Montag, 25. Februar 2019

Händel - Serse, 24.02.2019

Alle zwei Jahre finden parallel zu den Händel-Festspielen die Tarifverhandlungen der Länder statt und die Gewerkschaft ver.di ruft regelmäßig die Angestellten im Öffentlichen Dienst zum Warnstreik auf. Auch am Badischen Staatstheater wurde bereits gestreikt. Die aufwändige Inszenierung von Serse ist ein Paradebeispiel für die Leistungsfähigkeit der Werkstätten, Licht- und Bühnentechnik, Maske, Kostüme und Requisite. Ohne diese Mitarbeiter steht die Bühne still,  eine deutliche Gehaltserhöhung ist dringend notwendig, um qualifiziertes Personal für diese anspruchsvollen Jobs sowohl halten als auch neu gewinnen zu können. Daß man bei den Streiks bisher Rücksicht auf die überregional Besucher anziehenden Festspiele nimmt, verdient Applaus und Hochachtung. Theater leben nun mal nicht nur von Musikern, Bühnenkünstlern, Stars (und deren Starallüren), sondern auch von qualifizierter Vor- und Mitarbeit. Das erste BRAVO gebührt heute mal wieder den Stars hinter der Bühne.
  
Ansteckende Freude
Mit jeder weiteren Aufführung scheint die Souveränität zuzunehmen, der Funke springt über, stets gibt es begeisterten Applaus - Serse bereitet Freude. Franco Fagioli ist mit seiner Lust am virtuosen und akrobatischen Gesang, den Verzierungen und Koloraturen der kaum übertreffbare Star dieser Produktion, sein Liberace-Serse ist so lustvoll gespielt und souverän gesungen, daß man mal wieder nur den Hut ziehen kann und Bravo! rufen muß. Lauren Snouffer als Romilda zwingt zum Hinhören und Hinschauen, eine ideale Besetzung in dieser Inszenierung, ebenso wie Katherine Manley als die Außenseiterin Atalanta. Max E. Cencic nimmt als Regisseur keine Rücksicht auf sich, als Arsamene singt er in Badehose als lächerlicher Hallodri gefühlvolle Arien. Bemerkenswert wie stark Yang Xu in die Rolle des Elviro schlüpft und selbst als Frau verkleidet eine gute Figur macht, Pavel Kudinov als Ariodate nutzt die wenigen Auftritte. Nur Ariana Lucas kann als Amastris das Niveau sängerisch nicht halten, sie spielt gut, stimmlich kann sie zu wenige Akzente setzen und bleibt blaß, ihre Koloraturen wirken buchstabiert, es fehlt die Flexibilität. Auch wenn sie sich gesteigert hat, Amastre hätte man anders besetzen müssen. Die Deutschen Händel-Solisten und Dirigent Gerorge Petrou produzieren grandiosen Barockklang auf der Höhe der Zeit. BRAVO! für diese gelungene Produktion.

Die 42. Karlsruher Händel Festspiele sind für mich die 30. Festspiele, die ich besuche. Von keinem anderen Komponisten habe ich mehr Opern gehört, kein anderer Komponist hat mich nun drei Jahrzehnte so zuverlässig und regelmäßig begleitet wie Händel und dafür geht mal wieder ein herzlicher Dank an den früheren Karlsruher Generalintendanten Günter Könemann, der die Händel Festspiel 1978 etablierte und damit meine Freude an Barockmusik maßgeblich bewirkte. Die so oft semi-professionell und hilflos überfordert wirkende Intendanz von Peter Spuhler hat es zum Glück geschafft, das Niveau der Händel-Festpiele zu halten und durch deutliche Verteuerung der Eintrittspreise Stars der Barockszene nach Karlsruhe zu locken, insbesondere Benjamin Lazar, der in Frankreich mit seinen Inszenierungen für Aufsehen sorgte und Max E. Cencic sind hier zu nennen. Valer Sabadus und im kommenden Jahr bei Tolomeo Jakub Józef Orliński gehören zu den neuen Stars unter den Countertenören, bei den Sopranen hinterließen Lauren Snouffer und Layla Claire starken Eindruck, bei Konzerten hatte man zusätzlich bekannte Sängerinnen wie Vivica Genaux, Ann Hallenberg und Sandrine Piau. Unter den Dirigenten ist vor allem George Petrou zu nennen. Das Inszenierungsergebnis ist ausgeglichen, vier bemerkenswerten Produktionen -Riccardo Primo, Arminio, Semele und nun Serse- standen vier unauffälligere (und manchmal auch schwache) Inszenierungen gegenüber (Alessandro, Teseo, Alcina sowie The Triumph of Time and Truth). Die Händel-Festpiele sind nicht heruntergespuhlert und Tolomeo im kommenden Jahr hat alle Zutaten, um den Erfolg fortzuführen.