Sonntag, 25. März 2018

Karlsruhe als Endstation?

Gnadenbrot für Intendant Spuhler?
Das Badische Staatstheater hat seit der Amtsübernahme durch Intendant Peter Spuhler an Attraktivität verloren, man hat Unruhe im Haus, einiges klemmt und hakt, reibungslos ist anders, Kapriolen, Qualitätsprobleme, mangelnde Offenheit und Transparenz sowie eine selbstverliebte Beweihräucherung einer Intendanz, die doch vor allem defizitär war: es mangelte ihr an liebevoller Begeisterung, an Sinn für Ästhetik, Humor und Freude. Stattdessen gefiel man sich in der heuchlerischen Pose des Oberlehrers, der mit erhobenem Zeigefinger Antworten diktiert. Stammzuschauer verloren die emotionale Bindung an ihr Haus, ein Dahinsiechen der Karlsruher Oper angesichts liebloser Planungen und verringerter Vielfalt. Kaum je zuvor dürfte man in so kurzer Zeit so viele Personalwechsel an entscheidenden Stellen des Badischen Staatstheater erlebt haben. "Karlsruhe ist keine Endstation", "Von Karlsruhe aus macht man Karrierre", so verlautbarte es erklärend aus dem Staatstheater und scheint damit u.a. Mannheim zu meinen, das sich als attraktivere Alternative gerne in Karlsruhe bedient und zwei Spartenleiter abgeworben hat. Nur für einen droht Karlsruhe Endstation zu werden: Intendant Spuhler, der das Theater als Sprungbrett nutzen und schon längst wieder weg sein wollte, wurde bisher wohl für zu leicht befunden. Er findet allem Anschein nach keine neue Anstellung.
  
2021 endet nach 10 Jahren die Intendanz von Peter Spuhler. Er ist dann 56 Jahre, der ideale Zeitpunkt für einen letzten Wechsel und 10 weitere Jahre an einer neuen Karrierestation. Er hatte 2011 alles auf eine Karte gesetzt, überhitzte den Karlsruher Betrieb, blähte seine Intendanz künstlich auf, mehr Schein als Sein, um an einem noch attraktiveren Haus Intendant zu werden. Als das fehlschlug, stürzte das Kartenhaus mangels Substanz zusammen, Stückwerk und Flickarbeiten prägten seitdem seine weitere Intendanz, die gefangen in selbstgebauten Sackgassen festsaß. Daß Peter Spuhler anscheinend keinen neuen Posten findet, überrascht einerseits nicht wirklich, andererseits schon, denn für die politischen Entscheider ist Spuhler keinesfalls unbequem. Es kursieren Gerüchte im Badischen Staatstheater, daß er wegen eines verfrühten Gnadenbrots angefragt haben soll, Spuhler würde wohl als Intendant über 2021 hinaus in Karlsruhe verlängern, wenn man ihm denn ein Angebot machen würde. Seine persönliche Nähe zu Theresia Bauer im zuständigen Stuttgarter Ministerium gibt der ganzen Situation ein unangenehmes Geschmäckle, Spuhler könnte als eine bequeme und opportune Lösung gelten.

Doch was hat Spuhler denn vorzuweisen? Er hat es nicht geschafft, das Ballett herabzuwirtschaften, Birgit Keils Position war zu stark. Die Händel-Festspiele wurden größer, renommierter, aber auch deutlich teurer für das Publikum. Die Zusammenarbeit mit den Schulen wurde vorangetrieben. Und die wichtigste künstlerische Leistung bestand darin, Tobias Kratzer für mehrere Inszenierungen zu verpflichten.

