Samstag, 23. Juni 2018

Mumpitztheater (5)

Countdown zur (Ent-)Täuschung
Die Uhr tickt. Ende Juni tagt der Verwaltungsrat des Badischen Staatstheaters und behandelt ein Thema, das eigentlich noch gar nicht auf der Tagesordnung stehen sollte: Intendant Spuhler hat vorzeitig um Verlängerung seiner bisher so diskutablen Intendanz gebeten. Ein Vorgang, der, als er durchsickerte, an manchen Stellen innerhalb und außerhalb des Theaters Widerspruch und Ablehnung auslöste und sich in Windes Eile verbreitete. Zehn Jahre sind das gesunde Maß für eine Intendanz und eine vernünftige Frist, die auch denen eine Perspektive bietet, die in Opposition zu dieser Intendanz stehen. "Karlsruhe ist keine Endstation", "Von Karlsruhe aus macht man Karriere" - Für Peter Spuhler könnte nun vielmehr gelten: Karlsruhe ist seine Karriere-Endstation. Doch wieso sollten Publikum und Mitarbeiter des Badischen Staatstheaters die Zeche für seinen Mißerfolg zahlen und seine Verlängerung ertragen?

Intendant Spuhler bringt sich im neuen Spielzeitheft bereits in Position. Da es kaum Gründe gibt, die für ihn sprechen, zieht er wieder die Bau- und Saniererkarte: "ich verspreche Ihnen, daß wir unsere umfangreichen Bauerfahrungen in dieses schöne Vorhaben einbringen werden". Ob es nun vielleicht über 2021 hinaus in Karlsruhe für ihn weitergeht, hängt vom Verwaltungsrat ab, der sich aus Politikern von Stadt und Land zusammensetzt, die nicht immer eine unmittelbare Bindung zum Karlsruher Theater haben und es mit Ausnahme einiger engagierter städtischer Kollegen kaum schaffen können, viele Produktionen zu besuchen. Daß die Intendanz von Peter Spuhler problematisch ist und zwischenmenschlich innerhalb des Theaters und qualitativ bei Repertoire und Umsetzung deutliche Defizite vorherrschen, scheint dennoch bekannt. Als Generalintendant mag Spuhler eine unglückliche Besetzung sein, dafür gelten er und sein Assistent Jan Linders allerdings als überzeugende Lobbyisten in eigener Sache, die den Politikern das vermitteln, was sie gerne hören möchten. Sei es nun als erfahrenes Team für Sanierung und Bau, ob sie sich Etiketten anhaften, die modisch und schick sind oder als Netzwerker, die durch internationale Kooperationen den Verwaltungsratsmitgliedern zu Auslandsreisen verhelfen. Spuhlers Nähe zu Bündnis 90/Die Grünen (Spuhler war einer von 300 Gästen, die Ministerpräsident Kretschmann anläßlich seines 70. Geburtstags einlud) und seine freundschaftliche Verbundenheit mit der zuständigen Stuttgarter Ministerin sichert ihm wahrscheinlich deren Stimmen; die Partei, die für Rotation und Doppelspitze steht, legt ihre eigenen Maßstäbe hier wahrscheinlich nicht an. Ob die CDU als Juniorpartner in der Landesregierung ihren Koalitionspartner in Bedrängnis bringen würde, ist offen. Eine schnelle Verlängerung kann ein so einfacher, bequemer und opportuner Weg sein. Doch auch die Kritikpunkte am Intendanten liegen inzwischen auf dem Tisch.

Was wird passieren? Gibt es deutliche Entscheidungen - für oder gegen die Verlängerung? Oder sucht man einen Kompromiß - eine Verlängerung, aber nur kurz, bspw. um zwei Jahre bis max. 2023? Wird der Verwaltungsrat seine Verantwortung ernst nehmen oder selber im Mumpitztheater mitspielen? Einen Verlierer der Diskussion um eine Verlängerung gibt es auf jeden Fall - Intendant Peter Spuhler, der doch schon längst wieder weg sein wollte und sich in eine Sackgasse manövriert zu haben scheint. Der Makel wird an ihm hängen bleiben: wenn er verlängert werden sollte, dann doch weil primär seine Bewerbungen auf andere Posten erfolglos waren und nun sekundär Plan B greifen muß: durch politische Lobbyarbeit an der Macht bleiben.
(Fortsetzung folgt)

