Mittwoch, 13. Juni 2018

Mumpitztheater (4)

Die Etiketten-Intendanz und das Gesinnungstheater
Inzwischen dürften es viele erkannt haben: Es geht der prekären Intendanz von Peter Spuhler nicht primär um gutes Theater, es geht nicht vorrangig um Kunst und Künstler, nicht um Phantasie und Originalität, nicht um Qualität und Publikum - es geht um Selbstdarstellung, Profilierung und Karriere, und dafür wird das Theater instrumentalisiert. Wo man künstlerische Ambitionen erwartete, wird stattdessen das Fähnchen der Gesinnung hochgehoben, man heftet sich gerne theaterfremde Etiketten an, man will "politisch" sein, man ist nun "frauendominiert", man bemüht sich um Konformität, wo immer möglich soll persönliche Gesinnung gezeigt werden. Die Ware Theater hat einen Gebrauchswert bekommen. Man täuscht eine gesellschaftliche Relevanz vor, da man der Kunstform an sich nicht vertraut, das Theater ist nur noch Mittel zum Zweck - Zweckkunst statt Kunstzweck. Theater ist plötzlich wieder von oben herab: der Bürger soll belehrt werden, die Nähe des Intendanten zu Bündnis 90/Die Grünen ist bekannt, deren Themen übernimmt er aktiv ins Theater. Wer politisch am Drücker ist, darf also das Theater nun inhaltlich wieder kontrollieren - eine erschreckende Perspektive, die zukünftig hoffentlich nicht beispielgebend sein wird.
  
Ein neues Spießertum besetzt das Theater

Theater kann politisch sein, nicht immer (gutes Theater braucht keine Rechtfertigung, es rechtfertigt sich auch sich heraus), aber das Hinterfragen des Gängigen ist ein Bestandteil guter Bühnenarbeit. Die Intendanz um Peter Spuhler und Jan Linders macht kein „politisches Theater“, wenn sie ohne erkennbare Selbstkritik ihre persönliche Haltung vorführt und das Publikum belehren will. Man macht Theater als Gesinnungsdarstellung und Selbstbefriedigung - als Selfie-Intendant scheint Peter Spuhler ganz weit vorne. Das Spießertum aus dem Geiste der Besserwisserei ist zurück im Theater. Stücke werden zu gerne auf persönliche Meinungsäußerung reduziert, doch vor allem „Political Correctness“ in ihrer heutigen Geschwürversion ist fatal für Kunst und Gesellschaft, denn es geht ihr nicht mehr um Achtsamkeit, sie stellt eigenmächtig Regeln auf und verordnet Vorschriften, sie unterdrückt Meinungen und Aussagen, sie begrenzt das Sagbare, sie übermalt Gedichte, sie ist ausgrenzende Gesinnung, die nur Unterstellungen und deren Instrumentalisierung durch mediale Hysterie kennt und Teilhabe dadurch verhindert, daß sie Vielfalt und Widersprüchliches bekämpft und homogenisieren will. Politisches Theater sollte nach der Verantwortung der Politik und den Möglichkeiten des Individuums fragen; am Badischen Staatstheater praktiziert man ideologisches Theater. Der Unterschied liegt in der Stoßrichtung: wo einst das Theater nach oben die Fehler und Versäumnisse der Politik offenlegen wollte und die Frage nach der persönlichen Haltung stellte, will man nun nach unten den Bürger verdächtigen und belehren - das Theater wird von oben herab zum "Herstellungsort korrekter Gesinnung", es geht um orthodoxe Eindeutigkeiten statt um eine gelassene Pluralität. Eine souveräne Intendanz würde sich anders darstellen und Begriffe wählen, die die Autonomie der Kunst betonen und sich deshalb gesellschaftlich relevant sehen, weil sie Freiräume schafft und das Publikum lieber begeistern statt belehren will.

Fazit: Das Mumpitztheater der Intendanz hat viele Unzulänglichkeiten, zu viel Mittelmaß und Ideenlosigkeit und ein eklatanter Mangel an Humor (richtiger Humor - "ein Albtraum für Politkorrektler"). Doch unverzeihlich ist, daß der Intendant Spießigkeit und Konformismus zurück ins Theater brachte, daß er sich mit schlechtem Theater begnügt, um borniertes ideologisches Theater zu machen. Der Gender-Macbeth war in der Hinsicht der peinliche und lächerliche Tiefpunkt, die unlustigen Nibelungen mit ihrer arroganten Oberlehrer-Pose der gehässige Offenbarungseid, dazu die vielen freudlosen und langweiligen Themen-Stücke, die man nicht auswählte, weil man künstlerisch etwas zu sagen hatte, sondern weil sie in die Gesinnungsblase des Intendanten paßten.
(Fortsetzung folgt)

9 Kommentare:

  1. Im Gästebuch des Staatstheaters liest man nur noch positive Beiträge. Ein Schelm, der dabei Böses denkt.

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    1. Wobei man das relativieren kann, Lob läßt sich schnell und einfach formulieren und braucht keine Begründung, positive Gefühle zu vermitteln, ist sympathisch.
      Kritik ohne Begründung ist nicht konstruktiv. Für eine Begründung des eigenen Unbehagens braucht man Zeit und Energie. Theatergänger sind doch eher reflektierende Zeitgenossen, die sympathischerweise gerade nicht destruktiv nörgeln. Daß es mehr Lob als Kritik in einem Gästebuch gibt, scheint mir deswegen fast ein natürlicher Vorgang.

      Ob man überhaupt Kritik zulassen würde, müßte man ausprobieren. Wenn ich mich richtig erinnere, hat sich bereits in der Vergangenheit jemand bei mir darüber beschwert, daß sein kritischer Gästebuchkommentar nicht zugelassen wurde. Das könnte ich ja mal testen und regelmäßig ins Gästebuch schreiben, was mir nicht gefällt. Mal schauen, was passiert .....