Was Spuhler nicht geschafft oder sogar verursacht hat, wiegt schwerer. Die Stimmung im und rund um das Staatstheater hat gelitten, man sollte auch unbedingt und bald die Mitarbeiter befragen, was sie sich für 2021 wünschen: Wechsel oder Fortführung? Als Zuschauer ergibt sich folgendes Bild: Zu Beginn seiner Intendanz hatte Spuhler anscheinend keinen langfristigen Plan, weil er schnell wieder weg sein wollte, er instrumentalisierte das Theater für seine Karrierezwecke. Die Oper hat stark an Attraktivität verloren, Programmzusammenstellung und Repertoirepflege waren lieblos, die Sängerauswahl wirkte oft improvisiert. Manche Inszenierungen beliebter Opern versuchten quasi aktiv, Zuschauer langfristig zu vertreiben. Das ist unentschuldbar, keine andere Sparte benötigt mehr Aufwand, Sänger, Chor, Orchester und all die Mitarbeiter hinter, unter- und oberhalb der Bühne, die benötigt werden, um Opern zu spielen - der Respekt gebietet es, diese vielen Kollegen nicht hängen zu lassen. Doch dann kam Defizitintendant Spuhler und hatte kein Interesse. Seit sieben Jahren hat man nur wiederaufnehmen können, was die Intendanten Fieber und Thorwald hinterließen. Einen eigenen Plan außer den Vorjahresproduktionen hatte man nicht. Das Wiederaufnahme-Highlight in der kommenden Saison wird wahrscheinlich Puccinis Tosca aus dem Jahr 2000 werden. Bei den Neuproduktionen fiel auf, wie oft Opern ins Programm genommen wurden, die bereits die Vorgängerintendanz inszenierte (in 8 Spielzeiten wird man 10 Opern neu inszenieren, die zuletzt erst im Jahrzehnt zuvor zu hören waren - originell ist anders). Und als ob dem nicht genug ist, eine konzertante Oper im Abo, um Geld für Wunschprojekte des Intendanten abzuziehen, ist schlicht unverschämt.
Das Schauspiel sackte bis zur Absetzung des ersten Schauspieldirektors Jan Linders in die Krise und stabilisierte sich erst wieder unter Axel Preuß. Ein Großteil der 2011 mitgebrachten Schauspieler war nach wenigen Jahren wieder weg, inzwischen hat man sich gefangen, ohne besonders attraktiv zu sein. Zu viele Stücke sind uninteressant, die szenische Umsetzung zu oft bestenfalls routiniert, von der spießigen Oberlehrer und Moralprediger-Attitüde ganz zu schweigen. Aber man hat wieder ein Schauspiel-Ensemble mit Darstellern, die man gerne sieht. Die Perspektive ist gut, es wird spannend, was Anna Bergmann in der kommenden Spielzeit daraus macht, obwohl es erste Gerüchte gibt, daß auch sie wenig Theater spielen lassen wird, sondern freudlos-sprödes bzw. wichtigtuerisches Thementheater zeigt.

Fazit: Das Badische Staatstheater hat unter Intendant Spuhler stark an Attraktivität verloren. Die Bindung der Stammzuschauer an das Haus hat gelitten, einige wollen nicht oder kaum mehr kommen, solange Spuhler Intendant ist. Die Entscheidungsträger sollten Intendant Spuhler einen Weg aus seiner Sackgasse weisen und den Verlängerungswunsch ablehnen. Es wird 2021 für ihn und das Theater höchste Zeit für einen Wechsel.
  
Also lieber Leser dieser Zeilen: Falls Sie ein Mitglied des Verwaltungsrats kennen oder selber sind, diskutieren Sie bitte darüber. Es gibt mehr gute Gründe für einen  Wechsel 2021 als dagegen. Weitere  Jahre sind viel zu lang und bedeuten Stagnation und Agonie. Lieber ein Neubeginn mit Freude als ein Stillstand mit geringer Perspektive!
Und falls Sie denn den "politisch Korrekten" angehören, die sich mit Inhalten gar nicht erst aufhalten, sondern nur pauschal aburteilen wollen, hier auch noch ein Appell in Ihrem Jargon: "Der alte weiße Mann muß weg".

4 Kommentare:

  1. @anonym: Vielen Dank für die Info! Und ja, wenn Sie etwas Aufschlußreiches haben, bin ich stets interessiert.

    Vetternwirtschaft ist ein guter Ausdruck. Es wird Zeit, daß auch die Besetzungsvorhaben durch die Politik transparenter werden. Gründe, wieso man den Intendanten verlängern sollte, kann ich keine entdecken. Der Verwaltungsrat darf so eine Personalentscheidung nicht bequem abnicken, sondern sollte sich ein umfassendes Bild über die Situation bilden, pro und contra auflisten und entsprechend entscheiden. Die Amtszeit für einen Intendanten sollte auf 10 Jahre beschränkt sein, alles andere benötigt Rechtfertigung und Debatte.

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  2. @T
    Ja! Bitte! Unbedingt! Sprechen Sie die beiden darauf an!

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  3. @KV
    Vielen Dank! Schicken Sie mir noch eine E-Mail oder Ihre E-Mail Adresse hier über den Kommentarbereich. Ich setze Sie dann auf die Liste.

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