Dienstag, 2. Februar 2016

4. Symphoniekonzert, 01.02.2016

Ein Konzert der relativ schwächeren Frühwerke, die allerdings so großartig musiziert wurden, daß man teilweise die späteren Hauptwerke nicht vermißte.
            
Die Ouvertüre Polyeucte (UA1892), das älteste bekannte Werk des französischen Komponisten Paul Dukas, der alles vernichtete, was ihm nicht perfekt erschien, erinnert an Richard Wagner und seine Klangwelt. Langsamer Beginn, Steigerung, Konflikt, Höhepunkt und Verklärung - ein Klanggemälde und stimmungsvoller Einstieg. Dirigent Asher Fisch hatte keinen Hemmungen, den Wagner-Epigonen als solchen zum Erklingen zu bringen. Dukas' beste Einfälle klangen allerdings dennoch wie zusammengesetzte Nebenlinien und Seitenmotive aus Wagners Werk.

Sergej Rachmaninow schrieb das Klavierkonzert Nr. 1 fis-Moll op. 1 in den Jahren 1890/91 im Alter von 17 Jahren, noch während er am Moskauer Konservatorium studierte. Im Jahr 1917, kurz vor seiner Auswanderung in die USA, überarbeitete er das Werk grundlegend; diese Version war auch gestern zuhören. Schon mit 17 klang der Komponist teilweise unverkennbar nach Rachmaninow, ohne bereits die melodische Einprägsamkeit und Stimmungsdichte zu haben, die die berühmten folgenden beiden Konzerte einzigartig machen. Das 1. Konzert könnte man vielleicht auch in eine andere Traditionslinie stellen: einer der berühmten, ebenfalls komponierenden Klaviervirtuosen in jener Zeit war Franz Xaver Scharwenka, dessen Konzerte (z.B. das schöne 3. Klavierkonzert von 1889) endlich wieder öfters gespielt werden sollten. Rachmaninows 1. ist ein Virtuosenkonzert par excellence - Pianist Fabio Martino ist Absolvent der Karlsruher Musikhochschule, kann bereits auf zahlreiche Auszeichnungen und internationale Erfolge verweisen und gilt als kommender Star am Pianistenhimmel. Es war eine schöne Geste, ihn für dieses Konzert zu engagieren und der junge Brasilianer ließ die Herzen des Publikums strahlend höher schlagen: mit selbstverständlich scheinender Leichtigkeit spielte er unendlich viele Töne, ganz Überschwang und doch auch Melancholie, Effekte neben Kontemplation - Martino zuzuhören und zuzusehen ergab einen Sog, der sich nach dem fulminanten Ende in einem Aufjubeln der Zuhörer auflöste. Doch nicht nur durch mühelos erscheinende Virtuosität im Konzert und den zwei Zugaben begeisterte Martino, er überzeugte auch durch (früh-)reife Innigkeit, mit der er das mittlere Andante des Klavierkonzerts in einen Schwebezustand versetzte. Bravo!

Die 1. Symphonie c-Moll (in der Wiener Fassung von 1891) von Anton Bruckner hat gar nichts Epigonisches, im Gegenteil: der bereits über 40jährige hatte damit begonnen, seinen ganz individuellen Stil zu entwickeln, Bruckner ist hier vielleicht noch nicht ganz Bruckner, ungeschliffen, aber bereits wertvoll. Dirigent Asher Fisch hatte gestern den richtigen Zugriff auf dieses temperamentvolle, polternde und teilweise ungestüme Werk und man könnte meinen, es war sein persönlicher Wunsch, es ins Konzertprogramm aufzunehmen: er dirigierte auswendig, ohne Partitur, und das so umwerfend gut, daß man nicht daran zweifeln konnte, daß die 1. Symphonie ein wohlgeratener und vollwertiger Sproß der Bruckner-Familie ist. Viele Bravo-Rufe und langer Applaus für alle Musiker und den ganz unprätentiös wirkenden Dirigenten, der zwar einfach nur Gastdirigent und kein offizieller Kandidat für die Nachfolge des GMD ist, aber einen so guten Eindruck hinterließ (auch der Applaus des Orchesters für Fisch war herzlich), daß man ihn ja mal fragen könnte.....