7 Kommentare:

  1. Die Verlängerung der Intendanz Spuhler, die leider zu befürchten ist, bedeutet einen weiteren Niedergang des Staatstheaters.Im Spielzeitheft hat er ja bereits die Karte Sanierung gezogen. Der erfolgreiche Umbau in Heidelberg ist aber sicherlich nicht mit dem Karlsruher Haus zu vergleichen, mir ist noch nicht klar geworden, welche Aufgabe Herr Spuhler bei der Sanierung übernimmt. Das 300jährige Jubiläum nimmt im Spielzeitheft da eher leider einen bescheidenen Platz ein. Es wird in diesem Haus soviel Papier produziert, aber zu einem Jubiläumsheft hat es leider nicht gereicht. Die Unzufriedenheit mit Herrn Spuhler nimmt zu u.a. bei den Mitgliedern der Gesellschaft Freunde des Staatstheaters. Hoffe sehr, dass der Verwaltungsrat vernünftig entscheidet und Herrn Spuhler seine politischen Seilschaften diesmal nichts nutzen werden. Möchte endlich wieder mit Freude ins Staastheater gehen, dass ich bereits seit 1975 besuche, seit Herrn Spuhler leider nur noch sporadisch.

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  2. Vielen Dank für Ihren zutreffenden Kommentar. Ich hoffe, im Verwaltungsrat geht es nicht um politisches Geschachere und Lagerdenken, sondern um eine offene Diskussion und Abwägung unter Berücksichtigung der Vorkommnisse - dann gibt es Hoffnung.

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  3. Es spricht nicht unbedingt für die Qualität des Intendanten, wenn er um eine vorzeitige Vertragsverlängerung bittet. Einem guten Intendanten, den man halten möchte, bietet der Verwaltungsrat von sich aus die Verlängerung an. Eine Vertragsverlängerung würde weiteren Besucherrückgang und Stillstand bedeuten. Welche Rechenkünste zu Grunde gelegt werden, wenn im Jahresbericht von Besucherzuwächsen berichtet wird, erschließt sich mir leider nicht. Schade, dass Theater keine Bilanz veröffentlichen müssen. Mit dem Motto "Zukunft" für die neue Spielzeit hat dies dann wenig gemein. Das Staatstheater hat einen besseren Intendanten verdient!

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    1. Ja, schade, so etwas wie eine Bilanz, die der Öffentlichkeit zugänglich ist, fehlt. Interessieren würde mich bspw. , wie sich die Anzahl der Abonnenten und die der Abonnements verändert hat und wie viel Geld man durch wie viele verkaufte Karten eingenommen hat. Eine Analyse der Zahlen würde helfen, Ziele zu definieren bzw. Vorgaben zu formulieren.

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  4. Peter Spuhler studierte Regie und Dramaturgie am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Von 1990 bis 1991 arbeitete er als Dramaturg am Schauspielhaus in Wien. Von 1993 bis 1996 leitete er die Kinder- und Jugendarbeit am Theater der Altmark in Stendal und war zudem als Regisseur und Dramaturg tätig. 1996 wurde er zum Leitenden Dramaturgen und Schauspieldirektor am Volkstheater Rostock ernannt. Danach ging Spuhler von 2002 bis 2005 als Intendant ans Landestheater Tübingen. Von 2005 bis 2011 war er Intendant des Theaters und Orchesters Heidelberg. Seit 2011 ist Spuhler Generalintendant des Badischen Staatstheaters Karlsruhe. (Quelle: Wikipeda)

    Wenn man sich die beruflichen Stationen anschaut, muss man einfach sagen, ein Staatstheater ist für Herrn Spuhler eine Schuhnummer zu groß.

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    1. Ich glaube, daß die beruflichen Stationen kein hinreichendes Kriterium sind. Unerwartete Karrieresprünge sind immer möglich, wenn man das richtige Talent hat und es erkannt wird. Für mich hat sich die aktuelle Intendanz allerdings zur großen Enttäuschung entwickelt. Es mag auch viel Pech dabei gewesen sein, dennoch ist es auch ein Mangel an Format und Qualitätsbewußtsein, der zu Spießigkeit, Platitüden und Einfallslosigkeit beigetragen hat - und das ist im Theater nicht auf Dauer hinnehmbar.

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  5. Natürlich sind die beruflichen Stationen kein Kriterium, nur wenn ich am renommierten Max-Reinhardt-Seminar Regie und Dramaturgie studiert habe, dann hätte ich schon den Ehrgeiz mal Regie zu führen. Erinnere mich, dass Herr Spuhler in einem Interview sagte, dies wäre nicht seine Stärke. Lieber ist er in Karlsruhe Verwalter und mischt sich in alle Sparten ein, ohne den Beweis zu erbringen, dass er es besser kann. Bereits nach einem Jahr als Dramaturg am Schauspielhaus in Wien die Kinderarbeit in Stendal zu übernehmen, sagt doch viel aus. Vielleicht hat deshalb das Volkstheater bei ihm so einen hohen Stellenwert, dies ist wohl seine Kernkompetenz, im Spielzeitheft noch vor der Oper.

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