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    2. Ihre Ausführungen sind sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Hatte schon kritische Anmerkungen für das Gästebuch, warte bis heute auf die Veröffentlichung. Leider sind Kritiken häufig polemisch, in dem Fall würde ich verstehen, wenn sie nicht veröffentlicht werden. In Facebook las ich beim Festspielhaus schon polemische Kritiken, selbst diese werden nicht gelöscht, eben ein selbstbewusstes Haus. Wenn man sich in der Rubrik Presse die Kritiken anschaut, fehlen grundsätzlich die negativen Anmerkungen des Kritikers.

      Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich für Ihre sehr lesenwerten Artikel bedanken, solche fundierten Berichte liest man leider selten. Würde mir zB in den BNN einmal so kritische und fundierte Berichte zur Intendanz Spuhler wünschen.

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    3. Vielen Dank für ihren Kommentar. Bei vertretbarer Polemik gibt es m.E. nur ein Reaktion: veröffentlichen und (bis zu einem gewissen Punkt) argumentativ reagieren. Wenn die Standpunkte geklärt sind, können Differenzen bleiben, aber zumindest das Visier sollte offen bleiben. Das fehlt Intendant Spuhler leider - die Transparenz und Offenheit, seine Entscheidungen zu erklären. Er agiert von oben herab, aus dem Badischen Staatstheater hört man , daß er ein Kontrollfanatiker sei, der keine Atmosphäre des Vertrauens geschaffen habe. Das zensierte Gästebuch würde ins Bild passen.

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  2. In den letzten Jahren gab es im Gästebuch sowohl Lob als auch Kritik zu lesen. Der erste veröffentlichte Kommentar dieser Spielzeit kritisierte die Inszenierung der "Götterdämmerung" und war kurz darauf verschwunden. Seitdem nur noch Jubel und Begeisterung...

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    1. Manchmal glaube ich, es steckt zuviel DDR in dieser Intendanz. Das Zentralkomitee des Badischen Staatstheaters kennt nur Selbstbejubelung. Es geht aber auch um viel für Peter Spuhler. Am 29.06. wird der Verwaltungsrat voraussichtlich entscheiden, ob Spuhler über 2021 hinaus verlängert wird. Mit Erfolgsmeldungen kann er die Mitglieder blenden. Die Kontrolle der Medien gehört in dieser Sicht zur Taktik.

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    2. Die Selbstbejubelung und "positive Manipulation" beherrscht Intendant Spuhler wahrlich. Auf der Facebook-Seite des Staatstheaters liked er dessen Beiträge. Habe dies noch bei keinem anderen Haus in Facebook gesehen, dass der Indendant Beiträge seines eigenen Hauses liked.

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  3. Sehr geehrter Honigsammler,

    der Abbau des Staatstheaters geht weiter: Nachdem das Opernrepertoir immer kleiner wird, trifft es jetzt die Ballettsparte. Obwohl versichert wurde, die klassische Ausrichtung nach Birgit Keils Weggang beizubehalten, wurde jetzt von ihrer Nachfolgerin der größte Teil des Ensembles nicht verlängert, mit der Begründung, sie seien zu klassisch aufgestellt und man wolle sich künftig dem Modern Dance öffnen. Auch soll künftig wieder im Kleinen Haus getanzt werden...
    Das, was Birgit Keil in langen Jahren hier aufgebaut hat und unserem Haus den Titel Staatsballett einbrachte, wird nun einfach so in die Tonne getreten.
    Darüber hinaus wurde bekannt, dass Birgit Keil gern weitergemacht hätte, von Spuhler aber nun in den Ruhestand gedrängt wird...
    In Hamburg verlängert man Neumeier bis in seine 80er und in Karlsruhe wirft man Birhit Keil hinaus.
    Welch ein Intendant!

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    1. Vielen Dank Herr Lick für den Hinweis. Daß Intendant Spuhler von Anfang an Birgit Keil gerne losgeworden wäre, höre ich immer wieder, auch aus dem Haus. Ob er es jetzt geschafft hat oder ob Keil selber entschloß, sich zurückzuziehen, entzieht sich meiner Kenntnis.

      Meines Wissens gab es für die Nachfolge Birgit Keils eine gut besetzte Findungskommission, verschiedene Kandidaten haben sich vorgestellt. Intendant Spuhler ist kein Ballettexperte, die Entscheidung fiel also nicht durch ihn.

      Bridget Breiner gilt meines Wissens in der Ballettwelt als "klassisch" geprägt, sie tanzte in München, Stuttgart und Dresden, ihre Choreographien scheinen mir -soweit ich mir einen Eindruck verschaffen konnte- nach Karlsruhe zu passen. Sie bringt ihre Tänzer aus der im Vergleich zu Karlsruhe kleineren Compagnie in Gelsenkirchen mit und ergänzt sie mit weiteren Tänzern. Viele aktuelle Tänzer werden nicht verlängert - das ist ein üblicher Vorgang, den man bedauerlich finden kann und der doch zum Theater gehört
      2019 geht im Ballett eine Ära in Karlsruhe zu Ende. Ob das, was Birgit Keil geschaffen hat, "einfach so in die Tonne getreten" wird, wird unter anderem daran zu erkennen sein, ob die Zusammenarbeit des Staatsballetts mit ihrer Akademie des Tanzes fortgeführt wird. Aktuell scheint es mir noch zu früh, Sorgen zu haben. Es wird alles anders, aber dieser Wandel gehört zur Bühnenwelt.
      Mir scheint, Bridget Breiner ist eine sehr gute Wahl. Warten wir mal ab, was die Zukunft bringt

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