchen wären, quengeln angesäuert aufgrund einer falschen Erwartungshaltung, stehen vor dem Gebäude und beschweren sich, daß man ihnen nicht die Tür aufhält, den Fahrstuhl ruft und ihnen ohne Kompetenzbeweis Bevorzugungen zukommen läßt. Seitdem die Gleichberechtigung juristisch erreicht ist, wirkt der moderne Feminismus wie eine zunehmend hysterisch wirkende Inszenierung, die verzweifelt Feindbilder benötigt. Die Forderung nach Frauenquoten zur Vorteilsbeschaffung hat bspw. inzwischen lächerliche Ausmaße angenommen, wie ein Blick auf den Bundestag zeigt. Selbst bei den Grünen sind weniger als 4 von 10 Parteimitgliedern Frauen. Der Frauenanteil im Bundestag beträgt in der aktuellen Legislaturperiode ca. 31% und spiegelt damit das Geschlechterverhältnis beim politischen Engagement ziemlich gut wieder. Bereits die Jugendorganisationen aller Parteien sind a) männlich und b) von Studenten dominiert. Wenn nun Politiker sich darüber beschweren und eine paritätische Geschlechterquote wollen, fordert man damit, daß nicht Kompetenz ausschlaggebend sein soll, sondern unabhängig vom Engagement Frauen bevorzugt werden - der Parlamentarismus soll wieder zu einer Art Ständegesellschaft werden. Das Bundesverfassungsgericht wird diesen Unsinn verhindern und es wird Zeit, daß auch im Karlsruher Theater wieder Vernunft und Ausgleich anstelle von Polarisierungen treten und es zukünftig wieder um das Bühnengeschehen geht, nicht um Selbstdarstellung des Führungspersonals.

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