Da ist man schon zufällig in Leipzig und es gibt weder eine Opernvorstellung noch standen die früheren Karlsruher Dirigenten Christoph Gedschold oder GMD Anthony Bramall gestern im Leipziger Gewandhaus am Pult, obwohl Gedschold allerdings zwei Stunden zuvor im Opernhaus das Kinderballett Die Märchen der Gebrüder Grimm des Choreographen Mario Schröder leitete. Das Symphoniekonzert mit Werken von Dutilleux und Schumann lohnte sich wegen der beteiligten Künstler: Alan Gilbert ist Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker, Leif Ove Andsnes einer der maßgeblichen Pianisten unserer Zeit.
Es ist immer wieder beeindruckend, was für ein musikalischer Reichtum in Leipzig herrscht, im Verlauf des Februar spielt das Gewandhausorchester fünf verschiedene Konzerte: Riccardo Chailly dirigiert Mahlers 10. Symphonie, Christoph Gedschold ein Konzert mit Mendelssohns Lobgesang und Poulencs Figure humaine, Omer Meir Wellber leitet ein Konzert mit Mendelssohn, Beethoven, R. Strauss, Schubert und Andrew Manze dirigiert Haydn und Elgar.
Alan Gilbert dirigierte gestern wie aus einem Guß: jedes Stück war schlüssig und überzeugend, zum Schlußapplaus des Publikums kam ein vehement dem Dirigenten seine Zustimmung zeigendes Orchester. Zu Beginn hörte man die großbesetzten Métaboles von Henri Dutilleux aus dem Jahr 1964 (uraufgeführt von George Szell in Cleveland) - eines der Stücke aus dieser Zeit, die kein Publikum abschrecken, suggestive Vielgestaltigkeit und orchestraler Ideenreichtum. Doch herausragend gelungen waren gestern zwei Stücke von Robert Schumann. Vor der Pause gab es das Klavierkonzert a-Moll op. 54, das der norwegische Pianist Leif Ove Andsnes sorgsam gestaltete und souverän spielte, keine Passage klang maniriert oder unüberlegt. Als Zugabe gab es eine Étude von Chopin.
Schumanns 1. Symphonie B-Dur op. 38, die sogenannte Frühlingssymphonie soll innerhalb von vier Tagen komponiert worden sein und wurde vom Dirigenten Felix Mendelssohn im Gewandhaus uraufgeführt. Ein Heimspiel also und so klang es auch - ein Höhepunkt, selten hört man diese Symphonie so mitreißend, die freudigen Heroldsrufe so erwartungs- und prachtvoll, makellose Holz- und Blechbläser, dazu ein satter Streicherklang. Dirigent Gilbert machte Schumann in diesem Konzert zum großen Symphoniker, auch bei ihm wirkte jede Entscheidung stimmig und detailliert, ich hörte bei den Schumanns Passagen, die ich so noch nie gehört hatte.
Seit 1988 bin ich steter Besucher des Badischen Staatstheaters. Bei vielen Opern-, Theater-, Konzert- und Ballettvorstellungen im Jahr und Besuchen in anderen Städten verliert man schon mal den Überblick. Dieser Tagebuch-Blog dient mir seit der Spielzeit 2011/12 als elektronische Erinnerung. Bitte beachten Sie meine Intention: ich bin kein Journalist oder Kritiker, sondern schreibe hier lediglich persönliche Eindrücke, private Ansichten und Vermutungen für mich und Angehörige nieder.